Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme einer Energieabrechnung vom 13.06.2005 über 1.114,67 EUR für den Abrechnungszeitraum
01.06.2004 bis 31.05.2005 streitig.
Die 1969 geborene Klägerin, die einen 1998 geborenen Sohn hat, beantragte erstmalig am 20.01.2005 die Bewilligung von Arbeitslosengeld
(Alg II). Am 27.01.2005 endete der Alg-Bezug der Klägerin (wöchentliches Alg von 173,60 EUR). Für die Zeit vom 01.09.2004
bis 28.02.2005 bezog die Klägerin vom Landratsamt N. gemäß Bescheid vom 11.11.2004 ein monatliches Wohngeld (Mietzuschuss)
in Höhe von 88,00 EUR. Die Klägerin bewohnt mit ihrem minderjährigen Sohn eine Wohnung von 74 qm (drei Zimmer, Küche, Bad),
wobei der monatliche Mietzins laut Mietvertrag vom 07.07.2000 750,00 DM (= 357,90 EUR) beträgt.
Mit Bescheid vom 01.03.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.02. bis 31.07.2005 monatliches Alg II
in Höhe von 889,57 EUR bzw. 977,57 EUR. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die monatlichen Mietkosten für zwei Personen
unangemessen hoch seien. Die Klägerin werde deshalb aufgefordert, ihre monatlichen Mietkosten auf das angemessene Maß zu reduzieren
und ihre Bemühungen nachzuweisen. Andernfalls würden Leistungen für Miete und Heizung auf den angemessenen Wert verringert.
Mit Bescheid vom 18.04.2005 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 20.01. bis 31.01.2005 Alg II in Höhe von 130,11 EUR,
für die Zeit vom 01.02. bis 28.02.2005 von 889,57 EUR und für die Zeit vom 01.03. bis 31.07.2005 von 977,57 EUR. Aufgrund
des Widerspruchs der Klägerin sei die Bewilligung von Leistungen überprüft worden. Es sei nun Alg II für die Zeit ab 20.01.2005
(Antragstellung) bewilligt worden. Aufgrund der geringen Höhe des Alg I ergebe sich ab diesem Zeitpunkt ein Leistungsanspruch.
Ein Zuschlag zum Alg II ergebe sich nicht, weil dieses höher als das Alg I sei.
Mit weiterem Bescheid vom 02.08.2005 bewilligte die Beklagte Leistungen ab 01.08.2005 bis 31.01.2005. Folgende Änderung sei
eingetreten: Absenkung der Miete wie angekündigt zum 01.08.2005.
Mit Schreiben vom 27.07.2005 beantragte die Klägerin die Übernahme der Energieabrechnung vom 13.06.2005 mit einer Nachzahlung
in Höhe von 1.114,67 EUR für den Abrechnungszeitraum 01.06.2004 bis 31.05.2005.
Mit Bescheid vom 10.08.2005 lehnte die Beklagte den beantragten Heizkostenzuschuss ab. Es seien bereits monatlich 52,00 EUR
an Heizkosten ausgezahlt worden, was für zwei Personen angemessen sei.
Am 31.01.2006 beantragte die Klägerin die Fortzahlung von Alg II, dem die Beklagte für die Zeit vom 01.02. bis 31.07.2006
in Höhe von 831,00 EUR entsprach.
Mit Schreiben vom 31.01.2006 ließ die Klägerin durch ihren Vater als Bevollmächtigten eine Entscheidung über ihren mit Schreiben
vom 17.08.2005 fristgerecht erhobenen Widerspruch anmahnen. Die Beklagte wies darauf hin, ihr läge kein Widerspruch der Klägerin
vor. Unter Übersendung eines Abdrucks des Widerspruchsschreibens vom 17.08.2005 beantragte die Klägerin am 08.02.2006 Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2006 verwarf die Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Ein innerhalb der Widerspruchsfrist
erhobener Widerspruch läge nicht vor. Die Klägerin sei auch nicht daran gehindert gewesen, Widerspruch zu erheben.
Mit der am 15.05.2006 vor dem Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Sie sei davon ausgegangen, dass Briefpost in Deutschland
korrekt befördert werde.
In der mündlichen Verhandlung vom 08.06.2006 hat die Klägerin dargelegt, wann und auf welche Weise sie das Widerspruchsschreiben
in den Postlauf gegeben habe. Diese Angaben hat ihr Vater bestätigt. Der in der Energieabrechnung enthaltene Warmwasseranteil
werde nicht geltend gemacht. Die Beklagte hätte ihr mindestens ein zinsloses Darlehen anbieten müssen.
Mit Urteil vom 08.06.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, da das Gericht nach den nicht widerlegbaren Ausführungen der Klägerin in der
mündlichen Verhandlung davon ausgehe, dass diese das Widerspruchsschreiben vom 17.08.2005 am 18.08.2005 durch Einwerfen in
einen Briefkasten in den Postlauf gegeben habe. Ein Verschulden daran, dass dieses Schreiben bei der Beklagten nicht eingegangen
sei, sei ihr nicht anzulasten. Nach fristgerechter Antragstellung sei ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Die Klage sei jedoch unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, den Nachzahlungsbetrag aus der Energieabrechnung
vom 13.06.2005 abzüglich des bereits mit den Regelleistungen abgegoltenen Anteils für die Warmwasserzubereitung von der Beklagten
erstattet zu erhalten. Der Anspruch scheitere daran, dass der Klägerin bereits Heizkosten in angemessenem Umfang bewilligt
worden seien, was sich zum einen aus § 6 Abs.2 Nr.1 der Wohngeldverordnung, den Feststellungen des Deutschen Mieterbundes und aus dem Regensburger Betriebskostenspiegel 2005 ergebe. Zudem zeige die
Energieabrechnung vom 13.06.2005, dass der Verbrauch der Klägerin im Verhältnis zu dem Verbrauch der anderen Bewohner ihrer
Wohnanlage unverhältnismäßig hoch sei. Ohne entsprechenden Antrag sei die Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, der Klägerin
zur Abwendung eventueller finanzieller Nachteile von sich aus ein zinsloses Darlehen im Sinne des § 23 SGB II in Höhe des
auf die Energieleistung entfallenden Nachzahlungsbetrags zu gewähren (vgl. § 37 Abs.1 SGB II).
Zur Begründung der Berufung trägt die Klägerin vor, bei der Bewertung der Energie- bzw. Nebenkosten seien ausschließlich statistisch
erhobene Werte herangezogen und nicht vom tatsächlichen Bedarf ausgegangen worden, der nicht überdurchschnittlich sei. Als
arbeitslose Alleinerziehende halte sie sich überwiegend in der Wohnung auf, wobei es zwangsläufig zu höheren Energiekosten
als bei Werkstätigen komme, die während der Abwesenheit den Energieverbrauch drosseln könnten. Somit habe ihr die Beklagte
die Energiekostenforderung in Höhe von 691,00 EUR zu erstatten. Zudem sei der Beklagten die Auflage zu erteilen, die Gerichtskosten
in Höhe von 256,70 EUR sowie Kosten für die Vollstreckung von 27,14 EUR für den Rechtsstreit wegen Nachforderung des Vermieters
zu erstatten.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 08.06.2006 und den Bescheid vom 10.08.2005 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen 691,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil vom 08.06.2006 für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten
beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß Senatsbeschluss vom 09.11.2006 zulässige Berufung ist im Übrigen statthaft, ein Ausschließungsgrund nach §
144 Abs.1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) liegt nicht vor.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als insoweit begründet, als die Beklagte der Klägerin 283,60 EUR zu zahlen hat.
Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.
Zu Unrecht hat das SG mit Urteil vom 08.06.2006 die Klage vollumfänglich abgewiesen. Denn den Klägern stehen bis 31.07.2005 die tatsächlich angefallenen
Heizkosten zu, da die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt auch die tatsächlichen Kosten der Unterkunft gezahlt hat.
Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.
Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft in der Besonderheit des Einzelfalles den angemessenen Umfang übersteigen, sind
sie als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden
Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten
oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs.1 SGB II).
Der Senat vertritt die Auffassung, dass es nicht nachvollziehbar ist, wenn die Beklagte einerseits bis 31.07.2005 den Klägern
die tatsächlichen Kosten der Unterkunft (KdU) zahlt und andererseits "lediglich" die ihrer Meinung nach angemessenen hohen
Heizkosten berücksichtigt. Denn dies würde in der Konsequenz dazu führen, dass die Kläger gegebenenfalls einen Raum ihrer
Wohnung nicht beheizen und somit nicht nutzen könnte. Hierfür spricht auch die nachfolgende Überlegung. Zwar ist eine Übernahme
unangemessener Heizkosten in § 22 Abs.1 Satz 3 SGB II nicht vorgesehen. Jedoch ist insoweit zu differenzieren: Soweit die
Heizkosten durch eine unangemessene, jedoch nach § 22 Abs.1 Satz 3 SGB II zu zahlende Unterkunft verursacht werden und im
Verhältnis zu dieser Wohnung angemessen sind, sind sie grundsätzlich so lange zu übernehmen, wie auch die unangemessenen Unterkunftskosten
zu übernehmen sind. Ansonsten würde die Übergangsregelung des § 22 Abs.1 Satz 3 SGB II ausgehebelt.
Unter Zugrundelegung der Energieabrechnung vom 13.06.2005 betreff den Abrechnungszeitraum 01.06.2004 bis 31.05.2005 ergibt
sich die nachfolgende Berechnung: reine Heizungskosten 1.304,65 EUR; 1.304,65: 12 x 5 = monatlich 108,72 EUR = 543,60 EUR;
543,60 EUR minus 260,00 EUR (die von der Beklagten monatlich geleisteten Heizkosten in Höhe von 52,00 EUR) = 283,60 EUR.
Im Übrigen hat nach Auffassung des Senats die Beklagte nicht schlüssig vorgetragen, dass der Energieverbrauch der Kläger unangemessen
hoch ist. Die Angemessenheit der Heizkosten bestimmt sich nach einer Vielzahl von Faktoren. Ausweislich der Gesetzesbegründung
ist die Sozialhilfepraxis heranzuziehen (BT-Drs. 15/1516, Einzelbegründung zu § 22 Abs.2: "Die Kosten für Unterkunft und Heizung
werden wie in der Sozialhilfe in tatsächlicher, angemessener Höhe berücksichtigt, wobei sie den am Maßstab der Sozialhilfepraxis
ausgerichteten - angemessenen - Umfang nur dann und so lange übersteigen dürfen, wie ..."). Der insoweit parallele § 29 Abs.3
Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erwähnt insbesondere die persönlichen und familiären Verhältnisse, die Größe und
Beschaffenheit der Wohnung, die vorhandenen Heizmöglichkeiten und die örtlichen Gegebenheiten. Einen wichtigen Anhaltspunkt
dürften zwar wie bisher die Heizkosten, die dem wohnflächenbezogenen durchschnittlichen Verbrauch der an die jeweilige Heizungsanlage
angeschlossenen Abnehmer entsprechen, darstellen. Allerdings ist zusätzlich der konkrete Heizbedarf im Einzelfall zu berücksichtigen
(so auch Lang, in Eicher/Spellbrink, § 22 Rdnr.46, unter Hinweis darauf, dass Arbeitslose in der Regel überdurchschnittlich
viel Zeit in ihrer Wohnung verbringen werden). Zu berücksichtigen ist auch, dass der Sohn der Klägerin Jahrgang 1998 ist,
und es sich somit noch um ein recht junges Kind handelt.
Im Übrigen war die Berufung jedoch unbegründet, da der Klägerin über die Zeit vom 31.07.2005 hinaus, keine höheren Kosten
zu zahlen sind. Zudem besteht kein Anspruch auf die Erstattung der geltend gemachten zivilgerichtlichen Kosten.
Somit war auf die Berufung der Klägerin die Beklagte zu verurteilen, dieser 283,60 EUR zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.