Gründe
In dem unter dem Aktenzeichen S 7 AL 115/16 geführten Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Würzburg (in der Folge: Hauptsacheverfahren) des jetzigen Beschwerdeführers erhob die Kostenbeamtin mit Gerichtskostenfeststellung
vom 20.09.2016, ausgehend von einem vom Hauptsacherichter verfügten (vorläufigen) Streitwert von 5.000,- EUR für das der Anwendung
des §
197 a SGG unterfallende Hauptsacheverfahren beim Beschwerdeführer gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG sofort fällige Gerichtskosten in Höhe von 438,- EUR.
Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 02.10.2016 Erinnerung eingelegt und diese damit begründet, dass allenfalls
ein Streitwert von 1.000,- EUR zugrunde zu legen sei.
Mit Beschluss vom 16.11.2016 hat der Kostenrichter des SG die Erinnerung zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 06.12.2016 Beschwerde erhoben. Zur Begründung weist er darauf
hin, dass ein Streitwert von 5.000,- EUR überhöht und höchstens ein Streitwert von 1.000,- EUR anzusetzen sei. Auch habe es
das SG pflichtwidrig unterlassen, beim Eingang der Klage auf §
197 a SGG hinzuweisen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässig; der Beschwerdewert von mehr als 200,- EUR ist erreicht. Sie ist aber unbegründet.
Das SG hat die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 20.09.2016 zu Recht zurückgewiesen.
1. Prüfungsumfang bei der Erinnerung
Eine Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90, und vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 15. Aufl. 2016, § 66, Rdnr. 13), nicht aber auf die (vermeintliche oder tatsächliche) Unrichtigkeit einer im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung.
Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen sind wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft (§
197 a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
158 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 68 Abs. 1 GKG) einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (ständige Rspr., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 18.12.2014, Az.:
L 15 SF 322/14 E - m.w.N.). Gleiches gilt grundsätzlich auch für die dort getroffenen Verfügungen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 07.10.2014,
Az.: L 15 SF 61/14 E, und vom 05.12.2014, Az.: L 15 SF 202/14 E).
Im Erinnerungsverfahren zum Kostenansatz kann daher lediglich geprüft werden, ob die im Hauptsacheverfahren erfolgten Festlegungen
kostenrechtlich richtig umgesetzt worden sind.
Ebenfalls zum Gegenstand des Erinnerungsverfahrens kann die Frage gemacht werden, ob wegen unrichtiger Sachbehandlung im Sinn
des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG oder wegen unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG Kosten nicht erhoben werden (vgl. Beschluss des Senats vom 10.04.2015, Az.: L 15 SF 83/15 E; Meyer, a.a.O., § 66 GKG, Rdnr. 13).
2. Einwände des Beschwerdeführers
Die Einwände des Beschwerdeführers greifen nicht durch.
2.1. Einwand: zu hoher Streitwert
Der Beschwerdeführer geht davon aus, dass der dem streitgegenständlichen vorläufigen - die Vorläufigkeit ergibt sich schon
aus dem Hinweis auf die sofortige Fälligkeit gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG in der Gerichtskostenfeststellung vom 20.09.2016 - Kostenansatz zugrunde gelegte vorläufige Streitwert zu hoch angesetzt
und daher die Gerichtskostenfeststellung aufzuheben sei.
Dieser Einwand kann nicht durchgreifen, weil die Höhe des vorläufigen Streitwerts einer Prüfung im Rahmen der Erinnerung gegen
den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 1 GKG entzogen ist.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Höhe des der Kostenrechnung zugrunde gelegten vorläufigen Streitwerts nicht Gegenstand
der gerichtlichen Prüfung im Rahmen der Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 1 GKG (vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 13.08.2014, Az.: L 15 SF 67/14 E; Bayer. LSG, Beschluss vom 28.06.2006, Az.: L 11 B 399/06 SO; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.03.2009, Az.: L 11 R 882/11 B; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.01.2010, Az.: L 10 U 64/08; Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 27.12.2011, Az.: 7 C 11.2933; LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2012,
Az.: L 4 SF 80/11 B SG; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 15.02.2013, Az.: L 18 SF 207/12 E). Dies wird auch aus der Regelung des § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG deutlich, die in den Fällen, in denen Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme ist oder gesetzlich kein fester
Wert bestimmt ist, - aber auch nur in diesen Fällen - eine Festsetzung des vorläufigen Streitwerts durch gerichtlichen Beschluss
verlangt. Auch in derartigen Fällen ist die Festsetzung des vorläufigen Streitwerts ausschließlich dann, wenn die Tätigkeit
des Gerichts aufgrund des GKG von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich - dann im Rahmen
einer Beschwerde nach § 67 GKG, nicht einer Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 1 GKG. Die Verfahren vor den Sozialgerichten unterliegen aber gemäß §
103 SGG dem Amtsermittlungsgrundsatz und können deshalb - mit Ausnahme der Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren gemäß § 12 a GKG - nicht von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht werden. Selbst dann, wenn der vorläufige Streitwert durch
Beschluss festgesetzt würde, ist also im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß §
197 a SGG der vorläufige Streitwert einer gerichtlichen Kontrolle - mit der vorgenannten Ausnahme - nicht zugänglich.
Eine (vermeintlich) der Höhe nach unzutreffende vorläufige Streitwertfestsetzung kann/muss daher erst mit der Entscheidung
über den gesamten Streitgegenstand oder dann, wenn sich das Verfahren anderweitig erledigt, korrigiert werden (vgl. § 63 Abs. 2 GKG). Ein derartiges Abwarten ist dem Kostenpflichtigen - auch unter dem Gesichtspunkt des Gebots des umfassenden Rechtsschutzes
im Sinn des Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz - zumutbar, da er damit keinen unzumutbaren Rechtsverlust erleidet. Denn in der Durchführung des gerichtskostenpflichtigen
Verfahrens wird er rechtlich nicht behindert, da dieses Verfahren unabhängig davon durchgeführt wird, ob die dafür angeforderten
Gerichtskosten eingezahlt worden sind oder nicht. Zudem hat er am - absehbaren - Ende des Verfahrens die Möglichkeit von Rechtsschutz
gegen den dann endgültig festzusetzenden Streitwert.
Alternativ dazu kann - außerhalb des vom Gesetz eröffneten förmlichen Wegs - ein Beteiligter versuchen, das für die Festsetzung
des Streitwerts zuständige Gericht der Hauptsache davon zu überzeugen, dass der bisher angenommene vorläufige Streitwert unzutreffend
ist, mit dem Ziel, dass dieses einen korrigierten vorläufigen Streitwert verfügt. Einen Rechtsanspruch auf ein derartiges
Tätigwerden des Hauptsachegerichts gibt es aber nicht.
2.2. Einwand: kein Hinweis des Hauptsachegerichts auf §
197 a SGG bei Eingang der Klage
Es handelt sich hierbei um einen ungeeigneten Einwand.
Dieser Einwand kann allenfalls unter dem Gesichtspunkt des § 21 GKG gesehen werden. Danach werden Kosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, wobei
die unrichtige Sachbehandlung im Sinn des § 21 GKG ursächlich für die entstandenen (Mehr-)Kosten in dem Sinn sein muss, dass die Mehrkosten darauf beruhen.
Es besteht aber grundsätzlich keine Hinweispflicht des Gerichts auf die Kostenpflichtigkeit des Verfahrens (vgl. unten Ziff.
2.2.1.). Im Übrigen sind die Gerichtskosten bereits mit Eingang der Klage fällig geworden, sodass überhaupt keine Hinweismöglichkeit
des Hauptsacherichters bestanden hat, die den Beschwerdeführer von der Einreichung der kostenpflichtigen Klage abhalten hätte
können (vgl. unten Ziff. 2.2.2.).
2.2.1. Keine Hinweispflicht des Gerichts
Eine unrichtige Sachbehandlung liegt nicht vor.
Eine Pflicht des Gerichts, einen Verfahrensbeteiligten auf die Kostenpflichtigkeit seines Verfahrens gemäß §
197 a SGG hinzuweisen, die Voraussetzung für eine Festsetzung der Gerichtskosten wäre, existiert nicht. Denn es gibt keine gesetzlich
verankerte gerichtliche Hinweispflicht auf die Kostenpflichtigkeit des Verfahrens (vgl. Beschlüsse des Senats vom 18.04.2016,
Az.: L 15 SF 99/16, und vom 31.05.2016, Az.: L 15 SF 159/16 E).
2.2.2. Keine Kausalität
Eine Kausalität ist ausgeschlossen
An eine Anwendung des § 21 GKG ist schon deshalb nicht zu denken, da eine Kausalität (vgl. Meyer, a.a.O., § 21 GKG, Rdnr. 2; BFH, Beschlüsse vom 30.01.1990, Az.: VIII E 1/90, und vom 21.05.2001, Az.: IV E 1/01; Beschluss des Senats vom 11.04.2016, Az.: L 15 SF 78/15) zwischen der vom Beschwerdeführer behaupteten, zweifelsfrei aber nicht bestehenden Hinweispflicht des Gerichts und der Entstehung
der Gerichtskosten nicht bestehen kann. Denn die Gerichtskosten sind bereits mit der Einreichung der Klage gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG fällig geworden, ohne dass das Gericht bis dahin die Möglichkeit gehabt hätte, den Beschwerdeführer auf eine Kostenpflichtigkeit
hinzuweisen - und ihn dadurch möglicherweise von der Erhebung einer aussichtslosen Klage abzuhalten. Ganz abgesehen davon,
dass der Beschwerdeführer nachweislich seines Briefkopfs "Rechtsbeistand für Sozialversicherungspflicht" und "gerichtlich
zugelassener Rentenberater" ist und daher die Vorschrift des §
197 a SGG ohne jeden Zweifel kennen muss, muss er sich auch die Frage stellen lassen, wie ihn das SG vor Erhebung seiner gerichtskostenpflichtigen Klage darauf hinweisen hätte können, dass mit Erhebung seiner Klage vorläufige
Gerichtskosten fällig werden.
3. Überprüfung des Kostenansatzes über die vom Beschwerdeführer erhobenen Einwände hinaus
Der Kostenansatz vom 20.09.2016 ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden.
Nach § 3 Abs. 1 GKG richten sich die Gebühren nach dem Streitwert und werden gemäß § 3 Abs. 2 GKG nach dem Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum GKG (KV GKG) erhoben, wobei der maßgebliche Zeitpunkt für die Wertberechnung gemäß § 40 GKG durch die den Streitgegenstand betreffende Antragstellung, die den Rechtszug einleitet, bestimmt wird. Im Verfahren vor dem
SG beträgt die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gemäß Nr. 7110 KV GKG das 3,0-fache der Gebühr nach § 34 GKG.
Bei einem Streitwert in Höhe von 5.000,- EUR beträgt zu dem gemäß § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt des Eingangs des Klageschriftsatzes die einfache Gebühr 146,- EUR (§ 34 Abs. 1 GKG i.V.m. Anlage 2 zum GKG). Das gemäß Nr. 7110 KV GKG anzusetzende 3,0-fache der Gebühr nach § 34 GKG beträgt daher 438,- EUR, wie dies zutreffend im Kostenansatz vom 20.09.2016 festgestellt worden ist.
Die Verfahrensgebühr ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 GKG mit der Einreichung der Klageschrift fällig geworden.
Eine nach dem vorläufigen Kostenansatz erfolgte Klagerücknahme ändert an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Gerichtskostenfeststellung
nichts. Erst bei der endgültigen Gerichtskostenfeststellung kann der Beschwerdeführer in den Genuss des Ermäßigungstatbestands
nach Nr. 7111 KV GKG kommen.
Die gegen die vorläufige Gerichtskostenfeststellung gerichtete Beschwerde ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Das LSG hat über die Beschwerde gemäß § 66 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 GKG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Er ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).