Vergütung stationärer Krankenhausbehandlungen
Zulässigkeit nachträglicher Anpassungen der Kodierung durch den Krankenhausträger nach Abschluss der Prüfung einer Rechnung
durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung und der Geltendmachung sich daraus ergebender erlössteigernder Rechnungskorrekturen
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger nach Abschluss der Prüfung einer Rechnung für eine stationäre Krankenhausbehandlung
durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) nachträglich die Kodierung an das Prüfungsergebnis anpassen und
eine sich daraus ergebende erlössteigernde Rechnungskorrektur geltend machen darf. In diesen Zusammenhang wird problematisiert,
ob §
7 Abs
5 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach §
275 Absatz
1 c SGB V gemäß § 17c Absatz 2 KHG vom 03.02.2016 (Prüfverfahrensvereinbarung - PrüfvV 2016) eine Rechnungskorrektur ausschließt.
Der Kläger ist Träger des Kreiskrankenhauses E.. Dieses ist in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommen
und zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter gemäß §§
107,
108 Nr 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) zugelassen. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse.
Der bei der Beklagten versicherte P. A. D. (geb 06.03.1956) wurde im Kreiskrankenhaus E. vom 25.12.2017 bis 11.01.2018 stationär
behandelt. Der Kläger stellte der Beklagten hierfür unter dem 07.02.2018 einen Betrag iHv 7.822,00 € in Rechnung. Er kodierte
dabei die Diagnosis Related Group (DRG) F27B (verschiedene Eingriffe bei Diabetes mellitus mit Komplikationen, ohne Gefäßeingriff,
mit äußerst schwerem CC oder komplexer Arthrodese des Fußes oder komplexen Hauteingriff).
Die Beklagte beglich diese Forderung, beauftragte jedoch zugleich den MDK mit einer Prüfung. Dieser gelangte in seinem Gutachten
vom 22.03.2018 zu der Einschätzung, dass statt der zugrunde gelegten Hauptdiagnose E11.74 (Diabetes mellitus, Typ 2: Mit multiplen
Komplikationen: Mit diabetischem Fußsyndrom, nicht als entgleist bezeichnet) die Diagnose T87.4 ICD-10 (Infektion des Amputationsstumpfes)
mit der DRG IO2D (Kleinflächige oder großflächige Gewebe- / Hauttransplantation, außer an der Hand, mit äußerst schweren CC)
zugrunde zu legen sei.
Dem folgend nahm der Kläger am 05.04.2018 eine Rechnungskorrektur vor und machte unter Zugrundelegung der DRG IO2D einen Gesamtbetrag
iHv 10.792,88 € geltend. Die Beklagte wies die Nachberechnung mit Schreiben vom 11.04.2018 zurück. Nach § 7 Abs 5 Satz 1 PrüfvV
2016 könne während der MDK-Begutachtung eine einmalige Datenkorrektur gegenüber der Krankenkasse vorgenommen werden. Habe
der MDK, wie hier, die Begutachtung bereits abgeschlossen, könne die später eingehende Korrektur/Ergänzung nicht mehr berücksichtigt
werden.
Der Kläger hat am 11.06.2018 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage auf Zahlung des Differenzbetrages iHv 2.970,88 € erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die hier vorgenommene
Rechnungskorrektur sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und auch der PrüfvV zulässig. Letztere regele lediglich das Prüfungsverfahren und keinen Ausschluss einer Vergütung. Jedenfalls
wäre die ratio der Regelung des § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 verletzt, denn er habe keine Korrektur oder Ergänzung des Datensatzes
vorgenommen, sondern lediglich das nach der Prüfung unstreitige Prüfungsergebnis umgesetzt. Die Beklagte verstoße somit gegen
Treu und Glauben nach den Grundsätzen des §
242 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB).
Mit Urteil vom 06.02.2019 hat das SG die Beklagte zur Zahlung von 2.970,88 € nebst Zinsen verurteilt. § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 stehe der Nachberechnung nicht entgegen. Die Vorschrift enthalte keinen Anhalt für einen Anspruchsausschluss.
Es fänden sich lediglich Regelungen zu Korrekturen und Ergänzungen der vorzulegenden Daten im Prüfungsverfahren durch den
MDK, nicht zu Auswirkungen auf die Vergütung. Die Forderung sei auch nicht verwirkt. Erteile ein Krankenhaus einer Krankenkasse
vorbehaltlos eine plausible Schlussrechnung für die Behandlung eines Versicherten, sei eine Forderung weiterer Vergütung bis
zum Ablauf des folgenden vollen Kalenderjahres regelmäßig nicht verwirkt. Diese Frist sei vorliegend eingehalten.
Gegen das ihr 11.02.2019 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06.03.2019 Berufung eingelegt. Zur
Begründung führt sie aus, das BSG gehe davon aus, dass seine zur Möglichkeit einer nachträglichen Rechnungskorrektur aufgestellten Grundsätze durch vertragsrechtliche
Regelungen verdrängt werden könnten. Vorliegend seien bezüglich der Korrektur von Datensätzen und der Nachberechnung der Vergütung
die Regelungen der PrüfvV 2016 maßgeblich, die Rechtsprechung des BSG sei nicht anwendbar. Nach § 17c Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 KHG regelten der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) das Nähere zum Prüfverfahren nach §
275 Abs
1c SGB V. Nach der Gesetzesbegründung (Drs 17/13947, S 38, zu Nummer 2, 1. Spiegelstrich und zu Buchstabe c <Abs 2 und 3>) würden
die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene beauftragt, "die nähere Ausgestaltung des Prüfverfahrens" bzw "die nähere Ausgestaltung
des Prüfverfahrens für die Einzelfallprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vorzunehmen". Bei
der Aufzählung der Sachverhalte, zu denen Vereinbarungen zu treffen seien, werde neben den Sachverhalten, die die Art und
Weise der Durchführung der Prüfung betreffen, ausdrücklich auch festgestellt, dass zu klären sei, wie Rückforderungen abgewickelt
werden und ob und inwieweit eine Aufrechnung mit offenen Forderungen zulässig sei. Zudem werde betont, dass die Benennung
der zu vereinbarenden Regelungsinhalte in Satz 2 nicht abschließend sei und deshalb auch Vereinbarungen zu anderen regelungsrelevanten
Sachverhalten getroffen werden könnten. Die Vertragspartner seien daher nicht nur zur Regelung des Näheren zur Art und Weise
der Durchführung der eigentlichen Prüfung durch den MDK ermächtigt worden, sondern die Ermächtigung beziehe sich auch darauf,
Regelungen zu den Konsequenzen zu treffen, die aus dem Ergebnis der Prüfung zu ziehen seien. Die Ermächtigung in § 17c Abs 2 KHG stelle eine ausreichende rechtliche Grundlage für die Vereinbarung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist für eine Daten-
und Rechnungskorrektur nach den in § 7 Abs 5 Sätze 2 bis 4 PrüfvV 2016 bestimmten Fristen dar. Eine Ausschlussfrist liege
nicht nur dann vor, wenn die Frist ausdrücklich als Ausschlussfrist bezeichnet werde. Die Ausführungen in der Rechtsprechung,
die in § 7 Abs 2 PrüfvV eine Ausschlussfrist sehe, könnten auf § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 übertragen werden. Würde man einzelne
Fristen nicht als Ausschlussfristen bewerten, so dass diese völlig sanktionslos überschritten werden könnten, widerspräche
dieses dem Zweck der PrüfvV, für eine Verfahrensbeschleunigung zu sorgen. Die Rechtsprechung des BSG stehe der Qualifizierung als Ausschlussfrist nicht entgegen, da nach dieser nur die Vereinbarung von Ausschlussfristen zulasten
der Versichertengemeinschaft unwirksam sei. Bei der verfahrensgegenständlichen Frist handele es sich jedoch um eine Frist
zugunsten der Versichertengemeinschaft. Da sich auch im hier streitigen Verfahren der Ausschluss nach Ablauf der Frist des
§ 7 Abs 5 PrüfvV 2016 zugunsten der Versichertengemeinschaft auswirke, sei der Ausschluss der Nachforderung zulässig und gegeben.
Wenn nach § 7 Abs 5 Satz 3 PrüfvV 2016 eine Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nur innerhalb einer Frist von fünf Monaten
seit Einleitung der MDK-Prüfung möglich sei, andererseits aber nach § 7 Abs 5 Satz 3 PrüfvV Korrekturen oder Ergänzungen von
Datensätzen an die Krankenkasse zu erfolgen hätten, könne dies nur bedeuten, dass auch Rechnungskorrekturen, die auf der Korrektur
oder Ergänzung von Datensätzen beruhten, gegenüber der Krankenkasse nach Ablauf der Fristen nicht mehr möglich seien. Es wäre
sinnwidrig, zu regeln, dass der MDK nur einmalig Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen in seine Prüfung einzubeziehen
habe und dies auch nur, wenn die Korrekturen und Ergänzungen innerhalb der in § 7 Abs 5 Satz 3 PrüfvV bestimmten Frist erfolgten,
andererseits aber dem Krankenhaus die Möglichkeit zu geben, nach Ablauf der Frist von fünf Monaten seit Einleitung der Prüfung
gegenüber der Krankenkasse, die den MDK mit der Prüfung beauftragt hatte, Rechnungskorrekturen vorzunehmen, die von dieser
dann zu akzeptieren seien, obwohl das Krankenhaus gegenüber dem MDK mit Korrekturen oder Ergänzungen von Daten ausgeschlossen
sei. Es könne nicht treuwidrig sein, wenn sich die Beklagte auf diese von den Vertragspartnern vereinbarte Regelung beziehe.
§ 7 Abs 5 PrüfvV 2016 schließe die hier vorgenommene Korrektur der Entlassdaten als auch die Korrektur der Schlussrechnung
aus. Datensätze umfassten nach §
3 der Vereinbarung zu §
301 SGB V ua den Aufnahmesatz, die Entlassungsanzeige und den Rechnungssatz. Eine Rechnungskorrektur sei ohne Korrektur der Entlassungsanzeige
nicht möglich. In der Entlassungsanzeige seien alle Daten enthalten, die der Grouper benötige, um eine DRG oder PEPP zu ermitteln.
Wenn die Krankenkasse die Korrektur der ihr zu übersendenden Entlassdaten wegen des Fristablaufs nicht mehr akzeptieren müsse,
werde damit auch der Rechnungsdatensatz gemäß der Vereinbarung nach §
301 SGB V umfasst. Die Rechnung könne nicht mehr korrigiert werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 06.02.2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ein Ausschluss der Korrektur der Rechnung analog des MDK-Gutachtens stehe
nicht mit dem Sinn und Zweck der PrüfvV in Einklang, die kein einseitiges Prüfrecht erlaube, sondern Ausdruck von Waffengleichheit
und Vertragsparität sei. Dies setze denknotwendig voraus, dass Prüfungsergebnisse für beide Seiten verwertbar seien. Eine
Korrektur oder Ergänzung eines Datensatzes im Sinne des § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 sei hier auch nicht geschehen, sondern lediglich
eine Umsetzung der Feststellungen des Medizinischen Dienstes. Die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung zu § 7 Abs 2
PrüfvV sei nicht auf den hiesigen Fall übertragbar, da eine andere Vorschrift in Streit stehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die die Gerichtsakten erster
und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Die gemäß den §§
143,
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht (§
151 Abs
1 SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 2.970,88 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.05.2018 an den Kläger verurteilt. Dem Kläger stand gegen die Beklagte ein weiterer
Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung von Versicherten in der genannten Höhe zu.
Der Kläger hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach §
54 Abs
5 SGG die richtige Klageart gewählt (dazu nur BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Es handelt sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt
nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5).
Rechtsgrundlage des vom Kläger geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist §
109 Abs
4 Satz 3
SGB V (idF des GKV-Finanzierungsgesetzes vom 22.10.2010, BGBl I S 2309) in Verbindung mit § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (idF durch das PsychVVG vom 19.12.2016, BGBl I S 2986) iVm der vorliegend für den Behandlungs- und Abrechnungsfall im Jahr
2017 maßgeblichen Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2017 (Fallpauschalenvereinbarung 2017
- FPV- 2017) sowie der nach §
112 Abs
2 Satz 1 Nr
1 SGB V geschlossene Landesvertrag.
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten
kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iSv §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V erforderlich ist (st Rspr BSG 16.12.2008, B 1 KN 1/07 R, BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2). Die konkrete Höhe des dem Krankenhaus zustehenden Vergütungsanspruches bemisst sich gemäß §
109 Abs
4 Satz 3
SGB V nach Maßgabe des KHG und des KHEntgG. Nach § 7 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen,
in den Nrn 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen nach
dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Satz 1 Nr 1 iVm § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen
und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft
als Vertragsparteien auf Bundesebene mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich
der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit hiervon zusätzlich zu zahlenden Entgelte
oder vorzunehmenden Abschläge (Nr 1), einen Katalog ergänzender Zusatzentgelte (Nr 2) sowie die Abrechnungsbestimmungen für
die Fallpauschalen und die sonstigen Entgelte (Nr 3).
Der Senat ist aufgrund der vorhandenen Unterlagen und dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten davon überzeugt,
dass der Versicherte/Patient berechtigt war, die vollstationäre Krankenhausbehandlung in Anspruch zu nehmen sowie dass die
Diagnose T87.4 ICD-10 (Infektion des Amputationsstumpfes) zu kodieren und die DRG IO2D (Kleinflächige oder großflächige Gewebe-
/ Hauttransplantation, außer an der Hand, mit äußerst schweren CC) in Ansatz zu bringen war. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten
des MDK vom 23.03.2018, dies ist darüber hinaus ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Der Kläger, der zunächst ausgehend von der DRG F27B einen Betrag iHv 7.822,00 € in Rechnung gestellt hat, ist mit der nachträglichen
korrekten Kodierung der DRG IO2D und daraus folgenden erlöserhöhenden Abrechnung (10.792,88 €) nicht ausgeschlossen. Ein Ausschluss
ergibt sich weder aus § 7 Abs 5 Satz 2 PrüfvV 2016 noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben.
Nach § 7 Abs 5 Satz 1 PrüfvV 2016 sind Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen nur einmalig möglich. Diese hat der MDK
nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn sie innerhalb von fünf Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens nach §
6 Abs 2 PrüfvV 2016 an die Krankenkasse erfolgen (§ 7 Abs 5 Satz 2 PrüfvV 2016). § 7 Abs 5 Satz 3 PrüfvV 2016 sieht vor, dass
eine Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK möglich ist, sollte eine Begutachtung
durch den MDK vor Ablauf der Frist des § 7 Abs 5 Satz 2 PrüfvV 2016 beendet sein. In den Fällen der Prüfung vor Ort finden
die § 7 Abs 5 Sätze 2 und 3 PrüfvV 2016 mit der Maßgabe Anwendung, dass eine Korrektur oder Ergänzung nur bis zum Abschluss
der Prüfung vor Ort möglich ist (§ 7 Abs 5 Satz 4 PrüfvV 2016). Unabhängig hiervon kann das Krankenhaus bei Erweiterung des
Prüfgegenstandes nach § 6 Abs 3 Satz 6 PrüfvV 2016 eine einmalige Korrektur oder Ergänzung des Datensatzes innerhalb von fünf
Monaten nach dieser Erweiterung vornehmen, § 7 Abs 4 Sätze 3 und 4 PrüfvV 2016 gelten entsprechend (§ 7 Abs 5 Satz 5 PrüfvV
2016). Je nach Eingang der Korrektur bzw der Ergänzung verlängert sich die Gesamtprüffrist nach § 8 Satz 3 PrüfvV 2016 entsprechend
(§
7 Abs
5 Satz 6 PrüfvV 2016). §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V findet auf Prüfungen, die aufgrund dieser Korrekturen nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führen, keine Anwendung
(§ 7 Abs 5 Satz 7 PrüfvV 2016).
Den Regelungen in § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 lässt sich kein Ausschluss einer nachträglichen Anpassung der Kodierung und der Rechnung
an die Feststellungen des MDK entnehmen. Passt das Krankenhaus seine Abrechnung an das vom MDK gefundene Prüfergebnis an (korrigierte
Schlussrechnung) liegt schon keine nachträgliche Korrektur und Ergänzung von Datensätzen iSd PrüfvV 2016 vor. § 7 Abs 5 PrüfvV
2016 erfasst nur solche Änderungen von Datensätzen, die das Krankenhaus auf der Grundlage von §
301 Abs
1 SGB V von sich aus vornimmt, weil es zB der Auffassung ist, dass die bei der Entlassung des Patienten maßgebliche Hauptdiagnose
unrichtig ist oder die Nebendiagnosen (§
301 Abs
1 Satz 1 Nr
7 SGB V) unrichtig bzw unvollständig sind. Darüber hinaus befasst sich §
7 Abs 5 PrüfvV 2016 nach seinem eindeutigen Wortlaut in Satz 2 ("Diese hat der MDK nur dann in seine Prüfung einzubeziehen,
...") ausdrücklich nur mit einer Einbeziehung von Korrekturen und Ergänzungen von Datensätzen bei bzw in die Prüfungen durch
den MDK. Ein Anspruchsausschluss für Fälle, in denen sich nach der MDK-Prüfung unter Zugrundelegung des Prüfungsergebnisses
ein höherer Rechnungsbetrag ergibt, kommt nicht zum Ausdruck. Die Regelung schließt damit eine Umsetzung des vom MDK gewonnenen
Prüfergebnisses nicht aus (LSG Rheinland-Pfalz 13.08.2018, L 5 KR 155/18 NZB, KRS 2018, 432). Insofern unterscheidet sich § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 auch von § 7 Abs 2 PrüfvV 2016, sodass die Rechtsprechung
des Senats zum inhaltlich vergleichbaren § 7 Abs 2 PrüfvV in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung (17.04.2018, L 11 KR 936/17, juris) nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar ist. § 7 Abs 2 Satz 4 PrüfvV 2016 sieht ausdrücklich vor, dass
das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag hat, wenn die Unterlagen dem MDK nicht fristgerecht
zugegangen sind. Zu Konsequenzen für den Vergütungsanspruch verhält sich § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 jedoch gerade nicht. Erst recht
lässt sich keine differenzierende Regelung entnehmen, dass nachträgliche erlöserhöhende Änderungen unzulässig, von den Krankenkassen
aber regelmäßig geforderte erlösmindernde Anpassungen einer Rechnung zulässig sein sollen. § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 regelt dem
Wortlaut nach lediglich die Möglichkeit von Korrekturen oder Ergänzungen bis zum Abschluss des Prüfverfahrens, längsten in
einem Zeitraum von fünf Monaten. Weitere Konsequenzen für die Zeit nach Abschluss des Prüfverfahrens werden in dieser Vorschrift
nicht geregelt.
Dass im Falle der Änderung der Kodierung und der damit verbundenen Abrechnungskorrektur eine Korrektur auch des Datensatzes
erforderlich ist, führt ebenfalls nicht zu einem Anspruchsausschluss. Eine erlössteigernde Anpassung der Datensätze an das
Ergebnis der MDK-Prüfung ist nicht von der PrüfvV 2016 erfasst. § 10 PrüfvV 2016 befasst sich lediglich mit dem Fall eines
erlösmindernden Prüfungsergebnisses. Der PrüfvV 2016 kann jedoch nicht entnommen werden, dass eine Korrektur, die zu einer
weiteren Vergütung führt, damit ausgeschlossen wird. Vielmehr verhält sich die PrüfvV 2016 hierzu nicht. Eine Datensatzkorrektur
ist dann nicht ausgeschlossen sein, wenn sie lediglich das Ergebnis der Prüfung widerspiegeln soll. Im Übrigen sind die Vorgaben
des § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 eingehalten. Der Kläger hat entsprechend § 7 Abs 5 Satz 1 PrüfvV 2016 lediglich eine einmalige Korrektur
vorgenommen. Dies hat eine Berücksichtigung im Prüfverfahren nicht erforderlich gemacht, weil sie lediglich der Umsetzung
der Prüfung diente, sodass sie vom Anwendungsbereich des § 7 Abs 5 Satz 2 PrüfvV 2016 nicht betroffen ist.
Neben dem Wortlaut von § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 gebieten auch Sinn und Zweck sowie die historische Auslegung der Regelung keinen
Ausschluss einer nachträglichen erlössteigernden Rechnungskorrektur in Anpassung an das Prüfungsergebnis des MDK. Abrechnungsbestimmungen
sind zwar wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems
eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die
routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein
streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen
sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem
systematischen Zusammenhang auszulegen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes
und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie
die Vertragsparteien berufen, dies mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R und B 1 KR 26/13 R; BSG 21.04.2015, B 1 KR 8/15 R, juris). Auf die Frage, ob § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 bzw die PrüfvV 2016 insgesamt um eine Vergütungsregelung handelt, die nach
dem zuvor dargestellten Maßstab auszulegen sind, kommt es jedoch nicht an, da die Anwendung dieser Auslegungsmethode kein
anderes Ergebnis zur Folge hat.
Ziel der Einführung der Ermächtigung zum Erlass der PrüfvV in § 17c Abs 2 KHG war eine Verminderung des bisher hohen Aufwands für die Durchführung von Krankenhausabrechnungen. Die Änderung war ua darauf
ausgerichtet, Bürokratie abzubauen (BT-Drs 13947/17, S 37 f). Zur Erreichung dieses Ziel sieht § 7 PrüfvV 2016 Regelungen
zur Straffung und Beschleunigung des Prüfungsverfahrens durch den MDK vor. Es werden verschiedenen Fristen für die Vorlage
von Unterlagen vorgesehen, um eine schleunige Prüfung zu ermöglichen. Dies dient einem zügigen Verfahrensablauf und begegnet
insbesondere aber auch Prüfungs- und Beweisproblemen, die sich naturgemäß nach erheblichem Zeitablauf ergeben. Eine Prüfung
wäre nicht nur für den MDK erschwert, sondern wäre auch für die Krankenhäuser im Hinblick auf die Herbeischaffung von Unterlagen
etc ungleich schwieriger. Sinn und Zweck von § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 im Besonderen ist es, die Prüfung durch den MDK zügig zum
Abschluss bringen zu können. Das Verfahren soll nicht dadurch in die Länge gezogen werden können, dass wiederholt Korrekturen
vorgenommen werden und dadurch jeweils eine erneute Prüfung durch den MDK erforderlich wird. Die Krankenhäuser werden angehalten,
ihre Abrechnung sorgfältig zu erstellen.
Dieser Sinn und Zweck, eine zügige Durchführung der Prüfung durch den MDK und Beendigung des Verfahrens insgesamt zu erreichen,
macht einen Ausschluss einer Rechnungskorrektur nach Abschluss des Verfahrens nicht erforderlich. Durch die Anpassung der
Kodierung und Abrechnung an das Ergebnis des MDK wird keine (weitere) Prüfung durch den MDK notwendig oder verzögert. Eine
Ausschlussfrist ist nicht erforderlich, um den Sinn und Zweck des § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 zu wahren. Anders ist dies im Falle
des § 7 Abs 2 PrüfvV 2016. Dort geht es um die für die Prüfung erforderliche Vorlage von Unterlagen. Der MDK ist zur Durchführung
einer Prüfung auf die Vorlage der Unterlagen angewiesen. Es sind Konsequenzen im Falle der verspäteten Vorlage erforderlich,
um das Verfahren zu beschleunigen. Dies kann durch den angeordneten (teilweisen) Anspruchsausschluss geschehen. Andernfalls
wäre die in § 7 Abs 2 PrüfvV 2016 vorgesehene Frist wertlos. Im Falle des § 7 Abs 5 PrüfvV 2016 ist dies hingegen nicht nötig.
Denn allein der Ausschluss der Korrekturmöglichkeit wirkt sich zu Lasten der Krankenhäuser aus. Ein Anspruchsausschluss ist
dafür nicht gleichermaßen erforderlich.
Die nachträgliche Rechnungskorrektur verstößt auch nicht gegen den Rechtsgedanken von Treu und Glauben in der Form der Verwirkung.
Der auch im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse anzuwendende, sich aus §
242 BGB ergebende Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung in Form der Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte die Ausübung
seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten
des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts dem Verpflichteten gegenüber
nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche, die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor,
wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte,
dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut
hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen
so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil
entstehen würde (BSG 23.05.2017, B 1 KR 27/16 R, SozR 4-2500 § 109 Nr 62 = juris Rn 9 mwN). Als ein Verwirkungsverhalten kommt nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig die vorbehaltlose Erteilung einer nicht offensichtlich unschlüssigen Schlussrechnung eines Krankenhauses in Betracht.
Eine Vertrauensgrundlage entsteht in der Regel im Anschluss hieran, wenn das Krankenhaus eine Nachforderung weder im gerade
laufenden noch nachfolgenden vollen Haushaltsjahr der Krankenkasse geltend macht. Der Vertrauenstatbestand erwächst daraus,
dass die Krankenkasse regelhaft darauf vertraut, dass das Krankenhaus insoweit keine weiteren Nachforderungen erhebt (BSG 23.052017, B 1 KR 27/16 R, SozR 4-2500 § 109 Nr 62 = juris Rn 10). Gemessen hieran hat der Kläger die weitere Vergütung im Jahr 2018 rechtzeitig geltend gemacht. Darauf,
dass die Prüfung durch den MDK nicht zu Ungunsten der Krankenkasse ausfallen wird, kann die Krankenkasse nicht vertrauen.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §
197a Abs
1 S 1
SGG iVm § 63, § 52 Abs 1, 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Mit der Klage hat die Klägerin einen Zahlungsanspruch iHv 2.970,88€ geltend gemacht; Zinsen sind als Nebenforderung nicht
streitwerterhöhend zu berücksichtigen (§ 43 Abs 1 GKG).
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs
2 Nr
1 und
2 SGG) liegen nicht vor.