Verfassungsmäßigkeit der Punktwertdegression bei der Ermittlung der Gesaamtvergütung
Gründe:
I
Der Kläger, ein Vertragszahnarzt, wendet sich gegen einen Honorarabzug für das Jahr 1996 aufgrund der Degressionsregelung
gemäß §
85 Abs
4b ff Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V).
Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Im Urteil des Landessozialgerichts (LSG) ist ausgeführt, die Degressionsregelungen
des §
85 Abs
4b ff
SGB V (idF des Gesundheitsstrukturgesetzes >GSG< vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266) seien verfassungsgemäß. Sie verletzten weder
Art
12 Abs
1 noch Art
14 Grundgesetz (
GG). Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) ausführlich begründet, worauf verwiesen werde, und das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) habe dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen (Kammer-Beschlüsse vom 12. Juli
2000 - 1 BvR 2260/97 - und vom 21. Juni 2001 - 1 BvR 1762/00 -).
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Die von ihm erhobene Grundsatzrüge (Zulassungsgrund gemäß §
160 Abs
2 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz >SGG<) greift nicht durch. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass die Darlegungen in der Beschwerdebegründung den Anforderungen
des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG entsprechen und die Rüge somit zulässig ist, ist diese aber jedenfalls unbegründet. Denn die geltend gemachte grundsätzliche
Bedeutung ist nicht gegeben.
Eine grundsätzliche Bedeutung setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich)
sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BVerfG >Kammer<, SozR 3-1500 § 160a Nr 7 S 14;
s auch BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 19 S 34 f; Nr 30 S 57 f; SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3; Nr 6 RdNr 6, jeweils mwN). Falls
zu der Rechtsfrage schon Rechtsprechung des Revisionsgerichts vorliegt, kommt es darauf an, ob sie erneut klärungsbedürftig
geworden ist, weil zB neue Argumente angeführt oder erhebliche Einwände im neueren Schrifttum vorgebracht worden sind (vgl
BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; Nr 23 S 42; SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f und
SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 6, jeweils mwN). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl zB BVerfG >Kammer<,
Beschluss vom 29. Mai 2001 - 1 BvR 791/01 -, und früher schon BVerfG >Kammer<, SozR 3-1500 § 160a Nr 6 S 10 f; Nr 7 S 14; s auch BVerfG >Kammer<, DVBl 1995, 35).
Eine Klärungsbedürftigkeit in diesem Sinne ist vorliegend nicht gegeben.
Das BSG und das BVerfG haben bereits wiederholt entschieden, dass die Degressionsregelungen des §
85 Abs
4b ff
SGB V mit Art
12 Abs
1 und Art
3 Abs
1 GG sowie mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar sind (grundlegend BSGE 80, 223 = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 sowie dazu BVerfG >Kammer< NJW 2000, 3413 und NVwZ-RR 2002, 802; siehe weiterhin zB BSG MedR 2000, 49, 50 mit Angabe zahlreicher weiterer BSG-Urteile; ferner BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 46 S 383; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 85 Nr
2 RdNr 11). Wie in diesen Entscheidungen ausgeführt ist, ist die in den Regelungen liegende Begrenzung der vertragszahnärztlichen
Vergütung rechtmäßig, weil sie wichtigen Gemeinwohlbelangen dient. Ihr Ziel ist es vor allem, Einsparungen bei den Krankenkassen
zu erreichen und die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung zu sichern. Die Bestimmungen sollen zusätzlich
Fehlentwicklungen bei der Qualität der zahnärztlichen Versorgung entgegensteuern, indem Zahnärzten mit umsatzstarken Praxen
ein Anreiz gegeben wird, Patienten an andere, die Punktmengengrenzen nicht erreichende Zahnärzte abzugeben und so die mit
übermäßiger Leistungserbringung gelegentlich verbundenen Qualitätsdefizite zu verringern. Der Senat hat im Rahmen der Gesamtabwägung
dargelegt, dass bei Prüfung der Verfassungsmäßigkeit solcher Regelungen eine generalisierende Betrachtung von deren Auswirkungen
auf den betroffenen Berufszweig insgesamt zugrunde zu legen ist (BSGE aaO S 226-229 bzw SozR aaO S 136-140 und BSG MedR aaO
S 50; vgl auch BVerfG >Kammer< NJW 2000, 3413). Das BVerfG hat ausdrücklich ausgesprochen, dass die eine Punktwertdegression rechtfertigenden Zwecke, die Qualität vertragszahnärztlicher
Leistungen zu verbessern und die Beitragssatzstabilität und damit die Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung
zu erhalten, ausreichend gewichtige Gründe des Gemeinwohls sind (BVerfG >Kammer< NVwZ-RR 2002, 802).
Eine Klärungsbedürftigkeit ist auch nicht neu entstanden. Zwar meint der Kläger, erneuter Klärungsbedarf bestehe wegen der
von ihm gerügten Ungleichbehandlung der Zahnärzte im Verhältnis zueinander. Dies ist aber nicht der Fall. Die Antwort auf
diese Frage ergibt sich ohne Weiteres - ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahren bedarf - aus der bisherigen
Rechtsprechung. Die Ansicht des Klägers, es sei verfassungswidrig, Praxen mit überdurchschnittlich hohen Umsätzen progressiv
ansteigend zu belasten und Zahnärzte mit Gesamtpunktmengen unterhalb von 350.000 Punkten überhaupt keiner Punktwertdegression
auszusetzen, erweist sich als unbegründet. Das BSG hat schon in seiner bisherigen Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass
große Umsätze im allgemeinen Rationalisierungsmöglichkeiten und Kostenvorteile ergeben, weil der einem höheren Honorarvolumen
zugrunde liegende größere Tätigkeitsumfang im Regelfall mehr Möglichkeiten zum produktiven Einsatz der Mitarbeiter und der
Geräte bietet (vgl dazu BSGE 80, 223, 227 = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 S 137 f; BSG MedR 2000, 49, 50). Soweit der Kläger geltend macht, Kostenvorteile und Rationalisierungsmöglichkeiten bestünden bei umsatzstarken Praxen
keineswegs in dieser Weise und die Regelungen berücksichtigten nicht oder jedenfalls nicht in ausreichendem Maße, dass bestimmte
Praxiskosten gerade dafür aufgewendet werden müssten, um überhaupt so hohe Einnahmen erzielen zu können, bleibt sein Vorbringen
thesenhaft und genügt somit schon nicht den Darlegungsanforderungen des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG. Dem Erfordernis zumindest ansatzweise eigener Darstellung wird durch Hinweise auf Schrifttum nicht genügt, zumal dann nicht,
wenn den Veröffentlichungen noch weitere klärende Rechtsprechung nachgefolgt ist (hier Hinweise des Klägers auf Sodan, Freie
Berufe als Leistungserbringer, 1997, S 297 ff, und Maaß, NJW 1999, 2719, 2720; - nachfolgend indessen noch die Urteile des BSG von 2002 und 2003 in SozR 3-2500 § 85 Nr 46, hier S 383, und SozR
4-2500 § 85 Nr 2, hier RdNr 11).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß §
160a Abs
4 Satz 3 Halbsatz 2
SGG abgesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 und 4
SGG (in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung).