Ausbildungsförderungsrecht - Ausbildungsförderung; Berichterstatter; objektive Beweisanzeichen; Bewilligungszeitraum; Darlehen;
konsentierter Einzelrichter; Fremdvergleich; Indiz; abzugsfähige Schulden; Sprungrevision; Treuhandverhältnis; verdeckte Treuhand;
Verfügungsbeschränkung; Vermögen; Vermögensanrechnung; Verwertungshindernis
Gründe:
I. Der Kläger begehrt für sein Studium an der Fachhochschule Stuttgart für den Bewilligungszeitraum Oktober 2005 bis August
2006 eine höhere als die ihm gewährte Ausbildungsförderung.
Der im Jahre 1979 geborene Kläger studierte zunächst ab dem Wintersemester 2004/2005 an der Fachhochschule Esslingen im Studiengang
Kommunikationstechnik mit dem Studienziel Diplom-FH. Die Förderungsfähigkeit dieser Ausbildung war Gegenstand eines vorangegangenen
Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart, welches mit Urteil vom 18. Dezember 2006 (Az. 11 K 176/06) abgeschlossen wurde. Das Verwaltungsgericht hatte einen Anspruch auf Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum Oktober
2004 bis August 2005 im Wesentlichen mit der Erwägung verneint, der Kläger verfüge über anrechenbares Vermögen unter anderem
in Form eines Bausparvertrages, das die Freibeträge übersteige. In seinem Förderungsantrag hatte der Kläger etwaige Schulden
gegenüber seiner Mutter nicht angegeben.
Ab dem Wintersemester 2005/2006 studierte der Kläger an der Fachhochschule Stuttgart im Studiengang Informatik mit dem Studienziel
Bachelor. Für dieses Studium beantragte er die hier streitige Ausbildungsförderung und gab zu seinen Vermögensverhältnissen
an, es bestehe eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert in Höhe von 843 EUR sowie ein Bausparguthaben in Höhe von 8
481,49 EUR. Diesem Vermögen stünden Schulden bei seiner Mutter in Höhe von 8 409 EUR gegenüber.
Mit Bescheid vom 23. März 2006 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum Oktober 2005 bis März 2006 vorläufige Leistungen
in Höhe von 200 EUR monatlich und änderte diese Bewilligung jeweils mit weiteren Bescheiden vom 27. April 2006 und 29. November
2006 dahin, dass dem Kläger Ausbildungsförderung in Höhe von zunächst 205 EUR und sodann von 330 EUR monatlich zu gewähren
sei. Mit den hiergegen gerichteten Widersprüchen machte der Kläger ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 19. April 2007) geltend,
ihm stehe für die Zeit ab September 2005 Ausbildungsförderung in voller gesetzlicher Höhe zu. Der Beklagte habe das Bausparvermögen
zu Unrecht allein als sein Vermögen berücksichtigt, obwohl ein Teilbetrag seiner Mutter zustehe. Ferner seien die Darlehensverbindlichkeiten
gegenüber seiner Mutter zu Unrecht nicht als Schuld von seinem Vermögen abgezogen worden.
Der Kläger hat am 18. Mai 2007 bei dem Verwaltungsgericht Klage erhoben und Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe beansprucht.
Zur Begründung hat er vorgetragen, die gegenüber seiner Mutter bestehenden Verbindlichkeiten müssten gemäß §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG als sein Vermögen mindernde Schulden berücksichtigt werden. Hierzu hat der Kläger einen mit seiner Mutter am 23. April 2005
abgeschlossenen schriftlichen Darlehensvertrag vorgelegt. Teilrückzahlungen hierauf habe er in der Vergangenheit bereits geleistet.
Den noch offenen Betrag müsse er künftig bei ausreichenden finanziellen Möglichkeiten entsprechend den Darlehensbedingungen
noch zurückzahlen. Seine Mutter habe ihm das Darlehen gewährt, weil er nicht über ausreichendes Vermögen zur Bestreitung seines
Lebensunterhalts während des Studiums verfügt habe.
Mit Urteil vom 8. Oktober 2007 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart dem Kläger für den Monat September 2005 Ausbildungsförderung
in Höhe von 330 EUR zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat es ausgeführt:
Das Guthaben aus dem Bausparvertrag sei zu Recht in voller Höhe als Vermögen des Klägers angerechnet worden, da er nach zivilrechtlichen
Grundsätzen Gläubiger der Forderung gewesen sei. Das Bausparguthaben sei auch nicht gemäß §
27 Abs.
1 Satz 2
BAföG von der Anrechnung als Vermögen ausgenommen gewesen, da der Kläger nicht aus rechtlichen Gründen an der Verwertung des Vermögens
gehindert gewesen sei. Ebenso könnten von seinem Vermögen keine Abzüge gemäß §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG vorgenommen werden, da er zum Zeitpunkt der Antragstellung am 30. September 2005 keine berücksichtigungsfähigen Schulden
gehabt habe. Zwar habe nach Überzeugung des Gerichts zu diesem Zeitpunkt eine Darlehensverbindlichkeit des Klägers gegenüber
seiner Mutter in Höhe von ca. 3 500 EUR bestanden. Die Abzugsfähigkeit der Verbindlichkeit scheitere jedoch daran, dass der
Kläger im Bewilligungszeitraum September 2005 bis August 2006 nicht mit der Geltendmachung der Schuld habe rechnen müssen.
Eine Tilgungsvereinbarung habe erst noch getroffen werden sollen.
Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und rügt eine Verletzung
von §
27 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 und §
28 Abs.
3 BAföG. Das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an die Anerkennung einer Schuld überspannt, soweit es die Darlehensforderungen
seiner Mutter nicht als vermögensmindernd berücksichtigt habe.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
II. Die vom Kläger eingelegte Sprungrevision ist zulässig (1.) und mit dem Ergebnis der Zurückverweisung auch begründet (2.).
1. Der Berichterstatter im Sinne von §
87a Abs.
2, Abs.
3 VwGO als sogenannter konsentierter Einzelrichter hat die Sprungrevision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§
132 Abs.
2 Nr.
1 VwGO i.V.m. §
134 Abs.
1 Satz 1
VwGO) wirksam zugelassen. Der Berichterstatter ist in diesem Falle Verwaltungsgericht im Sinne von §
134 Abs.
1 VwGO. Die Sprungrevision kann wegen grundsätzlicher Bedeutung selbst durch den Einzelrichter gemäß §
6 Abs.
1 VwGO in der Weise wirksam zugelassen werden, dass sie - jedenfalls in aller Regel - Bindungswirkung gemäß §
134 Abs.
2 Satz 2
VwGO für das Revisionsgericht entfaltet (Urteil vom 28. September 2004 - BVerwG 1 C 10.03 - BVerwGE 122, 94 [95 f.] unter Hinweis auf das Urteil vom 29. Juli 2004 - BVerwG 5 C 65.03 - BVerwGE 121, 292 [293 ff.] zur Bindung des Oberverwaltungsgerichts an die Zulassung der Berufung durch den Einzelrichter). Dies gilt erst
recht und ohne Einschränkungen für die Zulassung der Sprungrevision durch den konsentierten Berichterstatter (§
87a Abs.
2, Abs.
3 VwGO). Denn eine Begrenzung wie bei der Einzelrichterübertragung nach §
6 Abs.
1 VwGO, die bei grundsätzlicher Bedeutung der Sache gerade nicht erfolgen soll und eine Pflicht zur Rückübertragung auslösen kann,
gibt es bei dem konsentierten Einzelrichter nicht. Seine Entscheidungsmacht ist prozessrechtlich unbegrenzt und beruht auf
dem Einverständnis der Beteiligten (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 28. November 2003 - 7 S 7/03 - VBlBW 2004, 110; Berlit, in: Posser/Wolff,
VwGO, 2008, §
134 Rn. 1, 26, Roth, in: Posser/Wolff, §
124a Rn. 7; Seibert, NVwZ 2004, 821 [824]).
Der Kläger hat auch die Anforderungen des §
134 Abs.
1 Satz 3
VwGO erfüllt. Danach ist die Zustimmung zur Sprungrevision, die gemäß §
134 Abs.
1 Satz 1
VwGO vom Kläger und Beklagten schriftlich zu erteilen ist, der Revisionsschrift beizufügen oder innerhalb der Revisionsfrist (§
139 Abs.
1 Satz 1
VwGO) nachzureichen. Zwar haben die Beteiligten ihre Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision nicht schriftlich abgegeben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch die Zustimmungserklärung auch dann wirksam, wenn
sie - wie hier - in der Sitzung vor dem Verwaltungsgericht vor Verkündung des Urteils zu Protokoll erklärt worden ist (Urteil
vom 18. Juni 1962 - BVerwG 5 C 92.61 - BVerwGE 14, 259; Beschluss vom 25. August 1989 - BVerwG 8 C 61.89 - juris m.w.N.). Für diesen Fall ist es auch nicht zwingend erforderlich, der Revisionsschrift eine gerichtlich beglaubigte
Abschrift der Sitzungsniederschrift beizufügen, weil schon das erstinstanzliche Gericht dem Revisionsgericht die Akten und
mit ihnen das Original der Niederschrift vorlegt (Beschluss vom 7. Juni 2001 - BVerwG 4 C 1.01 - Buchholz 406.12 § 23 BauNVO Nr. 49 = NVwZ 2002, 90).
2. Die Revision des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§
137 Abs.
1 Nr.
1 VwGO). Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, eine Verbindlichkeit sei nur dann als Schuld zu berücksichtigen, wenn der Auszubildende
mit der Geltendmachung der Forderung im Bewilligungszeitraum ernsthaft rechnen müsse, ist mit §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG nicht vereinbar. Mit bundesrechtlichen Anforderungen nicht in vollem Umfang in Einklang steht auch der Maßstab, auf dessen
Grundlage das Verwaltungsgericht zu der Bewertung gelangt ist, es liege nach den hier allein maßgeblichen zivilrechtlichen
Grundsätzen eine Schuld in Gestalt einer wirksamen Darlehensverbindlichkeit vor. Wegen der hiernach zu Bestand und Höhe erforderlichen
Feststellungen und Bewertungen ist der Senat an einer abschließenden Entscheidung gehindert und verweist die Sache an das
Verwaltungsgericht zurück (§
144 Abs.
3 Satz 1 Nr.
2 VwGO).
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist das Verwaltungsgericht allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass das Bausparguthaben
des Klägers zu dessen Vermögen gemäß §
27 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 BAföG gehört. Das Bausparguthaben stellt sich als Forderung im Sinne dieser Vorschrift dar, die dem Kläger gegen die Bausparkasse
zusteht. Der Kläger ist nach den für die Anwendung des §
27 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 BAföG maßgeblichen zivilrechtlichen Grundsätzen Inhaber dieser Forderung.
Der Gesetzgeber hat zwar in §
27 BAföG einen eigenständigen Begriff des ausbildungsrechtlich verwertbaren Vermögens geprägt, indem er einerseits bestimmte Gegenstände
in §
27 Abs.
1 Satz 1
BAföG als Vermögen definiert und andererseits unter bestimmten Voraussetzungen (nach §
27 Abs.
1 Satz 2 und Abs.
2 BAföG) davon ausgenommen hat. Er hat aber für die Frage, was eine Forderung (im Sinne von §
27 Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 BAföG) ist, keine eigenständige Regelung getroffen, sondern allein an das Zivilrecht angeknüpft.
Nach den sonach maßgeblichen zivilrechtlichen Grundsätzen ist Inhaber eines Kontos und Gläubiger des darauf eingezahlten Betrages,
wer nach dem erkennbaren Willen des Kunden im Zeitpunkt der Kontoeröffnung Gläubiger des Guthabens werden sollte (BGH, Urteile
vom 18. Oktober 1994 - XI ZR 237/93 - BGHZ 127, 229 und vom 18. Januar 2005 - X ZR 264/02 - NJW 2005, 980). Dies war der Kläger, da er nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts das Bausparkonto auf seinen Namen errichtet
hat und als Forderungsberechtigter bezeichnet wurde. An seiner Stellung als Forderungsinhaber gegenüber der Bausparkasse hat
sich auch weder dadurch etwas geändert, dass er seiner Mutter eine Kontovollmacht erteilt hat, noch dadurch, dass seine Mutter
nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts verschiedene Beträge auf das Bausparkonto eingezahlt hat. Aus wessen Mitteln
auf ein Konto eingezahlte Gelder stammen, ist für die Frage der Forderungsinhaberschaft gegenüber der Bank ebenso unerheblich
wie der Umstand, ob auf dem Konto Geldbeträge verbucht wurden, die steuerlich möglicherweise einem Dritten - dem Bevollmächtigten
- zuzuordnen sind (BGH, Urteil vom 18. Oktober 1994 aaO. m.w.N.). Wer eine Bank anweist, einen Betrag von seinem Konto einem
bestimmten fremden Konto gutzuschreiben, verliert mit der Ausführung dieser Anweisung seine Rechte gegen die Bank in Bezug
auf das Zugewendete und verschafft damit dem Kontoinhaber ein entsprechendes Recht gegen die Bank aus der Gutschrift (BGH,
Urteil vom 2. Februar 1994 - IV ZR 51/93 - NJW 1994, 931).
b) Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis auch zu Recht davon ausgegangen, dass die Forderung des Klägers gegen die Bausparkasse
nicht nach §
27 Abs.
1 Satz 2
BAföG der Verwertung zu Ausbildungszwecken entzogen ist. Vom Vermögen sind nach dieser Vorschrift Gegenstände ausgenommen, soweit
sie der Auszubildende aus rechtlichen Gründen nicht verwerten darf. Letzteres ist hier nicht der Fall.
Bausparguthaben sind nicht wegen der besonderen Verwertungsregelungen für Bausparverträge vom Vermögen eines Auszubildenden
nach §
27 Abs.
1 Satz 2
BAföG auszunehmen. Denn derartige Beschränkungen bei Bausparverträgen stellen sich wegen der Möglichkeit der vorzeitigen Auflösung
nicht als rechtliche Verwertungshindernisse dar (vgl. Urteil vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 103.80 - Buchholz 436.36 §
26 BAföG Nr. 1; Ramsauer/Stallbaum/Sternal,
BAföG, 4. Aufl. 2005, §
27 Rn. 6; Humborg, in: Rothe/Blanke,
BAföG, 5. Aufl., Stand Februar 2007, §
27 Rn. 10). Soweit mit einer vorzeitigen Verwertung wirtschaftliche Einbußen verbunden sind, kann dem - wie das Verwaltungsgericht
(UA S. 9) zu Recht ausführt - mit einem entsprechenden Abzug vom Wert des Guthabens Rechnung getragen werden.
Das Verwaltungsgericht brauchte dem Einwand des Klägers, das Bausparguthaben gehöre teilweise zum Vermögen seiner Mutter,
auch insoweit nicht nachzugehen, als der Kläger damit der Sache nach das Vorliegen eines (verdeckten) Treuhandverhältnisses
geltend gemacht hat. Denn eine Treuhandabrede kann nur dann ausbildungsförderungsrechtlich beachtlich sein, wenn sie zivilrechtlich
wirksam zustande gekommen ist (s. dazu das Urteil vom 4. September 2008 zum Verfahren BVerwG 5 C 12.08). Daran fehlt es hier bereits, weil das etwaige Treugut nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen nicht
auf einem Konto eingezahlt worden ist, das ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgeldern bestimmt
war (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - IX ZR 120/02 - NJW-RR 2003, 1375 m.w.N.). Vielmehr hat der Kläger einen Teil des Guthabens selbst einbezahlt und das Bausparkonto damit jedenfalls auch zu
eigenen Zwecken genutzt.
c) Mit §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG nicht vereinbar ist allerdings die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die von ihm angenommene Darlehensverbindlichkeit
des Klägers sei deswegen nicht abzugsfähig, weil mit der Geltendmachung der Forderung im Bewilligungszeitraum nicht ernsthaft
zu rechnen gewesen sei.
Nach §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG sind die im Zeitpunkt der Antragstellung "bestehenden Schulden und Lasten" abzuziehen. Dem Gesetzeswortlaut lässt sich eine
Beschränkung darauf, dass nur diejenigen Verbindlichkeiten als Schulden zu berücksichtigen sind, mit deren Geltendmachung
im Bewilligungszeitraum zu rechnen ist, nicht entnehmen. Vielmehr nimmt die Vorschrift allein auf die zivilrechtlichen Grundlagen
Bezug, unter deren Voraussetzungen von einer bestehenden Schuld oder Last gesprochen werden kann. Eine gegen den Auszubildenden
nach zivilrechtlichen Grundsätzen bestehende Forderung verliert ihren Charakter als Schuld im Sinne von §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG nicht dadurch, dass sie von dem Gläubiger voraussichtlich nicht während des konkreten Bewilligungszeitraums, sondern erst
zu einem späteren Zeitpunkt geltend gemacht wird. Der vorliegende Fall gibt dabei keinen Anlass zur Vertiefung der Frage,
ob etwas anderes zu gelten hat, wenn die Forderung erst in fernerer Zukunft fällig wird oder ihre Geltendmachung von einem
(unbestimmten) Ereignis ungewissen Eintritts abhängt, woraus sich gegebenenfalls Zweifel an deren Bestand ergeben könnten.
Nach den bislang getroffenen tatrichterlichen Feststellungen ist hierfür nichts ersichtlich.
Gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung spricht in systematischer Hinsicht auch die Regelung des §
28 Abs.
3 Satz 2
BAföG. Die dort ausdrücklich vom Abzug ausgenommenen (staatlichen) Darlehen sind regelmäßig nach §
18 Abs.
3 Satz 3
BAföG erst deutlich nach dem Ablauf der Förderungshöchstdauer oder dem Ende der in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorgesehenen
Ausbildungszeit des zuerst mit Darlehen geförderten Ausbildungs- oder Studienganges zurückzuzahlen. Dieser einschränkenden,
konstitutiv wirkenden Regelung hätte es nicht bedurft, wenn die Fälligkeit eines Darlehens im Bewilligungszeitraum Voraussetzung
für die Absetzung der daraus resultierenden Rückerstattungspflicht nach §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG wäre. Nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte (BTDrucks 11/5961 S. 24) und systematischer Stellung regelt die durch Gesetz vom
22. Mai 1990 (BGBl I S. 936) eingefügte Bestimmung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch eine Ausnahme zur Berücksichtigung von Verbindlichkeiten
nach §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG. Es soll verhindert werden, dass das einzusetzende Vermögen des Ausbildenden durch das Anwachsen der
BAföG-Darlehenssumme in zunehmendem Maße reduziert und dieser infolgedessen von der Verpflichtung befreit wird, das die Freibeträge
nach §
29 BAföG übersteigende Vermögen zur Finanzierung der eigenen Ausbildung einzusetzen.
Auch aus dem mit §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG verfolgten Sinn und Zweck kann nicht gefolgert werden, dass die Vorschrift nur solche Schulden erfassen soll, mit deren Geltendmachung
im Bewilligungszeitraum zu rechnen ist. Vielmehr spricht der Sinn der Regelung, dem Auszubildenden vorerst den Einsatz von
Vermögen nicht abzuverlangen, das zur Deckung des ausbildungsförderungsrechtlichen Bedarfs nicht zur Verfügung steht, gegen
eine solche Beschränkung. §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG tritt selbstständig neben §
27 Abs.
1 Satz 2
BAföG und setzt voraus, dass Vermögen vorhanden ist, das an sich verwertet werden kann. Die in §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG vorgesehene Berücksichtigung bestehender Verbindlichkeiten stellt gerade nicht allein auf den Einsatz vorhandener Aktiva
ab. Vielmehr hat der Gesetzgeber eine "Vermögenssaldierung" vorgesehen, die in anderen bedürftigkeitsbezogenen Systemen (zur
Arbeitslosenhilfe s. etwa BSG, Urteil vom 24. Mai 2006 - B 11a AL 7/05 R - BSGE 96, 238) so nicht vorzunehmen ist und die den Vermögenseinsatz, der dem Auszubildenden abverlangt wird, weiter abmildert. Die zeitabschnittsweise,
auf einzelne Bewilligungsabschnitte bezogene Betrachtung umfasst hiernach Aktiva und Passiva gleichermaßen. Für die Frage,
inwieweit der Auszubildende zur Bestreitung der Kosten seiner Ausbildung auf den Einsatz seines Vermögens verwiesen werden
kann, ist eine zumindest auf die Ausbildung bezogene Betrachtung angezeigt, für die es unerheblich ist, ob der Auszubildende
eine bestehende Schuld während der Ausbildung aus vorhandenem Vermögen tilgt oder dies auf einen Zeitpunkt nach dem Abschluss
seiner Ausbildung verschiebt. Setzt ein Auszubildender vorhandenes Vermögen nicht zur Schuldentilgung ein, so begrenzt dies
nicht die Berücksichtigungsfähigkeit der Verbindlichkeit nach §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG. Je nach den Umständen des Einzelfalles kann dies allerdings bei der Prüfung der Frage beachtlich werden, ob überhaupt eine
zivilrechtlich wirksame Verbindlichkeit besteht.
d) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§
144 Abs.
4 VwGO). Die tatrichterlichen Feststellungen erlauben keine abschließende Feststellung, ob und in welcher Höhe eine berücksichtigungsfähige
Verbindlichkeit besteht, so dass der Rechtsstreit zurückzuverweisen ist. Das Verwaltungsgericht hat zwar eine solche Verbindlichkeit
angenommen. Es ist bei seiner tatrichterlichen Würdigung aber von einem rechtlichen Maßstab ausgegangen, der nicht in vollem
Umfang mit Bundesrecht vereinbar ist (aa). Bei Annahme eines Darlehens bedarf auch dessen genaue Höhe ergänzender Feststellungen
(bb).
aa) Für die Frage, ob ein behauptetes Darlehen als bestehende Schuld im Sinne von §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG anzuerkennen ist, ist allein maßgeblich, ob ein Darlehensvertrag zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist und dies
von dem insoweit darlegungspflichtigen Auszubildenden auch nachgewiesen werden kann. Weil und soweit der für den Auszubildenden
förderungsrechtlich günstige Umstand, ob und in welchem Umfang er vermögensmindernde Schulden hat, seine Sphäre betrifft,
obliegt ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der
Tatsachen geht zu seinen Lasten. Der Senat berücksichtigt dabei, dass gerade auch im Ausbildungsförderungsrecht die Gefahr
des Missbrauchs bestehen kann, wenn der Auszubildende die Behauptung aufstellt, er habe mit einem nahen Angehörigen einen
sein Vermögen mindernden Darlehensvertrag geschlossen. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, ist es geboten, an den Nachweis
des Abschlusses und der Ernstlichkeit der Verträge strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt etwa voraus, dass sich die
Darlehensgewähr auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer
verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Die Ämter für Ausbildungsförderung und die Tatsachengerichte
haben ihrerseits zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt
dieser gegebenenfalls hat, alle Umstände des Einzelfalles sorgsam zu ermitteln und umfassend zu würdigen. Soweit die relevanten
Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar
sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale
als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 1995 - 2 BvR 802/90 - BB 1995, 2624 [2625] m.w.N.).
Zutreffend führt das Verwaltungsgericht aber aus, dass die Annahme einer wirksam begründeten Darlehensschuld unter Angehörigen
nicht zwingend einem strikten Fremdvergleich in dem Sinne standhalten muss, dass sowohl die Gestaltung (z.B. Schriftform,
Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden
- insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat (zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs s. Urteil vom
4. Juni 1991 - IX R 150/85 - BFHE 165, 53; Beschluss vom 25. Juni 2002 - X B 30/01 - BFH/NV 2002, 1303). Dass etwa eine schriftliche Vereinbarung getroffen worden ist, die Abreden über Zinsen sowie darüber vorsieht, dass der
Rückzahlungsanspruch jedenfalls bei längerer Laufzeit ausreichend (dinglich) gesichert ist, ist auch unter Berücksichtigung
der berechtigten Belange der Missbrauchsabwehr ausbildungsförderungsrechtlich nicht zwingend zu verlangen.
Derartige Anforderungen eines strengen Fremdvergleichs gehen über das gesetzliche Erfordernis der bestehenden Schuld im Sinne
von §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG hinaus und lassen sich der Vorschrift nicht entnehmen. Sie ergeben sich als gesondertes, neben die zivilrechtlichen Anforderungen
tretendes Erfordernis auch nicht aus oder in Verbindung mit allgemeinen Grundsätzen. Vielmehr werden die mit dem strengen
Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung (wie insbesondere Schriftlichkeit, dingliche Sicherung
und Verzinsung) weder den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich durch Art.
6 Abs.
1 GG gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht. Das gilt jedenfalls dann, wenn deswegen auf die genannten
Modalitäten der Vertragsgestaltung verzichtet worden ist. Eine strenge Anwendung eines Fremdvergleichs mit der Forderung einer
dinglichen Sicherung des Rückzahlungsanspruchs wird auch der differenzierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht gerecht,
die den Fremdvergleich nur auf bestimmte Fallgruppen (insbesondere die sogenannten Umwandlungsfälle) anwendet, während ansonsten
Darlehensverträge unter nahen Angehörigen auch ohne eine ausdrückliche Sicherheitsbestellung als steuerrechtlich wirksam anerkannt
werden können (BFH, Urteile vom 28. Januar 1993 - IV R 109/91 - BFH/NV 1993, 590 und vom 4. Juni 1991 aaO., zur steuerlichen Anerkennungsfähigkeit von Baudarlehen oder Anschaffungsdarlehen unter nahen Angehörigen).
Ein Rückgriff auf die objektiven Merkmale des sogenannten Fremdvergleichs ist vielmehr allein bei der anhand einer umfassenden
Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles vorzunehmenden Prüfung geboten, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag
geschlossen worden ist und damit eine Schuld im Sinne von §
28 Abs.
3 Satz 1
BAföG besteht. Dabei sind die für und gegen einen wirksamen Vertragsabschluss sprechenden Indizien, deren nachfolgende Aufzählung
sich hier nicht als abschließend versteht, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu gewichten und zu würdigen. Die Wahrung von
im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in §
488 Abs.
1 BGB genannten Vertragspflichten) kann als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen
worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere
die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substanziiert dargelegt
werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann oder der
bezeichnete Grund nicht dazu geeignet ist, eine genügende Abgrenzung gegenüber einer Schenkung oder einer freiwilligen Unterstützung
bzw. Unterhaltszahlung zu ermöglichen. Zweifel am Vertragsschluss können ferner berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn
die Durchführung des Darlehensvertrages nicht den Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet
werden kann. Ebenso lässt es sich als Indiz gegen einen wirksamen Vertragsschluss werten, wenn der Auszubildende eine etwaige
Darlehensverpflichtung nicht von vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet, sondern gewissermaßen zum Zwecke der Saldierung
erst angegeben hat, nachdem er der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen zu besitzen. Dagegen
kann es für das Vorliegen eines beachtlichen Darlehensverhältnisses während eines in der Vergangenheit liegenden Bewilligungszeitraums
sprechen, wenn das Darlehen bereits zu dem Zeitpunkt zurückgezahlt worden war, zu dem es der Auszubildende zum ersten Mal
offenlegte und sich damit erstmals die Frage seiner ausbildungsförderungsrechtlichen Anrechnung stellte.
Den genannten Anforderungen an eine umfassende und gewichtende sowie widerspruchsfreie Würdigung ist das Verwaltungsgericht
hier nicht in vollem Umfang gerecht geworden. Seine tatsächlichen Feststellungen reichen nicht aus, um ein zivilrechtlich
wirksames Darlehen zwischen dem Kläger und seiner Mutter als festgestellt anzusehen. Das Verwaltungsgericht ist weder erkennbar
von dem zuvor genannten Maßstab ausgegangen noch hat es seine tatrichterliche Überzeugungsbildung vom tatsächlichen Bestehen
einer Darlehensschuld in hinreichender Weise dargelegt.
Das Verwaltungsgericht hat auch nicht alle Umstände gewürdigt, die Zweifel an einer zivilrechtlich verbindlichen Darlehensabrede
hätten begründen können. So hat es sich nicht damit auseinandergesetzt, dass der Kläger sein Vorbringen zum Abschluss eines
Darlehensvertrages - gerade im Hinblick auf das vorangegangene Verwaltungsstreitverfahren - kontinuierlich gesteigert hat.
Der Kläger hat den schriftlichen Vertrag, der bereits am 23. April 2005 unterzeichnet worden sein soll, im vorangegangenen
Verwaltungsstreitverfahren (Aktenzeichen 11 K 176/06) nicht erwähnt und selbst in der mündlichen Verhandlung vom 18. Dezember 2006 nicht zum Gegenstand jenes Verfahrens gemacht.
Das Verwaltungsgericht hatte nachträglich ausgefertigte Bescheinigungen über bestehende Schulden im vorangegangenen Verfahren
(Aktenzeichen 11 K 176/06) mit nachvollziehbarer Begründung für unplausibel gehalten.
Auch im Hinblick auf die Rückzahlungsmodalitäten des behaupteten Darlehens sind die Feststellungen des Verwaltungsgerichts
nicht widerspruchsfrei. Einerseits schöpft das Verwaltungsgericht seine Überzeugung, dass Darlehensverbindlichkeiten des Klägers
bestanden, maßgeblich aus dem Umstand, der Kläger habe nachweislich mit der Rückzahlung des Darlehens begonnen (s. UA S. 11).
Andererseits stellt es aber (UA S. 12) fest, der Darlehensbetrag in dem Bewilligungszeitraum sei nicht zurückzuzahlen, weil
nach dem Inhalt des Darlehensvertrages eine Tilgungsvereinbarung erst noch getroffen werden müsse, dies aber nach dem Vorbringen
der Mutter in der mündlichen Verhandlung bislang noch nicht geschehen sei.
bb) Sollte das Verwaltungsgericht bei seiner neuerlichen Prüfung zu dem Ergebnis gelangen, dass auch bei Würdigung aller Umstände
eine zivilrechtlich wirksame Darlehensabrede vorliegt, wird es Feststellungen zur genauen Höhe der Verbindlichkeit zu treffen
haben. Bislang hat das Verwaltungsgericht, obwohl es dies auch von seinem Rechtsstandpunkt aus aufzuklären gehabt hätte, nicht
in einer für das Revisionsgericht überprüfbaren und nachvollziehbaren Weise dargelegt, welchen exakten Umfang das Darlehen
zum maßgeblichen Zeitpunkt gehabt hat. Die Bezifferung der Darlehenshöhe mit "ca. 3 500 EUR" hätte auch als Vorgabe für die
spätere Neuberechung durch das Amt für Ausbildungsförderung nicht ausgereicht. Zudem hätte das Verwaltungsgericht darlegen
müssen, wie es zu dieser Summe gekommen ist, die sich nur als Teilsumme dessen darstellt, was der Kläger als vermögensmindernde
Darlehensschuld geltend gemacht hat.