Gründe:
I.
Der Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger, wurde 1964 in Br. in Polen geboren. 1984 erwarb er dort die Hochschulzugangsberechtigung
und nahm zum Wintersemester 1984/85 an der Pädagogischen Hochschule das Lehramtsstudium Polnische Philologie auf. Im November
1989 brach er dieses Studium ohne Abschluß ab und siedelte in die Bundesrepublik Deutschland über; er ist Inhaber eines Vertriebenenausweises.
Zum Wintersemester 1992/93 nahm der Kläger an der R.-Universität B. das Studium der Psychologie auf und begehrte für diesen
Ausbildungsgang vom Beklagten die Gewährung von Mitteln nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz. Zur Begründung des Fachrichtungswechsels gab er an, es sei für ihn sinnvoller, Psychologie zu studieren, da er nach diesem
Studium reale Arbeitsmöglichkeiten habe; außerdem gebe es in der Bundesrepublik Deutschland keine Universität, an der er sein
bisheriges Studium fortsetzen könne.
Mit Bescheid vom 6. April 1993 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil die insoweit zu beachtenden besonderen Voraussetzungen
des §
7 Abs.
3
BAföG nicht vorlägen. Dem Kläger sei zuzumuten gewesen, die beim Studium in Polen erworbenen Kenntnisse zu verwerten; vergleichbar
mit einer Pädagogischen Hochschule sei z.B. eine Ausbildung als Lehrer "Primarstufe". Bei einem achtsemestrigen Studium könne
ein Fachrichtungswechsel nicht mehr anerkannt werden.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Landesamt für Ausbildungsförderung Nordrhein-Westfalen mit Widerspruchsbescheid
vom 2. Juli 1993 zurück, nachdem das Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik
Deutschland, Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, ausgeführt hatte, daß es sich bei dem vom Kläger nachgewiesenen
siebensemestrigen Hochschulstudium der Polonistik um ein reguläres, insgesamt fünfjähriges Lehramtsstudium mit dem Hauptfach
Muttersprache handele, das in Polen zur Vergabe des Magistergrades führe; der Kläger könne sich im Rahmen eines deutschen
Magisterstudienganges der Slawistik mit Hauptfach Polonistik um Anrechnung bemühen. Dementsprechend wies das Landesamt darauf
hin, daß dem Kläger bei Fortführung seines Studiums im Bereich der bisherigen Fachrichtung (Magisterstudiengang) durchaus
Leistungen anerkannt werden könnten.
Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger ausgeführt, das bisherige Studium in Polen sei bereits deshalb
förderungsrechtlich unbeachtlich, weil nicht mehr als die Hälfte dieser Studienzeiten auf den vom Beklagten angegebenen Studiengang
angerechnet würden.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, dem Kläger für den Bewilligungszeitraum
Oktober 1992 bis September 1993 Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, das
vom Kläger aufgenommene Studium der Psychologie sei als Erstausbildung gem. §
7 Abs.
1
BAföG einzuordnen, weil die bisherige Hochschulausbildung des Klägers an der Pädagogischen Hochschule in Br. förderungsrechtlich
unbeachtlich sei. Im Ausland verbrachte Studienzeiten seien bei noch nicht abgeschlossenem Studium in förderungsrechtlicher
Hinsicht nur dann als Ausbildung nach §
7 Abs.
1
BAföG einzustufen, wenn auf eine vergleichbare Ausbildung im Inland mehr als die Hälfte der im Ausland verbrachten Studienzeiten
angerechnet werde. Gemessen an diesen Kriterien könnten die Studienzeiten an der Pädagogischen Hochschule in Br. keine Berücksichtigung
finden, weil es bereits an der Möglichkeit fehle, das nicht zu Ende geführte Lehramtsstudium der polnischen Philologie in
einem vergleichbaren Ausbildungsgang fortzusetzen. Während der Kläger nämlich die polnische Sprache in Polen mit dem Ziel
studiert habe, diese als Muttersprache zu lehren, könne Polnisch in der Bundesrepublik Deutschland allenfalls als Fremdsprache
gelehrt werden. Auch wäre der Kläger nach der Landesprüfungsordnung ohnehin gezwungen, ein zweites Unterrichtsfach zu studieren.
Da die genannten Gründe zudem, bezogen auf ein Mehrfächer-Studium, einen Fachrichtungswechsel darstellen würden, scheide die
Vergleichbarkeit der Studiengänge bereits deshalb aus. Auch wäre im Hinblick auf ein solches Zwei-Fächer-Lehramtsstudium eine
Anerkennung von mehr als der Hälfte der in Polen verbrachten Studienzeiten praktisch ausgeschlossen, da die Anerkennung insoweit
allenfalls für ein Fach (nämlich Polnisch) und damit maximal bis zur Hälfte erfolgen könne. Einen vergleichbaren Studiengang
stelle auch nicht das Magisterstudium der Slawistik mit dem Hauptfach Polonistik sowie dem Nebenfach Pädagogik dar, da der
vom Kläger in Polen angestrebte Studienabschluß ein völlig anderes Bildungsziel beinhalte als ein Magisterstudium der Slawistik.
Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Gründe des erstinstanzlichen
Urteils zurückgewiesen. Die Auffassung des Beklagten, daß §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG auch auf im Ausland aufgenommene, jedoch dort nicht zu Ende geführte, sondern abgebrochene Ausbildungen mit der Folge anzuwenden
sei, daß bei Aufnahme einer anderen Ausbildung im Inland letztere nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des §
7 Abs.
2 oder 3
BAföG förderungsfähig sei, treffe nicht zu. Diese in der Gesetzesbegründung zum 15.
BAföG-Änderungsgesetz zum Ausdruck gekommene Auffassung habe im Gesetz keinen Niederschlag gefunden, vielmehr beziehe sich §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG ausweislich seines ausdrücklichen Wortlauts ausschließlich auf im Ausland abgeschlossene Ausbildungen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten. Er rügt Verletzung des §
7 Abs.
1
BAföG, dessen durch das 15.
BAföG-Änderungsgesetz eingefügter Satz 2 sich ausweislich der Gesetzesbegründung auch auf Ausbildungen nach §
7 Abs.
3
BAföG beziehe. Das Berufungsgericht habe Inhalt, Zweck und Zielrichtung der Neufassung des §
7 Abs.
1
BAföG verkannt.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§
144 Abs.
2
VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat dem Kläger in Übereinstimmung mit Bundesrecht einen Anspruch auf Förderung seines Studiums
der Psychologie an der R.-Universität B. auf der Grundlage von §
7 Abs.
1 Satz 1
BAföG zugesprochen und das Klagebegehren zu Recht nicht an §
7 Abs.
3 i.V.m. §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG scheitern lassen.
§
7 Abs.
1 Satz 1
BAföG bestimmt, daß Ausbildungsförderung für die weiterführende allgemeinbildende und zumindest für drei Schul- oder Studienjahre
berufsbildender Ausbildung im Sinne der §§
2 und
3
BAföG bis zu einem daran anschließenden berufsqualifizierenden Abschluß geleistet wird. Nach dem durch das 15. Gesetz zur Änderung
des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 19. Juni 1992 (BGBl I S. 1062) eingefügten Satz 2 der Vorschrift ist ein Ausbildungsabschluß
berufsqualifizierend auch dann, wenn er im Ausland erworben wurde und dort zur Berufsausübung befähigt. §
7 Abs.
2
BAföG regelt sodann, unter welchen Voraussetzungen Ausbildungsförderung für eine weitere Ausbildung bis zu deren berufsqualifizierendem
Abschluß geleistet wird; §
7 Abs.
3
BAföG regelt die Frage, welche förderungsrechtlichen Folgen es hat, wenn eine Ausbildung abgebrochen bzw. zugunsten einer anderen
Ausbildung aufgegeben wird.
Das Berufungsgericht hat - insoweit durch Bezugnahme auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils - ohne Verstoß gegen Bundesrecht
festgestellt, daß das abgebrochene polnische Lehramtsstudium des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland nicht in einem
vergleichbaren Ausbildungsgang fortgesetzt werden könne und das Studium der Slawistik als rein literatur-sprachwissenschaftliche
Ausbildung mit dem Lehramtsstudium nicht vergleichbar sei. Damit ist nach der vor der Einfügung des §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG durch das 15. BAföGÄndG entwickelten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Berücksichtigung der im Ausland verbrachten
Studienzeiten ausgeschlossen. Nach dieser Rechtsprechung setzte die Einstufung eines abgebrochenen Auslandsstudiums als Erstausbildung
nach §
7 Abs.
1
BAföG im Sinne des Gleichwertigkeitserfordernisses voraus, daß die im Ausland erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten im Geltungsbereich
des
BAföG in einem vergleichbaren Studiengang genutzt werden können und dabei mehr als die Hälfte der im Ausland verbrachten Studienzeiten
auf den vergleichbaren Studiengang angerechnet werden kann (BVerwG, Urteil vom 30. April 1981 - BVerwG 5 C 36.79 -, BVerwGE 62, 174, 177 f. = Buchholz 436. 36 §
7
BAföG Nr. 21, S. 16; BVerwG, Beschluß vom 2. Juni 1988 - BVerwG 5 B 18.88 -, Buchholz a.a.O. Nr. 75, 38 f.).
Die Revision macht geltend, daß dieser Rechtsprechung mit der Einfügung des §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG durch das 15.
BAföG-Änderungsgesetz die Grundlage entzogen und auch bei im Ausland aufgenommenen, jedoch dort nicht zu Ende geführten, sondern
abgebrochenen Ausbildungen die Aufnahme einer anderen Ausbildung im Inland nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des §
7 Abs.
2 oder 3
BAföG förderungsfähig sei. Ob dies zutrifft und die Gesetzesänderung über den in §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG ausdrücklich geregelten Fall hinaus auch Auswirkungen auf die förderungsrechtliche Bewertung abgebrochener Auslandsstudien
gemäß §
7 Abs.
3
BAföG hat, bedarf hier keiner Entscheidung; denn mit Blick auf den Kläger ergibt sich die Unanwendbarkeit der Neuregelung bereits
daraus, daß er als Vertriebener nicht zum Betroffenenkreis des §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG gehört. In seinem Urteil vom 31. Oktober 1996 - BVerwG 5 C 21.95 - (zum Abdruck in der Entscheidungssammlung bestimmt) hat der Senat unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung
folgendes ausgeführt (UA S. 6 - 7):
"Mit der Einfügung des §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG wollte der Gesetzgeber der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (seit BVerwGE 62, 174) begegnen, wonach im Ausland erworbene Abschlüsse bei einer Entscheidung nach §
7
BAföG nur dann berücksichtigt werden durften, wenn der erworbene Abschluß einem entsprechenden inländischen Abschluß gleichwertig
war und die Aufnahme einer entsprechenden Berufstätigkeit im Bundesgebiet ermöglichte (BTDrucks 12/2108 S. 18). Mit der Änderung
sollte 'eine Ungleichbehandlung zu vergleichbaren Inlandsfällen vermieden werden', die der Gesetzgeber darin sah, daß sonst
'Auszubildende, die sich zunächst für eine im Ausland angebotene Ausbildung entschieden haben, unter Berufung auf eine fehlende
oder nicht gleichwertige Anerkennung im Inland bzw. eine fehlende Verwertbarkeit der Berufsqualifikation die Förderung einer
weiteren Ausbildung verlangen können, ohne an die einschränkenden Voraussetzungen des §
7 Abs.
2
BAföG gebunden zu sein' (BTDrucks 12/2108 S. 18). Die Regelung des §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG betrifft also nur die Auszubildenden, die sich bei offener Möglichkeit einer Ausbildung im Inland für eine berufsbildende
Ausbildung im Ausland 'entschieden haben'; sie sollen nicht günstiger als im Falle der Ausbildung im Inland in den Genuß von
Ausbildungsförderung für eine (weitere) Ausbildung kommen. Hingegen war es nicht die Absicht des Gesetzgebers, Auszubildende
von der Ausbildungsförderung auszuschließen, wenn eine solche freiwillige Entscheidung für eine Ausbildung im Ausland nicht
vorliegt. Diese nur begrenzte Intention des Gesetzgebers, der mit der Einfügung des §
7 Abs.
1 Satz 2
BAföG auf eine spezielle Förderungsproblematik reagierte, gebietet es, die genannte Bestimmung entsprechend ihrem Maßnahmezweck
eingeschränkt auszulegen. Sie gilt nicht für Ausbildungsabschlüsse, die Vertriebene vor ihrer Aussiedlung im Herkunftsland
erworben haben. Denn es ist davon auszugehen, daß es Vertriebenen bis zu ihrer Aussiedlung nicht möglich war, eine Ausbildung
in der Bundesrepublik Deutschland durchzuführen, und sie sich deshalb in der Zeit vor ihrer Ausreise nicht freiwillig dahin
entschieden, ihre Ausbildung nicht in Deutschland, sondern in ihrem Herkunftsland durchzuführen."
Demgemäß kann dem Kläger als Vertriebenem die im Ausland begonnene, vor Abschluß abgebrochene Ausbildung förderungsrechtlich
nicht entgegengehalten werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2
VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf §
188 Satz 2
VwGO.