Auslegung der Anpassungsregelung im Rahmen-Gesamtvertrag der neuen Bundesländer
Gründe:
I. Die zu 1. klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) und die zu 2. klagende Ortskrankenkasse wenden sich gegen den Schiedsspruch
des beklagten Landesschiedsamtes vom 15. Januar 2004 über die Festsetzung der Gesamtvergütung für das Jahr 1992.
Am 14. Dezember 1990 schlossen die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) sowie die Krankenkassen-Bundesverbände den am
1. Januar 1991 in Kraft getretenen "Rahmen-Gesamtvertrag für die kassenärztliche Versorgung von Anspruchsberechtigten der
Orts-, Betriebs-, Innungs- und landwirtschaftlichen Krankenkassen in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,
Sachsen-Anhalt und Thüringen" (RGV, veröffentlicht in BKK 1991, 149). Der RGV findet nach seinem § 1 Satz 1 Anwendung, wenn
und soweit als Inhalt der Gesamtverträge zwischen den KÄVen und den Landesverbänden der Krankenkassen nichts anderes vereinbart
worden ist.
In § 10 RGV ist bestimmt: "Die Partner dieses Vertrages prüfen unmittelbar nach Auswertung der Abrechnungsergebnisse des jeweiligen
Abrechnungsquartals deren Auswirkungen auf die Vergütungssituation der zugelassenen und ermächtigten Ärzte und ärztlich geleiteten
Einrichtungen sowie auf die Ausgabenbelastung der am Gesamtvertrag beteiligten Krankenkassen. Auf der Grundlage dieser Überprüfung
werden erforderlichenfalls auch innerhalb der Geltungsdauer dieses Vertrages Änderungen der vergütungsrechtlichen Vorschriften
vereinbart, wobei für den Fall, dass die Höhe der Gesamtvergütungen einen Anteil von 20 vH der um die Verwaltungskosten reduzierten
Einnahmen der am Gesamtvertrag beteiligten Krankenkassen nicht erreicht oder überschreitet, über eine Anpassung der Vergütungssätze
zu verhandeln ist. Der Punktwert von 6,1 Pf (Fassung ab 1.7.1991: von 7,0 Pf, ab 1.1.1992 von 7,7 Pf bzw ab 1.7.1992 7,9 Pf)
bleibt unberührt."
In einer "Protokollnotiz zu § 10 nach den Festlegungen vom 17. Dezember 1993" ist festgehalten: "Die Partner des RGV haben
gemäß § 10 des Vertrages die Auswirkungen der Abrechnungsergebnisse des Jahres 1991 auf die Vergütungssituation der zugelassenen
und ermächtigten Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen sowie auf die Ausgabenbelastung der am Vertrag beteiligten Krankenkassen
geprüft. Auf der Grundlage dieser Überprüfung vereinbaren sie, die Gesamtvergütungen im 4. Quartal 1991 um einen Betrag von
2,75 DM je Krankenkassenmitglied im Bereich der jeweiligen KÄV zu erhöhen."
Als feststand, dass die Aufwendungen der Krankenkassen für die ambulante ärztliche Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern 1992
nur 14 % ihrer bereinigten Einnahmen betragen hatten, bemühte sich die zu 1. klagende KÄV um eine Erhöhung der Gesamtvergütungen
unter Hinweis auf den in § 10 Satz 2 RGV angeführten Anteil der Aufwendungen für die ambulante Versorgung in Höhe von 20 vH
der Krankenkasseneinnahmen. Klagen auf Nachzahlungen gegen die Krankenkassen sind erfolglos geblieben. Eine Einigung zwischen
der Klägerin zu 1. und den nunmehr in der Klägerin zu 2. zusammengeschlossenen Ortskrankenkassen in Mecklenburg-Vorpommern
kam nicht zu Stande. Mit den Innungs- und Ersatzkassen hat die Klägerin zu 1. inzwischen Anpassungsverträge abgeschlossen.
Nachdem die Klägerin zu 1. zunächst vergeblich das beklagte Schiedsamt angerufen hatte, ist dieses durch Urteil vom 5. Februar
2003 - B 6 KA 6/02 R - (SozR 4-2500 § 83 Nr 1) verpflichtet worden, über den Antrag auf Neufestsetzung der Gesamtvergütung für das Jahr 1992 nach
Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden. Die Klägerin zu 1. forderte den Beklagten daraufhin auf, die von der
Klägerin zu 2. zu leistenden Nachzahlungen so festzusetzen, dass die Gesamtvergütungen insgesamt einen Anteil von 20 vH an
den bereinigten Einnahmen von deren Vorgänger-Krankenkassen erreichen. Die Klägerin zu 2. vertrat demgegenüber die Auffassung,
für eine höhere Festsetzung der Gesamtvergütung bestehe keine Grundlage. Die Punktwerte für die an der vertragsärztlichen
Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen seien mehrfach erhöht worden und hätten schließlich zu
einer angemessenen Vergütung der ärztlichen Leistungen geführt.
Mit Beschluss vom 15. Januar 2004 verpflichtete der Beklagte die Klägerin zu 2. zu einer Nachzahlung in Höhe von 5 DM je Mitglied
(Stand 1992) für das zweite Halbjahr 1992, was auf eine Nachzahlung von annähernd 4 Mio DM hinauslief. Zur Begründung erläuterte
der Beklagte, die KÄV könne eine Festsetzung der Gesamtvergütungen in der Weise, dass sie den in § 10 Satz 2 RGV angesprochenen
Anteil von 20 % der Gesamtausgaben erreichen, nicht beanspruchen. Auch die Vorstellung der Klägerin zu 2., jede Erhöhung der
Gesamtvergütung müsse vorrangig die wirtschaftliche Situation der dadurch belasteten Krankenkasse im Blick haben, sei nicht
richtig. Vielmehr müsse ein Ausgleich der widerstreitenden Interessen gefunden werden. Dem trage die Festsetzung einer Nachzahlung
von 5 DM je Mitglied angemessen Rechnung. Diese werde bewusst für das zweite Halbjahr 1992 festgesetzt und damit ohne Basiswirksamkeit
für die Folgejahre. Eine basiswirksame Festsetzung der Nachzahlungen sei aufgrund der finanziellen Situation der AOK in Mecklenburg-Vorpommern
nicht vertretbar. Der Gesetzgeber habe in der Vergangenheit mehrfach Bemühungen zu einer Angleichung der vertragsärztlichen
Vergütung in den neuen Bundesländern an das Westniveau unternommen, und es sei nicht möglich, mit einer Entscheidung über
die Anpassung der Gesamtvergütungen für das Jahr 1992 alle Versorgungsunterschiede zu Lasten der neuen Bundesländer, ua im
Hinblick auf das ambulante Operieren, auszugleichen.
Das von beiden Klägerinnen angerufene Sozialgericht (SG) hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 30. November 2005). Das beklagte Schiedsamt habe den Rahmen der ihm zukommenden Gestaltungsfreiheit
nicht überschritten. Diese sei nicht geringer als diejenige der Partner der Gesamtverträge selbst. Da die Gesamtvertragspartner
die Entscheidung, die das Schiedsamt getroffen habe, in freien Vereinbarungen hätten herbeiführen können und gesetzliche Vorgaben
nicht verletzt seien, stehe der Schiedsspruch mit höherrangigem Recht in Einklang.
Dieses Urteil greifen beide Klägerinnen mit der Sprungrevision an.
Die KÄV rügt eine Verletzung von §
89 Abs
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) und §
10 RGV. §
10 RGV gebe ihr nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. Februar 2003 einen Anspruch auf Anpassung der Gesamtvergütungen,
wenn die Voraussetzungen erfüllt seien. Die in § 10 Satz 2 RGV genannte Grenze von 20 % der bereinigten Einnahmen der Krankenkassen
als Richtschnur für die Höhe der Gesamtvergütungen sei nicht nur ein Aufgreifkriterium, sondern gebe grundsätzlich vor, welche
Höhe die Gesamtvergütung zu erreichen habe. Der Anspruch auf Anpassung der Gesamtvergütungen beziehe sich auf das gesamte
Jahr 1992. Der Beklagte habe sich deswegen nicht auf die Festlegung einer Nachzahlung nur für die beiden letzten Quartale
dieses Jahres beschränken dürfen. Das Anpassungsverlangen sei dem Beklagten insgesamt zur Entscheidung unterbreitet worden,
und er verletze seine Pflicht, den Inhalt eines Gesamtvertrages festzusetzen, der in freien Vereinbarungen nicht zu Stande
gekommen sei, wenn er keine Entscheidung für den gesamten streitigen Zeitraum treffe. Schließlich habe der Beklagte zu Unrecht
festgelegt, die Erhöhung der Gesamtvergütungen für die Quartale III/1992 und IV/1992 um 5 DM je Mitglied bezogen auf den Mitgliederstand
des Jahres 1992 sei nicht basiswirksam. Das BSG habe in seinem Urteil vom 5. Februar 2003 ausdrücklich zugelassen, dass sich
eventuelle Erhöhungen der Gesamtvergütungen für das Jahr 1992 auf die höchstzulässigen Veränderungsraten iS des §
85 Abs
3a und
3b SGB V für die Jahre 1993 bis 1995 auswirken könnten. Wenn kraft Gesetzes die Obergrenzen für den Zeitraum der strikten Budgetierung
des Anstiegs der Gesamtvergütungen auf das Jahr 1992 bezogen seien, stehe es nicht im Ermessen des Schiedsamtes, eine Nachzahlung
für 1992 so festzusetzen, dass die vom Gesetz und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorausgesetzte Basiswirksamkeit
für Folgezeiträume umgangen werde.
Die Klägerin zu 1. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 30. November 2005 abzuändern und den Schiedsspruch des Beklagten vom 15. Januar
2004 aufzuheben und ihn zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats neu über die Gesamtvergütung
im Jahre 1992 zu entscheiden.
Die Klägerin zu 2. ist der Auffassung, der Beklagte habe ihre extrem schwierige wirtschaftliche Situation nicht hinreichend
berücksichtigt. Der Gesetzgeber habe vorgegeben, Erhöhungen der Gesamtvergütungen dürften nicht beitragssatzrelevant sein;
insoweit habe der Grundsatz der Beitragssatzstabilität Vorrang vor Erhöhungen der Vergütungen für Ärzte und ärztlich geleitete
Einrichtungen. Der vom Beklagten festgesetzte Nachzahlungsbetrag von 5 DM je Mitglied werde beitragssatzrelevant; ihre Rechtsvorgängerinnen,
die AOKen Schwerin, Neubrandenburg und Rostock, hätten den Beitragssatz schon ab dem Jahre 1993 deutlich über das durchschnittliche
Beitragssatzniveau in Ost- wie in Westdeutschland hinaus anheben müssen. Nach Auffassung des Landessozialgerichts (LSG) Mecklenburg-Vorpommern
sei unter dem Gesichtspunkt der Beitragssatzstabilität der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz aller Krankenkassen im
Bundesgebiet maßgeblich. Eine Krankenkasse, die bereits über dem Durchschnitt liegende Leistungsausgaben habe, könne sich
möglicherweise um eine Anpassung der Gesamtvergütung bemühen, die auf längere Sicht eine Beitragssatzminderung und damit eine
Annäherung an den Durchschnittswert zulasse. Im Jahre 1992 hätten ihren - der Klägerin zu 2. - nach bundesweitem Maßstab unterdurchschnittlichen
Aufwendungen im Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung überdurchschnittliche Ausgaben im stationären Bereich
sowie für Arzneimittel gegenübergestanden. Deswegen seien ihre Vorgänger-Krankenkassen gezwungen gewesen, den Beitragssatz
oberhalb des durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen im Bundesgebiet festzusetzen. Die Ausgabensteigerung
durch die Erhöhung der Punktwerte auf schließlich 7,9 Pf Ende 1992 sei zu ihren - der Klägerin zu 2. - Lasten mit 0,26 Beitragssatzpunkten
wirksam geworden. Die Verpflichtung zur Nachzahlung in Höhe von 2 Mio Euro, die das Schiedsamt mit der angegriffenen Entscheidung
ausgesprochen habe, sei in Höhe von 0,3 Beitragssatzpunkten beitragssatzrelevant.
Die Klägerin zu 2. beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 30. November 2005 sowie den Beschluss des Beklagten vom 15. Januar 2004 aufzuheben,
hilfsweise,
das Urteil des Sozialgerichts Schwerin aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, seine Entscheidung stehe mit den gesetzlichen Vorgaben im Einklang. Die Klägerin zu 1. habe Recht mit
ihrer Einschätzung, er - der Beklagte - habe über eine Anpassung der Gesamtvergütungen für das gesamte Jahr 1992 entscheiden
können und entscheiden müssen. Daraus ergebe sich aber nicht, dass er gezwungen gewesen sei, eine Anpassung der Gesamtvergütungen
gleichmäßig auf das ganze Jahr zu verteilen. Genauso wie die Vertragspartner hätten vereinbaren können, lediglich für bestimmte
Quartale des Jahres eine Erhöhung der Gesamtvergütungen vorzunehmen, habe er dies im Wege eines Kompromisses so festsetzen
können. Die fehlende Basiswirksamkeit der für das Jahr 1992 festgesetzten Nachzahlungsverpflichtung habe der schwierigen wirtschaftlichen
Situation der Krankenkassen in Mecklenburg-Vorpommern auch in der Phase der gesetzlichen Begrenzung des Anstiegs der Gesamtvergütungen
(1993 bis 1995) Rechnung tragen sollen und müsse von der Klägerin zu 1. hingenommen werden.
II. Die Revisionen der Klägerinnen haben keinen Erfolg. Das SG hat in Ergebnis und Begründung zutreffend entschieden, dass der angefochtene Schiedsspruch nicht zu beanstanden ist.
Die den Revisionen zugrunde liegenden Klagen sind zulässig. Die Klägerinnen zu 1. und 2. haben mit ihrem Neubescheidungsbegehren
gemäß §
54 Abs
1 Satz 1 Variante 3 iVm §
131 Abs
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) - mit dem Ziel, einen inhaltlich abweichenden Schiedsspruch zu erreichen - die richtige Klageart gewählt. Die damit geltend
gemachte Verpflichtung zum Erlass eines neuen Verwaltungsaktes trägt dem Umstand Rechnung, dass die Festsetzung der Gesamtvergütungen
durch ein Schiedsamt als Verwaltungsakt anzusehen ist (BSGE 20, 73, 75 = SozR Nr 1 zu § 368h
RVO sowie BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, jeweils RdNr 10). In der Sache haben die Klagen aber keinen Erfolg. Die von den beiden Klägerinnen erhobenen Beanstandungen
des Schiedsspruchs greifen nicht durch.
Entscheidungen der Schiedsämter über die Bemessung der Gesamtvergütung für einen bestimmten Zeitraum unterliegen nur in eingeschränktem
Umfang gerichtlicher Kontrolle. Die Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle berücksichtigt, dass Schiedsämter, deren Sprüche
fehlende Vereinbarungen der zum Vertragsabschluss berufenen Vertragspartner ersetzen, eine weite Gestaltungsfreiheit haben.
Das trägt dem Wesen der Schiedssprüche Rechnung, die auf Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter haben (vgl
BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3, jeweils RdNr 11; zuletzt Urteil vom 19. Juli 2006 - B 6 KA 44/05 R -). Dementsprechend sind Schiedssprüche von den Gerichten nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen
Anforderungen und in inhaltlicher Hinsicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben. In formeller Hinsicht ist
demnach zu klären, ob das Schiedsamt den von ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des
rechtlichen Gehörs ermittelt hat und der Schiedsspruch die Gründe für das Entscheidungsergebnis wenigstens andeutungsweise
erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der vom Schiedsamt zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft
und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, dh die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat
(BSGE aaO = SozR 4-2500 § 85 aaO, jeweils RdNr 11). Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe der gerichtlichen Kontrolle weist der
Schiedsspruch des Beklagten keine relevanten Rechtsfehler auf. Formelle Mängel des Schiedsverfahrens machen die Klägerinnen
nicht geltend. Soweit sie mit unterschiedlichen Begründungen vortragen, der Beklagte habe die Vorgaben des § 10 RGV für die
Festsetzung der Gesamtvergütungen für das Jahr 1992 nicht hinreichend beachtet, kann dem nicht gefolgt werden.
Der Beklagte hat zu Recht seine Verpflichtung, im Falle eines auf § 10 Satz 2 RGV gestützten Anrufungsersuchens der zu 1.
klagenden KÄV in einem Schiedsverfahren über die Anpassung der Gesamtvergütungen für das Jahr 1992 zu entscheiden, nicht mehr
in Frage gestellt, und damit dem Senatsurteil vom 5. Februar 2003 (SozR 4-2500 § 83 Nr 1) Rechnung getragen. Mit seiner Entscheidung,
für das zweite Halbjahr 1992 die Kopfpauschale um 5 DM je Mitglied der Vorgänger-Krankenkassen der Klägerin zu 2. zu erhöhen,
hat er das Anpassungsbegehren der Klägerin für das gesamte Jahr 1992 beschieden. Der angefochtene Schiedsspruch kann nur so
verstanden werden, dass der Beklagte im Interesse eines Ausgleichs der gegenläufigen Interessen der Klägerin zu 1. und der
Klägerin zu 2. die Nachzahlungsverpflichtung der Klägerin zu 2. für das ganze Jahr 1992 konkret auf die beiden letzten Quartale
des Jahres 1992 bezogen hat. Deshalb kann nicht davon die Rede sein, das Anpassungsbegehren für die ersten beiden Quartale
des Jahres 1992 sei unerledigt geblieben mit der möglichen Folge, dass der Beklagte darüber noch eine Entscheidung zu treffen
hätte.
Die Klägerin zu 1. macht gegen den Schiedsspruch in der Sache zunächst geltend, aus § 10 Satz 2 RGV ergebe sich eine Verpflichtung
der am Vertrag beteiligten Krankenkassen, unter den dort näher normierten Voraussetzungen Erhöhungen der Gesamtvergütung mit
ihr zu vereinbaren. Darauf habe sie einen Anspruch, sofern der Anteil der gesamten bereinigten Einnahmen einer Krankenkasse,
der für die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen aufzuwenden ist, die
Grenze von 20 % nicht erreiche. Das trifft nach dem Wortlaut des nicht nur im Bezirk der Klägerin zu 1. geltenden und deshalb
gemäß §
162 SGG revisiblen §
10 Satz 2 RGV nicht zu.
In dieser Vorschrift ist bestimmt, dass auf der Grundlage einer Überprüfung erforderlichenfalls auch innerhalb der Geltungsdauer
des Vertrages Änderungen der vergütungsrechtlichen Vorschriften vereinbart werden, wobei für den Fall, dass die Höhe der Gesamtvergütung
einen Anteil von 20 vH der um die Verwaltungskosten reduzierten Einnahmen der am Gesamtvertrag beteiligten Krankenkassen nicht
erreicht oder überschreitet, über eine Anpassung der Vergütungssätze zu verhandeln ist. Daraus hat der Senat bereits in seinem
Urteil vom 5. Februar 2003 abgeleitet, dass der Klägerin zu 1. ein konkreter, sich in Ausgleichszahlungen niederschlagender
Anspruch auf Erhöhung der Gesamtvergütungen, zB in Form einer höheren Kopfpauschale, nicht ohne weiteres zusteht. Weil nach
§ 10 Satz 1 RGV bei der Auswertung der Abrechnungsergebnisse auch deren "Auswirkungen auf die Ausgabenbelastung der am Gesamtvertrag
beteiligten Krankenkassen" zu "prüfen" seien, ist es nach den Ausführungen des Senats denkbar, dass "Änderungen der vergütungsrechtlichen
Vorschriften" nach sachgerechter Abwägung der genannten Kriterien in einem ggf erforderlichen Schiedsspruch auch in anderer
Weise getroffen oder gänzlich verneint werden können; nur der ausgehandelte bzw festgesetzte nominelle Punktwert (von zuletzt
7,9 Pf) bleibt nach § 10 Satz 3 RGV unberührt (SozR 4-2500 § 83 Nr 1 RdNr 29).
Die Klägerin zu 1. beachtet nicht hinreichend, dass in § 10 Satz 2 RGV nicht formuliert ist, die Gesamtvergütungen der am
Vertrag beteiligten Krankenkassen seien in der Weise zu erhöhen, dass für die Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen
insgesamt ein Anteil von 20 vH der um die Verwaltungskosten bereinigten Krankenkasseneinnahmen aufzuwenden ist. Es ist auch
keine entsprechende Erhöhung als Grundsatz vorgegeben, von der nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen abgewichen werden
darf. § 10 Satz 2 RGV enthält vielmehr lediglich eine Verpflichtung zum Eintritt in Vertragsverhandlungen und lässt hinreichend
deutlich erkennen, dass im Falle der Nichteinigung über Veränderungen der Gesamtvergütungen eine Entscheidung des Schiedsamtes
herbeigeführt werden kann. Insoweit bezeichnet § 10 Satz 2 RGV mit dem Anteil von 20 % an den Gesamteinnahmen der Krankenkasse
lediglich ein Aufgreifkriterium und enthält keine inhaltliche Vorgabe für das Ergebnis der Verhandlungen über eine Veränderung
der Vergütungen.
Der Anteil von 20 % ist am 14. Dezember 1990 von den Partnern des RGV vereinbart worden, weil dieser Prozentsatz der Vergütungen
für Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen an den Gesamteinnahmen der Krankenkassen der Realität in den alten Bundesländern
über einen längeren Zeitraum hinweg entsprochen hat (vgl näher BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 1 RdNr 23) und verwertbare Daten aus
den neuen Bundesländern noch nicht vorgelegen haben. Eine Vorgabe des Inhalts, dass die Nachverhandlungen im Ergebnis zumindest
zu einer Annäherung an den Grenzwert von 20 % führen müssten, lässt sich Wortlaut und Sinn des § 10 Satz 2 RGV nicht entnehmen.
Deshalb folgt aus dem Umstand, dass dieser Anteil im Bezirk der Klägerin zu 1. im Jahre 1992 tatsächlich "nur" 14,65 % der
bereinigten Einnahmen der Vorgänger-Krankenkassen der Klägerin zu 2. betragen hat, nicht, dass die Vertragspartner und im
Streitfall das Schiedsamt verpflichtet wären, die Gesamtvergütungen so zu erhöhen, dass sie zumindest in die Nähe der 20 %-Grenze
kommen.
Soweit die Klägerin zu 1. weiter rügt, der Beklagte habe die Vergütungssituation der Vertragsärzte nicht hinreichend berücksichtigt,
trifft das ebenfalls nicht zu. Der Beklagte hat eingehend dargelegt, dass gerade im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage
der Vertragsärzte und der ärztlich geleiteten Einrichtungen eine Erhöhung der Gesamtvergütung im Jahre 1992 über den ursprünglich
vereinbarten Umfang hinaus geboten war, obwohl diese jedenfalls für die in diesem Verfahren beteiligte Klägerin zu 2. nur
um den Preis einer an sich unerwünschten Erhöhung des Beitragssatzes realisiert werden kann. Damit kann dem Beklagten von
vornherein nicht vorgehalten werden, sich mit der Vergütungssituation und insbesondere den Praxisüberschüssen der Ärzte im
Bezirk der Klägerin zu 1. nicht hinreichend auseinandergesetzt zu haben. Dass der Beklagte den Vorstellungen der Klägerin
zu 1. zur Höhe und zur näheren Ausgestaltung der Nachzahlungsverpflichtung der Klägerin zu 2. nicht in vollem Umfang entsprochen
hat, stellt keinen Rechtsverstoß dar.
Dasselbe gilt für die Entscheidung des Beklagten, den Nachzahlungsbetrag von 5 DM je Versicherten (nach dem Mitgliederstand
von 1992) nur auf das zweite Halbjahr 1992 zu beziehen. Dabei hat sich der Beklagte nach der Begründung seines Schiedsspruchs
von der Erwägung leiten lassen, dass diese Erhöhung nicht basiswirksam werde. Der Begriff der Basiswirksamkeit von Vergütungsanpassungen
nimmt Bezug auf die Regelungen des §
85 Abs
3a Satz 1 und §
85 Abs
3b Satz 1 und Satz 2
SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes (vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266 [GSG]). Danach durften sich die gesamtvertraglich
zu vereinbarenden Veränderungen der Gesamtvergütungen in den Jahren 1993 bis 1995 nur im Rahmen der Steigerung der beitragspflichtigen
Einnahmen der Krankenkassen im gleichen Zeitraum bewegen. Bezugsgegenstand war im Beitrittsgebiet das verdoppelte und um 4
% erhöhte Vergütungsvolumen des ersten Halbjahres 1992. Eine nachträgliche Erhöhung der Vergütungen nur für das zweite Halbjahr
1992 hat mithin vermieden, dass sich der Betrag, auf dessen Basis die Vergütungen ab 1993 noch gesteigert werden durften,
erhöhte. Diese fehlende Basis- oder Sockelwirksamkeit einer nachträglichen Erhöhung der Gesamtvergütungen für das Jahr 1992
hat der Beklagte bewusst herbeigeführt. Darin liegt kein Verstoß gegen Bundesrecht.
Dieser Ausgestaltung des Schiedsspruchs kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die Festlegung der Erhöhung nur für
das dritte und vierte Quartal des Jahres 1992 zur Vermeidung einer basiswirksamen Anhebung widerspreche den Grundsätzen der
Senatsurteile vom 16. Juli 2003 (BSGE 91, 153 = SozR 4-2500 § 85 Nr 3) und vom 27. April 2005 (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 16). In diesen ist ausgeführt, dass die für ein
Jahr getroffenen Festlegungen der Gesamtvergütungen grundsätzlich Ausgangspunkt für die Höhe der Gesamtvergütungen im Folgejahr
- bzw für die Festlegung durch das Schiedsamt - sind (Urteil vom 16. Juli 2003, aaO, RdNr 21, 25 und Urteil vom 27. April
2005, aaO, RdNr 9 f, 13) und dass für Ausnahmen bzw Abweichungen nur Raum ist, soweit dies im Gesetz ausreichend deutlich
zum Ausdruck kommt (Urteil vom 27. April 2005, aaO, RdNr 11 f). Eine solche Ausnahme ergibt sich hier aus der Gesetzesvorschrift
des §
85 Abs
3b Satz 2
SGB V. Darin ist ausdrücklich bestimmt, dass für die Veränderungen der Gesamtvergütungen für die vertragsärztliche Versorgung im
Jahr 1993 im Beitrittsgebiet nur an das Vergütungsvolumen des ersten Halbjahres 1992 anzuknüpfen ist. Diese Regelung impliziert
die Billigung von Gesamtvergütungsvereinbarungen, die für das erste Halbjahr die Veränderung einer Gesamtvergütung anders
festlegen als für das zweite Halbjahr.
Die Begrenzung der Erhöhung der Gesamtvergütungen auf das dritte und vierte Quartal des Jahres 1992 entspricht auch der Bestimmung
des § 10 RGV. Diese Anpassungsregelung ist ersichtlich als nachträgliche Korrekturmöglichkeit ausgestaltet. Das ergibt sich
schon aus dem Wortlaut des § 10 Satz 1 RGV, in dem formuliert ist, dass die Partner dieses Vertrages "unmittelbar nach Auswertung
der Abrechnungsergebnisse des jeweiligen Abrechnungsquartals" deren Auswirkungen zu prüfen haben. Bei einer nachträglichen
Anpassungsregelung ist unvermeidlich, dass die Verhandlungen über die Anpassung zu einer Zeit geführt werden, in der möglicherweise
schon neue Vorschriften für die Vergütung ärztlicher Leistungen gelten, die sich ggf auch auf die Vergütungssituation in abgelaufenen
Zeiträumen als Berechnungsgrundlage beziehen. Wenn in dieser Konstellation die Vertragspartner die Anpassung der Vergütungen
für einen bereits abgelaufenen Zeitraum so vornehmen, dass bestimmte Effekte für die Folgezeit eintreten bzw vermieden werden,
kann das nicht generell beanstandet werden. Die Vertragspartner in Mecklenburg-Vorpommern hätten eine Erhöhung der Gesamtvergütungen
lediglich für das dritte und das vierte Quartal des Jahres 1992 vereinbaren dürfen, soweit ihnen das unter Berücksichtigung
der Vergütungssituation der Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen sachgerecht erschienen wäre. Eine derartige Vereinbarung
hatten die Partner des RGV nach der Protokollnotiz vom 17. Dezember 1993 für das Jahr 1991 getroffen, indem die Erhöhung von
2,75 DM je Mitglied auf das vierte Quartal des Jahres 1991 beschränkt worden war. Den Inhalt eines Gesamtvertrages, den die
Partner vereinbaren können, darf auch das Schiedsamt festsetzen.
Bei seiner Entscheidung einerseits für eine deutliche nachträgliche Erhöhung der Gesamtvergütungen für das Jahr 1992 und andererseits
für deren Ausgestaltung als nicht basis- oder sockelrelevant für die Zeit ab 1993 hat sich der Beklagte ersichtlich an den
Ausführungen im Senatsurteil vom 5. Februar 2003 (SozR 4-2500 § 83 Nr 1 RdNr 26) orientiert. Der Senat hat in diesem Urteil
eingehend zu der Problematik Stellung genommen, die sich daraus ergibt, dass die regionalen Gesamtvertragspartner, die auf
der Grundlage des § 10 Satz 2 RGV nachträglich eine Veränderung der Gesamtvergütungen für das Jahr 1992 vereinbaren können
bzw müssen, schon wissen, welche Rechtswirkungen der Gesetzgeber an die endgültige Festlegung des Niveaus der Gesamtvergütungen
für das erste Halbjahr 1992 geknüpft hat. Der Senat hat es einerseits als nicht ausgeschlossen bezeichnet, dass auch nach
Inkrafttreten der Vorschriften des §
85 Abs
3a und
3b SGB V zum 1. Januar 1993 sockelrelevante Anhebungen der Gesamtvergütungen für das Jahr 1992 vereinbart werden, und es andererseits
für möglich gehalten, dass der Gesetzgeber gegebenenfalls mit Korrekturen auf entsprechende sockelrelevante rückwirkende Erhöhungen
der Gesamtvergütungen reagiert, sofern ihm - etwa unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Beitragssatzstabilität - diese
Wirkung für die Folgejahre zu weit geht.
Wenn der Beklagte in dieser Gemengelage zwischen untergesetzlichen Rechtsvorschriften im gesamten Beitrittsgebiet, normativ
wirkenden Vereinbarungen der regionalen Gesamtvertragspartner und später in Kraft getretenen neuen gesetzlichen Vorgaben einen
Weg gewählt hat, der Klägerin zu 1. für das Jahr 1992 eine deutliche Erhöhung der Gesamtvergütung zuzusprechen, diese aber
so auszugestalten, dass die vom Senat zumindest als problematisch angesehene Sockelwirkung für die Jahre 1993 bis 1995 vermieden
wird, lässt das keinen Rechtsverstoß erkennen. Das gilt auch, soweit sich der Beklagte von dem Bestreben hat leiten lassen,
im zeitlichen Abstand von nunmehr mehr als 11 Jahren zu dem zu regelnden Zeitraum eine Entscheidung mit größtmöglicher Rechtssicherheit
zu treffen. Auf der Grundlage der Ausführungen im Urteil des Senats vom 5. Februar 2003 wäre nämlich dann, wenn der Beklagte
die Vergütungsveränderung zugunsten der Klägerin zu 1. ohne nähere Vorgaben auf das gesamte Jahr 1992 bezogen hätte, mit großer
Wahrscheinlichkeit Streit darüber entstanden, wie sich diese für den Zeitraum der strikten Budgetierung der Veränderungen
der Gesamtvergütung (1993 bis 1995) auswirkt (s BSG SozR 4-2500 § 83 Nr 1 RdNr 26, 29). Zumindest hätte auf der Grundlage
der Ausführungen des Senats vor der Umsetzung eines entsprechenden Schiedsspruchs abgewartet werden müssen, ob der Gesetzgeber
seinerseits die Vorgaben in §
85 Abs
3b Satz 2
SGB V korrigiert. Unter Umständen hätten sich die Krankenkassen mit Hinweis auf eine rückwirkende Erhöhung der Ausgangswerte des
Jahres 1992 auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage für die Gesamtvergütungsvereinbarungen der Folgezeiträume berufen. In
dem oben näher beschriebenen Zielkonflikt auch unter Berücksichtigung der inzwischen verstrichenen Zeit einen sachgerechten
Ausgleich zu finden, ist gerade Aufgabe des Landesschiedsamtes. Dem hat sich der Beklagte hier in angemessener Weise gestellt.
Auch die Einwände der Klägerin zu 2. gegen den Schiedsspruch sind nicht begründet. Die Klägerin zu 2. rügt in erster Linie,
der Beklagte habe den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§
85 Abs
3 Satz 2, §
71, § 141 Abs 2
SGB V aF) nicht hinreichend beachtet, weil die festgesetzte Nachzahlung zwangsläufig zur Erhöhung ihres - der Klägerin zu 2. -
Beitragssatzes führen müsse. Durch die Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass dem in §
71 Abs
1 SGB V verankerten Grundsatz der Beitragssatzstabilität bei Vergütungsfestsetzungen Vorrang vor anderen Kriterien zukommt (grundlegend
Urteil vom 10. Mai 2000, BSGE 86, 126, 135 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 296 ff und stRspr, zB BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 16 RdNr 13 und zuletzt BSG, Urteil vom 19.
Juli 2006 - B 6 KA 44/05 R - RdNr 15). Diese Rechtsprechung ist zu den Vorschriften über die Beitragssatzstabilität in der Fassung ergangen, die diese
- wie auch die Normen über die Begrenzung des Anstiegs der Gesamtvergütungen - durch das GSG vom 21. Dezember 1992 erhalten haben. Ebenfalls zu diesen Vorschriften hat der Senat bereits mit Urteil vom 19. März 1997
(BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20) entschieden, dass die Vorgabe des Gesetzgebers zur Einhaltung der Beitragssatzstabilität, wie
sie im GSG zum Ausdruck gekommen ist, an die einzelne Krankenkasse gerichtet ist. Das gesetzgeberische Ziel der generellen Vermeidung
von Beitragssatzerhöhungen (§ 141 Abs 2 Satz 3
SGB V idF des GSG) kann nur erreicht werden, wenn möglichst wenige Krankenkassen infolge von Einnahmeausfällen oder Ausgabenerhöhungen gezwungen
sind, ihre Beiträge anzuheben. Es ist von Gesetzes wegen nicht ausgeschlossen, die Einnahmesituation einer bestimmten Krankenkasse
oder eines Landesverbandes der Krankenkassen bei den Verhandlungen über die Steigerungsrate der Gesamtvergütungen für die
ambulante vertragsärztliche Tätigkeit zu berücksichtigen. Mit dieser Erwägung hat der Senat beanstandet, dass das damals beklagte
Schiedsamt sich gezwungen gesehen hat, ungeachtet der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Krankenkassen die
Erhöhung der Gesamtvergütungen auf den vom Gesetz maximal zugelassenen Steigerungsbetrag (Anstieg der Grundlohnsumme) festzusetzen.
Demgegenüber hat der Senat ausgeführt, dass auch Steigerungsraten unterhalb der vom Gesetz zugelassenen maximalen Steigerungsrate
rechtmäßig vereinbart und dementsprechend auch durch das Schiedsamt festgesetzt werden können, wenn dies die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit der einzelnen betroffenen Krankenkasse bzw einer betroffenen Kassenart gebietet, soweit diese andernfalls
ihren Beitragssatz erhöhen müsste (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 20 S 128 f). Auf dieser Grundlage ist es den Vertragspartnern ebenso
wie dem Schiedsamt nicht verwehrt, die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungskraft einzelner Krankenkassen bzw Kassenarten
zu berücksichtigen.
Diese Erwägungen gelten indessen in der hier zu beurteilenden Konstellation der Anwendung des § 10 RGV vom 14. Dezember 1990 nur eingeschränkt. Für die Zeiträume vor Inkrafttreten des GSG war nicht jede nachträgliche Erhöhung der Gesamtvergütungen allein deshalb ausgeschlossen, weil und soweit sie beitragssatzrelevant
sein konnte. Für die im Wege von nachträglichen Anpassungsverhandlungen auf der Grundlage des § 10 RGV im Beitrittsgebiet
endgültig festzusetzenden Gesamtvergütungen für das Jahr 1992 hat der Grundsatz der Beitragssatzstabilität nur modifiziert
gegolten. Jede nachträgliche Erhöhung der Gesamtvergütungen, die über lediglich symbolische Anpassungen im Bereich von Pfennigbeträgen
für jedes Mitglied hinausgeht, musste bzw konnte zumindest zu Lasten der in einer finanziell schwierigen Lage befindlichen
Krankenkassen in Mecklenburg-Vorpommern beitragssatzrelevant sein. Das hat der Gesetzgeber für die Zeit bis zum Inkrafttreten
des GSG am 1. Januar 1993 im Hinblick auf die besondere Situation sowohl der Krankenkassen als auch der KÄVen in den neuen Bundesländern
in Kauf genommen. Dem trägt die Anpassungsregelung des § 10 RGV Rechnung. Hiermit haben die Vertragspartner dieses Regelwerks
nämlich zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung der Vergütungen für das Jahr 1992 in dem Sinne als vorläufig anzusehen
war, dass jedenfalls eine nachträgliche Überprüfung anhand ua des Maßstabs des Anteils der Ausgaben für die ambulante vertragsärztliche
Versorgung an den Gesamteinnahmen der Krankenkassen möglich sein sollte. Damit wurde vermieden, dass zu Lasten der im Anwendungsbereich
des RGV neugebildeten KÄVen ein Vergütungsniveau für die ambulante vertragsärztliche Versorgung dauerhaft festgeschrieben
worden wäre, das das reale Leistungsgeschehen möglicherweise unzureichend widergespiegelt hätte. Insoweit trifft die Auffassung
des Beklagten zu, erst das als Ergebnis der Anpassungsvereinbarungen nach § 10 RGV nachträglich und dann endgültig festgestellte
Vergütungsniveau des 1. Halbjahres 1992 sei dasjenige, von dem bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit weiterer Erhöhungen
ua unter dem Gesichtspunkt der Sicherung der Beitragssatzstabilität auszugehen sei.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil nach Angaben der Klägerin zu 2. im Jahre 1992 ihre Ausgaben
für Arzneimittel und stationäre Behandlungen einen höheren Anteil an den um die Verwaltungskosten bereinigten Gesamteinnahmen
hatten als im Durchschnitt der alten Bundesländer. Die Höhe der Ausgaben einer Krankenkasse für die Versorgung ihrer Versicherten
mit Arzneimitteln im Jahre 1992 gibt keine Antwort darauf, welches Volumen eine Gesamtvergütung erreichen muss, damit noch
eine angemessene Vergütung der ärztlichen Leistungen iS des §
72 Abs
2 SGB V gewährleistet ist. Den Partnern der Gesamtvergütungsverträge und ebenso - im Streitfall - dem Schiedsamt obliegt die Festlegung
der Gesamtvergütung in einer Höhe, die ua eine angemessene Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Hinblick auf die
Sicherung der ambulanten Versorgung der Versicherten garantiert (dazu ausführlich BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, jeweils RdNr 117 ff). Wenn die Ausgaben einer Krankenkasse für Arzneimittel überdurchschnittlich
hoch sind, ist es Aufgabe dieser Krankenkasse, unter Ausschöpfung ihrer Möglichkeiten etwa im Rahmen der vertragsärztlichen
Wirtschaftlichkeitsprüfung auf eine Reduzierung der Arzneikosten auf das Maß des Notwendigen und Wirtschaftlichen hinzuwirken.
Das steht gesetzlichen Regelungen, die einen Zusammenhang von Maßnahmen der Begrenzung des Anstiegs der Kosten für Arzneimittel
und der Honorierung vertragsärztlicher Leistungen unter dem Gesichtspunkt des Anreizes zu einem wirtschaftlichen Verordnungsverhalten
herstellen (vgl §
84 Abs
3 und
4 SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003 [BGBl I 2190]), nicht entgegen. In der durch die bereits mehrfach
angesprochene Unsicherheit der Versorgungslage im Beitrittsgebiet geprägten Situation der Jahre 1991/1992 kann jedoch mit
Hinweis auf überdurchschnittliche Arzneimittelausgaben die Sicherung eines angemessenen Vergütungsniveaus vertragsärztlicher
Leistungen nicht in Frage gestellt werden. Das hat der Beklagte zutreffend gesehen und im Rahmen der ihm obliegenden Gestaltungsfreiheit
bei der Festsetzung des von der Klägerin zu 2. zu leistenden Nachzahlungsbetrages gewürdigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG iVm §
154 Abs
2 Verwaltungsgerichtsordnung. Eine gesamtschuldnerische Kostenhaftung der beiden Klägerinnen ist nicht angezeigt, weil diese im Revisionsverfahren gegenläufige
Interessen verfolgt haben.