Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung; Keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bei einer nur geringfügigen
Gebrauchsminderung an einer Hand
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1965 geborene Kläger, gelernter Maurer, seit 1982 versicherungspflichtiger Landwirt zunächst im Nebenerwerb, seit 2002
im Haupterwerb, begehrte mit Antrag vom 16. Juni 2010 Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Er sei aufgrund eines
Nabelbruchs seit 2005 erwerbsgemindert.
Nach Beiziehung von Befundberichten holte die Beklagte ein Gutachten des Arztes für öffentliches Gesundheitswesen, Umweltmedizin
Dr. K. ein. Dieser stellte beim Kläger neben einer operationsbedürftigen großen paraumbilikalen Hernie eine mit Bewegungseinschränkungen
verheilte Verletzung der linken (Nicht-Gebrauchs-)Hand, eine behandelte arterielle Hypertonie und Übergewicht fest.
Aus dem Gutachten vom 23. Juli 2010 geht hervor, dass der Kläger noch täglich etwa 14 Stunden an sechs Tagen pro Woche arbeite,
wobei er schweres Heben soweit wie möglich meide. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger noch in der Lage
sei, mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr zu verrichten. Unzumutbar seien das Heben
und Tragen schwerer Lasten sowie Arbeiten, die eine volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände verlangen.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit angefochtenem Bescheid vom 30. Juli 2010 den Rentenantrag unter Verweisung des Klägers auf
den allgemeinen Arbeitsmarkt ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er müsse öfters die Arbeit ruhen lassen, um seine Schmerzen im
Bauch zu kurieren. Er könne nicht 6 Stunden am Tag voll durcharbeiten. Deshalb benötige er oft Hilfe im Stall von seinem Bruder.
Er legte ein Attest des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. M. vor, in dem darauf verwiesen wurde, der Kläger sei chronisch
krank (Hypertonie, Lumbago, Nabelhernie, Doppelniere) und habe erhebliche Schwierigkeiten, auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2010 zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg mit der Begründung erhoben, mit seinem Gesundheitszustand sei er
nicht voll arbeitsfähig.
Das SG hat einen Befundbericht des Allgemeinmediziners Dr. M. beigezogen und gemäß §
106 Sozialgerichtsgesetz -
SGG - zunächst Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen und sozialmedizinischen Gutachtens. Dr. E. hat in seinem
Gutachten vom 8. September 2011 einen riesigen Bauchnarbenbruch mit Bauchwandschwäche ohne Einklemmungserscheinungen und ohne
Darmpassagestörungen, arteriellen Bluthochdruck ohne medikamentöse Behandlung und Adipositas Grad 1 bestätigt und als weitere
wesentliche Gesundheitsstörung eine leichte Gebrauchsminderung der linken Hand nach früherer knöcherner Verletzung festgestellt.
Der Kläger sei noch in der Lage, leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung oder länger im
Sitzen und in geschlossenen Räumen mit den arbeitsüblichen Unterbrechungen zu verrichten. Unzumutbar seien schweres Heben
und Tragen, häufiges Bücken und Zwangshaltungen. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt.
Es ist daraufhin ein Attest von Dr. M. vorgelegt worden, wonach der Kläger aufgrund mehrerer Einflüsse (jahrelanger Rechtsstreit
mit der landwirtschaftlichen Krankenkasse) seit einigen Wochen an Schlafstörungen, depressiven Symptomen, Stimmungsschwankungen
und Antriebslosigkeit leide. Er könne und wolle nicht mehr aus dem Haus gehen, da er kein Geld habe. Der Kläger sei auf dem
besten Weg, in eine hochgradige Depression zu verfallen, die dann eventuell sogar stationär behandelt werden müsste.
Das SG hat sodann auf Antrag des Klägers ein nervenärztliches Gutachten von Dr. E. eingeholt. Der Sachverständige hat am 11. Juni
2012 folgende Diagnosen gestellt: posttraumatische Belastungsstörung, soziale Phobie, Angst und depressive Störung gemischt,
Karpaltunnel-Syndrom links, posttraumatische Funktionseinschränkung der linken Hand, monströse Bauchwandhernie, neuropathischer
Schmerz bei Zustand nach operativ versorgter Jochbeinfraktur 2003.
Der Kläger könne noch leichte Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen bzw. abwechselnd sitzend und stehend in und
außerhalb geschlossener Räume unter drei Stunden täglich verrichten. Nicht mehr zumutbar seien schweres Heben und Tragen,
Zugluftexposition und Kälte, Reizüberflutung, ständig wechselnde Arbeitsplatzbedingungen, besondere Verantwortung für Menschen
und Maschinen, besondere Beanspruchung des Reaktionsvermögens oder der Feinmotorik im Bereich der linken Hand, Schichttätigkeit
und Publikumsverkehr. Die Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel könne aufgrund
der ausgeprägten sozialen Phobie nicht abverlangt werden.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Kläger seiner Arbeit als Landwirt noch nachgehe, zusätzlich ein bezahltes Beschäftigungsverhältnis
bei der Gemeinde (Winterdienst) innehabe und eine adäquate nervenärztliche Behandlung nicht erfolgt sei. Der Leistungsbeurteilung
von Dr. W. könne daher nicht gefolgt werden.
Daraufhin hat das SG Dr F. mit der Erstellung eines neurologisch- psychiatrischen Gutachtens beauftragt. Dr. B. hat in seinem Gutachten vom 18.
Januar 2013 dem Kläger eine Dysthymie, einen schädlichen Gebrauch von Alkohol, einen riesigen Bauchnabelbruch und eine Gebrauchsminderung
der linken Hand nach knöcherner Verletzung attestiert. Der Kläger habe noch ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden
für leichte bis mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen in geschlossenen Räumen und im Freien. Zu vermeiden seien
andauernde Tätigkeiten mit schwerem Heben und Tragen, häufiges Bücken und Zwangshaltungen sowie Tätigkeiten mit besonderen
Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand. Die Bewertung der Bauchwandhernie falle in das chirurgische Fachgebiet.
Mittelschwere und schwere Arbeiten könne der Kläger nur ausüben, sofern die Einlegung von Pausen gewährleistet sei. Dies dürfte
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht realistisch sein. Vor der Durchführung der ggf. notwendigen Operation sollte daher
am eventuellen Arbeitsplatz die Möglichkeit bestehen, arbeitsunübliche Pausen einzulegen.
In dem daraufhin von Amts wegen eingeholten chirurgischen Gutachten des Dr.Z. vom 15. Oktober 2013 wird eine Reihe von Gesundheitsstörungen
auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet festgestellt und insbesondere der große Bauchwandnarbenbruch hervorgehoben.
Der Kläger sei aber noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen, möglichst in Wechselhaltung,
mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien schwere und mittelschwere Hebe- und Tragearbeiten, Zwangshaltungen,
besondere Anforderungen an die manuelle Geschicklichkeit und Dauerbelastbarkeit der linken Hand und besondere nervliche Belastung.
Weitere Gutachten seien nicht erforderlich.
Der Kläger hat über seinen Prozessbevollmächtigten erklärt, er genieße Berufsschutz als Maurer. Es sei nicht denkbar, dass
er anderweitig eingesetzt werde. Auch für die landwirtschaftliche Tätigkeit sei er vollkommen ungeeignet. Es sei daher ein
Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung eingetreten.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28. Mai 2014 unter Berufung auf die Gutachten von Dr. E., Dr.Z. und Dr F. abgewiesen. Dem Gutachten
von Dr. W. könne nicht gefolgt werden. Die psychischen Beschwerden des Klägers seien zu keinem Zeitpunkt sehr erheblich gewesen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, er sei seit Jahren nicht in der Lage, die Beiträge
zur Sozialversicherung in der Altersversorgung zu entrichten. Insoweit seien mehrere Verfahren beim SG anhängig. Er sei gesundheitlich nicht in der Lage, als Landwirt zu arbeiten. Dies werde im Ergebnis auch durch die Beitragsnachforderungen
der Beklagte bestätigt. Es sei geradezu absurd vom Kläger zu verlangen, Beiträge in die Sozialversicherung zu zahlen, wenn
auf der anderen Seite die Beklagte vortrage, der Kläger sei gesundheitlich nicht in der Lage, die Landwirtschaft zu betreiben
und solle deshalb verkaufen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. Mai 2014 und des Bescheids vom 30. Juli 2010
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 2010 zu verurteilen, Rente wegen Erwerbsminderung entsprechend den
gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 30. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.
Oktober 2010 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem
Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß §§ 13 Abs. 1 S. 1 ALG i.V.m. §
43 Abs.
1,
2 SGB VI zu.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§
124 Abs.
2 SGG).
Gemäß § 13 Abs. 1 S. 1, 2 ALG haben Landwirte Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie
1.teilweise bzw. voll erwerbsgemindert nach §
43 SGB VI sind,
2.sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen
Alterskasse gezahlt haben,
3.sie vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und
4.das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist.
Gem. §
43 Abs.
1,
2 SGB VI teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer
Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig
zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. §
43 Abs.
3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein
kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung scheidet aus, weil er nicht erwerbsgemindert ist. Nach den auch
den Senat überzeugenden Feststellungen von Dr. E., Dr F. und Dr.Z. steht fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, mindestens
sechs Stunden täglich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Der abweichenden Einschätzung von Dr.
W. vermag der Senat nicht zu folgen.
Bei der Untersuchung des Klägers durch Dr. E. war der Kläger in einem guten Allgemeinzustand ohne cardiopulmonale Dekompensationszeichen,
Leberhautzeichen oder Lymphknotenschwellungen. Gravierendste Gesundheitsstörung beim Kläger ist die ca. kindskopfgroße Bauchwandhernie.
Dr. E. hat darauf hingewiesen, dass insoweit keine Einklemmungserscheinungen und keine wesentliche Druckempfindlichkeit bestünden.
Aufgrund der ungünstigen Kombination des großen Bauchwandbruches mit den Wirbelsäulenbeschwerden seien dem Kläger schweres
Heben und Tragen, häufiges Bücken und Zwangshaltungen nicht zumutbar. Eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens
für leichte und mittelschwere Arbeiten resultieren hieraus jedoch nicht. Im Übrigen hat Dr. C. keine wesentlichen funktionellen
Einschränkungen aufgrund der beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen festgestellt. Bei der Untersuchung von Herz und
Lungen ergaben sich abgesehen von einem Bluthochdruck keine Auffälligkeiten.
Dr. C. hat dem Kläger eine günstige cardiopulmonale Situation bescheinigt. Der Bluthochdruck habe noch nicht zu sekundären
Veränderungen wie etwa einer hypertensiven Herzkrankheit, der leichtgradige diffuse Leberparenchymschaden noch nicht zu einer
Einschränkung der Syntheseleistungen der Leber geführt.
In Bezug auf die Funktionseinschränkungen an der linken Hand hat Dr. C. dargelegt, diese seien die Folge eines im Jahr 1981
erlittenen Mopedunfalls. Die tatsächliche Gebrauchsminderung sei relativ gering, was sich auch an den deutlichen Gebrauchsspuren
an beiden Händen zeige. Dr. C. hat nur eine links etwas eingeschränkte Fingermotorik festgestellt. Der Händedruck sei beidseits
kräftig gewesen. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger nach seinen Angaben gegenüber Dr. E. noch ganztags
als Landwirt arbeitet und zusätzlich Winterdienst am Bahnhof verrichtet, ist diese Leistungsbeurteilung für den Senat nachvollziehbar.
Der Senat ist davon überzeugt, dass auch die auf nervenärztlichem Fachgebiet beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen
nicht zu einer quantitativen Leistungseinschränkung für zumindest leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts führen.
Dr. E. hat im Rahmen seiner Untersuchung beim Kläger keine Auffälligkeiten wie gedankliche Störungen oder Antriebs- bzw. Orientierungsstörungen
feststellen können.
Die Stimmungslage war nicht auffallend depressiv.
Dr. W. beschreibt den Kläger als wach, bewusstseinsklar und allseits zutreffend orientiert. Das formale Denken war geordnet
ohne Hinweise auf inhaltliche Denkstörungen, floride psychotische Erlebnisweisen oder aggressive Tendenzen. Der Kläger habe
von ausgeprägten sozialen Ängsten und Rückzugstendenzen, Antriebslosigkeit und flashback-artig auftretenden Albträumen in
Bezug auf ein 2003 erlittenes Gewaltverbrechen (Schlägerei in einer Disco) berichtet. Die Stimmung des Klägers war nach den
Angaben von Dr. W. offensichtlich ins Ängstlichdepressive ausgelenkt, die affektive Modulationsfähigkeit erschien aufgehoben
und der Antrieb vermindert. Dr. W. erklärt sodann, dass das Leistungsvermögen des Klägers auch für leichte Arbeiten des allgemeinen
Arbeitsmarkts auf unter drei Stunden abgesunken sei. Eine Begründung hierfür gibt er nicht einmal ansatzweise, eine Diskussion
der auf das nervenärztliche Fachgebiet bezogenen abweichenden Feststellungen von Dr. E. fehlt. Auch setzt sich Dr. W. im Rahmen
seiner Leistungsbeurteilung weder mit dem Umstand auseinander, dass der Kläger noch ganztags in seiner eigenen Landwirtschaft
tätig ist und zusätzlich Winterdienst verrichtet, noch würdigt er die Tatsache, dass der Kläger sich keinerlei nervenärztlicher
Behandlung unterzogen hat. Allein behandelnder Arzt des Klägers war bis zu seiner Praxisaufgabe der Allgemeinarzt Dr. M.
Die Leistungsbeurteilung von Dr. W. kann den Senat auch angesichts der Feststellungen von Dr F. nicht überzeugen. Bei Dr.
F. war der Kläger ebenfalls bei klarem Bewusstsein und hinsichtlich aller Qualitäten vollständig orientiert. Belangvolle kognitive
Einschränkungen zeigten sich nicht. Die Intelligenz war durchschnittlich. Denk-, Wahrnehmungs- oder Ich-Erlebensstörungen
sind beim Kläger nicht gegeben. Der Kläger war - für den Senat daraus nachvollziehbar - hinsichtlich seiner misslichen finanziellen
Situation sowie aufgrund von Auseinandersetzungen mit der Veterinärärztin besorgt. Die Stimmungslage war stellenweise etwas
depressiv getönt, insgesamt sorgenvoll und angespannt. Der Kläger hat aber dazwischen auch einen ausgeglichenen und vorübergehend
sogar leicht aufgeheiterten Eindruck bei Dr. F. hinterlassen. Dr. F. konnte ebenfalls gewisse Rückzugstendenzen feststellen,
jedoch keine eigentlichen phobischen Symptome im Sinne einer Soziophobie. Im Hinblick auf den Antrieb machte der Kläger einen
etwas gedämpften und schwunglosen Eindruck. Eine erhebliche Antriebsstörung war für Dr. F. jedoch nicht zu erkennen.
Die von Dr. W. diagnostizierte posttraumatische Belastungsstörung konnte der erfahrene Sachverständige Dr. F. nicht bestätigen.
Bei Dr. F. gab der Kläger in Bezug auf das im Jahr 2003 eingetretene Ereignis, bei dem der Kläger einen Faustschlag ins Gesicht
erhielt, nur an, insoweit keine Lust mehr zu verspüren, eine Disco aufzusuchen. Tiefer liegende Konflikte waren aber nicht
zu eruieren.
Zur Gesundheitsstörung an der linken Hand hat Dr. Z. ausgeführt, dass nur eine leicht ausgeprägte Gebrauchsminderung der linken
Hand vorliege. Es sei der Faustschluss auf dieser Seite eingeschränkt bei sonst ungehinderten Bewegungsabläufen. Der Kläger
habe sich an die Einschränkungen weitgehend adaptiert. Beide Hände wiesen deutliche Gebrauchsspuren auf. Zu vermeiden seien
insoweit nur Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an die Feinmotorik der linken Hand stellen.
Die daraufhin von Dr. F. abgegebene Leistungsbeurteilung des Klägers mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr
für leichte und mittelschwere Arbeiten ist für den Senat damit nachvollziehbar. Dies gilt gerade auch bei Berücksichtigung
des vom Kläger gegenüber Dr. F. angegebenen Tätigkeitsspektrums. Hier hat der Kläger erklärt, zwischen 7:00 Uhr und 8:00 Uhr
aufzustehen (bei Winterdienst bereits um 4:00 Uhr), sich anschließend im Kuhstall zu betätigen, dann eine Brotzeit zuzubereiten.
Er erledige alle anfallenden Arbeiten im Haushalt, auf dem Bauernhof und vor allem im Winter auch im Wald, um Holz zu verkaufen.
Er sei dabei häufig auf Unterstützung angewiesen. Meist benutze er einen Traktor oder andere Maschinen. Auch wenn es naheliegt,
dass die vom Kläger verrichteten, zum Teil schweren Arbeiten in der Landwirtschaft nicht mehr leidensgerecht sind, so macht
ihre tatsächliche vollschichtige Verrichtung dennoch deutlich, dass das Leistungsvermögen des Klägers jedenfalls für leichte
Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch nicht eingeschränkt ist.
Auch aus chirurgischer Sicht ergibt sich kein anderes Bild. Dr. Z. hat bestätigt, dass insbesondere aus der Bauchwandhernie,
den Fehlhaltungen der Wirbelsäule mit allenfalls geringfügig eingeschränkter Funktion und den Funktionsbehinderungen an der
linken Hand keine quantitative Leistungseinschränkung zumindest für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts resultiert.
Ein Rentenanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger trotz des quantitativ uneingeschränkten Leistungsvermögens
für leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine
Tätigkeit finden würde. Denn bei ihm liegen weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere
spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen
würde.
Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung meint die Fälle, in denen bereits eine einzige schwerwiegende Behinderung ein
weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003 - B5 RJ 64/02 R). Das Merkmal "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" trägt hingegen
dem Umstand Rechnung, dass auch eine Vielzahl von Einschränkungen, die jeweils nur einzelne Verrichtungen oder Arbeitsbedingungen
betreffen, zusammengenommen das noch mögliche Arbeitsfeld in erheblichem Umfang zusätzlich einengen können. In diesen Fällen
besteht für den Versicherungsträger die Verpflichtung, ausnahmsweise eine konkrete Tätigkeit zu benennen, weil der Arbeitsmarkt
möglicherweise für diese überdurchschnittlich leistungsgeminderten Versicherten keine Arbeitsstelle bereithält oder nicht
davon ausgegangen werden kann, dass es für diese Versicherten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt oder ernste
Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte in einem Betrieb einsetzbar ist (BSG Urteil vom 10. Dezember 2003, B5 RJ 64/02 R, in [...]).
Das BSG hat entschieden, dass bei Einarmigen, deren Einsatzfähigkeit noch weiter beschränkt ist, die Befürchtung besteht, dass der
Arbeitsmarkt verschlossen ist (BSG SozR Nr. 89 zu § 1246
RVO). Darüber hinaus hat das BSG bei einer Versicherten, die unter Bewegungseinschränkungen beider Arme litt und - neben weiteren Einschränkungen - zudem
zwingend alle halbe Stunde die Körperposition vom Sitzen zum Gehen wechseln musste, die Notwendigkeit festgestellt, für diese
Versicherte eine Verweisungstätigkeit zu benennen. Soweit dies nicht möglich ist, ist der Arbeitsmarkt als verschlossen anzusehen
(vgl. BSG, Urteil vom 28. August 1991, Az. 13/5 RJ 47/90, in [...]).
Von einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen kann nach Auffassung des Senats keine Rede sein. Beim Kläger
liegt vielmehr nur eine Reihe von gewöhnlichen Einschränkungen vor, die jedoch nicht zur Benennung einer Verweisungstätigkeit
zwingen.
Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung in diesem Sinne besteht beim Kläger ebenfalls nicht. In Betracht käme eine solche
nur aufgrund seiner Gesundheitsstörungen an der linken Hand. Zunächst ist insoweit aber darauf hinzuweisen, dass beim Kläger
nur eine geringfügige Gebrauchsminderung an einer Hand und nicht an beiden oberen Extremitäten vorliegt, wobei darüber hinaus
bei ihm mit der linken Hand nicht die führende rechte Gebrauchshand betroffen ist. Die rechte Hand weist insoweit keinerlei
Defizite auf. Der Kläger war und ist mit dieser Behinderung auch in der Lage, seit 1982 bis heute die zum Teil schweren Arbeiten
eines Landwirts sowie alle Haushaltstätigkeiten zu verrichten. Dr. F. hat - auch bei Berücksichtigung der übereinstimmend
von Dr. E. und Dr. Z. festgestellten erheblichen Gebrauchsspuren an der linken Hand sowie noch deutlicheren Gebrauchsspuren
an der rechten Hand - nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass der Kläger an diesen Zustand gut adaptiert sei. Schließlich
hat Dr. Z. ebenfalls nur von einer leichten Gebrauchsminderung der linken Hand nach früherer knöcherner Verletzung gesprochen.
Auch er hat nur Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die manuelle Geschicklichkeit und Dauerbelastbarkeit ausgeschlossen.
Arbeiten mit insoweit normalen Anforderungen sind daher möglich. Der Senat hält damit keinesfalls einen Umfang und eine Schwere
der Gesundheitsstörungen an den oberen Extremitäten für gegeben, die denen entsprechen, die der Entscheidung des BSG vom 28. August 1991 zu Grunde lagen.
Der Arbeitsmarkt ist dem Kläger auch nicht deshalb verschlossen, weil er unübliche Pausen benötigen würde. Dr. F. hat dies
zwar angesichts des - nach seiner Ansicht aus chirurgischer Sicht zu beurteilenden - Bauchwandbruchs für mittelschwere und
schwere Tätigkeiten bejaht, obwohl der Kläger ihm gegenüber nur angegeben hatte, bei allen schweren körperlichen Arbeiten
hierdurch beeinträchtigt zu sein. Ob die Einschätzung von Dr. F. zutrifft, kann dahinstehen. Denn jedenfalls für leichte Arbeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes ergibt sich weder aus nervenärztlicher noch aus orthopädischer Sicht eine Notwendigkeit für
unübliche Pausen.
Der Senat ist auch nicht von einer - bei der gebotenen Anspannung des Willens ggf. unter ärztlicher Hilfe - unüberwindbaren
Einschränkung der Umstellungsfähigkeit des Klägers überzeugt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Intelligenzniveau des
Klägers unbeeinträchtigt ist und eine schwerwiegende psychiatrische Erkrankung nicht vorliegt. Der Kläger hat auch durch die
Übernahme von anderen Tätigkeiten (Winterdienst, Aufräumarbeiten am Bahnhof) belegt, dass er noch in der Lage ist, sich auf
einfache außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten umzustellen.
Schließlich ist auch die Wegefähigkeit des Klägers nach der Einschätzung aller Gerichtsachverständigen nicht beeinträchtigt.
Zwar geht Dr. W. davon aus, der Kläger könne kein öffentliches Verkehrsmittel benutzen. Eine zureichende Begründung hierfür
gibt er aber nicht. Darüber hinaus besitzt der Kläger einen Führerschein und einen PKW.
Auch für sonstige sogenannte Katalogfälle (vgl. SozR 2200 § 1246 Nrn. 30, 75, 81, 90, 104, 109, 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr.
8, § 1246 Nr. 41) liegt - nach den Feststellungen der Sachverständigen und der Überzeugung des erkennenden Gerichts - kein
Anhalt vor.
Die vom Kläger über seinen Bevollmächtigten vorgetragenen Einwendungen konnten den Senat nicht überzeugen. Ohne rechtliche
Bedeutung ist es, ob der Kläger noch in der Lage ist, mindestens 6 Stunden täglich Arbeiten als Landwirt zu verrichten. Das
Recht der Alterssicherung der Landwirte sieht keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor, da
§ 13 ALG nicht auf §
240 SGB VI verweist (vgl. ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 15. Mai 2013, Az. L 1 LW 12/12, in [...]). Prüfungsmaßstab ist damit allein, ob der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens 6 Stunden täglich
Arbeiten verrichten kann. Der Versicherungsfall der Erwerbsminderung ist also keinesfalls deshalb eingetreten, weil der Kläger
gesundheitlich nicht mehr in der Lage ist, seine Landwirtschaft zu betreiben oder im erlernten Beruf als Maurer zu arbeiten.
Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß §
43 Abs.
2 SGB VI. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung (§
193 SGG) berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), liegen nicht vor.