Leistungen der Grundsicherung
Grundsatzrüge
Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage
Genügen der Darlegungspflicht
Gründe:
I
Im Streit ist die Rechtmäßigkeit der Befristung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen)
nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) bis 31.12.2013.
Der 1947 geborenen Klägerin bewilligte der Beklagte Grundsicherungsleistungen vom 1.1. bis 31.12.2013 (Bescheid vom 14.2.2013;
Widerspruchsbescheid vom 20.6.2013). Wegen geänderter Kosten der Unterkunft und höherer Altersrente änderte der Beklagte die
laufende Leistung ab 1.8.2013 ab (Bescheide vom 29.8.2013 und vom 12.9.2013). Die Klage, gerichtet auf zeitlich unbefristete
Leistungen, ist vor dem Sozialgericht (SG) Augsburg ohne Erfolg geblieben (Urteil vom 28.10.2014); das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG abgeändert. Es hat den Bescheid vom 12.9.2013 aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den Bescheid
vom 14.2.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.6.2013 und den Bescheid vom 29.8.2013 richtete (Urteil vom 21.2.2017).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, der Bescheid vom 12.9.2013 sei als Bescheid nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) schon deshalb aufzuheben, weil der Beklagte kein Ermessen ausgeübt habe. Der Bescheid vom 29.8.2013 sei nach § 48 SGB X rechtsfehlerfrei ergangen. Der Beklagte habe den Bewilligungszeitraum zutreffend bis 31.12.2013 begrenzt.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache geltend. Es stelle sich die Frage, ob beim Erlass eines Änderungsbescheids über laufende Leistungen der Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII ein neuer Regelbewilligungszeitraum von zwölf Monaten gemäß § 44 Abs 1 SGB XII aF bzw (ab 1.1.2016) gemäß § 44 Abs 3 SGB XII nF ab dem Monat der Änderung anzunehmen sei. Das LSG sei unzutreffend davon ausgegangen, der Regelbewilligungszeitraum von
zwölf Monaten beziehe sich ausschließlich auf den ursprünglichen Bewilligungsbescheid. Vielmehr hätten ihr wegen der im Bewilligungszeitraum
eingetretenen Änderungen Leistungen bis 31.7.2014 bewilligt werden müssen. Die aufgeworfene Rechtsfrage sei bislang höchstrichterlich
nicht entschieden; sie sei auch entscheidungserheblich. Denn der Beklagte habe ihr zwar erneut ab 1.1.2014 Leistungen bewilligt,
jedoch nur bis 30.4.2014. Ab 1.5.2014 sei keine Auszahlung mehr erfolgt. Bejahe man die gestellte Rechtsfrage in ihrem Sinne,
stünden ihr noch Leistungen bis 31.7.2014 zu. Die Rechtsfrage stelle sich im Übrigen gleichermaßen unter der ab 1.1.2016 geltenden
Rechtslage nach § 44 Abs 3 SGB XII.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht in der nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG gebotenen Weise dargelegt worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter
nach §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 3
SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus
- aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von
ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Es fehlt an einer hinreichenden Darlegung
der fortbestehenden Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage.
Die Klägerin stützt ihre Rechtsfrage auf die Regelung des § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII idF des Gesetzes zur Änderung des SGB XII vom 20.12.2012 (BGBl I 2783), wonach bei einer Änderung der Leistung der Bewilligungszeitraum am Ersten des Monats beginnt,
in dem die Voraussetzungen für die Änderung eingetreten sind. Sie legt aber schon die Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit)
der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht dar. Hierzu trägt sie nur vor, dass ihr Leistungen bis 31.7.2014 bewilligt werden müssten,
wenn die Frage in ihrem Sinne beantwortet wird. Es fehlen aber schlüssige Ausführungen dazu, dass die Anspruchsvoraussetzungen
für die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung auch im Zeitraum vom 1.5. bis 31.7.2014
vorlagen; denn selbst wenn ab 1.8.2013 ein neuer zwölfmonatiger Bewilligungszeitraum begann, können auch in zeitlicher Hinsicht
Leistungen nur bei Vorliegen aller tatbestandlicher Voraussetzungen für den Anspruch bewilligt werden.
Zudem wird auch der Klärungsbedarf im Hinblick darauf, dass ausgelaufenes Recht betroffen ist, nicht hinreichend dargelegt.
Soll eine Rechtsfrage zu außer Kraft getretenem Recht geklärt werden, bedarf es des Vortrags entweder dazu, dass die aufgeworfene
Frage noch in einer erheblichen Zahl von zu entscheidenden Verfahren von Bedeutung ist, sich die zu klärende Rechtsfrage noch
in gleicher Weise nach geltendem Recht stellt oder sie von fortwirkender allgemeiner Bedeutung ist (vgl dazu nur Leitherer
in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160 RdNr 8d mit zahlreichen Nachweisen). An hinreichendem Vortrag hierzu fehlt es.
Der Vortrag, § 44 Abs 3 SGB XII in der ab 1.1.2016 bzw 1.7.2017 geltenden Fassung enthalte eine mit § 44 Abs 1 Satz 2 SGB XII aF vergleichbare Regelung, ist nicht nachvollziehbar. Zwar trägt die Klägerin unter Verweis auf BT-Drucks 18/6284 zu Recht
vor, dass nach dem Willen des Gesetzgebers eine Änderung des Regelungsgehalts von Abs 1 durch die zum 1.1.2016 in Kraft getretene
Gesetzesänderung nicht gewollt gewesen sei. Sie bezieht sich in ihrem Vortrag jedoch nur allgemein auf den Regelungsgehalt
des § 44 Abs 1 SGB XII aF bzw § 44 Abs 3 Satz 1 SGB XII in der ab 1.1.2016 bzw 1.7.2017 geltenden Fassung. Mit dem Umstand, dass die alte wie neue Fassung zwar eine Bestimmung zur
regelmäßigen Dauer des Bewilligungszeitraums, die neue Fassung aber nicht (mehr) zu dessen Beginn bei Änderungen enthält,
setzt sie sich jedoch nicht auseinander. Darauf, dass nach altem wie neuem Recht der Bewilligungszeitraum im Regelfall zwölf
Monate betragen soll, stützt sie aber ihre Rechtsfrage nicht, sondern vielmehr auf einen bei Änderung der Verhältnisse angeblich
beginnenden neuen Bewilligungszeitraum. Die Behauptung, der Gesetzgeber habe erklärt, nichts ändern zu wollen, kann den fehlenden
Vortrag schon deshalb nicht ersetzen, weil sich der Gesetzgeber ausweislich des eigenen Vortrags der Klägerin zu der maßgeblichen
Regelung gerade nicht verhalten hat.
Widersprüchlich und deshalb nicht geeignet, die Zulassung der Revision zu begründen, ist zudem die weitere Behauptung, die
von ihr formulierte Frage sei noch für eine nicht unerhebliche Zahl laufender Verfahren von Bedeutung, wenn zugleich vorgetragen
wird, weder in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung noch in der Kommentarliteratur werde die aufgeworfene Rechtsfrage überhaupt
nur diskutiert.
Soweit die Klägerin weiter ausführt, das LSG habe das Recht unzutreffend angewandt, in dem es davon ausgegangen sei, der Regelbewilligungszeitraum
beziehe sich ausschließlich auf den ursprünglichen Bewilligungsbescheid und nachfolgende Änderungen führten nicht zu einer
Änderung des Bewilligungszeitraums, ist ihre Beschwerdebegründung nur dahin zu verstehen, dass die Entscheidung des LSG inhaltlich
falsch sein soll. Dies vermag indes die Revisionsinstanz nicht zu eröffnen. Denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde
ist nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.