PKH-Verfahren
Vorlage des Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
Pflicht zur Ausfüllung
1. §
117 Abs.
3 ZPO i.V.m. §
2 Abs.
2 der Verordnung zur Verwendung eines Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei
Prozess- und Verfahrenskostenhilfe (vom 06.01.2014 - BGBl I 34) entbindet einen Antragsteller, der laufend Sozialhilfe bezieht,
nur von der Pflicht zur Ausfüllung der Abschnitte E bis J des Formulars.
2. Die in den Abschnitten A bis D verlangten Angaben sind jedoch auch bei Vorlage eines Bescheids über die Gewährung von Sozialhilfeleistungen
notwendig.
3. Dies betrifft insbesondere Abschnitt B, in dem nach einer bestehenden Rechtsschutzversicherung gefragt wird.
4. Eine Bezugnahme auf Unterlagen in anderen beim Senat geführten Verfahren ist unter Umständen möglich.
Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss
des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Mai 2016 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin E., M.,
beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom
12.2.2014 zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen (Beschluss vom 30.5.2016). Gegen diese, ihm am 3.6.2016 zugestellte
Entscheidung hat der Kläger selbst mit einem am 4.7.2016 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Schreiben Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin
E. beantragt. Dabei hat er auf die zu dem Verfahren B 8 SO 21/16 B vorgelegten Unterlagen Bezug genommen. Ergänzend hat er
mitgeteilt, dem in diesem Verfahren für ihn tätigen Rechtsanwalt H. liege eine von ihm, dem Kläger, am 21.4.2016 unterschriebene
Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vor, die der Anwalt habe überreichen sollen (Schreiben vom
23.7.2016).
II
Der PKH-Antrag des Klägers ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf
Erfolg hat (vgl §
73a Abs
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] iVm §
114 Abs
1 Satz 1
Zivilprozessordnung [ZPO]). Die Monatsfrist für eine formgerechte Einlegung der Beschwerde, die am 11.12.2015 endete, ist abgelaufen (§
160a Abs
1, §
64 Abs
2 und
3, §
63 Abs
2 SGG, §§
177,
180 ZPO). Zwar kann eine spätere Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl §
67 SGG) in Betracht kommen, wenn ein Beteiligter infolge seiner Mittellosigkeit gehindert war, eine Beschwerde fristgerecht durch
einen beim BSG zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen, und die Beschwerde dann von einem beim BSG zugelassenen Bevollmächtigten nachgeholt wird. Dieses gilt allerdings nur dann, wenn innerhalb der Beschwerdefrist sowohl
ein PKH-Antrag als auch eine Erklärung iS des §
117 Abs
2 ZPO über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem gemäß §
117 Abs
4 ZPO vorgeschriebenen Vordruck eingereicht werden, es sei denn, er war auch hieran ohne Verschulden verhindert (BSG SozR 1750 § 117 Nr 1 und 3; BSG, Beschluss vom 3.4.2001 - B 7 AL 14/01 B; BGH, Beschluss vom 9.7.1981 - VII ZR 127/81 - VersR 1981, 884; vgl auch BVerfG SozR 1750 § 117 Nr 2 und 6 sowie BVerfG, Beschluss vom 7.2.2000 - 2 BvR 106/00 - NJW 2000, 3344); innerhalb der Beschwerdefrist muss der Beschwerdeführer insoweit alles ihm Zumutbare getan haben.
Das ist hier nicht geschehen; insbesondere hat der Kläger das Formular über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
nicht innerhalb der Beschwerdefrist, sondern erst am 26.7.2016 vorlegt. Er ist vom LSG in der Rechtsmittelbelehrung aber auf
die genannten Erfordernisse hingewiesen worden; es ist dabei nicht erkennbar, dass er an der rechtzeitigen Vorlage des Formulars
ohne Verschulden gehindert war. Zwar ist eine Bezugnahme auf Unterlagen in anderen beim Senat geführten Verfahren unter Umständen
möglich (dazu BVerfG, Beschluss vom 14.10.2003 - 1 BvR 901/03 - NVwZ 2004, 334, 335); auch in dem Verfahren B 8 SO 21/16 B sind aber vor Ablauf der Beschwerdefrist lediglich die Bewilligungsbescheide
über Sozialhilfe (am 30.6.2016), nicht dagegen die Erklärung auf dem gemäß §
117 Abs
4 ZPO vorgeschriebenen Formular eingegangen. Die Vorlage des Formulars war auch nicht im Hinblick darauf entbehrlich, dass der
Kläger seit Juli 2016 (wieder) laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) bezieht. §
117 Abs
3 ZPO iVm §
2 Abs
2 der Verordnung zur Verwendung eines Formulars für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei
Prozess- und Verfahrenskostenhilfe (vom 6.1.2014 - BGBl I 34) entbindet einen Antragsteller, der laufend Sozialhilfe bezieht,
nur von der Pflicht zur Ausfüllung der Abschnitte E bis J des Formulars. Die in den Abschnitten A bis D verlangten Angaben
sind jedoch auch bei Vorlage eines Bescheids über die Gewährung von Sozialhilfeleistungen notwendig. Dies betrifft insbesondere
Abschnitt B, in dem nach einer bestehenden Rechtsschutzversicherung gefragt wird (vgl BGH, Beschluss vom 29.11.2012 - III ZA 32/12). Soweit der Kläger schließlich darauf verweist, dass ein aktuelles Formular bereits seit April 2016 bei Rechtsanwalt H.
vorgelegen habe, der das Formular aber erst am 26.7.2016 eingereicht hat, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Zwar hat
er Rechtsanwalt H. für das vorliegende Verfahren keine Prozessvollmacht erteilt, sodass die Regelungen über die Zurechnung
von Verschulden des Prozessbevollmächtigten (vgl §
85 Abs
2 ZPO) keine Anwendung finden; es obliegt indes dem Kläger auch in Fällen, in denen er sich Dritter bedient, sicherzustellen, dass
insoweit die notwendigen Fristen eingehalten werden. Mit der Ablehnung der Bewilligung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung
eines Rechtsanwalts (§
73a Abs
1 SGG iVm §
121 Abs
1 ZPO).
Die vom Kläger selbst eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich
vor dem BSG gemäß §
73 Abs
4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung rechtswirksam nicht vornehmen,
folglich nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach §
73 Abs
4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Auch hierauf ist der Kläger ausdrücklich hingewiesen worden. Die
nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist schon deshalb nach §
160a Abs
4 Satz 1
SGG iVm §
169 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 SGG.