Erteilung einer Zweigpraxis-Ermächtigung für einen Facharzt für Nuklearmedizin; Annahme einer Verbesserung der Versorgung
bei qualitativer und quantitativer Erweiterung des Leistungsangebots
Gründe:
I
Im Streit steht eine Ermächtigung zur vertragsärztlichen Tätigkeit außerhalb des Vertragsarztsitzes an einem weiteren Ort
(Zweigpraxis).
Der Kläger nimmt als Facharzt für Nuklearmedizin in Bad H. - im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) N. - an der
vertragsärztlichen Versorgung teil. Die Gemeinschaftspraxis (Berufsausübungsgemeinschaft - BAG) für Radiologie und Nuklearmedizin,
der der Kläger angehört, bietet in den Räumen der K.-Klinik in A. - ca 19 km von Bad H. entfernt und im Bezirk der KÄV R.-P.
gelegen - für Privatpatienten kernspintomographische (MRT-)Untersuchungen an.
Am 3.1.2011 beantragte der Kläger beim Zulassungsausschuss für Ärzte für den Zulassungsbezirk K. die Ermächtigung zum Betrieb
einer Zweigpraxis und gab an, er wolle dort nuklearmedizinische Leistungen, Ultraschall-Leistungen sowie Kernspintomographien
anbieten. Die KÄV N. teilte mit, sie gehe davon aus, dass sich die Versorgung der Versicherten am Vertragsarztsitz des Klägers
durch den Betrieb der beantragten Zweigpraxis nicht verschlechtern werde. Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag mit Bescheid
vom 31.3.2011 (aus der Sitzung vom 22.3.2011) ab. Durch Bescheid vom 15.6.2011 (aus der Sitzung vom 25.5.2011) wies der beklagte
Berufungsausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte er aus, die Tätigkeit, die der Kläger in der
Zweigpraxis in A. ausüben wolle, führe nicht zu einer Verbesserung der Versorgung. Der Kläger beabsichtige, seine Tätigkeit
in der Zweigpraxis zumindest vorerst auf die Durchführung von MRT-Untersuchungen zu beschränken. Es stelle sich schon die
Frage, ob ein Facharzt für Nuklearmedizin derartige Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung abrechnen könne.
Jedenfalls sei davon auszugehen, dass in der maßgeblichen Ortsgemeinde A. die Nachfrage nach MRT-Untersuchungen nur gering
sei, sodass eine Verbesserung der Versorgung im Sinne des Gesetzes nicht erreicht werde. Die hiergegen erhobene Klage ist
erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 7.6.2013).
Das LSG hat auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil des LSG vom 21.8.2014). Zur Begründung hat es ausgeführt,
bei der Prüfung, ob eine Versorgungsverbesserung im Sinne des § 24 Abs 3 Satz 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) vorliege, sei auf den "weiteren Ort", an dem die Zweigpraxis betrieben werden solle, abzustellen. Mithin sei maßgebend,
ob die begehrte Zweigpraxis die Versorgung der Versicherten in der Ortsgemeinde A. verbessern würde. Hinsichtlich des Ausmaßes
der Verbesserung der Versorgung sei zu berücksichtigen, dass einerseits minimale, für die Versicherten kaum spürbare Veränderungen
nicht ausreichten und andererseits die Anforderungen nicht so hoch gespannt werden dürften, dass der beabsichtigte Zweck einer
Förderung der "Filialtätigkeit" verfehlt würde. Innerhalb dieser Grenzen unterfalle die Entscheidung, ob eine Versorgungsverbesserung
vorliege, dem Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien. Nach diesen Maßstäben sei die Entscheidung des Beklagten rechtlich
nicht zu beanstanden. Zwar befinde sich die nächste Vertragsarztpraxis, die MRT-Untersuchungen anbiete, im 19 km von A. entfernt
liegenden Bad H., sodass sich diejenigen in A. ansässigen Versicherten, die eine MRT-Untersuchung benötigten, die Fahrzeit
nach Bad H. ersparen würden. Jedoch habe der Beklagte zu Recht berücksichtigt, dass es sich bei einer Einwohnerzahl von 7414
Einwohnern lediglich um eine relativ geringe Anzahl von Versicherten handele, denen die vom Kläger beantragte Versorgung mit
einem MRT zugutekomme. Hierbei handele es sich um eine sachgerechte Erwägung, die sich noch im Rahmen des Beurteilungsspielraums
des Beklagten halte.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Dass die von ihm in A. geplanten Untersuchungen eine Versorgungsverbesserung
darstellten, zeige bereits der Umstand, dass weder in A. noch im Umkreis von 15 km um A. herum überhaupt Leistungen der diagnostischen
Radiologie angeboten würden. Beziehe man die Versorgungsverbesserung nur auf den Ort A., ergebe sich eine spürbare Verbesserung
für die mehr als 7400 Bewohner. Aus den bereits im Genehmigungsverfahren vorgelegten Zahlen ergebe sich, dass allein in den
Quartalen II/2009 bis II/2010 1342 Patienten den Weg von A. nach Bad H. zum Sitz des Klägers auf sich genommen hätten. Die
Verbesserung der Versorgung werde gerade auch unter Berücksichtigung der einpendelnden Patienten aus den um A. liegenden Orten
deutlich. Dass die Prüfung bei einer Zweigpraxisgenehmigung auf die Ortsgemeinde beschränkt sein solle, sei nicht nachvollziehbar;
eine Versorgungsverbesserung sei immer dann anzunehmen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung
vorlägen. Es sei ermessensfehlerhaft, dass der Beklagte auf bedarfsplanungsrechtliche Erwägungen Bezug nehme, da es auf Bedarfsplanungsfragen
gerade nicht ankomme. Auch für Konkurrenzschutzgesichtspunkte sei keinen Raum.
Der Begriff des "weiteren Ortes" bezeichne nicht die politische Gemeinde; vielmehr sei der Begriff so auszulegen, dass er
ein jeweils im Einzelfall zu ermittelndes Gebiet umfasse, das sich anhand geographischer sowie bevölkerungs- und infrastruktureller
Gegebenheiten bemesse und von Gemeinden oder Gebietskörperschaften unabhängig sei. Verstünde man hierunter die "weitere politische
Gemeinde", würde dies in der besonders hochspezialisierten fachärztlichen Versorgung die Errichtung einer Zweigpraxis gerade
in dünn, besiedelten ländlichen Gebieten faktisch unmöglich machen. Auch sei der "weitere Ort" in einem dünn besiedelten Gebiet
so weit zu fassen, wie die Zweigpraxis schneller und besser erreichbar sei als die nächstgelegene Niederlassung eines anderen
Arztes der gleichen Fachrichtung. Durch die geplante Zweigpraxis werde im Übrigen keine neue Kapazität geschaffen, sondern
er - der Kläger - komme lediglich den Patienten entgegen, die schon heute seine Praxis aufsuchten. In der Zweigpraxis wolle
er - wie beantragt - nicht nur MRT-Leistungen durchführen, sondern auch nuklearmedizinische Leistungen und Ultraschall-Leistungen
anbieten.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Rheinland-Pfalz vom 21. August 2014 und des SG Mainz vom 7. Juni 2013 sowie den Beschluss des Beklagten
vom 25. Mai 2011/Bescheid vom 15. Juni 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts erneut über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 31. März 2011 zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er - der Beklagte - sei im Einklang mit der BSG-Rechtsprechung davon ausgegangen, dass kosmetische Veränderungen der Versorgungssituation nicht ausreichten. Angesichts der
Einwohnerzahl von A. sei ein Bedarf zur Erbringung von MRT-Leistungen allenfalls als ganz gering anzusehen. "Einpendelnde
Patienten" seien nicht zu berücksichtigen. Auch der Vorwurf einer fehlerhaften Ermessensausübung gehe fehl, weil hierfür bei
einer lediglich kosmetischen Verbesserung gar kein Raum sei.
Die zu 7. beigeladene KÄV N. weist - ohne einen Antrag zu stellen - darauf hin, dass sie dem Kläger eine Genehmigung zur Abrechnung
von MRT-Leistungen erteilt habe.
Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich sonst in der Sache geäußert.
II
Die Revision des Klägers ist im Sinne einer Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung begründet.
1. Der Senat hat die notwendige Beiladung der KÄVen Nordrhein und Rheinland-Pfalz mit deren Zustimmung nachgeholt (§
168 Satz 2
SGG). Die Beiladungen waren hier im Sinne des §
75 Abs
2 1. Alt
SGG notwendig, weil die Entscheidung des beklagten Berufungsausschusses darüber, ob dem Kläger die begehrte Zweigpraxisermächtigung
erteilt wird, auch diesen KÄVen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Krankenkassenverbände
und die KÄV stets beizuladen, wenn ein Beschluss des Berufungsausschusses angegriffen wird (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 14 S 73 f; BSG Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 33/10 R - RdNr 10 - Juris = USK 2011-120 = MedR 2012, 695). Der Senat hat dies damit begründet, dass Entscheidungen der Zulassungsgremien unmittelbar den Rechtskreis der für die Sicherstellung
der vertragsärztlichen Versorgung zuständigen KÄV sowie den der gesetzlichen Krankenkassen betreffen, weil zugelassene und
ermächtigte Ärzte bzw ärztlich geleitete Einrichtungen im System der vertragsärztlichen Versorgung Leistungen erbringen und
zu Lasten der Krankenkassen veranlassen dürfen (BSG Urteil vom 14.12.2011 aaO).
Für Zweigpraxisgenehmigungen und -ermächtigungen gilt nichts anderes. Die dargestellten Erwägungen gelten nicht nur für Entscheidungen,
die unmittelbar den Status eines vertragsärztlichen Leistungserbringers verändern, sondern auch für solche, die in untrennbarem
Zusammenhang hiermit stehen (BSG Urteil vom 14.12.2011 aaO). Dies trifft auf Entscheidungen, die einem Vertragsarzt den Betrieb einer Zweigpraxis gestatten,
zu. Zwar ist damit keine Statusgewährung oder -erweiterung verbunden (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 24 ff), doch hat der Betrieb einer Zweigpraxis Auswirkungen auf die vertragsärztliche Versorgung,
wie schon dadurch deutlich wird, dass § 24 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV die Prüfung verlangt, dass die Versorgung am Ort der Zweigpraxis verbessert und am Praxissitz des Arztes nicht (mehr als
geringfügig) beeinträchtigt wird.
In Verfahren, in denen es um die Genehmigung einer Zweigpraxis durch die KÄV gemäß § 24 Abs 3 Satz 5 Ärzte-ZV geht, sind daher die Krankenkassenverbände notwendig beizuladen, im Falle einer - gemäß § 24 Abs 3 Satz 6 Ärzte-ZV durch den für den Sitz der geplanten Zweigpraxis zuständigen Zulassungsausschuss zu erteilenden - Ermächtigung zudem die
"beteiligten" KÄVen, also zum einen die KÄV, in deren Bezirk die Zweigpraxis betrieben werden soll, zum anderen die KÄV, deren
Mitglied der den Betrieb einer Zweigpraxis beabsichtigende Vertragsarzt ist. Die rechtliche Betroffenheit beider KÄVen verdeutlicht
§ 24 Abs 3 Satz 6 Halbsatz 2 Ärzte-ZV, welcher die Anhörung "der beteiligten KÄVen" durch den Zulassungsausschuss anordnet. Sie wird im Übrigen daraus deutlich,
dass die KÄV in den Fällen einer "bezirksgleichen" Zweigpraxis selbst die zuständige Genehmigungsbehörde ist.
2. Der Beklagte hat den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum bei der Subsumtion unter den Begriff "Verbesserung der Versorgung"
nicht in der gebotenen Weise ausgefüllt: Seine Einschätzung, dass es am Vorliegen einer Versorgungsverbesserung fehle, weil
die Nachfrage nach MRT-Leistungen am "weiteren Ort" A. nur gering sei, ist beurteilungsfehlerhaft.
a. Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung ist § 24 Abs 3 Ärzte-ZV (idF des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze [VÄndG] vom 22.12.2006 - BGBl I 3439 - mit geringfügiger
Änderung durch Anfügung eines zweiten Halbsatzes in § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 2 aaO durch Art 9 Nr 8 Buchst b aa des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes
vom 22.11.2011, BGBl I 2983, 3017: "geringfügige Beeinträchtigungen für die Versorgung am Ort des Vertragsarztsitzes sind unbeachtlich, wenn sie durch die
Verbesserung der Versorgung an dem weiteren Ort aufgewogen werden."), der seine gesetzliche Grundlage in §
98 Abs
2 Nr
13 SGB V hat. Nach § 24 Abs 3 Satz 1 Ärzte-ZV sind vertragsärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertragsarztsitzes an weiteren Orten zulässig, wenn und soweit (1.) dies
die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert und (2.) die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am
Ort des Vertragsarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Diese Tätigkeiten bedürfen dann, wenn der weitere Ort - wie vorliegend
- außerhalb des Bezirks der KÄV liegt, in der der antragstellende Arzt Mitglied ist, der Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss,
in dessen Bezirk er die Tätigkeit aufnehmen will; bei Vorliegen der Voraussetzungen hat der Arzt Anspruch auf Erteilung der
Ermächtigung (§ 24 Abs 3 Satz 6 Ärzte-ZV).
Den Zulassungsgremien steht - ebenso wie den KÄVen im Rahmen der von ihnen zu erteilenden Genehmigung nach § 24 Abs 3 Satz 5 Ärzte-ZV - bei der Beurteilung, ob die Genehmigung bzw die Ermächtigung zu einer Verbesserung bzw Beeinträchtigung der Versorgung
führen würde, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (stRspr des Senats, vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 54-55; BSG SozR 4-5525 § 24 Nr 1 RdNr 12; BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 22; zuletzt BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 25).
Was unter einer "Verbesserung der Versorgung" im Sinne des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Ärzte-ZV zu verstehen ist und welche Gesichtspunkte in den Abwägungsprozess einzubeziehen sind, hat der Senat bereits wiederholt dargelegt:
Außer Frage steht zunächst, dass das bloße Hinzutreten eines weiteren Behandlers - ungeachtet der damit verbundenen Erweiterung
der Möglichkeiten der Arztwahl - noch keine Versorgungsverbesserung darstellt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 47 und 50; BSG SozR 4-5525 § 24 Nr 1 RdNr 13; BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 18; BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 26). Gesichtspunkte der Bedarfsplanung im Sinne der Bedarfsplanungsrichtlinie spielen keine
Rolle (ausführlich hierzu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 35 ff, 49; siehe auch BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 18; zuletzt BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 26). Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Tragfähigkeit
der Praxis, den der Senat für (Sonderbedarfs-)Zulassungen herangezogen hat (vgl hierzu BSGE 107, 147 = SozR 4-2500 § 101 Nr 9, RdNr 21 mwN), bei der Genehmigung bzw Ermächtigung von Zweigpraxen keine Berücksichtigung findet,
weil sich hierfür keine Stütze im Wortlaut des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV findet und die Zweigpraxis im Übrigen - auch wirtschaftlich betrachtet - nur einen "Annex" zur Hauptpraxis darstellt.
Erforderlich, aber auch ausreichend ist es vielmehr, dass das bestehende Leistungsangebot an dem "weiteren Ort", an dem die
Zweigpraxis betrieben werden soll, zum Vorteil für die Versicherten in qualitativer - unter bestimmten Umständen aber auch
in quantitativer - Hinsicht erweitert wird (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 51; BSG SozR 4-5525 § 24 Nr 1 RdNr 14; BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 19). Eine qualitative Versorgungsverbesserung kann etwa dann gegeben sein, wenn der in der
Zweigpraxis tätige Vertragsarzt im Vergleich zu den bereits vor Ort tätigen Ärzten über andere qualifikationsgebundene Genehmigungen
nach §
135 Abs
2 SGB V verfügt, ein differenzierteres Leistungsspektrum anbietet oder wenn er eine besondere Untersuchungs- oder Behandlungsmethode
anwenden kann, die etwa besonders schonend ist oder bessere Diagnoseergebnisse liefert (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 52; BSG SozR 4-5525 § 24 Nr 1 RdNr 14; BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 19; vgl auch BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 26).
b. Nach diesen Maßstäben kann die Wertung des Beklagten, dass die Durchführung von MRT-Untersuchungen in A. nicht zu einer
Versorgungsverbesserung führe, nicht darauf gestützt werden, dass nur wenige Patienten von diesem Angebot profitieren würden.
Da MRT-Leistungen (sowie ggf weitere vom Kläger beabsichtigte - insbesondere nuklearmedizinische - Leistungen) in A. nicht
von Vertragsärzten angeboten werden, führt ein derartiges Angebot dem Grunde nach zu einer qualitativen Versorgungsverbesserung.
Für die in A. ansässigen Patienten ist es von Vorteil, wenn sie benötigte MRT-Leistungen vor Ort abrufen können, statt die
15 km entfernte Praxis des Klägers aufsuchen zu müssen oder gar - bei ausschließlicher Nutzung des Versorgungsangebots des
KÄV-Bezirks - 40 km bis N. fahren zu müssen.
Dieser Vorteil kann nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass er lediglich einer relativ geringen Zahl von Patienten zugute
kommt. Mit der Verknüpfung des Merkmals der Versorgungsverbesserung mit - letztlich - bedarfsplanerischen Erwägungen überschreitet
der Beklagte seinen Beurteilungsspielraum, weil bei der Frage des Vorliegens einer "Versorgungsverbesserung" entgegen der
Auffassung des Berufungsausschusses die Zahl der von der Versorgungsverbesserung profitierenden potentiellen Patienten nicht
in den Abwägungsprozess einzubeziehen ist. Ein Beurteilungsspielraum steht den Zulassungsgremien nur innerhalb der vom Senat
gezogenen Grenzen zu (siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 53).
Wie viele Patienten den aus dem Betrieb resultierenden Vorteil tatsächlich nutzen, ist für die Beurteilung der Verbesserung
der Versorgung grundsätzlich ohne Bedeutung, weil es auf das Bestehen eines "Bedarfs" nicht ankommt. Die Annahme einer Versorgungsverbesserung
setzt nicht voraus, dass die Zweigpraxis erforderlich ist; Bedarfsplanungsgesichtspunkte spielen gerade keine Rolle. Ebenso
verbietet sich damit eine Heranziehung der - namentlich zu Sonderbedarfszulassungen ergangenen - Rechtsprechung, wonach es
Patienten bei speziellen Leistungen zuzumuten ist, längere Wege in Kauf zu nehmen (vgl BSG SozR 4-2500 § 119 Nr 1 RdNr 17). Bei § 24 Abs 3 Ärzte-ZV stellt sich die Frage eines entsprechenden "Bedarfs" gerade nicht, sondern allein die Frage, ob die Versorgung "verbessert"
wird.
Für Leistungen, die mit medizinisch-technischen Großgeräten erbracht werden, gilt nichts anderes. Erwägungen, die Erbringung
dieser Leistungen in einer Zweigpraxis über das Merkmal der Versorgungsverbesserung an etwaige Verhältniszahlen zu knüpfen,
interpretieren Gesichtspunkte der Großgeräteplanung (vgl §
122 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes bzw des Gesundheitsstrukturgesetzes sowie die Großgeräte-Richtlinie-Ärzte aF; siehe hierzu BSGE 70, 285 = SozR 3-2500 § 122 Nr 3) bzw der Bedarfsplanung in die Ermächtigungsvoraussetzungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV hinein, die dort gerade keine Berücksichtigung gefunden haben. Darauf, wie viele Patienten an dem "weiteren Ort" das zusätzliche
Angebot nutzen werden, kommt es grundsätzlich nicht an.
Dem steht auch die Rechtsprechung des Senats nicht entgegen. Zwar hatte der Senat in seinem Urteil vom 28.10.2009 (BSGE 105,
10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 53) ausgeführt: "Welches Ausmaß die Verbesserungen haben müssen, ob ihnen also ein gewisses
Gewicht zukommen muss, etwa Wartezeiten deutlich reduziert werden müssen, lässt sich nicht abstrakt abschließend beurteilen.
Sicherlich reichen weder minimale, für die Versicherten kaum spürbare ('kosmetische') Veränderungen, noch dürfen umgekehrt
die Anforderungen so hoch gespannt werden, dass der beabsichtigte Zweck einer Förderung der Filialtätigkeit verfehlt würde;
dies wäre der Fall, wenn die an eine Zweigpraxisgenehmigung gestellten Anforderungen denen der 'Erforderlichkeit' nach altem
Rechtszustand entsprächen." Bei diesen Ausführungen hatte der Senat jedoch vor allem (fragliche) Verbesserungen durch das
bloße Hinzutreten eines weiteren Arztes im Blick, wie die beispielhafte Erwähnung der Wartezeiten verdeutlicht. Als unbeachtliche
Verbesserung der Versorgung kommt etwa die lediglich geringfügige Verkürzung von Wartezeiten durch Hinzutreten eines weiteren
Behandlers in Betracht. Vorliegend steht hingegen außer Frage, dass das Angebot von MRT-Leistungen in A. für die dort lebenden
Patienten, die derartige Leistungen benötigen, eine nicht nur geringfügige, sondern substantielle Verbesserung der Versorgung
darstellt. Zwar mögen Konstellationen denkbar sein, in denen die geringe Zahl der potentiellen Patienten der Annahme einer
Versorgungsverbesserung von vornherein entgegensteht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall, da die Gemeinde A. rund 7500 Einwohner
hat.
Es bedarf daher auch keiner abschließenden Festlegungen dazu, wie der Begriff des "weiteren Ortes" im Sinne des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Ärzte-ZV - als räumlicher Bezugspunkt für eine Verbesserung der Versorgung - zu verstehen ist, weil vorliegend eine Versorgungsverbesserung
in Bezug auf jeden als "weiterer Ort" in Betracht kommenden Bereich zu bejahen ist. Die nächstgelegenen Vertragsarztpraxen,
in denen MRT-Leistungen angeboten werden, liegen außerhalb des hierfür in Frage kommenden Bereichs. Die Vertragsarztpraxis
in Bad H. kann im Übrigen schon begriffsnotwendig nicht mehr zum "weiteren Ort" gehören, weil diese Praxis vom Kläger (bzw
der BAG, an der er beteiligt ist) betrieben wird, der Begriff "weiterer Ort" jedoch zwingend Tätigkeitsorte außerhalb des
Vertragsarztsitzes des die Zweigpraxis betreibenden Arztes meint (Pawlita in jurisPK-
SGB V, §
95 RdNr 277). Daher weist der Senat lediglich auf Folgendes hin:
Bei der Prüfung einer Versorgungsverbesserung ist auf den "weiteren Ort" abzustellen, an dem die Zweigpraxis betrieben werden
soll. Dieser ist damit einerseits enger als der Planungsbereich im Sinne der Bedarfsplanung (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 52), andererseits jedoch räumlich weiter als der Sitz der Zweigpraxis. Der "weitere Ort" kann
räumlich nicht mit dem in § 24 Abs 1 Ärzte-ZV erwähnten "Ort der Niederlassung als Arzt" bzw "Vertragsarztsitz" gleichgesetzt werden (aA LSG Berlin-Brandenburg Urteil
vom 31.1.2013 - L 24 KA 98/10 - Juris RdNr 35). Der Begriff "Ort der Niederlassung" meint nach der Rechtsprechung des Senats den konkreten Ort der Praxis
des Vertragsarztes, der durch die Praxisanschrift gekennzeichnet ist (stRspr des Senats, vgl BSGE 77, 188, 189 = SozR 3-2500 § 75 Nr 7 S 26; BSGE 85, 1, 5 = SozR 3-2500 § 103 Nr 5 S 31/32; BSGE 86, 121, 122 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15; BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 13; zuletzt BSG Urteil vom 11.2.2015 - B 6 KA 11/14 R - RdNr 35, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 95 Nr 29 vorgesehen). Ungeachtet des Umstandes, dass sich beide Begrifflichkeiten
des "Ortes" in ein- und derselben Vorschrift finden, kann nicht angenommen werden, dass es dem Willen des Normgebers und dem
Zweck der Vorschrift entsprechen soll, als "weiteren Ort" im Sinne des § 24 Abs 3 Satz 1 Nr 1 Ärzte-ZV die Anschrift der Zweigpraxis zu verstehen. Dem steht schon entgegen, dass es der Feststellung bedarf, dass die Versorgung
"an dem Ort" verbessert wird.
Dass auch der Senat den "weiteren Ort" in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht als "Sitz" der Zweigpraxis im Sinne der konkreten
Betriebsstätte verstanden hat, ergibt sich bereits daraus, dass er im Zusammenhang mit einer denkbaren quantitativen Versorgungsverbesserung
durch eine bessere Erreichbarkeit der Zweigpraxis ausgeführt hat, dass dies "allerdings wohl nur bei größeren 'weiteren Orten'
im Sinne des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV" in Betracht kommt (stRspr, BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 52; BSG SozR 4-5525 § 24 Nr 1 RdNr 14; BSGE 107, 230 = SozR 4-5525 § 24 Nr 2, RdNr 19). Im Übrigen spielen die Gesichtspunkte, die den Senat bewogen haben, im Rahmen des § 24 Abs 1 Ärzte-ZV auf den konkreten Praxissitz abzustellen, im Zusammenhang mit der Feststellung einer Versorgungsverbesserung überhaupt keine
Rolle. Der Senat ist der im älteren Schrifttum (siehe hierzu die Nachweise in BSGE 86, 121, 122 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 15) vertretenen Auffassung, der "Ort der Niederlassung" meine eine Ortschaft im Sinne einer
Verwaltungseinheit bzw den Teil einer Ortschaft, vornehmlich mit der Begründung entgegengetreten, dass die notwendige Konkretisierung
des Niederlassungsortes - zB zum Abhalten der Sprechstunden - nur über die Praxisanschrift erfolgen kann (aaO). Dies ist für
die im Rahmen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV zu treffende Entscheidung über das Vorliegen einer Versorgungsverbesserung jedoch ohne Bedeutung.
Hingegen kann hier offenbleiben, ob "weiterer Ort" im Sinne des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV als Anknüpfungspunkt für die Versorgungsverbesserung die "Ortschaft" im räumlichen Sinne - eine räumlich klar begrenzte Siedlung
- meint, ob dies die politische Gemeinde ist, in der die Zweigpraxis liegen soll und die ggf aus mehreren Ortsteilen bzw Ortschaften
bestehen kann, oder ob auch die nächstgrößere politische Einheit wie die "Verbandsgemeinde" bzw die "Samtgemeinde", in der
verschiedene Gemeinden zusammengefasst sind, in Betracht kommt.
c. Dass die Zweigpraxis zu einer Verschlechterung der Versorgung in Bad H. führt, ist nicht erkennbar. Die zuständige KÄV
hat dies verneint; gegen diese Einschätzung ergeben sich keine Bedenken.
d. Der Beklagte wird daher unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut über den Antrag des Klägers zu entscheiden
haben. Hierbei wird er in Bezug auf die von ihm geäußerten Bedenken, ob der Kläger als Nuklearmediziner berechtigt ist, MRT-Leistungen
abzurechnen, zu beachten haben, dass die zu 7. beigeladene KÄV N. dem Kläger die nach der Nr 3 der Vorbemerkung zum Abschnitt
34.4 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen erforderliche Abrechnungsgenehmigung erteilt hat; diese
Genehmigung ist gemäß § 11 Abs 6 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte auch von der KÄV R.-P. zu beachten. Dass die Erbringung
von MRT-Leistungen für Nuklearmediziner keineswegs fachfremd ist, belegt schon der Umstand, dass die für die Erteilung der
Abrechnungsgenehmigung maßgebliche, auf der Grundlage von §
135 Abs
2 SGB V erlassene Kernspintomographie-Vereinbarung vom 10.2.1993 (Stand 1.1.2015) unter § 4 ("Fachliche Befähigung Allgemeine Kernspintomographie")
als Genehmigungsvoraussetzung ua die Berechtigung zum Führen der Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnung "Nuklearmedizin" nennt
(Abs 1 Nr 2 aaO) und zudem in Abs 4 aaO eigenständige Genehmigungsvoraussetzungen für Nuklearmediziner aufstellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§
154 Abs
1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, da sie keine Anträge gestellt haben.