Unfallversicherung
Verletzungsfolge
Kausalnachweis oder andere medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnislage
Gründe:
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anerkennung von weiteren Gesundheitsstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom
26. August 2005 und Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Der 1953 geborene Kläger erlitt zunächst am 22. Januar 2003 einen Arbeitsunfall, als er während seiner Beschäftigung als Raumausstatterhelfer
beim Heruntersteigen von einer Leiter fehl trat, hierdurch herunterfiel und sich beim Versuch, mit dem linken Arm festzuhalten,
die Schulter verdrehte. Er zog sich hierbei eine Zerrung der linken Schulter zu, vgl. Durchgangsarztbericht des Facharztes
für Chirurgie Dr. S vom 27. Januar 2003. Bei der anschließenden MRT-Untersuchung der Radiologen Dres. S u.a. vom 11. Februar
2003 wurden eine Teilruptur der Sehne des M. supraspinatus, eine Peritendinitis der Sehne des M. subscapularis, eine mäßiggradige
Arthrose des Acrominal(AC)-Gelenks mit Einengung des subacromialen Fettstreifens festgestellt. Der Kläger wurde am 28. April
2003 mittels einer arthroskopischen Akromioplastik therapiert. Die anschließende Untersuchung des bei der Operation entnommenen
Gewebes erbrachte ein erheblich degenerativ verändertes Band-Sehnengewebe mit der Randregion einer frischen Ruptur, vgl. Bericht
des Instituts für Pathologie der Kliniken der D vom 02. Mai 2003. Die Beklagte holte beim Chirurgen Privatdozent Dr. Sch ein
Gutachten zur Klärung der Zusammenhangsfrage vom 22. Dezember 2003 ein, wonach es beim Kläger postoperativ zu einer akut reaktiven
Arthritis des Schultergelenks gekommen sei, welche zu einem protrahierten Rehabilitationsverlauf geführt habe. Dr. Schstellte
bei der ambulanten Untersuchung des Klägers eine mittelgradige Einschränkung der passiven Schultergelenkbeweglichkeit links
und glaubhafte subjektive Beschwerden fest. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte er auf 10 vom Hundert (v.H.)
ein. Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen Dr. S vom 22. Januar 2004 ein, wonach die Rotatorenmanschettenruptur
nicht auf den Unfall vom 22. Januar 2003 zurückzuführen sei. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28. April 2004 die Anerkennung
einer Rotatorenmanschettenruptur als Unfallfolge sowie die Gewährung einer Verletztenrente ab und wies den hiergegen gerichteten
Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17. August 2004 zurück. Das Sozialgericht Neuruppin (SG) wies die hiergegen gerichtete Klage nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Chefarztes der Klinik
für Unfall-, Hand- Und Wiederherstellungschirurgie Dr. H von 09. Juni 2005, welcher beim Kläger anlässlich der ambulanten
Untersuchung am 25. Mai 2005 eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks, eine deutliche Einschränkung
beim Schürzen- und Nackengriff links mit glaubhaftem Unvermögen von Über-Kopf-Arbeiten und eine glaubhaft, jedoch gering ausgeprägte,
subjektive Beschwerdesymptomatik feststellte, mit Urteil vom 29. August 2006 - S 8 U 89/04 - zurück. Im anschließenden Berufungsverfahren L 31 U 359/08 verglichen sich die Beteiligten dahingehend, dass die Beklagte Verletztengeld bis zum 13. Dezember 2003 gewährte und Heilbehandlungskosten
bis zum 13. Dezember 2003 erstattete.
Der Kläger erlitt am 26. August 2005 einen neuerlichen Arbeitsunfall, als er während seiner Beschäftigung als Raumaustatterhelfer
aus ungefähr 3 m Höhe von einem Gerüst stürzte (vgl. Unfallschilderung gegenüber der Krankenkasse vom 10. September 2005)
und sich hierbei eine Platzwunde an der linken Stirn, eine Distorsion der Halswirbelsäule (HWS), eine Schulterluxation links,
eine Fraktur des Metatarsusköpfchens III und IV links, des Metatarsusköpfchens III mit geringer Abkippung des Köpfchens nach
lateral, eine knöcherne Aussprengung aus dem lateralen Rand des Os cuboideum links mit daraus resultierender Fehlstellung
des Metatarsus V mit Verschiebung nach lateral und proximal und eine Thoraxkontusion zuzog, vgl. Durchgangsarztbericht des
Chefarztes bei der O Kliniken GmbH Dr. S vom 29. August 2005 und Zwischenbericht vom 09. September 2005. Die Schulter, an
der nach einer Röntgenuntersuchung keine knöchernen Verletzungen festgestellt wurden, wurde geschlossen reponiert, die oberflächliche
Kopfplatzwunde - ohne Feststellung eines Schädel-Hirn-Traumas - chirurgisch wundversorgt, die Frakturen am linken Fuße zunächst
vorübergehend ruhig gestellt, dann reponiert und mit Kirschnerdrähten fixiert, vgl. o.g. Zwischenbericht der O Kliniken GmbH.
Eine Kernspintomographie (MRT) der linken Schuler am 13. September 2005 ergab keine knöchernen Verletzungen. Dr. S erstattete
unter dem 14. Dezember 2005 der Beklagten einen Zwischenbericht, wonach sich ein recht gutes und flüssiges Gangbild gezeigt
habe und die unfallbedingte Behandlung eingestellt werde. Eine rentenberechtigende MdE verbleibe nicht. Die Behandlung der
Schulter sei in ein Versorgungsleiden überzuleiten. Laut beratungsärztlicher Stellungnahme Dr. S vom 09. Februar 2006 lag
unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Dezember 2005 vor.
Der Kläger unterzog sich am 13. Februar 2006 einer Arthroskopie des linken Schultergelenks, bei welcher unter der Diagnose
Impingement-Syndrom linkes Schultergelenk wegen einer hochgradigen subacromialen Enge eine subacromiale Dekompression durchgeführt
wurde; eine Rotatorenmaneschettenläsion wurde intraoperativ nicht festgestellt, vgl. Zwischenbericht von Dr. S u.a. vom 23.
Februar 2006 und Operationsbericht vom 13. Februar 2006.
Der Kläger entschied sich auf Vorschlag der Beklagten für eine Begutachtung durch Dr. S, welcher sein Gutachten unter dem
16. November 2006 aufgrund einer ambulanten Untersuchung am 02. Mai 2006 erstattete. Er führte u.a. aus, es sei erwiesen,
dass eine Verletzung der Rotatorenmanschette durch eine direkte Gewalt so gut wie ausgeschlossen sei. Lege man das vom Kläger
geschilderte Unfallgeschehen zugrunde, wonach er von der Leiter abgestürzt sei und sich noch festzuhalten versucht habe, sei
ein geeigneter Unfallmechanismus anzunehmen. Es bestehe zwischen den Beschwerden des Klägers und dem Unfall vom 26. August
2005 ein ursächlicher Zusammenhang. Die unfallbedingte MdE betrage 20 v.H. Die Beklagte holte hierzu die beratungsärztliche
Stellungnahme Dr. S vom 30. November 2007 ein. Dr. S verwies auf vor dem Unfall vom 26. August 2005 bestehende Schulterbeschwerden
und widersprach Dr. S' Einschätzung. Vielmehr liege eine auf den Arbeitsunfall vom 26. August 2005 zurückzuführende MdE nicht
vor.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29. April 2008 die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls
vom 26. August 2005 ab. Bei diesem Unfall sei es zu einer Verrenkung der vorgeschädigten linken Schulter gekommen, zu einem
Bruch der Mittelfußköpfchen 3 und 4 links, zu einer knöchernen Aussprengung aus dem seitlichen Rand des Würfelbeines mit daraus
resultierender Fehlstellung des fünften Mittelfußknochens, die operativ behoben wurden, zu einer Prellung der HWS und des
Brustkorbs sowie zu einer oberflächlichen Kopfplatzwunde. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit hätten
bis zum 30. Dezember 2005 bestanden. Die Verletzungen seien danach ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen ausgeheilt.
Die über den o.g. Zeitraum hinaus bestehenden Beschwerden im Bereich der linken Schulter mit Behandlungsbedürftigkeit und
Arbeitsunfähigkeit seien ausschließlich auf unfallunabhängige, anlagebedingte Erkrankungen zurückzuführen. Unabhängig vom
Arbeitsunfall lägen folgende Beeinträchtigungen vor: Zustand nach Rotatorenmanschettenruptur links sowie Arthrose des Schultereckgelenks,
Zustand nach folgenlos ausgeheilter Schulterzerrung vom 22. Januar 2003. Dr. S' hiervon abweichende Einschätzung sei von ihm
nicht anhand der allgemein anerkannten Beurteilungskriterien erklärt worden. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die
Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2008 als unbegründet zurück.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 16. September 2008 zum SG Neuruppin erhobenen Klage weiterverfolgt. Er hat auf die
auch nach der zweiten Operation in seiner linken Schulter fortbestehenden Schmerzen verwiesen. Das SG hat Befundberichte nebst weitergehenden ärztlichen Unterlagen (Arzt-, Operations-, Reha-Entlassungsberichte) bei den behandelnden
Ärzten und ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers beigezogen.
Das SG hat anschließend aufgrund Beweisanordnung vom 16. April 2009 das schriftliche Sachverständigengutachten der Fachärztin für
Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T vom 15. August 2009 eingeholt. Dr. T hat darin u.a. ausgeführt, der Kläger habe seinen
eigenen Angaben zufolge bereits vor dem Unfall am 26. August 2005 unter Schmerzen an der linken Schulter gelitten. Er sei
am Unfalltag aus ca. 3,5 m Höhe aus einer knienden oder hockenden Körperhaltung kopfüber von einem Gerüst gestürzt, ohne sich
festhalten zu können. Hierdurch habe er sich eine Schulterluxation links, Brüche der Mittelfußköpfchen sowie eine knöcherne
Aussprengung aus dem äußeren Rand des Würfelbeins links zugezogen. Knöcherne Schulterverletzungen hätten sich damals röntgenologisch
nicht ergeben. Soweit der Kläger eigenen Angaben zufolge seit der Schulterluxation ein Taubheitsgefühl über dem ulnarseitigen
Unterarm links und dem Klein-, Ring- und Mittelfinger links beklage, fänden sich in den unfallnah erhobenen Befunden keine
hierzu passenden Angaben. Insgesamt gebe es auch keine stichhaltigen Argumente für einen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis
vom 26. August 2005 und den anhalten Schulterbeschwerden. Im Sinne einer erstmaligen Entstehung seien allein die Schultergelenksluxation
und der Bruch des linken Würfelbeins mit Ausbildung einer posttraumatischen Arthrose sowie der Bruch der Mittelfußköpfchen
auf den Unfall vom 26. August 2005 zurückzuführen. Die Kopfplatzwunde, die HWS-Distorsion und die Thoraxkontusion seien ausgeheilt.
Bewegungseinschränkungen an der linken Schulter hätten schon zuvor bestanden. Auch das später operativ behandelte Impingement-Syndrom
sei nicht ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. Die unfallbedingte MdE sei mit unter 10 v.H. zu bewerten.
Der Kläger ist dem Gutachten kritisch entgegen getreten. Er habe durch die fehlende Anerkennung fortbestehender Unfallfolgen
schwere finanzielle Einbußen erlitten. Er habe zudem am 27. Dezember 2005 einen Schlaganfall erlitten, für welchen die behandelnden
Ärzte nicht ausgeschlossen hätten, dass auch dieser Folge des Arbeitsunfalls gewesen sei. Er verspüre gelegentlich auch Schwindel.
Eine HNO-ärztliche Abklärung sei versucht worden, ohne dass eine Ursache habe festgestellt werden können.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 25. November 2011 teilweise stattgegeben und die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 29.
April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2008 zur Anerkennung der Arthrose nach Bruch des Würfelbeins
links als weitere Folge des Arbeitsunfalls vom 26. August 2005 verurteilt. Im Übrigen hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich zur Begründung in medizinischer Hinsicht auf das schriftliche Sachverständigengutachten
von Dr. T bezogen. Mit Ausnahme der posttraumatischen Arthrose seien keine weiteren Unfallfolgen festzustellen. Eine rentenberechtigende
MdE ergebe sich nicht. Insbesondere seien die bestehenden Funktionsstörungen im Bereich der linken Schulter nicht mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich oder mitursächlich auf den Arbeitsunfall vom 26. August 2005 zurückzuführen, wie
sich aus der überzeugenden Argumentation der Sachverständigen ergebe, welche insbesondere auch die zeitnah zum Unfall erhobenen
Befunde gewürdigt habe. Insofern stehe die Einschätzung der Gerichtsgutachterin mit derjenigen des Beratungsarztes der Beklagten
Dr. S in Einklang, der darauf hingewiesen habe, das der Unfall vom 26. August 2005 ein vorgeschädigtes Schultergelenk getroffen
habe und keine unfallbedingte MdE aufgrund des Unfalls von 26. August 2005 zu erkennen sei. Bereits vor dem Unfall habe die
Schulter die gleichen Bewegungseinschränkungen aufgewiesen, wie sie aktuell nachzuweisen seien. Dafür dass der vom Kläger
als Unfallfolge behauptete Schlaganfall auf den Unfall vom 26. August 2005 zurückzuführen sei, bestünden keine Anhaltspunkte.
Es sei etwa auch die Annahme, eine Nervenläsion mit Sensibilitätsstörung im linken Unterarm sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
auf den Unfall zurückzuführen, mangels weiterführender Diagnostik medizinisch nicht zu begründen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 07. Januar 2012 zugestellte Urteil am 19. Januar 2012 Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 25. November 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. April 2008 in der Fassung
des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2008 zu ändern, festzustellen, dass bei ihm als weitere Folgen des Arbeitsunfalls
vom 26. August 2005 Funktionseinschränkungen im Bereich der linken Schulter und der Zustand nach Platzwunde am Kopf bestehen,
und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 26. August 2005 eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten unter dem 30. November 2012 zum beabsichtigten Erlass eines Beschlusses nach §
153 Abs.
4 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des hiesigen Verfahrens sowie die beigezogenen
Gerichtsakten L 31 U 359/08 und Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, welche vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung
gewesen sind.
II. Die Berufung ist gemäß §
153 Abs.
4 S. 1
SGG nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche
Verhandlung für nicht erforderlich hält.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht zu beanstanden, soweit es die Klage abgewiesen hat. Die angefochtenen Bescheide sind, soweit sie nicht durch das
angefochtene Urteil geändert worden sind, rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung
weiterer Arbeitsunfallfolgen bzw. auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 26. August 2005.
Versicherungsfälle sind gemäß §
7 Abs.
1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (
SGB VII) Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach §
8 Abs.
1 S. 1
SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach §
8 Abs.
1 S. 2
SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum
Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der Formulierung "infolge" in §
8 Abs.
1 S. 1
SGB VII das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Unfalls mit der betrieblichen Sphäre
bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter
Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen
hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der
Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen
Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa Bundessozialgericht [BSG],
Urteil vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Die Frage nach diesem Zurechnungszusammenhang stellt sich auf drei Ebenen, nämlich als
Unfallkausalität zwischen ausgeübter Tätigkeit und Unfallereignis, als haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis
und Gesundheitserstschaden und als haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheitserstschaden und längerandauernden Unfallfolgen
(BSG, aaO., Rn. 10; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, 1.4, S. 21 f.). Die vorgenannten
Merkmale der versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender
Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt
die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher
Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG aaO., auch Rn. 18 und 20).
Hiervon ausgehend ist der Senat nicht im nach §
128 As. 1 S. 1
SGG gebotenen Maße davon überzeugt, dass weitere als die bisher als Unfallfolgen anerkannten Beschwerden des Klägers auf den
Unfall vom 26. August 2005 zurückzuführen sind, in welchem das nach §§
2 Abs.
1 Nr.
1, 8 Abs.
1 SGB VII maßgebliche versichertes Ereignis zu sehen ist. Die gerichtliche Sachverständige des erstinstanzlichen Verfahrens Dr. T hat
im Rahmen einer umfassenden Befunderhebung insbesondere auch unter Würdigung der früher erhobenen Befunde nachvollziehbar
festgestellt, dass bereits im Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses mit einer durch eine Rotatorenmanschettenruptur vorgeschädigten
Schulter konstitutiv eine einschlägige Vorerkrankung vorlag und vor dem Unfall vom 26. August 2005 an der linken Schulter
die gleichen Bewegungseinschränkungen vorlagen wie danach. Hierfür lässt sich etwa auf die von Dr. H im Sozialrechtsstreit
S 8 U 89/04/L 31 U 359/08 anlässlich der von ihm durchgeführten Begutachtung am 25. Mai 2005, also kurz vor dem Unfall vom 26. August 2005 erhobenen
und deshalb besonders aussagekräftigen Befunde verweisen: mäßiggradige Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks,
deutliche Einschränkung beim Schürzen- und Nackengriff links mit glaubhaftem Unvermögen von Über-Kopf-Arbeiten und eine glaubhaft,
jedoch gering ausgeprägte, subjektive Beschwerdesymptomatik.
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Rotatorenmanschette in hohem Maße der Degeneration unterliegt, wobei zwischen dem
50. und 60. Lebensjahr - der Kläger war im Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses 52 Jahre alt - die meisten degenerativen
Rotatorenmanschettenschäden mit Krankheitsmerkmalen auftreten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO., Kap. 8.2.5.1, S.
410 und Kap. 8.2.5.2, S. 413).
Ferner ist beim Unfall vom 26. August 2005 ohnehin nichts für einen Unfallmechanismus ersichtlich, der zu einem nachhaltigen
Schaden an einer gesunden Rotatorenmanschette und darüber zu anhaltenden Schulterbeschwerden hätte führen können. Bereits
Dr. S wies - im Einklang mit dem einschlägigen unfallmedizinischen Schrifttum - in seinem unter dem 16. November 2006 für
die Beklagte erstatteten Gutachten für sich betrachtet zutreffend darauf hin, dass direkte Krafteinwirkungen auf die Schulter
wie bei Sturz, Prellung, Schlag prinzipiell ungeeignete Hergänge darstellen. Diese Annahme überzeugt, weil die Rotatorenmanschette
durch den knöchernen Schutz der Schulterhöhe (Akromion) und Delta-Muskel gut geschützt ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,
aaO., Kap. 8.2.5.2, S. 413). Anhaltspunkte für ein verletzungstypisches Unfallgeschehen (muskuläre Fixierung des Schultergelenks
mit plötzlicher passiver Bewegung wie etwa durch plötzliches Hoch- und Rückwärtsreißen des Arms durch Hängenbleiben oder Festhalten
bei einem Sturz, vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO., S. 412) bestehen für den Unfall vom 26. August 2005 nicht. Vielmehr
hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt, auch nicht etwa gegenüber Dr. T angegeben, sich beim Sturz mit dem linken Arm festgehalten
zu haben, so dass hierdurch eine entsprechende Zugeinwirkung auf das Schultergelenk hätte ausgeübt werden können. Soweit Dr.
S gleichwohl einen Zusammenhang zwischen dem Unfall vom 26. August 2005 und den anhaltenden Schulterbeschwerden annahm, beruht
dies darauf, dass er irrtümlich auf das Geschehen abstellte, welches dem Unfall vom 22. Januar 2003 zugrunde gelegen hatte,
worauf Dr. T in ihrem gerichtlichen Sachverständigengutachten zutreffend hingewiesen hat.
Dr. T wiederum hat ebenfalls im Einklang mit dem unfallmedizinischen Schrifttum nachvollziehbar auf das Fehlen verletzungstypischer
Begleitverletzungen verwiesen (vgl. MRT-Bericht vom 13. September 2005, welcher keine knöcherne Verletzungen ergab) und hieraus
den nachvollziehbaren Schluss gezogen, dass die beim Kläger anhaltenden Schulterbeschwerden nicht hinreichend wahrscheinlich
im Wesentlichen auf das angeschuldigte Ereignis vom 26. August 2005 zurückzuführen sind (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,
ebd.).
Ob die Rotatorenmanschettenruptur und auf sie zurückzuführende anhaltende Schulterbeschwerden anzuerkennende Folgen des am
22. Januar 2003 erlittenen Unfalls sind, ist nicht Gegenstand vorliegenden Verfahrens. Die Anerkennung der Rotatorenmanschettenruptur
als Folge des am 22. Januar 2003 erlittenen Unfalls lehnte die Beklagte zudem mit Bescheid vom 28. April 2004 bindend ab,
welcher durch den Vergleichsschluss im Berufungsverfahren L 31 U 359/08 bestandskräftig wurde.
Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hier zunächst abgesehen, weil die Berufung aus den zutreffenden
Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurückzuweisen ist, §
153 Abs.
2 SGG.
Da keine weiteren Unfallfolgen feststellbar sind, scheidet auch eine Verletztenrente aus.
Nach §
56 Abs.
1 S. 1
SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Nach §
56 Abs.
1 S. 2
SGB VII besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer
Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach §
56 Abs.
1 S. 3
SGB VII sind die Folgen eines Versicherungsfalls nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern.
Nach §
56 Abs.
2 S. 1
SGB VII richtet sich die MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens
ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Die MdE-Bewertung hängt mithin von
zwei Faktoren ab: Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der
dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der
Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen
darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung,
sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit
sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen
beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher
und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens
und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt
werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen
Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung
im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen
der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, zitiert nach juris Rn. 12).
Dies zugrunde gelegt steht nicht zur Überzeugung des Senats gemäß §
128 Abs.
1 S. 1
SGG fest, dass weitere als die von der Sachverständigen Dr. T auf den Unfall vom 26. August 2005 zurückgeführten Funktionsbehinderungen
vorliegen. Es bewendet bei der vom SG im angefochtenen Urteil festgestellten Arthrose im linken Fuß. Die darauf beruhenden Einschränkungen, welche Dr. T mit lediglich
leichten Funktionsstörungen beschrieben hat, hat die Sachverständige schlüssig lediglich mit einer MdE von 10 v.H. bemessen,
ohne dass Anhaltspunkte für eine höher zu bewertende MdE bestehen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO., Kap. 8.12.8,
S. 678 f., wonach erst Fehlstellungen oder Versteifungen nach Fußbrüchen eine rentenberechtigende MdE begründen). Die Funktionsbeeinträchtigungen
an der Schulter können nicht für die Bewertung der MdE mit herangezogen werden, weil sie - wie gezeigt - nicht mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen auf den Unfall vom 26. August 2005 zurückzuführen sind. Das Gleiche gilt (erst recht) für
die Folgen nach vermeintlichem Schlaganfall im Dezember 2005 und die beklagten Funktionsbeeinträchtigungen am linken Unterarm.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 und
2 SGG nicht vorliegen.