Klage eines Arzneimittelherstellers gegen die Arzneimittel-Richtlinie; Zuständigkeit des Spruchkörpers für Vertragsarztrecht
im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
I
Streitig ist eine Regelung in der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) des beklagten Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über nicht-verschreibungspflichtige
homöopathische Hustenmittel mit fixen Wirkstoffkombinationen.
In der AM-RL (hier: Fassung vom 18.12.2008/22.1.2009, in Kraft seit dem 1.4.2009, BAnz Nr 49a vom 31.3.2009 [Beilage] = DÄ
2009, A 675 mit Verweisung auf Internet-Quellen) ist in Abschnitt H. § 16 Abs 1 und 2 geregelt, dass Arzneimittel nicht von
Versicherten beansprucht, von Ärzten nicht verordnet und von Krankenkassen nicht bewilligt werden dürfen, wenn es an der Wirtschaftlichkeit
und/oder Zweckmäßigkeit mangelt (so auch §
92 Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3 und 4
SGB V). Dies ist nach der AM-RL dann der Fall, wenn nach dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse die Wirtschaftlichkeit
nicht nachgewiesen ist (§ 16 Abs 1 Nr 3 AMRL), insbesondere wenn anstelle von fixen Wirkstoffkombinationen das angestrebte
Behandlungsziel mit therapeutisch gleichwertigen Monopräparaten medizinisch zweckmäßiger und/oder kostengünstiger zu erreichen
ist (§ 16 Abs 2 Nr 5 AM-RL). Dies konkretisierend hat der GBA in der Anlage III zu der AM-RL geregelt, dass bei Hustenmitteln
"fixe Kombinationen von Antitussiva oder Expektorantien ... untereinander" nicht verordnungsfähig seien; dabei ist auch bestimmt
- durch einen Zusatz im Sinne eines Hinweises -, dass solche Verordnungen auch bei Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr
und bei Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr unwirtschaftlich sind (Nr 31 Anlage III,
rechte Spalte, vierter Passus). Solche Arzneimittel dürfen nur in medizinisch begründeten Einzelfällen ausnahmsweise - mit
Begründung - verordnet werden (§
31 Abs
1 Satz 4
SGB V, §
16 Abs
5 AMRL, ebenso Präambel Abs
3 der Anlage III AM-RL).
Nach der Neufassung der AM-RL zum 1.4.2009 erstellte die Kassenärztliche Bundesvereinigung einen Katalog für die Verordnungspraxis
der Ärzte. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe informierte ihre Mitglieder in entsprechender Weise. Aus den Regelungen
über diejenigen Arzneimittel, die ganz oder teilweise von der Verordnung in der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen
seien, ergebe sich, dass Hustenmittel, die als Monopräparate vertrieben würden, und auch solche, die mehrere Wirkstoffe aus
nur einer Wirkstoffgruppe enthielten, weiterhin verordnungsfähig seien, hingegen solche, die eine Kombination von Substanzen
mit antitussiver (= hustenhemmender) und gleichzeitig expektorierender (= auswurffördernder und schleimlösender) Wirkung enthielten,
nicht verordnungsfähig seien, ohne Ausnahmeregelung für homöopathische und/oder anthroposophische Arzneimittel; die Verordnungen
solcher Hustenmittel mit antagonistischen Wirkungsweisen sei auch bei Kindern bis zum 12. Lebensjahr und bei Jugendlichen
mit Entwicklungsstörungen als unwirtschaftlich anzusehen.
Daraufhin bat die klagende Arzneimittelherstellerin mit Schreiben vom 4.5.2009 den beklagten GBA um Klarstellung, dass das
von ihr vertriebene Hustenmittel Monapax® nicht von diesem Verordnungsausschluss erfasst werde. Dem gab der Beklagte nicht
statt; er stellte vielmehr mit Schreiben vom 7.7.2009 fest, dass Monapax® der Regelung in Nr 31 Anlage III AM-RL unterfalle:
Für die Frage, ob das Arzneimittel unzulässige Wirkstoffkombinationen enthalte, sei bei homöopathischen Komplexarzneimitteln
auf die Arzneimittelbilder der enthaltenen Einzelmittel abzustellen. Eine von dem Verordnungsausschluss erfasste fixe Kombination
gegenläufiger Einzelmittel bzw Wirkstoffe liege hier vor.
Die Klägerin hat das LSG Berlin-Brandenburg mit dem Begehren angerufen, festzustellen, dass Nr 31 Anlage III AM-RL die Arzneimittel
Monapax®-Saft und -Tropfen nicht von der Verordnungsfähigkeit für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen
ausschließe, hilfsweise, dass Nr 31 Anlage III AM-RL rechtswidrig sei, und weiter hilfsweise, dass der Vorschrift der Zusatz
"Homöopathische Arzneimittel sind ausgenommen" beizufügen sei. Das LSG hat festgestellt, dass die Bestimmung in Nr 31 Anlage
III AM-RL rechtswidrig sei und die Klage im Übrigen abgewiesen (Urteil vom 17.3.2010 - in Juris dokumentiert). Im Urteil ist
ausgeführt, Normenkontrollanträge gemäß §
29 Abs
4 Nr
3 SGG könnten sich nur auf die Rechtswidrigkeit einer Rechtsnorm richten, nicht aber auf eine bestimmte Normenauslegung. Deshalb
sei der Hauptantrag der Klägerin unzulässig, mit dem diese die Feststellung begehre, dass Nr 31 Anlage III AM-RL die Arzneimittel
Monapax®-Saft und -Tropfen nicht von der Verordnungsfähigkeit für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen
ausschließe. Zulässig sei hingegen der hilfsweise gestellte Antrag auf Feststellung, dass Nr 31 Anlage III AM-RL rechtswidrig
sei; ebenfalls zulässig sei der weitere - hilfshilfsweise gestellte - Antrag auf Normgebung im Sinne der Hinzufügung einer
Ausnahmeklausel für homöopathische Arzneimittel. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nr 31 Anlage III AM-RL
sei auch begründet. Der Ausschluss der Verordnungsfähigkeit bei Monapax®-Saft und -Tropfen verstoße, jedenfalls bezogen auf
Monapax®-Tropfen und bezogen auf Kinder bis zum 12. Lebensjahr und auf Jugendliche mit Entwicklungsstörungen, gegen höherrangiges
Recht, weil dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, nicht genügt sei. Zwar sei es nicht ausgeschlossen,
den Arzneimitteln Monapax®-Saft und -Tropfen eine antitussive oder expektorantielle Wirkungsweise zuzuordnen oder diese Wirkungsweisen
jedenfalls aus der Fachinformation abzuleiten. Indessen verletze ein Verordnungsausschluss von Monapax® den Grundsatz, dass
bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen, wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen
Arzneimitteln, der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen, dh das umfassende therapeutische Konzept
der betroffenen besonderen Therapierichtung zu beachten sei. Das Anknüpfen an fixe Kombinationen von Wirkstoffen und die Subsumtion
der Elemente, die in homöopathischen Arzneimitteln enthalten seien, unter den Begriff der Wirkstoffe im Sinne dieser Bestimmung
widerspreche dem Therapiekonzept der Homöopathie. Der Verordnungsausschluss widerspreche weiterhin der Zulassungsentscheidung,
die für das Hustenmittel Monapax®-Tropfen erfolgt sei und der homöopathischen Wirkungsweise Rechnung trage. Der beklagte GBA
müsse bei seiner Neuregelung beachten, dass er nicht an allopathische Grundsätze der Pharmadynamik anknüpfen dürfe, ohne die
Besonderheiten der homöopathischen Arzneimittellehre zu berücksichtigen.
Mit seiner Revision macht der beklagte GBA geltend, das LSG verkenne die Vorgaben des
SGB V. Es gebe kein generelles Verbot der Anwendung schulmedizinischer Bewertungsgrundsätze auf Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen.
Die Grundsätze der sog Binnenanerkennung seien nicht allein maßgeblich. Vielmehr dürfe die wirkstoffbezogene Betrachtungsweise,
die der Nr 31 Anlage III AM-RL zugrunde liege, auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit homöopathischer Komplexarzneimittel
angewendet werden, zu denen das Arzneimittel Monapax® gehöre. Arzneimittel mit fixen Kombinationen von hustenhemmenden Antitussiva
einerseits und andererseits schleimlösenden Expektorantien seien unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit
fragwürdig, weil diese Wirkstoffe sich uU gegenseitig behindern könnten mit der Folge keines vollen Nutzeffekts. Selbst in
Fällen, in denen die Gleichzeitigkeit der verschiedenen Wirkungen einen gewissen Sinn mache, könne deren Zusammenspiel angesichts
der "fixen" Kombination nicht je nach dem konkreten Krankheitsstadium und der individuellen Befindlichkeit flexibel gehandhabt
werden. Medizinisch sei es zweckmäßiger, evtl auch kostengünstiger, Monopräparate zu verordnen. Diese Bewertung sei im Bereich
der besonderen Therapierichtungen nicht prinzipiell unanwendbar. Diesen eine bevorzugende Sonderstellung einzuräumen, sei
nicht geboten. Weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung lasse sich ein Gebot ausschließlicher Bewertung nach den Grundsätzen
der sog reinen Binnenanerkennung entnehmen. Bei jedem Verordnungsausschluss sei zwar die spezifische Betrachtungsweise der
Homöopathie zu beachten, die aber schon bei Komplexarzneimitteln weniger eng sei als bei Monopräparaten. Hier werde die sog
Ähnlichkeitsregel modifiziert, die Arzneiverordnungen würden an klinischen Krankheitsdiagnosen ausgerichtet, sodass sich insoweit
Übereinstimmungen mit der schulmedizinischen Betrachtungsweise ergäben. Nach alledem müssten Monapax®-Saft und -Tropfen als
Hustenmittel mit fixen Kombinationen von entgegengesetzten Wirkstoffen im Sinne der Nr 31 Anlage III AM-RL angesehen werden.
Schließlich sei eine Beanstandung vom GBA gesetzter Rechtsnormen wegen der ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit ohnehin erst
bei klarer Grenzüberschreitung zulässig. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich der Kinder bis zum 12. Lebensjahr
und der Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen kein Verordnungsausschluss vorliege, sondern nur ein Hinweis auf die mögliche
Unwirtschaftlichkeit solcher Verordnungen. Statt des zunächst normierten Verordnungsausschlusses habe er - der GBA - auf eine
ministerielle Beanstandung vom 22.3.2007 hin im Dezember 2008 nur einen Hinweis auf die Unwirtschaftlichkeit aufgenommen.
Ein solcher Hinweis sei ohne Weiteres rechtmäßig, wie sich aus dem Senatsurteil vom 31.5.2006 (BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5) ergebe.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 17.3.2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Beklagte beanstande das Berufungsurteil zu Unrecht. Zum Teil wende er sich gegen Ausführungen, die im Urteil des LSG so
nicht enthalten seien. Dieses habe nicht auf ein generelles Anwendungsverbot schulmedizinischer Bewertungsgrundsätze und auf
eine Maßgeblichkeit der sog reinen Binnenanerkennung abgestellt. Es habe vielmehr - zu Recht - beanstandet, dass die angegriffene
Regelung von ihrem Gesamtzuschnitt her den besonderen Therapierichtungen nicht Rechnung trage. Die wirkstoffbezogene Betrachtungsweise
der Nr 31 Anlage III AM-RL widerspreche der Lehre der Homöopathie. In dieser Feststellung liege eine Tatfrage und keine revisible
Rechtsfrage; schon deshalb könne die Revision keinen Erfolg haben. Aber auch bei Annahme voller Überprüfbarkeit im Revisionsverfahren
sei Nr 31 Anlage III AM-RL wegen Nichtberücksichtigung der spezifischen Wirkungsweise der besonderen Therapierichtungen rechtswidrig.
Dies zeige sich zB in der vom GBA vorgenommenen Übertragung der wirkstoffbezogenen Funktionsmechanismen allopathischer Kombinationsarzneimittel
auf homöopathische Komplexmittel. Bei den homöopathischen Arzneimitteln könne nicht zwischen Monopräparaten und Komplexmitteln
unterschieden werden. Ein Ansatz hierfür ergebe sich weder aus den Regelungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) über die Registrierung bzw Zulassung von Arzneimitteln noch aus dem von der sog Kommission D verabschiedeten Papier zur
Bewertung fixer Kombinationen. Die Unzulässigkeit wirkstoffbezogener Zuordnung homöopathischer Arzneimittel gelte auch für
solche Homöopathika, für die nicht nur eine Registrierung, sondern eine förmliche Zulassung nach dem AMG erlangt werden könne bzw erlangt worden sei. Es sei nicht sachgerecht, darauf abzustellen, dass die Fachinformation für Monapax®-Tropfen
die Rubrik "Wirkstoffe" enthalte; denn dies sei nur der gesetzlichen Vorgabe des § 11a AMG für die formale Einteilung der Fachinformation geschuldet. Eine Dosis- Wirkungs-Beziehung wie in der Regelung der Nr 31 Anlage
III AM-RL werde den Besonderheiten der homöopathischen Therapierichtung nicht gerecht. Aus den gleichen Gründen sei auch der
Therapiehinweis zu beanstanden, den die Anlage III für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen
enthalte.
II
Die Revision des Beklagten (GBA) hat Erfolg. Die Zuständigkeit des erkennenden Senats ist gegeben (unten A.), auch das LSG
Berlin-Brandenburg ist zu Recht von seiner Zuständigkeit ausgegangen (unten B.). Die von der Klägerin beim LSG gestellten
Feststellungsanträge einschließlich der Hilfsanträge sind - teilweise entgegen der Auffassung des LSG - zulässig (unten C.);
sie sind aber alle unbegründet, weil die angegriffenen RL-Bestimmungen rechtmäßig sind, sodass die Revision des Beklagten
Erfolg hat (unten D.).
A. Das LSG hat für diesen Rechtsstreit zu Recht die Spruchkörper als zuständig angesehen, die gemäß §
31 Abs
2, §
40 Satz 2 iVm §
10 Abs
2 SGG für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts gebildet worden sind. Eine Zuständigkeit der Spruchkörper für Rechtsstreitigkeiten
des allgemeinen Krankenversicherungsrechts (Angelegenheit der Sozialversicherung gemäß §
10 Abs
1 SGG) besteht nicht, und es besteht auch kein Anlass für eine Vorlage an den Großen Senat. Dies ergibt sich aus den Ausführungen
des Senats in seinem Urteil vom 11.5.2011 zu einer vergleichbar gelagerten Konstellation (BSG vom 11.5.2011 - B 6 KA 25/10 R - BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 18-22 und - zur Nicht-Anrufung des Großen Senats - RdNr 23-26):
Maßgeblich ist hier noch die bis zum 31.12.2011 geltende Fassung des §
10 Abs
2 SGG. Danach waren die Kammern und Senate für das Vertragsarztrecht für Klagen gegen Richtlinien des GBA sowie für Aufsichtsklagen
in diesem Zusammenhang insgesamt zuständig. Dies galt zB auch für Klagen von Arzneimittelherstellern. Das hat der Senat mehrfach
entschieden und sich dabei auch eingehend mit den abweichenden - jeweils nicht tragenden - Auffassungen des 1. und des 3.
Senats des BSG auseinandergesetzt (zuletzt Urteil BSG aaO). Das in diesem Zusammenhang seit dem 30.4.2010 beim Großen Senat anhängige Verfahren GS 1/10 ist noch nicht terminiert.
Für den hier zu beurteilenden Rechtsstreit eines Arzneimittelherstellers gegen eine Regelung in der AM-RL würde sich zur Zuständigkeit
nach §
10 Abs
2 SGG bei Anwendung der ab dem 1.1.2012 geltenden Fassung des Art 8 Nr 1 des Vierten Gesetzes zur Änderung des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (vom 22.12.2011, BGBl I 3057, 3063) nichts anderes ergeben. Nach dieser Neuregelung, die der Deutsche Bundestag am 1.12.2011 beschlossen hat, gehören zu den
Streitigkeiten des Vertragsarztrechts auch "Klagen gegen ... Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses, soweit ... die
streitgegenständlichen Regelungen der Richtlinien die vertragsärztliche Versorgung betreffen" (so schon BR-Drucks 782/11 vom
2.12.2011, S 1 iVm S 7; in Kraft seit dem 1.1.2012 als §
10 Abs
2 Satz 2 Nr
1 SGG). Die hier umstrittene Bestimmung in der AM-RL betrifft im Sinne dieser Neuregelung die vertragsärztliche Versorgung. Das
ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Präzisierung des §
10 Abs
2 SGG sowie aus der Systematik des Vertragsarztrechts.
In der Begründung der Bundesregierung zur Neufassung des §
10 Abs
2 SGG ist die AM-RL als zugehörig zu den Richtlinien des GBA bezeichnet worden, die - im Sinne der ursprünglich vorgeschlagenen
Gesetzesfassung - "allein" die vertragsärztliche Versorgung betreffen. Damit sollte die bisherige Zuordnung, wie sie sich
aus der Rechtsprechung des Senats ergab, fortgeführt werden ("we i t e r h i n dem Vertragsarztrecht zuzuordnen") und die
Rechtslage "ausdrücklich klargestellt" werden (BR-Drucks 315/11 S 38 = BT-Drucks 17/6764 S 26). Die Kritik an dieser Absicht
der Bundesregierung insbesondere im Beschluss des 3. Senats des BSG vom 21.7.2011 (B 3 KR 36/09 B - RdNr 61 f) hat den Deutschen Bundestag nicht zu einer entsprechenden Änderung des Gesetzentwurfs veranlasst. Im Gegenteil
ist die Voraussetzung, dass "allein" die vertragsärztliche Versorgung betroffen sein muss, damit die Spruchkörper für das
Vertragsarztrecht zuständig sind, entfallen. Zudem ist künftig nicht auf die gesamte Richtlinie, sondern auf die vom Rechtsstreit
betroffene Regelung in einer Richtlinie abzustellen (BT-Drucks 17/7991 S 17). Aus diesen Klarstellungen im Gesetzgebungsverfahren
ergibt sich für den vorliegenden Fall, in dem die Vorgabe der Nr 31 Abschnitt III AM-RL für das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte
Streitgegenstand ist, die Folgerung, dass hier im Sinne des §
10 Abs
2 SGG die streitgegenständliche Regelung die vertragsärztliche Versorgung betrifft.
Diese aus §
10 Abs
2 SGG abgeleitete Zuordnung der Streitigkeiten über vertragsärztliche Verordnungsbefugnisse zum Vertragsarztrecht entspricht auch
der Systematik des Vertragsarztrechts. Die vertragsärztliche Versorgung gemäß §
73 Abs
2 Satz 1 Nr
1 iVm Nr
7 SGB V umfasst insbesondere die umfassende ärztliche Betreuung in Diagnostik und Therapie einschließlich der Verordnung von Arznei-
und Heilmitteln. Die näheren Einzelheiten zur vertragsärztlichen Versorgung werden gemäß §
92 Abs
1 SGB V durch Richtlinien des GBA konkretisiert, wozu nach §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
6 SGB V insbesondere auch Richtlinien über die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln gehören. Die Ausstellung von Verordnungen
hat der Gesetzgeber in die Hand der Vertragsärzte gelegt; davon gehen sowohl die Bestimmungen des
SGB V als auch die konkretisierenden Richtlinien wie die AM-RL aus. Daraus ergibt sich, dass die AM-RL - nach ihrer normativen
Ausrichtung primär - Rechte und Pflichten der Vertragsärzte regeln. Dies ist jedenfalls bei der hier zu beurteilenden Regelung
in Nr 31 Abschnitt III AM-RL zur Verordnung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel der Fall.
Diese Regelungswirkung der AM-RL und die sich daraus ergebende Zuordnung zum Vertragsarztrecht im Sinne des §
10 Abs
2 SGG werden nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Bestimmungen der AM-RL - in ihren weiteren Wirkungen - auch den Leistungsanspruch
der Versicherten ausgestalten und für diese verbindlich sind (vgl §
91 Abs
6 SGB V und dazu BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 §
92 Nr 12, RdNr 21).
Diese Zuordnung zum Vertragsarztrecht ergibt sich gleichermaßen auch dann, wenn entsprechend den Ausführungen des Ausschusses
für Arbeit und Soziales (BT-Drucks 17/7991 S 17) auf die einzelnen streitgegenständlichen Regelungen der Richtlinie abgestellt
wird (vgl dazu auch die Einzelanalyse im Senatsurteil vom 11.5.2011, BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 18): Sowohl die AM-RL insgesamt als auch die hier streitige Vorschrift der Nr 31 Anlage III
AM-RL regeln unmittelbar Rechte und Pflichten der Vertragsärzte. Die AM-RL regelt gemäß ihrem § 1 "die Verordnung von Arzneimitteln
durch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte ...". Darin ist als Rechtsgrundlage §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
6 SGB V benannt, wonach der GBA "Richtlinien beschließ(t) ... über die (6.) Verordnung von Arznei ... mitteln". Dazu ist im vorangestellten
§
92 Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3 und 4
SGB V bestimmt, dass er "die Erbringung und Verordnung von Leistungen ... einschränken oder ausschließen (kann), wenn nach allgemein
anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische Notwendigkeit
oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder ausschließen,
wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen
oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist." Alle genannten Bestimmungen wenden sich direkt an den Vertragsarzt; sie sind unmittelbar
auf ihn und sein Verordnungsverhalten ausgerichtet. Dies spricht dafür, dass die auf sie gegründeten Rechtsstreitigkeiten
dem Vertragsarztrecht im Sinne des §
10 Abs
2 SGG zuzuordnen sind. Dem entspricht auch, dass die Grundlagenvorschrift des §
92 Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3 und 4 und Satz 2 Nr
6 SGB V ihren Standort im Vertragsarztrecht (§§
72 ff
SGB V) hat.
B. Das LSG hat auch zu Recht seine instanzielle Zuständigkeit für die vorliegende Klage bejaht. Seit den Neuregelungen in
§
29 Abs
2 ff
SGG - mit der Schaffung auch von Regelungen über Normenkontrollverfahren - entscheidet gemäß dessen Abs 4 Nr 3 das LSG Berlin-Brandenburg
im ersten Rechtszug über Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des GBA (§
29 Abs
4 Nr
3 SGG, in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008, BGBl I 444).
C. Die von der Klägerin im LSG-Verfahren gestellten - und im Revisionsverfahren aufrechterhaltenen - Feststellungsanträge
sind zulässig. Dies gilt nicht nur für den Feststellungsantrag, dass Nr 31 Anlage III AM-RL rechtswidrig sei, sondern - entgegen
der Auffassung des LSG - auch für das Begehren auf Feststellung, dass Nr 31 Anlage III AM-RL die Verordnungsfähigkeit der
Arzneimittel Monapax®-Saft und -Tropfen nicht für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen
ausschließe. Der Auffassung des LSG, mit einer Feststellungsklage gemäß §
29 Abs
4 Nr
3 SGG könne nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen Rechtsnorm, nicht aber deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung geltend
gemacht werden, ist nicht zu folgen. Diese Ansicht findet weder in der Rechtsprechung des BVerfG oder BSG noch in den daran anknüpfenden Vorstellungen des Gesetzgebers eine Stütze.
1. Im Senatsurteil vom 31.5.2006 (BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5) ist ausgeführt, ein Kläger könne mit einer Feststellungsklage die "Anwendung und Wirksamkeit gesetzesnachrangiger
Rechtsvorschriften überprüfen ... lassen" (aaO RdNr 27). Der Senat hat dabei auf die Rechtsprechung des BVerfG hingewiesen,
das vor der Einlegung einer Rechtssatz-Verfassungsbeschwerde gegen eine Rechtsverordnung die Erhebung einer Feststellungsklage
gegen den Normgeber fordert (siehe BVerfGE 115, 81, 91 ff = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 36 ff). Das BVerfG leitet aus Art
19 Abs
4 GG ab, dass die Fachgerichte Feststellungsklagen als Rechtsschutzmittel gegen untergesetzliche Rechtsnormen anerkennen müssen
(BVerfGE aaO S 92 unter I. 2.a iVm S 95 f unter bb = SozR aaO RdNr
41 iVm 49 ff). Wie vom BVerfG hervorgehoben, fordert Art
19 Abs
4 GG, dass der Kläger unmittelbar gegen den Normgeber vorgehen kann mit dem Ziel der Feststellung, dass die Rechtsnorm ihn in
seinen subjektiven Rechten verletze (so BVerfGE aaO S 95 unter bb [zweiter Satz] = SozR aaO RdNr 50).
Weder das BSG noch das BVerfG unterscheiden bei gegen Rechtsnormen gerichteten Feststellungsklagen danach, ob sich das Begehren des Klägers
auf die Ungültigkeit der Rechtsnorm oder (nur) auf ihre Auslegung bzw Anwendung richtet. Dies ergibt sich ausdrücklich aus
dem genannten BSG-Urteil (vgl BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 27: "Feststellungsklage ... Anwendung und Wirksamkeit gesetzesnachrangiger Rechtsvorschriften überprüfen zu lassen";
RdNr 28: "Anwendung und Wirksamkeit hier umstritten"), aber auch aus der Entscheidung des BVerfG vom 17.1.2006 (BVerfGE 115,
81 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3): In diesem Verfahren wurde nicht über die Wirksamkeit der betroffenen Subventionsverordnung gestritten,
sondern nur um die Frage ihrer Fehlausrichtung bezogen auf bestimmte Subventionsantragsteller (Problematik des Art
3 Abs
1 GG). Das BVerfG zielt nach dem Kontext seiner Entscheidung darauf, dass vor Erhebung einer Rechtssatz- Verfassungsbeschwerde
eine fachgerichtliche Vorprüfung auch unter verfassungsrechtlichem Aspekt erfolgt (BVerfGE aaO S 91 ff = SozR aaO RdNr 36
ff). Es zieht hierfür den "Grundsatz der Subsidiarität" (der Inanspruchnahme des BVerfG) heran und die diesem "zugrunde liegende
Erwägung, zunächst dem sachnäheren Fachgericht die Kontrolle auch der Einhaltung der Verfassung zu überlassen" (BVerfGE aaO
S 91 f [unter I. 1., erster und letzter Absatz] = SozR aaO RdNr 37, 39). Dementsprechend muss die Prüfung der Rechtsnorm durch
die Fachgerichte im Wege der Feststellungsklage auch dann offenstehen, wenn nicht die Unwirksamkeit einer Rechtsnorm, sondern
nur deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung geltend gemacht wird. Würde in diesen Fällen - wie das LSG es tut - eine Feststellungsklage
für unzulässig erachtet und damit der Kläger veranlasst, ohne Anrufung der zuständigen Fachgerichte direkt Rechtssatzverfassungsbeschwerde
beim BVerfG einzulegen, so wäre damit zu rechnen, dass das BVerfG diese als unzulässig ansieht und vom Fachgericht die Vorprüfung
im Rahmen einer Feststellungsklage fordert, so wie dies im Fall des BVerfG-Verfahrens (BVerfGE 115, 81, 82 iVm 91 ff = SozR 4-1500 § 55 Nr 3 RdNr 35 iVm 36 ff) geschehen ist (zur Fortführung dieser Rspr siehe - allerdings jeweils
ohne Eingehen auf Details - BVerfGE 118, 79, 96 [unter C. I. 1.]; BVerfG [Kammer] BVerfGK 11, 337, 345 f = NVwZ 2007, 1172, 1174 [unter II. 2. c aa] und auch BVerfG [Kammer] BVerfGK 16, 396, 402 [unter III. 1. c]).
2. Die dargestellte umfassende Zulassung von Feststellungsklagen gegen Rechtsnormen entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers,
die er - anknüpfend an die vorgenannte Rechtsprechung - bei Schaffung der Regelungen des §
29 Abs
2 ff
SGG zum Ausdruck gebracht hat (BR-Drucks 820/07 vom 15.11.2007). Dort ist ausgeführt, dass die BVerfG-Entscheidung (BVerfGE 115,
81 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3) die Notwendigkeit einer fachgerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeit gegen untergesetzliche Rechtssätze verdeutlicht und
dass das BSG dies im Urteil BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5 umgesetzt hat; da dies den Anforderungen des Art
19 Abs
4 GG "sachgerecht Rechnung trägt, bedarf es der Schaffung einer §
47 VwGO entsprechenden Norm nicht" (BR-Drucks aaO S 19).
3. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage gilt im Übrigen nicht nur für den Hauptantrag der Klägerin und ihren ersten, sondern
auch für ihren weiteren Hilfsantrag; mit diesem begehrt sie die Feststellung, dass der Vorschrift der Nr 31 Anlage III AM-RL
der Zusatz "Homöopathische Arzneimittel sind ausgenommen" beizufügen sei. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung (BVerfGE 115,
81 = SozR 4-1500 § 55 Nr 3) ausgeführt, dass "im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegenüber dem Normgeber auch die Feststellung
begehrt werden (kann), dass das Recht der Kläger auf Gleichbehandlung den Erlass oder die Änderung einer Rechtsverordnung
gebiete" (BVerfGE aaO S 96 = SozR aaO RdNr 51, mit Bezugnahme auf BVerwG NVwZ 2002, 1505, 1506; zur Feststellungsklage s auch BVerfGE aaO S 96 unten = SozR aaO RdNr 53).
Zusammengefasst ergibt sich, dass mit einer fachgerichtlichen Feststellungsklage nicht nur die Unwirksamkeit einer untergesetzlichen
Rechtsnorm, sondern auch deren fehlerhafte Auslegung oder Anwendung sowie ein Anspruch auf deren Änderung geltend gemacht
werden kann.
4. Auch die weiteren Voraussetzungen der Zulässigkeit der Feststellungsklage sind erfüllt. Die Beteiligten streiten um das
"Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses" (vgl §
55 Abs
1 Nr
1 SGG). Das Feststellungsinteresse der Klägerin (vgl §
55 Abs
1 letzter Halbsatz
SGG) ist gegeben, und dem Feststellungsbegehren steht - vor dem Hintergrund der BVerfG-Forderungen gemäß oben 1. - die Subsidiarität
der Feststellungsklage nicht entgegen (vgl zu diesem Erfordernis §
43 Abs
2 VwGO iVm mit dessen Anwendung im Sozialgerichtsverfahren: BSGE 58, 150, 152 f = SozR 1500 § 55 Nr 27 S 23; BSGE 90, 215, 220 = SozR 3-5868 § 98 Nr 1 S 6 f; BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 37; BSG SozR 4-2500 § 132a Nr 3 RdNr 19).
D. Die Klägerin ist für die von ihr gestellten Feststellungsanträge aktivlegitimiert. Dies ist in der Rechtsprechung des BSG für solche Fälle wie hier anerkannt, in denen sich ein Hersteller von Medizinprodukten oÄ gegen Beschränkungen der vertragsarztrechtlichen
Abrechenbarkeit bzw Verordnungsfähigkeit in einem Bereich grundsätzlich erbringbarer Leistungen wendet (BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5, RdNr 29 ff, 33 ff; vgl auch BSGE 94, 1 = SozR 4-2500 § 35 Nr 3, RdNr 15-18; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 25 mwN; BSGE 107, 261 = SozR 4-2500 § 35 Nr 5, RdNr 15 letzter Satz iVm RdNr 17). Die Feststellungsanträge sind indessen deshalb allesamt unbegründet,
weil die von der Klägerin angegriffene Regelung der Nr 31 Anlage III AM-RL nicht zu beanstanden ist. Diese Regelung lässt
keinen Rechtsfehler erkennen. Sie hält sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben unter Berücksichtigung der dem GBA zustehenden
normativen Gestaltungsfreiheit (vgl hierzu BSGE 103, 106 = SozR 4-2500 § 94 Nr 2, RdNr 51; BSGE 105, 243 = SozR 4-2500 § 116b Nr 2, RdNr 43 ff; BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12, RdNr 35).
1. Rechtsgrundlagen für Nr 31 Anlage III AM-RL sind §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
6 iVm Satz 1 Teilsatz 3 und 4
SGB V iVm §
34 Abs
1 Satz 1 und 5
SGB V. Nach diesen Bestimmungen sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel grundsätzlich von der Versorgung in der GKV ausgeschlossen
(§
34 Abs
1 Satz 1
SGB V). Allerdings gilt dies grundsätzlich nicht für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen
(§
34 Abs
1 Satz 5 Nr
1 und
2 SGB V). Andererseits kann der GBA gemäß §
92 Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3 und 4
SGB V generell die vertragsärztliche "Erbringung und Verordnung von Leistungen oder Maßnahmen einschränken oder ausschließen, wenn
nach allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse der diagnostische oder therapeutische Nutzen, die medizinische
Notwendigkeit oder die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen sind; er kann die Verordnung von Arzneimitteln einschränken oder
ausschließen, wenn die Unzweckmäßigkeit erwiesen oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem
diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist."
Diese Grundsätze über unwirtschaftliche und/oder unzweckmäßige Verordnungen gelten, wie sich schon aus ihrem systematischen
Standort einleitend in §
92 Abs
1 Satz 1
SGB V ergibt, für alle in §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
1-15
SGB V genannten Richtlinien. Sie gelten auch im Rahmen näherer Bestimmungen zu den nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
gemäß §
34 Abs
1 SGB V (vgl dort Satz 2 und 3 sowie Satz 6). Dies folgt schon aus dem hohen Rang des Wirtschaftlichkeitsgebots (§§
2 Abs
1 Satz 1, §
12 Abs
1, §
72 Abs
2 SGB V; - vgl dazu zuletzt BSG vom 19.10.2011 - B 6 KA 38/10 R - RdNr 20 f mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), aber auch daraus, dass für die näheren Bestimmungen im Rahmen
des §
34 Abs
1 (Satz 2 und 9)
SGB V jeweils auf §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
6 SGB V verwiesen wird, der seinerseits durch die Einleitungsvorschriften in §
92 Abs
1 Satz 1 (mit auch Teilsatz 3 und 4)
SGB V vorgeprägt ist.
Daraus ergibt sich, dass die in §
92 Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3 und 4
SGB V dem GBA eingeräumte Ermächtigung, die Verordnung von Arzneimitteln einzuschränken oder auszuschließen, wenn nach allgemein
anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen ist bzw wenn eine andere, wirtschaftlichere
Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist, auch für die Behandlung
von Kindern bis zum 12. Lebensjahr und von Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen gilt. Auch für diesen Personenkreis kann
der GBA aus den in §
92 Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3 und 4
SGB V angeführten Gründen - Unwirtschaftlichkeit bzw Unzweckmäßigkeit - die Verordnungsfähigkeit beschränken oder ausschließen.
Der GBA kann also von der Regelung des §
34 Abs
1 Satz 5
SGB V, wonach der Ausschluss der Verordnungsfähigkeit nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel (§
34 Abs
1 Satz 1
SGB V) grundsätzlich für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen nicht gilt (§
34 Abs
1 Satz 5 Nr
1 und
2 SGB V), wiederum aus Gründen der Unwirtschaftlichkeit bzw Unzweckmäßigkeit im Sinne des §
92 Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3 und 4
SGB V mit der Folge abweichen, dass derartige Verordnungen für solche Kinder und Jugendlichen doch ausgeschlossen sind.
2. Den dargestellten gesetzlichen Vorgaben entspricht die angegriffene Regelung in der AMRL. Der Beklagte hat sich im Rahmen
der ihn bindenden gesetzlichen Bestimmungen gehalten.
a) Der GBA hat der therapeutischen Vielfalt - insbesondere der spezifischen Wirkungsweise der homöopathischen, phytotherapeutischen
und anthroposophischen Arzneimittel - Rechnung zu tragen. In §
2 Abs
1 Satz 2 und §
73 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGB V ist jeweils bestimmt, dass "Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen ... nicht ausgeschlossen"
sind - im Sinne von: nicht ausgeschlossen werden dürfen -. Weiterhin schreibt §
34 Abs
1 Satz 3
SGB V vor - für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die einen Therapiestandard für die Behandlung schwerwiegender Erkrankungen
darstellen und die der GBA deshalb für doch verordnungsfähig erklärt -, dass "der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen"
ist. Ferner regelt §
34 Abs
2 Satz 3 (seit 1.1.2011: Abs
3 Satz 2)
SGB V - für den Fall, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel für die Behandlung geringfügiger Gesundheitsstörungen für nicht-verordnungsfähig
erklärt werden -, dass "bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen
und anthroposophischen Arzneimitteln ...der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen" ist. Schließlich
bestimmen § 35 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 2 und § 92 Abs 2 Satz 5 Halbsatz 2 (bis 31.12.2010; ähnlich seit 1.7.1997 auch Abs 3a
Satz 1)
SGB V, dass "bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen ...auch Stellungnahmen von Sachverständigen
dieser Therapierichtungen einzuholen" sind.
b) Zu §
34 Abs
1 Satz 2 iVm Satz 3
SGB V hat der Senat bereits im Urteil vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 § 92 Nr 12) Stellung genommen. Dieses Urteil betraf unmittelbar nur Regelungen für schwerwiegende Erkrankungen
und dafür bestehende Therapiestandards, es lassen sich aber allgemeingültige Folgerungen aus seinen Ausführungen ziehen (BSG aaO RdNr 37, 39-41).
Wie der Senat in diesem Urteil dargelegt hat, ist im Verhältnis zwischen Satz 2 und Satz 3 des §
34 Abs
1 SGB V maßgeblich, dass der Gesetzgeber die Vorgaben des Satz 2 vorangestellt hat und ihnen die Regelung des Satz 3 in der Weise
angeschlossen hat, dass "dabei ... der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen" ist. Daraus ergibt sich ein gewisser Vorrang
der Vorgaben des Satz 2: In deren Rahmen ist die therapeutische Vielfalt zu berücksichtigen (BSG aaO RdNr 37). Das Gebot, der therapeutischen Vielfalt Rechnung zu tragen, bedeutet insbesondere, dass die Eigenheiten besonderer
Therapierichtungen - soweit dies im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften möglich ist - zu berücksichtigen sind. Bei der Bewertung
der Qualität und Wirksamkeit von Behandlungsmethoden und Medikationen ist deshalb der Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung,
also die aus Sicht der Therapierichtung gegebene besondere Wirksamkeit, zugrunde zu legen (Maßstab der sog Binnenanerkennung,
vgl BSG aaO RdNr 39 mit Bezugnahme auf weitere Rspr, insbesondere BSGE 81, 54, 68 ff, 71 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 24 ff, 27 f; BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23.07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13 ff, 15; ferner allgemein zu besonderen Therapierichtungen: BSGE 85, 56, 63 ff = SozR 3-2500 § 28 Nr 4 S 21 ff; BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 12 S 72 ff; BSGE 94, 221 RdNr 26 ff, 29-31 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3 RdNr 27 ff, 30-32; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 18; s auch BVerwG aaO RdNr 13 ff). Die hierauf gegründete Forderung, der GBA dürfe eine Einschränkung, wie sie
für Mistel-Präparate bestehe, indem diese "nur in der palliativen Therapie ... zur Verbesserung der Lebensqualität" verordnungsfähig
seien (Nr 16.4.27 AM-RL bzw heute: Nr 32 der Anlage I zum Abschnitt F AMRL), nicht auch für anthroposophische und homöopathische
Arzneimittel gelten lassen, hat der Senat indessen mit Urteil vom 11.5.2011 (BSGE 108, 183 = SozR 4-2500 §
92 Nr
12) zurückgewiesen: Aus §
34 Abs
1 Satz 3
SGB V kann nicht abgeleitet werden, der GBA müsse im Rahmen der anthroposophischen und homöopathischen Therapierichtungen Arzneimittel
wie zB Mistel-Präparate sowohl für die kurativ-adjuvante als auch für die palliative Therapie für verordnungsfähig erklären,
während entsprechende allopathische Präparate nur für die palliative Therapie verordnungsfähig sind. Dies ergäbe eine im Gesetz
so nicht angelegte Begünstigung der anthroposophischen und homöopathischen Arzneimittel gegenüber den allopathischen. Kommt
der GBA in diesem Rahmen zum Ergebnis, einen Behandlungsstandard gebe es nur in der palliativen Therapie, und beschränkt er
dementsprechend die Verordnungsfähigkeit, so ist dies der Rahmen, dessen Grenzen der GBA dann auch für die besonderen Therapierichtungen
gelten lassen kann. Würde der GBA diesen Rahmen allein für die Arzneimittel besonderer Therapierichtungen lockern, so hätte
das insoweit eine - jedenfalls nicht gebotene - Begünstigung für diese Arzneimittel zur Folge. Das ginge über das dargestellte
Verhältnis des Satz 3 zu Satz 2 hinaus, wonach der therapeutischen Vielfalt nur im Rahmen der Vorgaben des Satz 2 Rechnung
zu tragen ist (BSG aaO RdNr 41).
c) Dasselbe gilt auch sonst - außerhalb des Verhältnisses von §
34 Abs
1 Satz 2 zu Satz 3
SGB V - für die Berücksichtigung der spezifischen Wirkungsweise der homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen
Arzneimittel: Begünstigungen der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen im Vergleich zu den allopathischen Arzneimitteln
im Sinne einer weitgehenden Freistellung von Wirtschaftlichkeitserwägungen sind jedenfalls nicht gesetzlich geboten.
Dieselbe Wertung lässt sich im Ansatz auch dem Urteil des 1. Senats des BSG vom 22.3.2005 entnehmen (BSGE 94, 221 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3). Dort hat der 1. Senat im Ergebnis eine Aufsichtsmaßnahme beanstandet, weil in einer durch Gesetz und Rechtsprechung
nicht geklärten Rechtslage aufsichtsrechtliche Zurückhaltung geboten sei (BSG aaO Leitsatz 2 und RdNr 32 bzw 33). Aus dem Kontext ist erkennbar, dass der 1. Senat der von der dortigen Klägerin geltend
gemachten Sonderstellung für besondere Therapiemethoden - mit Beanspruchung der Freistellung von gesetzlichen Vorgaben, die
sonst allgemein für besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gelten (vgl zB aaO RdNr 31 bzw 32) - eher ablehnend gegenübersteht
("Trotz der zweifellos auch vorhandenen, die Richtigkeit der Rechtsauffassung der Beklagten stützenden Argumente ...", so
BSG aaO RdNr 32 bzw 33).
Hiermit übereinstimmend wird auch im Schrifttum zu dem Gebot, der therapeutischen Vielfalt und damit der spezifischen Wirkungsweise
der homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimittel Rechnung zu tragen, betont, dass auch bei den
besonderen Therapierichtungen "Wirtschaftlichkeitsgebot sowie Qualitätssicherung zu beachten" sind und ihnen "keine Sonderstellung
eingeräumt" ist (R. Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung -
SGB V, §
27 RdNr 307 [Stand Einzelkommentierung März 2008]). "Weder eine Begünstigung noch eine Benachteiligung der Arzneimittel der
besonderen Therapierichtungen ist gewollt. ... Eine Begünstigung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen mit der
Folge, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse ...
entsprechen, widerspricht ... den gesetzlichen Vorgaben" (E. Hauck in Peters, aaO, § 34 RdNr 33 [Stand Einzelkommentierung
Mai 1995]). Den Grundsatz, dass sich aus der Zugehörigkeit eines Arzneimittels zu einer besonderen Therapierichtung kein Anspruch
auf Freistellung von allgemeingültigen gesetzlichen Anforderungen ergibt, legt auch das BVerwG in seiner Rechtsprechung zu
Arzneimittelzulassungen nach dem AMG zugrunde (siehe BVerwG vom 16.10.2008 - 3 C 23/07 - Buchholz 418.32 AMG Nr 53 RdNr 13, 15, 24, 27, ebenso in Juris dokumentiert). Dem entspricht auch die Formulierung des BSG von der "Neutralität des Staates gegenüber unterschiedlichen wissenschaftlichen Ansätzen, die in der Bevölkerung ... breite
Resonanz gefunden haben" (BSGE 81, 54, 69 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 25; vgl ebenso BTDrucks 7/5091 S 7: "Zurückhaltung gegenüber einer Entscheidung über eine
Lehrmeinung").
3. Aus dem Grundsatz, dass weder die Versicherten noch die Leistungserbringer - und auch nicht die Arzneimittelhersteller
- beanspruchen können, dass homöopathische Arzneimittel von den Verordnungseinschränkungen und -ausschlüssen, die für alle
(sonstigen) Arzneimittel gelten, freigestellt werden, ergibt sich für das vorliegende Verfahren: Der GBA ist nicht verpflichtet,
die homöopathischen Arzneimittel von den Verordnungsbeschränkungen der Nr 31 Anlage III AM-RL auszunehmen - ungeachtet dessen,
dass diese Bestimmungen wirkstoffbezogen sind und die Klägerin die Unvereinbarkeit wirkstoffbezogener Betrachtung mit der
Lehre der Homöopathie geltend macht. Diese Bestimmungen halten sich vielmehr (a) im Rahmen der gesetzlichen Regelungen (hier
speziell §
92 Abs
1 Satz 1 Teilsätze 3 und 4
SGB V) unter Berücksichtigung der dem GBA zustehenden normativen Gestaltungsfreiheit und sind (b) auch mit Blick auf die besonderen
Therapierichtungen nicht zu beanstanden.
a) Der Verordnungsausschluss, der in Nr 31 Anlage III AM-RL für Hustenmittel normiert ist, erfasst "fixe Kombinationen von
Antitussiva oder Expektorantien oder Mukolytika untereinander oder mit anderen Wirkstoffen". Antitussiva sind hustenhemmend,
Mukolytika bzw Expektorantien hingegen sind schleimlösend und damit auswurffördernd (vgl Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch,
263. Aufl 2011/2012, bei den jeweiligen Stichworten).
Der medizinische Grund, Arzneimittel mit fixen Kombinationen von hustenhemmenden Antitussiva einerseits und andererseits auswurffördernden
und schleimlösenden Expektorantien für nicht verordnungsfähig zu erklären, liegt darin, dass entgegengesetzte Wirkstoffe sich
uU gegenseitig behindern bzw in ihrer Wirkung neutralisieren können, sodass kein voller Nutzeffekt aller Wirkstoffe zu verzeichnen
ist. Die "fixe" Kombination kann auch in den Ausnahmefällen, in denen die Gleichzeitigkeit der verschiedenen Wirkungen doch
einen gewissen Sinn macht, problematisch sein; denn deren Zusammenspiel kann dann nicht je nach dem konkreten Krankheitsstadium
und der individuellen Befindlichkeit variiert werden, weil die Mengen der verschiedenen Wirkstoffe im Verhältnis zueinander
in unveränderlicher Weise feststehen.
Auf dieser Basis hat der GBA zur Schlussfolgerung kommen dürfen, dass statt fixer Wirkstoffkombinationen im Regelfall das
Behandlungsziel medizinisch zweckmäßiger und/oder kostengünstiger durch die Verordnung von Monopräparaten erreicht werden
kann (vgl - inhaltsgleich - die allgemeinen Vorgaben des § 16 Abs 1 Nr 3, Abs 2 Nr 5 AM-RL, die gemäß § 16 Abs 3 AM-RL durch
die Anlage III AM-RL konkretisiert wird). Zwar ist nicht auszuschließen, dass in Einzelfällen die Verabreichung einander entgegengesetzter
Wirkstoffe medizinisch indiziert sein kann; solchen Fällen ist dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass generell bestimmt
ist, dass der Vertragsarzt in medizinisch begründeten Einzelfällen derartige Arzneimittel ausnahmsweise mit Begründung verordnen
darf (§
31 Abs
1 Satz 4
SGB V, §
16 Abs
5 AM-RL, ebenso Präambel Abs
3 der Anlage III AM-RL). Für den Regelfall aber durfte der GBA davon ausgehen, dass Verordnungen fixer Kombinationen medizinisch
problematisch sind, und dies deshalb als unwirtschaftlich bzw unzweckmäßig bewerten und ihre Verordnungsfähigkeit beschränken.
Die Bestimmungen in Nr 31 Anlage III AM-RL entsprechen mithin den Vorgaben des § 16 Abs 1 Nr 3, Abs 2 Nr 5 iVm Abs 3 AM-RL.
Sie entsprechen zugleich den gesetzlichen Tatbeständen der Teilsätze 3 und 4 des §
92 Abs
1 Satz 1
SGB V, wonach Verordnungseinschränkungen und -ausschlüsse zulässig sind, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen (aaO Teilsatz
3) und/oder eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen
verfügbar ist (aaO Teilsatz 4). Diese Voraussetzungen sind bei dem grundsätzlichen Verordnungsausschluss für Arzneimittel
mit fixen Kombinationen von hustenhemmenden Antitussiva einerseits und andererseits auswurffördernden und schleimlösenden
Expektorantien erfüllt (vgl hierzu RdNr 39).
Der GBA hat den Verordnungsausschluss der fixen Kombinationen auch auf Kinder bis zum 12. Lebensjahr und auf Jugendliche mit
Entwicklungsstörungen erstrecken dürfen. Zwar gelten die Ausschlüsse für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel an sich
nicht für Kinder bis zum 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen (§
34 Abs
1 Satz 5 Nr
1 und
2 SGB V). Hiervon darf der GBA aber aus dem in §
92 Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3 und 4
SGB V normierten Tatbestandsmerkmal nicht nachgewiesener Wirtschaftlichkeit bzw nicht gegebener Zweckmäßigkeit abweichen, wie oben
ausgeführt worden ist (RdNr 29). Daher ist es nicht notwendig, bei Kindern bis zum 12. Lebensjahr und bei Jugendlichen mit
Entwicklungsstörungen auf einen Verordnungsausschluss zu verzichten und sich auf Hinweise zur Unwirtschaftlichkeit zu beschränken.
Wenn der GBA sich in Nr 31 Anlage III AM-RL dennoch auf einen bloßen Hinweis beschränkt hat (worauf die Überschrift zur Anlage
III AM-RL, die Präambel in Abs 2 Satz 2, die weitere Erläuterung in Abs 2 Nr 6 und die Formulierung in Nr 31 rechte Spalte,
vierter Passus, hindeuten), so hat dafür jedenfalls von Gesetzes wegen keine rechtliche Notwendigkeit bestanden.
b) Der in Nr 31 Anlage III AM-RL normierte Verordnungsausschluss für Arzneimittel mit fixen Kombinationen von hustenhemmenden
Antitussiva einerseits und auswurffördernden und schleimlösenden Expektorantien andererseits erfasst auch das homöopathische
Arzneimittel Monapax®-Tropfen. Im Urteil des LSG ist ausgeführt, dass dieses Arzneimittel aufgrund der in ihm enthaltenen
Wirkstoffe ein Hustenmittel nach Nr 31 Anlage III AM-RL darstellt (LSG-Urteil im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen
unter B. 2.a = Juris RdNr 8 iVm 44 - mit weiteren Ausführungen unter B. 2.b = RdNr 45, dass das - nach der Auffassung des
LSG - aber nicht dem Gebot gerecht werde, der spezifischen Wirkungsweise homöopathischer Arzneimittel Rechnung zu tragen).
Diese Zuordnung von Monapax®-Tropfen zu den Hustenmitteln mit fixen Kombinationen von entgegengesetzten Wirkstoffen im Sinne
der Nr 31 Anlage III AM-RL findet ihre Bestätigung in den Angaben der Klägerin in der diesem Arzneimittel beigefügten sog
Fachinformation, so wie dies im Urteil des LSG ausgeführt ist (s den Urteilstatbestand iVm den Entscheidungsgründen unter
B. 2.c = Juris RdNr 8 iVm 46). Vor diesem Hintergrund und angesichts der vorgenannten Feststellungen im Urteil des LSG ist
es rechtlich unerheblich, dass die Klägerin - wie sie geltend macht - mit der Aufführung von diversen Stoffen in der Rubrik
"Wirkstoffe" nur der Vorgabe des § 11a AMG für die formale Einteilung der Fachinformationen habe Genüge tun wollen.
Unzutreffend ist auch die Ansicht der Klägerin, eine - das Revisionsgericht bindende - Tatsachenfeststellung ergebe sich aus
den Ausführungen des LSG, dass die wirkstoffbezogene Betrachtungsweise der Nr 31 Anlage III AM-RL dem Gebot widerspreche,
der spezifischen Wirkungsweise der besonderen Therapiemethoden Rechnung zu tragen.
Nichts grundsätzlich anderes gilt für Monapax®-Saft. Auch insoweit geht das LSG davon aus, das dieses Arzneimittel Wirkstoffe
enthält, die der Gruppe der homöopathischen und anthroposophischen Antitussiva und Expektorantien zugeordnet werden (LSG aaO
im Urteilstatbestand = Juris RdNr 3), die also antagonistische Wirkungsweisen aufweisen. Abgesehen von der Frage, ob die Verordnungsfähigkeit
solcher Säfte ohnehin durch andere Bestimmungen ausgeschlossen ist (vgl Nr 43 Anlage III AM-RL: Saftzubereitungen für Erwachsene),
weist Monapax®-Saft nach den Ausführungen des LSG keine grundsätzlich andere Zusammensetzung auf (Urteilstatbestand aaO iVm
den Entscheidungsgründen unter B. 2.a = Juris RdNr 3 iVm 44).
4. Die Regelung der Nr 31 Anlage III AM-RL verstößt ferner nicht gegen sonstige, außerhalb des
SGB V normierte, höherrangige Rechtsnormen oder Rechtsgrundsätze.
Anhaltspunkte für zB eine Unvereinbarkeit mit dem Verhältnismäßigkeitsgebot bestehen nicht. Auch eine Verletzung der Klägerin
etwa in ihrem Grundrecht aus Art
12 Abs
1 GG ist nicht ersichtlich. Dieses Grundrecht steht gemäß Satz 2 unter dem Vorbehalt, dass einschränkende Regelungen durch Gesetz
oder auf Grund eines Gesetzes zulässig sind. Dem entsprechen die Bestimmungen des §
92 Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3 und 4
SGB V iVm den dargestellten Vorschriften der AM-RL.
Schließlich kann auch nicht der Argumentation des LSG gefolgt werden, die Subsumtion der in den Hustenmitteln Monapax®-Saft
und -Tropfen enthaltenen Elemente unter den Begriff der Wirkstoffe im Sinne der Nr 31 Anlage III AM-RL "widerspräche ... der
Zulassungsentscheidung für Monapax®-Tropfen, die der homöopathischen Wirkungsweise Rechnung trägt" (vgl das vorinstanzliche
Urteil des LSG, insoweit unter Berufung auf BSGE 95, 132 RdNr 14 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 21). Dies trifft so nicht zu. Die Zulassung nach dem AMG und die Prüfung der Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln folgen unterschiedlichen Vorgaben. Ein zugelassenes Arzneimittel
kann nicht-verordnungsfähig sein bzw für nicht-verordnungsfähig erklärt werden (vgl hierzu die zahlreichen Einzelregelungen
in §
34 SGB V; zur Wirksamkeit vgl zB BSGE 102, 30 = SozR 4-2500 §
34 Nr 4, RdNr 19 ff und im Gesamtkontext ebenso BSGE 95, 132 RdNr 13 ff = SozR 4-2500 § 31 Nr 3 RdNr 20 ff und BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 19 iVm 22 ff). Die AMG-Zulassung eines Arzneimittels ist zwar eine notwendige Voraussetzung für dessen Verordnungsfähigkeit, bedeutet aber nicht
schon, dass es auch verordnungsfähig sein müsste. Die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung hängt
vielmehr noch von weiteren Voraussetzungen ab, wie eben zB davon, dass das Arzneimittel den Anforderungen des §
92 Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3 und 4
SGB V entspricht.
5. Nach alledem ist die von der Klägerin angegriffene Regelung in Nr 31 Anlage III AM-RL, jedenfalls soweit die Klägerin diese
aufgrund ihrer subjektiv-rechtlichen Betroffenheit zur Überprüfung stellt, dh bezogen auf Monapax®-Saft und -Tropfen, rechtlich
unbedenklich. Ihre Klage ist deshalb abzuweisen.
E. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung des §
154 Abs
1 VwGO.