Sonderversorgungssystem der Zollverwaltung der DDR
Verpflegungsgeld und Bekleidungsgeld
Begriff des Arbeitsentgeltes
Zuflussprinzip
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für die Zeit seiner Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Zollverwaltung der DDR (Zv) die Feststellung
weiterer Entgelte wegen der Zahlung von Verpflegungsgeld (Vg) und Bekleidungsgeld (Bg).
Der 1936 bzw. nach den Einträgen in den Besoldungsstammkarten ein Jahr später geborene Kläger war vom 1. Juni 1957 bis 30.
September 1990 beim Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (AZKW) bzw. bei der Zv beschäftigt. In der Zeit vom 1. November
1970 bis 31. Dezember 1989 war er als "Offizier im besonderen Einsatz" für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätig.
Mit Bescheid vom 7. April 1997 zur Überführung von Ansprüchen und Anwartschaften nach § 8 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) stellte die Beklagte den Zeitraum vom 1. Juni 1957 bis zum 31. Oktober 1970 sowie den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis zum
30. September 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Zv sowie die in diesem Zeiträumen erzielten
Entgelte fest. Mit Änderungsbescheid vom 14. Juli 2005 bescheinigte die Beklagte im Hinblick auf die Neufassung des § 6 Abs. 2 und 3 AAÜG durch das Erste Gesetz zur Änderung des AAÜG vom 21. Juni 2005 Arbeitsentgelte des Klägers im Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 17. März 1990 in Höhe von (iHv) 7.041,33
DM.
Unter dem 23. Juli 2009 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - die Überprüfung des Überführungsbescheides vom 4. April 1997 und begehrte die Berücksichtigung von Vg und Bg bei der
Feststellung der Entgelte. Als Angehöriger des Zollfahndungsdienstes habe er zivile Kleidung getragen. Mit Bescheid vom 15.
Dezember 2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die angeführten Zahlungen lediglich Aufwandsersatzcharakter gehabt hätten.
Weder seien diese Zahlungen nach bundesdeutschem Rechtsverständnis rentenversicherungspflichtiges Entgelt noch nach der Versorgungsordnung
der Zv beitragspflichtig gewesen. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2010 zurückgewiesen.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Das Vg und das Bg seien unter Berücksichtigung der Entscheidung des BSG vom 23. August 2007- B 4 RS 4/06 R - Arbeitsentgelt, denn es seien nur für die Dauer des Dienstverhältnisses und nur im Zusammenhang mit der Beschäftigung
nach der Besoldungsordnung die erbrachten Leistungen gewährt worden.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die Klage mit Urteil vom 20. Juli 2012 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 15. Dezember 2009 und Neufeststellung der Arbeitsentgelte
unter Berücksichtigung des Vg und des Bg. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 iVm Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) sei ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen, wenn bei
seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise.
Diese Voraussetzungen seien indes nicht erfüllt. Die Beklagte habe im Bescheid vom 7. April 1997 in der Fassung (idF) des
Änderungsbescheides vom 14. Juli 2005 zu Recht weder das Vg noch Bg als Bestandteil des Arbeitsentgeltes nach § 6 Abs. 1 AAÜG festgestellt. Nach § 8 Abs. 1 AAÜG habe die Beklagte in einem Feststellungsverfahren unter anderem das während der Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem
erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen festzustellen. Welche Arbeitsverdienste den Zugehörigkeitszeiten zu einem Versorgungssystem
zuzuordnen seien, bestimme sich nach § 6 Abs. 1 AAÜG. Danach seien die Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - [SBG VI]) das erzielte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. Bei dem
Vg und dem Bg handele es sich nicht um Arbeitsentgelt. Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 AAÜG seien lediglich Geld und geldwerte Sachleistungen, die dem Betreffenden in ursächlichem Zusammenhang mit der versorgungsrechtlich
begünstigten abhängigen Beschäftigung in der Zeit der Zugehörigkeit zu dem jeweiligen Versorgungssystem zugeflossen seien,
sofern es sich nicht um zusätzlich zu den Löhnen und Gehältern bzw. Dienstbezügen gewährte Geld oder geldwerte Sachleistung
handele, auf die - entsprechend den im Zuflusszeitpunkt geltenden Bestimmungen des Rechts der DDR - keine Lohnsteuer gezahlt
worden sei. Eine Anwendung des am 1. August 1991 geltenden bundesdeutschen Lohnsteuerrechtes sei nicht "sachgerecht". Mangels
Entscheidungserheblichkeit könne dahinstehen, ob es sich bei Vg und Bg statt Arbeitsentgeltes vielmehr um eine Sozialleistung
handele und ob der beantragte Umfang tatsächlich durch den Kläger nachgewiesen worden sei.
Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt vor: Das SG weiche von der Rechtsprechung des BSG ab. Es sei eine Tatsache, dass die Beklagte das im Jahr 1991 gezahlte Vg als Arbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 AAÜG anerkannt und im Überführungsbescheid berücksichtigt habe. Für die streitigen Zahlungen seien im maßgeblichen Zeitpunkt am
1. August 1991 die Lohnsteuer und die Sozialbeiträge erhoben worden bzw. hätten die streitigen Zahlungen im Jahr 1991 der
Einkommensteuer und der Sozialbeitragspflicht unterlegen. Die Zollbediensteten der ehemaligen DDR, die mit Wirkung vom 3.
Oktober 1990 von der Bundesfinanzverwaltung in ein Angestelltenverhältnis übernommen worden seien, hätten für das im Jahr
1991 bezogene Vg, Bg und Wohnungsgeld sowohl Lohnsteuer als auch Sozialbeiträge entrichtet. Ab 1. Januar 1991 seien das Wohnungsgeld,
das Bg, das Vg und der Grenzzuschlag den lohnsteuer- und sozialbeitragspflichtigen Bruttobezügen zugerechnet worden. Grundlagen
für die Einführung der Zahlung des Vg sei die am 1. Mai 1957 in Kraft getretene Vergütungsordnung des AZKW (VgO 1957) und
nicht erst das danach in Kraft getretene Gesetz über die Abschaffung der Lebensmittelkarten vom 28. Mai 1958 bzw. die Lohnzuschlagsverordnung
gewesen. Entgegen der Darstellung der Beklagten habe der Zahlbetrag des Vg ab 1. Mai 1957 nur 2 Mark (M) und nicht 2,20 M
betragen. Die nachfolgenden Erhöhungen der Zahlbeträge hätten stets ihre Grundlage in der Vergütungsordnung des AZKW bzw.
den Besoldungsordnungen der ZV aus dem Jahren 1965, 1973 und 1986 gehabt. Für die Bejahung als Arbeitsentgelt nach §
14 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (
SGB IV) sei der erforderliche Zusammenhang mit der Beschäftigung immer dann gegeben, wenn - wie hier - die konkrete Zahlung ohne
das Beschäftigungsverhältnis nicht denkbar wäre. Die Zahlung des Vg sei nicht aus Fürsorgegründen sondern nach der Vergütungs-/Besoldungsordnung
aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis von Dienstleistungs- und Vergütungspflicht erfolgt. Nach Regelungen der Besoldungsordnung
der ZV sei das streitgegenständliche Vg nicht neben dem Gehalt gezahlt worden. Der Begriff Gehalt sei in den Besoldungsordnungen
nicht vorhanden. Die monatliche Besoldung habe nach den Besoldungsordnungen in der ZV sowohl die Vergütung für den Dienstgrad,
die Dienststellung, das Dienstalter sowie die Zahlung des Vg, des Wohnungsgeldes, des Bg und Reinigungszuschusses usw. umfasst.
Lohnsteuer sei nicht auf die Dienstbezüge, sondern nur auf die Vergütung für den Dienstgrad der Zolloffiziere erhoben worden.
Zur Bruttobesoldung habe die Vergütung für den Dienstgrad, die Dienststellung, das Dienstalter, der Fremdsprachenzuschlag,
die Ärztezulage und die Hauptstadtzulage gehört. Sie habe die Grundlagen für die Festsetzung des Zahlbetrages für den Versorgungsfonds
gebildet und sei Bemessungsgrundlage für die Beitragspflicht zum Versorgungsfonds gewesen. Es habe ferner eine so genannte
Nettobesoldung gegeben, die die Bruttobesoldung gemindert um den Beitrag für den Versorgungsfonds und Lohnsteuer sowie die
Zahlung steuerfreier Besoldungsbestandteile wie das Wohnungsgeld, das Vg, den Hundeführerzuschlag, den Zuschlag für den Grenzdienst,
den Reinigungszuschuss usw. umfasst habe. Diese steuerfreien Zahlungen hätten gleichermaßen Lohncharakter gehabt. Eine Trennung
zwischen einem "Gehalt" und anderen Zahlungen, d. h. zwischen den einzelnen Bestandteilen der Vergütung/Besoldung habe es
nach den dafür geltenden Regelungen der Zv entgegen der Ansicht der Beklagten nicht gegeben. Da er bei Eintritt in den Dienst
der Zv am 1. Juni 1957 am Dienstort B nicht über eine eigene Wohnung oder anderweitige Unterkunftsmöglichkeit verfügt habe,
habe er die vom Dienstherrn angebotene Nutzung einer zolleigenen Gemeinschaftsunterkunft in Z bei B bzw. in B-K bis Ende des
Jahres 1958 in Anspruch genommen. Dies habe vor allem in seinem Interesse und nicht im Interesse des Dienstherrn gelegen.
Grundsätzlich hätten die vom Dienstort weit entfernt wohnhaften Dienstanfänger die zolleigenen Wohnheime so lange genutzt,
bis sie über einen eigenen Wohnraum verfügt hätten. Daher habe für ihn keine Verpflichtung bestanden, eine Gemeinschaftsunterkunft
am Dienstort zu nutzen. Die Gemeinschaftsunterkünfte des AZKW bzw. der Zv hätten den Charakter einen betrieblichen Wohnheims
bzw. eines Internats und nicht den Charakter einer Kaserne gehabt. Grund für Einrichtung und Errichtung der Wohnheime des
AZKW und später der Zv sei die Wohnungsknappheit in der DDR, fehlender Wohnraum für die Dienstanfänger in den Grenzdienstorten
und in B sowie unzureichende Verkehrsanbindungen, die ein täglichen Pendeln zwischen Wohn- und Dienstort nicht ermöglichten,
gewesen. In den Fällen, in denen in die Vollverpflegung in den Gemeinschaftsunterkünften durch den Dienstherrn ständig oder
zeitweilig nicht gewährleistet werden konnte, sei das Vg zur Selbstversorgung ausgezahlt worden. Grundsätzlich habe eine Verpflichtung
zur Teilnahme an der Vollverpflegung bestanden. Und dies sei bereits unter Beachtung des geringen Verpflegungssatzes ein Vorteil
für den Zollbediensteten gewesen, denn für den jeweiligen Verpflegungssatz sei eine eigene Vollverpflegung nur schwerlich
möglich gewesen. Insoweit habe das Vg eher den Charakter eines Verpflegungskostenzuschusses gehabt, über den der Zollbedienstete
habe frei verfügen können. Die das Vg betreffenden Zahlungen seien auf den Besoldungsstammkarten ebenso wie die Gründe für
die Einstellung der Zahlung des Vg wegen der gewährten kostenlosen Vollverpflegung ausgewiesen. Die Höhe des Vg habe keineswegs
die tatsächlichen Kosten für die Beköstigung der Zollbediensteten gedeckt. Zur Sicherstellung der Verpflegung habe der Verpflegungseinrichtung
des Dienstherrn die Höhe des auszuzahlenden Verpflegungsgeldes für den Einkauf von Lebensmitteln bei den Großhandelseinrichtungen
zur Verfügung gestanden. Hinzu seien noch die Allgemeinkosten für Personal, Heizung, Energie, Transport sowie die Kücheneinrichtung
gekommen, die vom Dienstherrn als Arbeitgeber bereitgestellt worden seien. Diese (sozialen) Leistungen des Dienstherrn würden
nicht als Arbeitsentgelt geltend gemacht. Nur so sei eine "kostenlose" Vollverpflegung auf der Grundlage des Verpflegungssatzes
zu gewährleisten gewesen. Folglich sei das Vg kein Ersatz für gewährte Vollverpflegung, sondern stelle einen Verpflegungskostenzuschuss
dar. Vg und Sachbezug kostenlose Vollverpflegung seien daher nicht gleichzusetzen. Das ausgezahlte Vg entspreche nicht dem
Geldwert der bereitgestellten Verpflegung, sondern liege darunter. Die in die monatliche Gehaltszahlung integrierte Zahlung
des Vg sei für die Zollbediensteten stets ein fester und unverzichtbarer Bestandteil des monatlich zur Verfügung stehenden
persönlichen Einkommens gewesen. Der Lohncharakter des Vg bzw. der kostenlosen Vollverpflegung könne weiterhin mit den Regelungen
der zur Berechnung des Überbrückungsgeldes erlassenen 1. Ergänzung vom 8. Juni 1990 zur Ordnung 1/86 vom 1. Januar 1986 (BSO
1986) belegt werden. Danach sei das Vg der Nettobesoldung zuzurechnen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juli 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2009 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 22. März 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Überführungsbescheid der Oberfinanzdirektion
B vom 7. April 1997 in der Fassung des Bescheides vom 14. Juli 2005 dahingehend abzuändern, dass als Arbeitsentgelt im Sinne
des § 8 AAÜG die Zahlungen des Verpflegungsgeldes vom 1. Dezember 1958 bis 30. September 1960 in Höhe von monatlich 103,85 M, vom 1. November
1962 bis 30. April 1963 in Höhe von monatlich 103,85 M, vom 1. Mai 1963 bis 31. Oktober 1970 in Höhe von monatlich 66,- M,
vom 1. Januar 1990 bis 30. September 1990 in Höhe von monatlich 136,97 DM sowie den Geldwert des Sachbezugs kostenlose Verpflegung
vom 1. Juni 1957 bis 31. Mai 1958 in Höhe von täglich 2,- M, vom 1. Juni 1958 bis 30. November 1958 in Höhe monatlich 103,85
M, vom 1. Oktober 1960 bis 31. Oktober 1961 in Höhe monatlich 103,85 M und die Zahlung des Bekleidungsgeldes für die Zeit
vom 1. Juni 1957 bis 31. Juli 1965 in Höhe von monatlich 20,- M bzw. für die Zeit vom 1. August 1965 bis 31. Oktober 1970
in Höhe von monatlich 30,- M zu bescheinigen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juli 2012 zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die Rechtsprechung des erkennenden 16. Senats des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg
sowie das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 7. Juli 2015 - L 5 RS 183/11 -.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Überführungsakte der Oberfinanzdirektion B sowie drei die Vergütungsordnung und die Besoldungsordnungen betreffenden Halbhefter
und die Gerichtsakte (2 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§
124 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Das vom Kläger im Wege der Kombination (§
56 SGG) einer Anfechtungs- und zweier Verpflichtungsklagen (§
54 Abs.
1 Satz 1 Var. 1 und 3
SGG) geltend gemachte Klagebegehren, die Ablehnungsentscheidung im Überprüfungsbescheid vom 15. Dezember 2009 und den Widerspruchsbescheid
vom 22. März 2010 (§
95 SGG) aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, die bestandskräftigen (§
77 SGG) Verwaltungsakte (§ 31 Satz 1 SGB X) zur Feststellung des Höchstbetrags der Arbeitsentgelte des Klägers im Überführungsbescheid vom 7. April 1997 idF des Änderungsbescheides
vom 14. Juli 2005 teilweise zurückzunehmen und in den im Antrag wiedergegebenen Zeiträumen anstelle der alten Entgelthöchstbetragsregelungen
neue Höchstbetragsregelungen unter Einbeziehung der Vg und kostenfreien Verpflegung als Sachbezug sowie der Bg festzusetzen,
ist unbegründet. Ein solcher Rücknahmeanspruch des Klägers besteht nicht.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X, der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 des AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt
oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt,
auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für
die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn der Überführungsbescheid vom 4. April 1997 idF des Änderungsbescheides vom 14.
Juli 2005 ist nicht rechtswidrig. Anspruchsgrundlage für die Feststellung von weiteren Entgelten im Rahmen der Zugehörigkeit
zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, sind §§ 1, 5 und 8 AAÜG.
Gemäß § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der für das Sonderversorgungssystem der Angehörigen der Zv (Anlage 2 Nr. 3 zum AAÜG) zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§
149 SGB VI) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte
mit dem Überführungsbescheid vom 4. April 1997 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. Juli 2005 Zeiten der Zugehörigkeit
zum Sonderversorgungssystem Nr. 3 der Anlage 2 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Die dem Kläger im Zeitraum vom 1. Februar 1962 bzw. vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1990 (teilweise) gezahlten Vg sowie
den geltend gemachten Sachbezug der kostenfreien Verpflegung sowie die als bezogen geltend gemachten Bg hat sie jedoch zu
Recht nicht berücksichtigt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§
256a Abs.
2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Die Norm definiert den Begriff des Arbeitsentgeltes
zwar nicht selbst. Aus dem Wort "erzielt", folgt aber im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln muss, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem
"aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden, ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4). Dabei muss es sich um eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung handeln, wobei unerheblich
ist, ob das erzielte Arbeitsentgelt in der DDR einer Beitrags- oder Steuerpflicht unterlag (vgl. BSG, ebda.). Die inhaltliche Bedeutung des Begriffs "Arbeitsentgelt" im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG bestimmt sich nach dem Arbeitsentgeltbegriff iSd §
14 Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (
SGB IV). Dabei ist ausschließlich die Rechtslage maßgeblich, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 bestand (vgl. BSG, aaO.). Nach §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch
auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus
der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Dabei ist es - dem Wortlaut des §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV entsprechend - ausreichend, wenn ein mittelbarer (innerer, sachlicher) Zusammenhang mit der Beschäftigung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2004 - B 4 RA 19/03 R = SozR 4-8570 § 8 Nr. 1), weil der Arbeitsentgeltbegriff grundsätzlich weit gefasst ist. Insofern stellen grundsätzlich
alle direkten und indirekten Leistungen des Arbeitgebers eine Gegenleistung für die vom Beschäftigten zu erfüllende Arbeitspflicht
dar und werden im Hinblick hierauf gewährt. Etwas anderes gilt ausnahmsweise allerdings dann, wenn sich für die Einnahme eine
andere Ursache nachweisen lässt. Leistungen, die aus einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erbracht werden,
sind keine Gegenleistungen für die Arbeitsleistung oder die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und daher kein Arbeitsentgelt.
Dies gilt insbesondere für Vorteile, die sich lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen
darstellen (st. Rspr. des BSG; siehe Urteil vom 26. Mai 2004 - B 12 KR 5/04 R = SozR 4-2400 § 14 Nr. 3; Urteil vom 1. Dezember 2009 - B 12 R 7/08 R = BSGE 105, 66; Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 6; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R -, juris J; ebenso: Knospe in: Hauck/Noftz, Kommentar zum
SGB IV, §
14, Rdnr. 27 [Stand: Mai 2013]).
Handelt es sich um Arbeitsentgelt, ist (in einem zweiten Schritt) weiter zu prüfen, ob die bundesrechtliche Qualifizierung
als Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV wegen §
17 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB IV in Verbindung mit § 1 der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) ausgeschlossen ist (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 6; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R - juris). §
17 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB IV ermächtigt die Bundesregierung, durch Rechtsverordnung zur Wahrung der im Gesetz genannten Ziele zu bestimmen, dass "einmalige
Einnahmen oder laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse oder ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt
werden, und steuerfreie Einnahmen ganz oder teilweise nicht als Arbeitsentgelt gelten". Auf der Grundlage dieser Ermächtigung
ist die ArEV ergangen. Sie ist auf das Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 übergeleitet worden (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4). § 1 ArEV regelt, dass "einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen
oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, soweit sie lohnsteuerfrei sind und sich aus § 3 ArEV (Ausnahme für Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit in der gesetzlichen Unfallversicherung) nichts Abweichendes
ergibt". Diese Regelung ist bei der Bestimmung des Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG zu beachten. Maßgeblich ist dabei ausschließlich das Steuerrecht im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG am 1. August 1991 (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 1/13 R = SozR 4-8570 § 6 Nr. 6; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 3/14 R -, juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben ergibt sich für den vorliegenden Sachverhalt Folgendes:
Die bundesrechtliche Qualifizierung des vom Kläger für den Zeitraumvom 1. Juni 1957 bis 31. Oktober 1961, vom 1. November
1962 bis 31. Oktober 1970 und vom 1. Januar 1990 bis 30.September 1990 als gewährt geltend gemachten Vg bzw. Sachbezugs kostenlose
Verpflegung als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IVist ausgeschlossen, weil diese - im Übrigen nur zum Teil
durch die Besoldungsstammkarten nachgewiesenen Zuwendungen - nicht aus der Beschäftigung erzielt wurden und keine Gegenleistung
für die erbrachte Arbeitsleistung darstellen. Vielmehr handelt es sich bei diesen Leistungen jeweils um arbeitgeberseitige
Zuwendungen, die sich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen darstellen (st. Rspr. des erkennenden
Senats, vgl. Urteile vom 5. Dezember 2012 - L 16 R 355/11-, juris, vom 21.August 2013 -L 16 R 670/11 -, juris und L 16 R 706/12- sowie vom 27. November 2013 - 16 R 423/12 - ;ebenso: SächsLSG, Urteile vom 7. Juli 2015 - L 5 RS 203/11- und - L 5 RS 183/11 -, vom 01. September 2015 - L 5 RS 195/14- sowie vom 24. November 2015 - L 5 RS 609/11 -, jeweils juris).
Die dem Kläger als Angehörigen des AZKW bzw. der Zv zu gewährende kostenlose Verpflegung bzw. das an ihn auszuzahlende Vg
beruhte für den Zeitraum vom 1. Juni 1957 bis 31. Oktober 1961 und vom 1. November 1962 bis 31. Juli 1965 auf § 5 der durch
den Befehl Nr. 2/57 des Ministers für Außenhandel und innerdeutschen Handel in Kraft gesetzten VgO 1957- geändert mit Befehl
Nr. 07/57 des Ministers vom 22. Dezember 1957 -, für den Zeitraum vom 1. August 1965 bis 31. Oktober 1970 auf Ziffer 5.31
der mit Befehl Nr. 1/65 des Ministers für Außenhandel und innerdeutschen Handel in Kraft gesetzten Besoldungsordnung der Zollverwaltung
der DDR (BSO 1965), für den Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 30. September 1990 auf Ziffer 4.2 der durch den Leiter der Zv
erlassenen (Besoldungs-)Ordnung Nr. 1/86 vom 1. Januar 1986 (BSO 1986).
Nach diesen Vorschriften wurde Angehörigen des AZKW, später der Zv, die in Gemeinschaftsunterkünften oder Wohnheimen wohnten,
freie Verpflegung gewährt. Zöllner, die nicht in Gemeinschaftsunterkünften oder Wohnheimen wohnten bzw. vorübergehend aus
der Gemeinschaftsverpflegung ausschieden, hatten Anspruch auf Vg iHv 2,- Mark täglich (ab 1. Mai 1957), iHv 3,35 Mark bzw.
2,20 Mark täglich (ab 1. August 1965) sowie iHv 136,97 Mark monatlich (ab 1. Januar 1986).
Die Zahlung des Vg erfolgte als Surrogat für die ansonsten in den Gemeinschaftsunterkünften bereitgestellte Vollverpflegung,
wie sich aus den benannten Besoldungsordnungen ergibt. Zweck der Vollverpflegung war die Funktionsfähigkeit des AZKW bzw.
der Zv zu gewährleisten und die Erledigung der staatlichen Aufgaben durch die beschäftigten Zöllner zu sichern. Die Erhaltung
eines gesunden, körperlich und geistig intakten, vollverpflegten Personalkörpers diente damit ausschließlich dem Ziel die
staatliche Aufgabenwahrnehmung durch die Zollverwaltung aufrecht zu erhalten. Die Unterbringung der Zöllner in Gemeinschaftsunterkünften
lag keineswegs im Interesse der einzelnen Angehörigen des AZKW bzw. der ZV der DDR, sondern war in erster Linie dem Interesse
der DDR an einer möglichst effektiven Überwachung und Kontrolle des grenzüberschreitenden Waren-, Post- und Zahlungsverkehrs,
insbesondere der Bekämpfung "feindlicher Handlungen" sowie der Sicherung des staatlichen Außenhandelmonopols geschuldet. Diese
Ziele konnten mit Hilfe der eine Vollverpflegung einschließenden Kasernierung der beschäftigten Zöllner am besten erreicht
werden, denn dadurch waren die nach militärischen Prinzipien geführten und ausgerüsteten Beschäftigten des Zolls mit größtmöglicher
Effektivität rund um die Uhr einsetzbar. Mit der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften konnte ferner die Abschottung
des zu den bewaffneten Organen zählenden DDR-Zollapparates gegenüber der eigenen Bevölkerung sowie den Reisenden der übrigen
sozialistischen Staaten und insbesondere des "kapitalistischen Auslands" am ehesten verwirklicht sowie die Überwachung und
Ausforschung der Zöllner, die - wie allgemein bekannt ist - als "kontrollierte Kontrolleure" (vgl. nur Jörn-Michael Goll,
Kontrollierte Kontrolleure: Die Bedeutung der Zollverwaltung für die "politisch-operative Arbeit" des Ministeriums für Staatssicherheit
der DDR, Göttingen 2011) selbst unter permanenter Kontrolle durch das MfS standen, erheblich erleichtert werden. Mit der Gründung
des AZKW im Jahre 1952 sollten - wie es in der Beschlussvorlage "für das Kollegium des Ministeriums für Außenhandel und Innerdeutschen
Handel betreffend Verbesserung der Kaderarbeit" im AZKW (BVorl) vom 12. September 1955 zum Ausdruck kommt (vgl. S. 1) - die
"Interessen der Arbeiter- und Bauernmacht im Güter und Reiseverkehr gegen Schmuggel und Spekulation" gewahrt werden. Mängel
und Schwierigkeiten bei der Verwirklichung dieser Ziele ergaben sich u.a. daraus, dass einerseits für die in Grenznähe bzw.
an den (innerdeutschen) Demarkationslinien tätigen Mitarbeiter des AZKW kaum Wohnraum zur Verfügung stand und andererseits
die Mitarbeiter in bestimmten Abständen versetzt werden mussten, um das "Entstehen von persönlichen Kontakten mit den zu kontrollierenden
Personen zu vermeiden" (vgl. BVorl, S. 5f.). Die damalige (1955) Vergütungsordnung im AZKW war zudem, insbesondere auch hinsichtlich
der Sicherstellung der Verpflegung, nicht auf die "Notwendigkeiten, die sich aus der Erhöhung der Wachsamkeit durch systematische
Versetzung in andere Dienststellen" (vgl. B Vorl, S. 4) ergaben, abgestimmt. Es wurde deshalb angestrebt, die Mitarbeiter
des AZKW ("bis einschließlich Schichtleiter") in Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen und für die im operativen Dienst
tätigen Mitarbeiter ein "Verpflegungsgeld"(vgl. BVorl, S. 8) einzuführen. In diesem sicherheitspolitischen Zusammenhang war
es dann nur folgerichtig, dass mit der Einführung der VgO 1957 für die in den Gemeinschaftsunterkünften untergebrachten Zöllner
ein Anspruch auf Vollverpflegung gewährt wurde. Dass die Kasernierung mit Vollverpflegung im Laufe der Zeit mit der vorübergehenden
Konsolidierung der DDR tatsächlich an Bedeutung verlor und nur noch ein vergleichsweise geringer Anteil der Zöllner davon
erfasst wurde, ändert entgegen der Ansicht des Klägers nichts an den Beweggründen für die Einführung und Beibehaltung des
Vg. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich an den dargestellten Zielen des DDR-Zolls und dem hiernach verfolgten Konzept
etwas geändert haben könnte und mithin die Gewährung der Vollverpflegung und die Zahlung des Vg in einem anderen Licht erschiene.
Dies gilt auch für die Zeit nach dem 9. November 1989, denn auch nach der sog. Wende galt die "vorwendezeitliche" BSO 1986
fort. Nach alledem lag die - noch im August 1989 ausdrücklich als Kasernierung bezeichnete (vgl. Ziffer 1.1. Abs. 5 der Ordnung
Nr. 5/89 über die Verpflegungsversorgung in der Zollverwaltung der DDR vom 1. August 1989) Unterbringung der Zöllner in -
vom Kläger nun beschönigend als Internate bezeichneten - Gemeinschaftsunterkünften und die damit verbundene Vollverpflegung
der Zöllner ganz überwiegend im "eigenbetrieblichen Interesse" des AZKW bzw. der ZV der DDR. Das Interesse der Zöllner an
ihrer unentgeltlichen Verpflegung war demgegenüber nur von untergeordneter Bedeutung. Eine Entlohnung für geleistete und tatsächlich
erbrachte Arbeit war nicht Zahlungszweck. Das Vg, als Surrogat der Vollverpflegung der kasernierten Beschäftigten, wurde den
Angehörigen der Zv - diesem betriebsfunktionalen Zweck korrespondierend - damit auch nicht als Arbeitsentgelt gewährt. Bestätigt
wird dies auch dadurch, dass der Anspruch auf Vollverpflegung und auf Vg auch an dienstfreien Tagen, an Sonntagen und an Feiertagen
bestand und dass die Zahlung von Vg im Haushaltsplan der Zv nicht aus dem Lohnfonds (Sachkontenklasse 2, Sachkontengruppe
20 ff.), sondern aus dem Versorgungs- und Unterhaltungsausgabenfonds (Sachkontenklasse 3, Sachkontengruppe 30) erfolgte (vgl.
Systematik des Haushaltsplanes der Zv, bekannt gegeben durch die Dienstanweisung 7/85 vom 10. Mai 1985).
Die bundesrechtliche Qualifizierung des vom Kläger im Zeitraum vom 1. Juni 1957 bis 31. Oktober 1970 als bezogen behaupteten
Bg als Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV ist schon deshalb ausgeschlossen, weil diese behaupteten Zahlungen nach Maßgabe des am 1. August 1991 geltenden Steuerrechts
lohnsteuerfrei waren und deshalb kraft gesetzlicher Fiktion der §§
17 Abs.
1 Satz 1 Nr.
SGB IV, 1 ArEV nicht als Arbeitsentgelt gelten.
Nach § 8 Abs. 2 VgO 1957 erhielten Angehörige des AZKW, die den Dienst bestimmungsgemäß in Zivil verrichteten, monatlich 20,-
"DM" "Kleidergeld". Nach Ziff. 5.11 BSO 1965 erhielten Angehörige der Zv, die ihren Dienst weisungsgemäß in Zivil verrichteten
monatlich ein Bg iHv 30,- MDN.
Im Unterschied zum Vg unterfallen diese zunächst als Kleidergeld und später als Bg bezeichneten Zuwendungen dem Arbeitsentgeltbegriff
des §
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV. Die Subsumtion des Bg unter §
14 Abs.
1 SGB IV führt gleichwohl nicht zur Zurechnung des Bg zu dem nach § 6 AAÜG zu berücksichtigenden Arbeitsentgelt, weil die Voraussetzungen des § 1 ArEV gegeben sind. Nach § 1 ArEV sind lohnsteuerfreie Einnahmen, die - wie hier das Bg - zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt
zuzurechnen.
Das gegebenenfalls zusätzlich zur Besoldung zu gewährende Bg wäre am 1. August 1991 gemäß §
3 Nr. 12
Einkommensteuergesetz -
EStG - lohnsteuerfrei gewesen. Nach dieser Vorschrift sind aus einer Bundeskasse oder Landeskasse gezahlte Bezüge steuerfrei,
die in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden
Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung
im Haushaltsplan ausgewiesen werden (Satz 1). Das gleiche gilt für andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen
Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall
oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst offenbar übersteigen (Satz 2). Die Tatbestandsvoraussetzungen
des Satzes 2 liegen vor. Mit dem Kleidergeld bzw. dem Bg wurde durch das AZKW bzw. die Zv als einer "öffentlichen Kasse" der
den Zöllnern erwachsende berufsbedingte Aufwand für die Beschaffung und Reinigung der im Dienst getragenen Kleidung entschädigt.
Anhaltspunkte dafür, dass diese monatliche Zahlung den tatsächlichen Aufwand offenbar überstieg, bestehen nicht. Soweit der
Bundesfinanzhof (BFH) §
3 Nr. 12 Satz 2
EStG dahingehend ausgelegt hat, dass die Erstattung nur solcher Aufwendungen von der Steuer befreit ist, die als Betriebsausgaben
oder Werbungskosten abziehbar sind (BFH, Urteil vom 29. November 2006 - VI R 3/04 -, juris), ergeben sich hieraus keine Bedenken gegen die Lohnsteuerfreiheit des Bg. Zu den Werbungskosten gem. §
9 Abs.
1 Satz 1
EStG gehören Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Darunter fallen Aufwendungen, die - wie hier aufgrund
von (behaupteten) Weisungen der Arbeitgeberin betreffend die im Dienst zu tragende Kleidung - objektiv durch die spezifischen
beruflichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen, welche vorliegend durch das einen wesentlichen Teil des Grenzregimes bildende
Zollwesen der DDR geprägt wurden, veranlasst sind und subjektiv zur Förderung seines Berufs getätigt werden (vgl. BFH, Urteil
vom 29. Juni 1993 - VI R 77/91 -, juris).
Ein Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung des BG nach § 6 AAÜG als Arbeitsentgelt scheitert ferner daran, dass der Kläger weder derartige Zahlungen glaubhaft gemacht hat noch dass er seine
Verpflichtung zum Tragen von Zivilkleidung während seines Dienstes nachgewiesen hat. Insoweit steht nicht zur vollen Überzeugung
des Senats fest, dass er als (zeitweiliger) Angehöriger des Zollfahndungsdienstes in den gesamten geltend gemachten Zeiträumen
Zivilkleidung zu tragen hatte. Aus den Besoldungsstammkarten, die im Übrigen noch nicht einmal das Geburtsdatum des Klägers
zweifelsfrei wiedergeben, ergibt sich lediglich für die Jahre 1965 bis 1970 ein Hinweis auf die Zollfahndung. Das von ihm
angeführte Deckblatt zur Überführungsakte gemäß § 8 AAÜG benennt zwar für die Zeit ab 1. März 1963 als Einsatzort die Abteilung Zollfahndung der Bezirksverwaltung Berlin bzw. der
Hauptverwaltung; es belegt aber für sich genommen nicht, dass und in gegebenenfalls in welchen Zeiträumen der Kläger im Zollfahndungsdienst
in ziviler Kleidung eingesetzt worden war. Der Kläger räumt schließlich selbst ein, dass er über keine Nachweise hinsichtlich
tatsächlich geleisteter Zahlungen verfügt. Soweit er mit Schriftsatz vom 15. Januar 2011 angeregt hat, bestimmte Personen
zum Bg als Zeugen zu hören, hat er nicht substantiiert dargelegt, was diese Personen konkret bekunden sollen. Eine Vernehmung
dieser Personen drängt sich dem Senat daher nicht auf.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.