Tatbestand:
Der 1939 geborene G. A. (GS), Ehemann der Klägerin, starb am 06.06.2009 an den Folgen eines Unfalls, den er an diesem Tag
bei Arbeiten an der Feineinstellung einer Bodenfräse beim Sportplatzbau erlitt. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Ehegatte
der Klägerin bei diesem tödlichen Unfall am 06.06.2009 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand und die
Klägerin dadurch Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) hat.
Der verstorbene Ehegatte der Klägerin war seit 1974 in dem Einzelunternehmen der Klägerin A. - MS (A. - Baustoffe und Fuhrunternehmen)
tätig. Weitere Beschäftigte hatte das Unternehmen MS nicht. Das Unternehmen MS arbeitete jeweils in den Monaten März bis Oktober
bei den Bauprojekten der Firma F. -Gesellschaft für Freizeitanlagen mbH- mit. Gesellschafter der Firma F. sind die Klägerin
und ihr Sohn H. A. (HS), Letzterer ist auch Geschäftsführer der Firma. HS hat für die von der Firma F. auszuführenden Bauarbeiten
regelmäßig auch die Dienste des Verstorbenen in Anspruch genommen. Der Verstorbene war jeweils in die Baustellenplanung mit
eingebunden und hatte im Auftrag des HS teilweise die Bauleitung auf den Baustellen wahrgenommen. Der Verstorbene erhielt
hierfür von der Firma F. kein Entgelt. Für die Wartung, Pflege und den Transport sämtlicher Maschinen und Geräte der Firma
F. und für Erdarbeiten wurden von der Firma MS Rechnungen an die Firma F. gestellt. All diese Arbeiten führte der Verstorbene
aus. Dieser wurde bei der Firma MS als geringfügig Beschäftigter mit einem Monatslohn von zuletzt EUR 325,00 monatlich geführt.
Der tödliche Unfall des GS ereignete sich am 06.06.2009 beim Anlegen einer Rasenfläche auf einem Sportgelände. Es handelte
sich dabei um ein von der Firma F. durchzuführendes Bauvorhaben. GS fuhr einen Traktor mit angebauter Erdfräse. Nachdem er
von dem Traktor abgestiegen war, um Einstellarbeiten an der Erdfräse vorzunehmen, wurde er von der rotierenden Fräse erfasst
und komplett unter diese gezogen. Hierbei zog er sich tödliche Verletzungen zu. Zum Unfallzeitpunkt waren auf der Baustelle
auch HS und zwei Angestellte der Firma F. tätig. Der Traktor und auch die angebaute Erdfräse standen im Eigentum der F ...
Nachdem im Juli 2009 ein Angehöriger des Prüfdienstes der Beklagten die betrieblichen Verhältnisse in einem persönlichen Gespräch
mit der Klägerin und deren Sohn erfragt hatte, erließ die Beklagte am 20.08.2009 einen Bescheid, mit dem sie feststellte,
dass die Klägerin keinen Anspruch auf Leistungen hätte. Ihr verstorbener Ehemann sei am Unfalltag nicht gesetzlich unfallversichert
gewesen. Der Verstorbene sei weder in dem Unternehmen der Klägerin noch in dem Unternehmen des Sohnes als Arbeitnehmer tätig
gewesen. Er habe die Stellung eines Unternehmers gehabt, habe jedoch von der Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung keinen
Gebrauch gemacht.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren nahm die Beklagte noch Einsicht in die Akten der Staatsanwaltschaft. Mit Widerspruchsbescheid
vom 27.11.2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Darin wurde ausgeführt, dass der Verstorbene am Unfalltag nur formal
an die Firma F. ausgeliehen bzw. dort wie ein Subunternehmer tätig geworden sei. Tatsächlich sei die Klägerin nur auf dem
Papier die Arbeitgeberin des Verstorbenen gewesen. Der Verstorbene sei sowohl im Unternehmen der Klägerin als auch im Unternehmen
F. nicht als Beschäftigter, sondern unternehmerähnlich tätig geworden. Mangels einer freiwilligen Versicherung bestünde kein
Versicherungsschutz.
Am 28.12.2009 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und geltend gemacht, ihr Ehegatte habe am 06.06.2009 einen Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes erlitten. Der Verstorbene
sei weder an den operativen Geschäften der Firma MS, noch an denen der F. beteiligt gewesen. Er sei lediglich maßgeblich mit
der Ausführung der Aufträge der Firma MS auch für die Firma F. beschäftigt gewesen. Er sei an keiner der beiden Firmen beteiligt
gewesen und habe daher auch kein Unternehmerrisiko getragen. Er habe auch keine dinglichen Rechte an den vorhandenen Betriebsmitteln
gehabt. Es würden die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung gegenüber einer selbstständigen Tätigkeit überwiegen. Das SG hat die BG Bau gemäß §
75 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zum Verfahren beigeladen, da sie wegen der Mitgliedschaft der Firma F. als leistungspflichtig in Betracht komme. Die Beigeladene
äußerte sich mit Schriftsatz vom 03.05.2010 gegenüber dem SG dahingehend, dass der Verstorbene zum Zeitpunkt des Unfalls weder Gesellschafter noch Geschäftsführer noch Arbeitnehmer der
F. gewesen sei. Ihre Zuständigkeit sei daher nicht gegeben. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde HS als Zeuge gehört.
Mit Urteil vom 18.11.2009 hat das SG die Beigeladene verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen zu gewähren und die Klage gegen die BG Handel und Warendistribution
abgewiesen. Zwar habe die Klägerin die Verurteilung der Beklagten beantragt, jedoch sei regelmäßig davon auszugehen, dass
Kläger hilfsweise auch die Verurteilung eines beigeladenen Trägers begehren.
Die Beigeladene hat hiergegen am 22.12.2010 Berufung eingelegt.
In einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 07.10.2011 hat die Klägerin unter anderem erklärt, ihr Ehemann sei in ihrem
Unternehmen geringfügig beschäftigt gewesen. Dieses Unternehmen sei im Besitz eines Tiefladers sowie eines Hängers gewesen
und habe die Maschinen der Firma F. umgesetzt. Den jeweiligen Transport habe sie als Unternehmerin der Firma F. in Rechnung
gestellt. Auch die Arbeitsstunden des Ehemannes habe sie in Rechnung gestellt. Sie und ihr Ehemann hätten das Geschäft miteinander
aufgebaut und auch davon gelebt.
Die Beigeladene führt aus, Im Unfallzeitpunkt habe keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit des Verstorbenen für die Firma F.
vorgelegen, sondern eine Unternehmertätigkeit. Es habe sich um eine planmäßige und regelmäßige Tätigkeit für die Firma F.
gehandelt. Es seien Planungs- und Leitungsfunktionen sowie umfangreiches Fachwissen eingebracht worden. Der Verstorbene habe
als Seniorchef der Firma F. gegolten. Die Außendienstermittlungen der Beklagten hätten ergeben, dass das Unternehmen MS und
die Firma F. gemeinsame Familienunternehmen gewesen seien. Man habe in einem ständigen Wechsel miteinander Hand in Hand gearbeitet
und die einzelnen Aufträge beziehungsweise Bauprojekte gemeinsam abgewickelt. Der Verstorbene sei in der Firma F. mit der
Bauleitung betraut gewesen und habe selbst mitgearbeitet. Er habe die anwesenden Arbeiter beaufsichtigt und Arbeitsanweisungen
erteilt. Der Verstorbene sei sowohl nach außen als auch den Mitarbeitern gegenüber als Seniorchef aufgetreten. Er sei keinen
Weisungen unterworfen gewesen und habe über Zeiten und Einsätze seiner Arbeit selbst bestimmen können. Auch die Staatsanwaltschaft
sei zu gleichen Ergebnissen gekommen. Der Sohn habe angegeben, dass er sich um den kaufmännischen Bereich gekümmert habe,
während die Arbeitsausführungen der Vater übernommen habe. Der Verstorbene habe die Firma F. aufgebaut und sich von seinem
Sohn in den praktischen Tätigkeiten keine Vorschriften machen lassen. Die Mitarbeiter der Firma F. hätten den Verstorbenen
durchgängig als Seniorchef bezeichnet. Auch im Internet sei der Verstorbene als Seniorchef der Firma F. aufgetreten.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.11.2010 in Ziffer I., Ziffer II. und Ziffer IV. aufzuheben.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen das Urteil vom 18.11.2010 des Sozialgerichts Nürnberg zurückzuweisen.
Sie führt aus, die Berufung sei unbegründet. Zu Recht sei das Erstgericht von einem arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnis
im Sinne des §
2 Abs.
2 SGB VII ausgegangen. Die planmäßige unregelmäßige Tätigkeit des Verstorbenen für die Firma F. spreche für sich genommen noch nicht
für eine unternehmerische Tätigkeit. Auch die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehenden Personen oder die arbeitnehmerähnlich
Beschäftigten könnten im Rahmen der ihnen zugewiesenen Arbeit planmäßig und regelmäßig für den Betrieb tätig werden. Soweit
der Verstorbene in der Öffentlichkeit als Seniorchef betrachtet worden sei, sei der Anschein allein dem Umstand geschuldet,
dass die klägerische Einzelfirma und die Firma F. als Familienunternehmen geführt worden seien. Der Verstorbene sei weder
an der Firma F. noch an der Firma der Klägerin als Gesellschafter beteiligt und habe auch keine dinglichen Rechte an den jeweiligen
Betriebsmitteln gehabt. Der Umstand, dass der Verstorbene auch im Auftrag des HS auf den Baustellen der Firma F. die Leitung
wahrgenommen habe, rechtfertige nicht die Annahme einer unternehmerischen Tätigkeit. Die zu verrichtenden Arbeiten seien vorab
besprochen worden. Der Verstorbene habe auf der Baustelle mitgearbeitet und nicht nur Anweisungen an andere Arbeiter erteilt.
Eine Bauleitung begründe für sich noch keine unternehmerische Tätigkeit. Es treffe nicht zu, dass der Verstorbene keinen Weisungen
unterworfen gewesen sei und seine Arbeitstätigkeit habe selbst bestimmen können. Der Verstorbene sei in die Baustellenplanung
jeweils eingegliedert gewesen. Seine Tätigkeit sei geprägt gewesen von den jeweiligen Auftragslagen der Firmen. Er habe nicht
machen können, was er gewollt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.11.2010 in Ziffer I. aufzuheben.
Sie verweist auf die Feststellungen des Prüfdienstes vom 28.07.2009 sowie darauf, dass das bezogene Entgelt des Verstorbenen
in keinem Verhältnis der in 10 Monaten erbrachten Gesamtarbeitsleistung von 1144 h gestanden habe. Hierbei errechne sich für
die ausgeübte leitende Tätigkeit ein Stundenlohn von weniger als 3 EUR. Dies passe gut zu einem Familienunternehmen, indem
sich der Verstorbene als Unternehmer beziehungsweise Seniorchef verstanden habe, ganz gleich, welche rechtliche Ausgestaltung
gewählt worden sei. Die Mitarbeiter der Firma F. hätten den Verstorbenen als Seniorchef betrachtet und bezeichnet. Der Sohn
habe angegeben, dass die Klägerin lediglich auf dem Papier der Arbeitgeber des Verstorbenen gewesen sei. Der Verstorbene habe
die Firma ursprünglich aufgebaut und nicht loslassen können und mitgearbeitet (vergleiche Blatt 156 der Akte der Beklagten).
Auch der technische Aufsichtsbeamte der Beklagten sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Firma F. zwar formell von Herrn GS
und die Firma MS von Frau S. geführt worden sei, in der betrieblichen Praxis und bei den technischen Ausführungen von Aufträgen
seien jedoch beide Unternehmen vom Seniorchef geführt worden, so dass aufgrund der realen familiären Verpflichtungen und Abhängigkeiten
der für den Arbeitsschutz Verantwortlichen mit dem tödlich Verletzten die zum Unfall führenden Rechtsverstöße nicht zweifelsfrei
einer einzelnen Person haben zugeordnet werden können. Nach Angaben der Klägerin sei die Firma seit der Gründung im Jahre
1974 auf ihren Namen gelaufen, da der Verstorbene überschuldet gewesen sei. Seit diesem Zeitpunkt sei er durchgehend als geringfügig
Beschäftigter tätig gewesen. Laut Bescheinigung der Mini-Job-Zentrale von 27.03. 2008 sei ein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis
des GS gemeldet gewesen, das sich nach den Angaben der Klägerin vom 08.01.2008 auf Tätigkeiten als Kraftfahrer und in der
Werkstatt bezogen habe und mit 325,00 EUR monatlich entlohnt worden sei bei 7,5 Arbeitsstunden pro Woche. Die im Schriftsatz
vom 18.10.2011 erneut aufgestellte Behauptung, die Beklagte sei an eine Entscheidung vom 08.07.2008 gebunden, sei nicht haltbar.
Selbst wenn man entgegen dem Gesamtbild der Verhältnisse unterstellen würde, GS sei im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung
als Fahrer des Sattelschleppers von Frau S sowie bei Wartungsarbeiten versichert gewesen, sei die unfallbringende Tätigkeit
dieser Beschäftigung nicht zuzurechnen. Laut Entgeltnachweis vom 20.01.2009 seien im Jahr 2008 370 Arbeitsstunden angefallen.
Eine Berechnung der Arbeitszeit des Verstorbenen für die Firma F. ergebe, dass der Verstorbene weitere 1074 h für die Firma
F. tätig gewesen sei. Das vom Verstorbenen von der Firma der Klägerin bezogene Entgelt stehe damit in keinem Verhältnis zu
seinen erbrachten Leistungen. Zudem habe der Verstorbene auch ein unternehmertypisches Unternehmerrisiko getragen, da er nach
Angaben der Klägerin von den Erlösen der Firma gelebt habe.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten in beiden
Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die von der Beigeladenen form- und fristgerecht und auch ansonsten zulässigerweise eingelegte Berufung ist im Sinne des Entscheidungssatzes
auch begründet.
Gegenstand der von der Klägerin erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Bescheid der Beklagten vom 20.08.2009 in
Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.11.2009, mit dem diese es ablehnte, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen wegen
des in der Folge des Unfalls vom 06.06.2009 eingetretenen Todes des Ehemannes der Klägerin zu gewähren.
Auf das Rechtsmittel der vom SG nach §
75 Abs
2 SGG und Abs
5 SGG verurteilten Beigeladenen ist auch über den gegen die Beklagte gerichteten Anspruch zu entscheiden (allgemeine Meinung, vgl
zB BSGE 9, 67, 69; BSG SozR 4100 § 57 Nr 9 S 30; BSG, U. v. 03.04.86, 4a RJ 1/85; zustimmend zB Meyer-Ladewig,
SGG, 2. Aufl, §
75 RdNr
18). §
75 Abs
5 SGG eröffnet den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Möglichkeit, in allen Fällen, in denen gegen einen in Wahrheit nicht
passiv legitimierten Versicherungsträger Klage erhoben worden ist, den tatsächlich leistungsverpflichteten, aber nicht verklagten
Versicherungsträger nach Beiladung zu verurteilen, ohne dass dadurch eine Klageänderung vorgenommen oder bewirkt würde (BSGE
aaO. und 14, 86, 89; BSG SozR Nr
26,
27 zu §
75 SGG). Um dem in §
75 Abs
5 SGG zum Ausdruck gebrachten Rechtsgedanken voll gerecht werden zu können, muss selbst noch das Revisionsgericht über alle in
Frage kommenden Ansprüche entscheiden können, auch dann, wenn nur der verurteilte Versicherungsträger ein Rechtsmittel eingelegt
hat; sonst könnten einander widersprechende Entscheidungen ergehen mit der Folge, dass der Kläger zum Beispiel mit seinem
Begehren in erster Instanz nicht gegen den einen, in der weiteren Instanz auch nicht gegen den anderen Träger durchdringt,
obschon feststeht, dass jedenfalls gegen einen von ihnen ein Anspruch besteht (BSG SozR 2200 § 1237a Nr 16).
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Hinterbliebenenleistungen, weil GS nicht zum versicherten Personenkreis
der Beklagten gehörte. Er war weder als Beschäftigter (§
2 Abs
1 Nr.
1 SGB VII), noch als Wie-Beschäftigter (§
2 Abs.
2 SGB VII), noch als Unternehmer (§
3 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII) bei der Beklagten versichert.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs
1 SGB IV, der für alle Bereiche der Sozialversicherung gilt. Er bestimmt, dass Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere
in einem Arbeitsverhältnis, ist, wobei Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung
in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus,
dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der
Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden
Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko,
das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft
und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig
tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die
Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (vgl BSGE 45, 199, 200 ff, BSGE 85, 214, 216; BSGE 87, 53,; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; BSG SozR 4-2700 § 2 Nr 1; zuletzt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 5; BSG vom 30.01.2007, B 2 U 6/06). Ausschlaggebend ist allein die persönliche Abhängigkeit bei der Dienstleistung, die nicht unbedingt mit einer wirtschaftlichen
Abhängigkeit einhergehen muss (BSG vom 30.06.2009, B 2 U 3/08 R). Bei der Prüfung der Frage der Eingliederung in einen Betrieb sind die besonderen Eigenarten dieses Betriebes zu berücksichtigen
(BSG vom 30.06.2009, B 2 U 3/08 R).
Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses steht dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit unter Ehegatten
im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise mit gewissen Einschränkungen ausgeübt
wird (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr 11 S 29 mwN, BSG vom 17.12.2002, B 7 AL 34/02). Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis
mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit auf Grund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist
nur unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls zu ziehen (BSGE 3, 30, 39 f; 19, 1, 4 f = SozR Nr 31 zu § 165
RVO; BSGE 74, 275, 278 f = SozR 3-2500 § 5 Nr 17; BSG SozR 2200 § 165 Nr 90; SozR 3-4100 § 168 Nr 11 S 30; BSG, Urteil vom 12.09.1996 - 7 Rar 120/95 -, USK 9635 = DBlR
Nr 4475 zu § 168
RVO). Dabei kommt der Höhe des Entgelts lediglich Indizwirkung zu. Eine untertarifliche oder eine erheblich untertarifliche Bezahlung
des Ehegatten schließt die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Ein solcher Rechtssatz
findet sich auch weder im Gesetz noch in Entscheidungen des BSG (BSG, Urteil vom 12.09.1996 - 7 RAr 120/95). Die Grenze zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis mit Entgeltzahlung und einer nicht versicherungspflichtigen
Mitarbeit auf Grund einer familienhaften Zusammengehörigkeit ist ebenso wie die Beurteilung der abhängigen Beschäftigung eines
Geschäftsführers einer GmbH (siehe dazu nur Schlegel in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
25 Rz 91 f mwN) nur unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (BSG vom 10.05.2007, B 7a AL
8/06 R).
Für die Annahme einer Wie-Beschäftigung im Sinne des §
2 Abs.
2 SGB VII ist weder eine persönliche noch eine wirtschaftliche Abhängigkeit zu einem Unternehmen erforderlich (BSG, Urteil vom 31.05.2005
- B 2 U 35/04 R; Krasney, NZS 1999, 577ff, S 578). Es genügt, dass eine ernstliche, dem anderen Unternehmen dienende Tätigkeit verrichtet
wird, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht. Die verrichtete Tätigkeit muss zudem ihrer
Art nach auch von Personen verrichtet werden können, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis
stehen; sie muss unter solchen Umständen geleistet werden, die einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses
ähnlich sind und nicht auf einer Sonderbeziehung z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied beruhen (BSGE 5, 168, 173; BSG, Urteil vom 13.08.2002 - B 2 U 29/01 R - und B 2 U 33/01; BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R; Wiester in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2005 S 2 Rn
804ff mwN; Niedermeyer, Die "Wie-Beschäftigten" nach §
2 Abs.
2 SGB VII - Ein Beitrag zur Frage der Notwendigkeit einer neuen Systematisierung der bisherigen Judikatur, NZS 2010, S. 312).
Die Gesamtabwägung ergibt vorliegend zur vollen Überzeugung des Senats, dass der Ehemann der Klägerin nicht als Beschäftigter
oder Wie-Beschäftigter in deren Fuhrunternehmen, sondern als Mitunternehmer in diesem Betrieb tätig geworden ist. Der Senat
stützt dieses Ergebnis auf die im Laufe des Verfahrens ermittelten Gesamtumstände, die von der Klägerin in dem Erörterungstermin
vom 07.10.2011 dahingehend zusammengefasst wurden, sie und ihr Ehemann hätten den Betrieb zusammen aufgebaut und sie hätten
auch davon gelebt. Allein von den Einnahmen aus der "geringfügigen Beschäftigung" habe ihr Ehemann nicht leben können. Die
Klägerin war demnach nur "auf dem Papier" die Eigentümerin des Betriebs, während der Ehemann aufgrund seiner Kenntnisse und
Kontakte als eigentlicher Unternehmer agierte. Dies entnimmt der Senat neben den vorstehenden Ausführungen der Klägerin auch
den Ermittlungen des Prüfdienstes der Beklagten, die insbesondere auf den Angaben der Klägerin und ihres Sohnes beruhen, sowie
auch der Aussage des Sohnes gegenüber der Kriminalpolizeiinspektion Sch. am 09.06.2009. Hieraus ergibt sich auch, dass die
Eigentumsverhältnisse an den Betriebsmitteln allein darauf beruhten, dass der Ehemann der Klägerin überschuldet gewesen ist,
wie die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung beim SG am 18.11.2010 angegeben hat. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis in dem Sinne, dass der Verstorbene Weisungen seiner
Ehefrau unterworfen gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Sowohl aus den Angaben der Klägerin gegenüber dem Prüfdienst der
Beklagten ("gemeinsames Familienunternehmen", "man arbeite in einem ständigen Wechsel Hand in Hand") als auch aus der zitierten
Äußerung der Klägerin vom 07.10.2011 lässt sich gerade nicht auf ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen ihr und ihrem
Ehemann im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit schließen. Soweit der Sohn in seiner Zeugenaussage gegenüber dem SG in Bezug auf die Firma F. angegeben hat, der Vater habe Aufträge, die er ihm gegeben habe, ausführen müssen, widerspricht
diese Aussage den früheren Angaben des Zeugen gegenüber dem Prüfdienst der Beklagten und gegenüber der Polizei und auch den
Angaben der Klägerin und ist daher nicht geeignet, ein Weisungsverhältnis darzulegen. Auch soweit von der Klägerseite hiergegen
eingewendet wird, dem Verstorbenen sei die selbstständige Planung und Entscheidung seiner Arbeitskraft nicht überlassen gewesen,
diese sei von der Auftragslage anhängig gewesen, für die er selbst nicht verantwortlich gewesen sei, kann dies das Gesamtbild
nicht entscheidend beeinflussen. Zum Einen war das gesamte Fuhrunternehmen der Klägerin von der Auftragslage der Firma F.
abhängig, da sich seine Geschäftstätigkeit fast ausschließlich im Transport der Baufahrzeuge der Firma F. erschöpfte. Eine
wirtschaftliche Abhängigkeit in diesem Sinne allein spricht aber weder für noch gegen eine selbstständige Tätigkeit (BSG vom
30.06.2009, B 2 U 3/08 R). Zum Anderen widerspricht diese Darstellung wiederum den Angaben der Klägerin und auch den Angaben des Sohnes gegenüber
dem Prüfdienst und der Polizei. Der formalrechtlichen Gestaltung der betrieblichen Verhältnisse kommt demgegenüber keine entscheidende
Bedeutung zu. Vielmehr handelte sich zumindest auch um einen Betrieb des GS. Wie die Klägerin glaubhaft ausführte, war der
Betrieb gemeinsam aufgebaut worden. Der Umstand, dass es sich um einen gemeinsamen Betrieb handelte, wurde - wie bereits ausgeführt
- auch nach außen dokumentiert. Die angebliche "Anstellung" des GS ist demgegenüber nicht nachvollziehbar.
Der Verstorbene war daher im Betrieb seiner Ehefrau nicht als Beschäftigter im Sinne des §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII oder als Wie- Beschäftigter im Sinne des §
2 Abs.
2 SGB VII tätig, sondern als Unternehmer. In dieser Eigenschaft war er nicht nach §
3 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII in Verbindung mit §
43 Abs.
1 und
3 der Satzung der Beklagten in der zum Zeitpunkt des Unfalles gültigen Fassung versichert, weil das Unternehmen als Fuhrunternehmen
unter § 3 Nr. 5 der Satzung fällt und dementsprechend nach dem eindeutigen Wortlaut des § 41 Abs. 2 Nr. 4 der Satzung keine
Unternehmerversicherung kraft Satzung bestand.
Selbst wenn man eine Beschäftigung des Verstorbenen im Betrieb seiner Ehefrau annehmen wollte, ist dem SG (hilfsweise) darin zuzustimmen, dass er am Unfalltag gerade nicht für dieses Fuhrunternehmen tätig geworden ist. Die Klägerin
hat im Erörterungstermin vom 07.10.2011 ausgeführt, ihr Unternehmen habe für die Firma F. die Maschinen "umgesetzt", d.h.,
von einem Einsatzort zum anderen gebracht. Der Transport einschließlich der Arbeitsstunden des GS habe sie dann der Firma
F. in Rechnung gestellt. Die Tätigkeit des GS, die dann unmittelbar zum Unfall führte, nämlich die Bedienung der Bodenfräse,
geschah damit nicht im Auftrag der Firma der Klägerin, sondern sollte ausnahmslos der Firma F. zugute kommen, wie auch die
Klägerin im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 16.06.2011 selbst ausführen ließ. Für die Arbeiten mit der Bodenfräse,
bei denen sich der Unfall ereignete, wäre die Beklagte nicht zuständig (vgl. § 3 der Satzung). Die Beklagte ist schon deshalb
auch nicht aufgrund einer Bindungswirkung früherer Entscheidungen, z.B. des Bescheides vom 08.07.2008, zur Leistung verpflichtet.
2. Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig und begründet.
Die Voraussetzungen des §
63 Abs.
1 Satz 2
SGB VII gegenüber der Beigeladenen liegen nicht vor, weil GS den Unfall weder als Beschäftigter der Firma F. erlitten hat, noch wie
ein Beschäftigter für diese Firma tätig gewesen ist. Eine Versicherung aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII liegt insofern - was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist - offensichtlich nicht vor. Auch eine Versicherung des
GS als "Wie-Beschäftigter" im Sinne des §
2 Abs.
2 S. 1
SGB VII scheidet aus. Hierfür genügt, wie bereits ausgeführt, dass eine ernstliche, dem anderen Unternehmen dienende Tätigkeit verrichtet
wird, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht. Die verrichtete Tätigkeit muss zudem ihrer
Art nach auch von Personen verrichtet werden können, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis
stehen; sie muss unter solchen Umständen geleistet werden, die einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses
ähnlich sind und nicht auf einer Sonderbeziehung z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied beruhen.
Die zum Unfall führende Tätigkeit des GS, nämlich die Bedienung der an eine Zugmaschine angehängten Fräse, kann schon deshalb
nicht als Wie-Beschäftigung angesehen werden, weil sie der Verstorbene im Rahmen seiner Tätigkeit für das Fuhrunternehmen
MS und damit als Unternehmer verrichtet hat. Nimmt aber ein Unternehmer im Rahmen seines eigenen Unternehmens Verrichtungen
auch im Interesse eines fremden Unternehmens vor, steht er nicht wie ein Arbeitnehmer (§
2 Abs.
2 iVm Abs.
1 Nr.
1 SGB VII) unter Unfallversicherungsschutz (vgl. BSG vom 10.03.1994, 2 RU 20/93).
Darüber hinaus war die Tätigkeit des Verstorbenen für die Firma F. nach Art und Umfang der Tätigkeit von der Sonderbeziehung
zwischen ihm, seiner Ehefrau und seinem Sohn HS geprägt, so dass GS jedenfalls "in anderer Funktion bzw. Eigenschaft" und
damit nicht als "Wie-Beschäftigter" im Sinne des §
2 Abs.
2 Satz 1
SGB VII tätig war.
Bei der Abgrenzung des "Wie-Beschäftigten" von den "in anderer Eigenschaft oder Funktion" Tätigen ist insbesondere zu prüfen,
ob im Einzelfall Art und Umfang der Tätigkeit noch durch die engen persönlichen Beziehungen geprägt sind oder ob diese Beziehungen
nur der Beweggrund dafür waren, die Tätigkeit "wie ein Beschäftigter" auszuführen (BSG SozR 2200 § 539 Nr 49). Je enger die
persönlichen Beziehungen sind, desto mehr spricht dafür, dass die Tätigkeit durch diese enge Beziehung geprägt wird (BSG vom
20.04.1993 - 2 RU 38/92 - in Fortsetzung von BSG vom 25.10.1998 - 2 RU 4/98 = SozR 2200 § 539 Nr 134; Krasney, NZS 1999 577ff, S 581). Bei der Beurteilung, ob eine Gefälligkeit arbeitnehmerähnlich
ist, kommt es dabei nicht allein darauf an, ob die einzelne Verrichtung - abstrakt betrachtet - auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses
geschehen könnte. Entscheidende Bedeutung kommt vielmehr dem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang zu, in dem die Tätigkeit
verrichtet wird, d. h. insbesondere, ob sie wesentlich selbstständig in Wahrnehmung eigener Interessen oder mit fremdwirtschaftlicher
Zielrichtung erfolgt bzw. die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher - nicht rechtlicher - Verpflichtungen
anzusehen ist, die bei besonders engen Beziehungen üblich und deshalb zu erwarten ist (Niedermeyer, aaO. S. 315 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall waren die persönlichen Beziehungen des GS zu seinem Sohn prägend für Art und Umfang der vom Kläger am
Unfalltag für diesen erbrachten Tätigkeiten. Zudem hatte der GS auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Erfolg des
Unternehmens des Sohnes, da er selbst lediglich eine geringfügiges Entgelt erhielt und im Übrigen von den Erlösen der Klägerin
aus der F. profitierte, wie diese in dem Erörterungstermin vom 07.10.2011 ausgeführt hat. Soweit der Sohn HS der Klägerin
in seiner Einvernahme im sozialgerichtlichen Verfahren am 18.11.2010 angegeben hat, sein Vater GS habe in seinem Namen bei
kleineren Aufträgen beim potenziellen Auftraggeber vorgesprochen, er sei in die Baustellenplanung eingegliedert gewesen und
habe die Bauleitung auf den Baustellen wahrgenommen, wobei nahezu jeden Tag eine Baustellenbesprechung vorgenommen worden
sei, spricht dies für einen "unentgeltlich" geleisteten Umfang des Tätigwerdens des GS im Betrieb F., der nur durch die engen
persönlichen Beziehungen und die besondere geschäftliche bzw. familiäre Verbindung zu erklären ist. Soweit HS im sozialgerichtlichen
Verfahren angegeben hat, sein Vater habe die Aufträge "ausführen müssen" wurde dies schon oben unter 1. gewürdigt. Auch nach
außen trat GS nicht als weisungsabhängiger Mitarbeiter seines Sohnes, sondern als Seniorchef auf, wie die Aussagen der Mitarbeiter
K. E. und D. S. bei der Polizei belegen. Dafür spricht auch der Schlussvermerk der KPI Sch. vom 21.10.2009, wonach GS die
Firma F. aufgebaut hat und sich von seinem Sohn keine Vorschriften machen ließ.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§160 Abs. 2
SGG), sind nicht gegeben.