Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende; Leistungsausschluss für Auszubildende; Studenten während eines Urlaubssemesters
zur Prüfungsvorbereitung
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch
- Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit seiner Beurlaubung vom Studium.
Der Kläger war seit dem Wintersemester 2007/2008 an der Universität L für den Studiengang "Polyvalenter Bachelor mit dem berufsspezifischen
Profil für das Lehramt an Grund-, Mittel- und Förderschulen sowie das Höhere Lehramt an Gymnasien mit den Fächern Englisch/Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung"
zugelassen. Nach der Immatrikulationsbescheinigung vom 24. März 2009 war das Sommersemester 2009 sein drittes Fachsemester.
Der Kläger war für das Sommersemester 2009 (1. April 2009 bis 30. September 2009) immatrikuliert und zugleich beurlaubt. Als
Beurlaubungsgrund ist "Vorbereitung auf eine Prüfung" angegeben. Das zuständige Amt für Ausbildungsförderung lehnte den Antrag
auf Leistungen nach dem
Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (
Bundesausbildungsförderungsgesetz -
BAföG) mit Bescheid vom 2. April 2009 ab, weil für Kalendermonate, in denen der Auszubildende beurlaubt sei, kein Anspruch auf
Ausbildungsförderung bestehe. Im Berufungsverfahren legte der Kläger zum Beleg seines Vortrages die Anmeldebestätigung des
Spracheninstituts an der Universität L vom 29. Juni 2009 betreffend "Vorbereitung Latinum" vom 17. August 2009 bis 4. September
2009 sowie eine weitere Anmeldebestätigung vom 2. Juli 2009 betreffend "Latein - Vorbereitung auf die mündliche Prüfung Latinum"
vom 21. bis 25. September 2009 vor.
Zusammen mit vier anderen Personen bewohnte der Kläger eine 157,16 m² große 5-Zimmer-Wohnung. Die Miete betrug 707,22 EUR,
die Betriebskosten 283,00 EUR. Der Kläger bezog Kindergeld in Höhe von 164,00 EUR monatlich. Ferner bezog der Kläger Arbeitsentgelt,
das ihm für eine monatliche Arbeitszeit von maximal 16 Stunden und einer wöchentlichen Arbeitszeit von maximal 10 Stunden
gezahlt wurde. Nach der Einkommensbescheinigung des Arbeitgebers betrug der monatliche Brutto=Nettolohn zwischen 50,00 EUR
und 100 EUR. Nach den vorgelegten Lohnabrechnungen beliefen sich die Bezüge auf 172,00 EUR für März 2009, 100,00 EUR für April,
Mai, Juli und September 2009, 95,00 EUR für Juni 2009 und 97,00 EUR für August 2009.
Der Kläger sprach am 31. März 2009 bei der Beklagten vor und stellte zugleich einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II. In diesem Gespräch und in einem späteren Schreiben vom 22. September 2009 gab er an, dass
der erfolgreiche Abschluss eines Latinums Voraussetzung zur Absolvierung seines Studiums sei. Auf Grund des daraus resultierenden
zeitlichen Aufwandes sei er gezwungen, ein Urlaubssemester zu absolvieren. Außerdem biete sich für ihn die einmalige Chance,
an der Erstellung des "Handbuches Antidiskriminierungspädagogik" mitzuarbeiten. Hierzu legte er den Praktikumsvertrag mit
dem Antidiskriminierungsbüro e. V. (L) vom 22. April 2009 vor, wonach ein Praktikum für die Zeit vom 1. April 2009 bis 30.
September 2009 mit einer Arbeitszeit von 25 Wochenstunden vereinbart war.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 6. Mai 2009 ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid
vom 2. Juni 2009 zurück. Da der Kläger eine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung absolviere, sei ein Anspruch auf Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ausgeschlossen. Der Kläger betreibe auch während seiner Beurlaubung sein
Studium fort. Auch die zitierte Rechtsprechung (Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 5. Februar 2008, Az.: L 25 B 146/08 AS ER) sowie der Hinweis auf Nummer 7.82 der Durchführungshinweise führe zu keinem anderen Ergebnis, weil dort nur die Beurlaubung
wegen einer Erkrankung oder wegen Schwangerschaft angesprochen sei. Die Beklagte vertrat ferner die Auffassung, dass kein
besonderer Härtefall vorliege, in dem darlehensweise Leistungen gewährt werden können.
Der Kläger hat am 11. Juni 2009 Klage erhoben. Er hat seinen Vortrag, dass das Studium während der Beurlaubung nicht dem Grunde
nach förderfähig sei, vertieft und unter anderem auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. August 1999 (Az.:
5 B 153/99) verwiesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Oktober 2009 abgewiesen. Die Beurlaubung des Klägers führe nicht zu einer
Unterbrechung der abstrakt förderfähigen Ausbildung. Denn nach den nunmehr geltenden hochschulrechtlichen Regelungen sei dem
beurlaubten Studenten eine Teilnahme am Studium und am Prüfungsbetrieb eröffnet. Die vom Kläger zitierten Entscheidungen seien
auf Grund der anders gelagerten Sachverhalte nicht vergleichbar.
Der Kläger hat gegen das ihm am 27. November 2009 zugestellte Urteil am 14. Dezember 2009 Berufung eingelegt, mit der er sein
Begehr weiter verfolgt. Ergänzend trägt er vor, dass Ausbildungsförderung unter anderem nur dann geleistet werde, wenn die
Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nehme (§
2 Abs.
5 BAföG). Dies sei hier auf Grund der Arbeitszeiten während des Praktikums nicht der Fall. Es könne deshalb dahingestellt bleiben,
ob das Hochschulrecht den beurlaubten Studenten die Möglichkeit einräume, Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen. Es
sei auch zweifelhaft, ob der tatsächliche Weiterbetrieb des Studiums während der Beurlaubung die Förderfähigkeit der Ausbildung
trotz der Beurlaubung wiederherzustellen vermöge. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichtes könne es nicht auf den Grund
der Beurlaubung ankommen. Es könne davon ausgegangen werden, dass dem Gesetzgeber sowohl die Regelung des § 26 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), dem die Regelung des § 7 Abs. 5 SGB II nachgebildet worden sei, als auch die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes bekannt gewesen
sei, als die Regelungen des SGB II geschaffen worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes Leipzig vom 15. Oktober 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2009 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 1. April
2009 bis 30. September 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Entgegen der Auffassung des Klägers komme es auf den Grund der
Beurlaubung an, um die Missbrauchsproblematik auszuschließen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene
Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Zum 1. Januar 2011 ist das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August
2010 (BGBl. I S. 1112) in Kraft getreten. Gemäß § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II sind die (beteiligtenfähigen) gemeinsamen Einrichtungen mit der Bezeichnung
Jobcenter als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaften getreten (vgl. BSG, Terminbericht
Nr. 1/11). Aus diesem Grund war das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Zwar ist der Kläger dem Grunde
nach leistungsberechtigt (1.). Als beurlaubter Student unterfällt er allerdings der Sonderregelung über den Leistungsausschluss
von Auszubildenden gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II (2.). In seinem Fall sind auch nicht die Voraussetzungen eines besonderen
Härtefalles im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II gegeben (3.).
1. Der Kläger ist leistungsberechtigt im Sinne von § 19 SGB II i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Er hat das 15. Lebensjahr
vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. SGB II), er ist hilfebedürftig
im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 9 SGB II und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Er ist schließlich auch erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 SGB II i. V. m. § 8 SGB II; gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich.
2. Der Kläger hat gleichwohl keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form eines Zuschusses,
weil er dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II unterfällt.
Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder
der §§
60 bis
62 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (
SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Insoweit kommt
es nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes lediglich darauf an, ob die begonnene Ausbildung beziehungsweise
das Studium abstrakt, also unabhängig von etwaigen individuellen Ausschlussgründen, förderungsfähig ist (vgl. BSG, Urteil
vom 6. September 2009 - B 14/7b AS 36/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 12 ff = BSGE 99, 67 Rdnr. 12 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 12 ff.; BSG, Urteil vom 6. September 2009 - B 14/7b AS 28/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 Rdnr. 12 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 12 ff.; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 67/08 R - FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 19. August 2010 - B 14 AS 24/09 R - JURIS-Dokument Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 30. August 2010 - B 4 AS 97/09 R - JURIS-Dokument Rdnr. 17). Die Ausschlussregelung ist auf die Erwägung zurückzuführen, dass bereits die Ausbildungsförderung
nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz oder gemäß §§
60 bis
62 SGB III auch die Kosten des Lebensunterhalts umfasst und deshalb im Grundsatz die Grundsicherung nicht dazu dient, durch Sicherstellung
des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen.
Die Ausschlussregelung soll die nachrangige Grundsicherung mithin davon befreien, eine (versteckte) Ausbildungsförderung auf
breiter Ebene zu ermöglichen (vgl. BSG, Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 28/07 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 9 Rdnr. 14 = JURIS-Dokument Rdnr. 14, BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 67/08 R - FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 13).
Hiervon ausgehend greift beim Kläger der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Das Studium des Klägers ist im
Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderfähig. Denn gemäß §
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
6 BAföG wird Ausbildungsförderung für den Besuch von Hochschulen geleistet. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Eine
der in § 7 Abs. 6 SGB II bezeichneten Fallvarianten, die die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausschließen würden,
liegt nicht vor.
Dieser dem Grunde nach bestehenden Förderfähigkeit steht vorliegend nicht entgegen, dass der Kläger für ein Semester beurlaubt
ist. Der erkennende Senat hat sich im Beschluss vom 30. November 2010 (Az.: L 3 AS 649/10 B ER, JURIS-Dokument Rdnr. 23 ff.) insoweit der Rechtsprechung des 7. Senates des Sächsischen Landessozialgerichtes (vgl.
SächsLSG, Beschluss vom 28. Juni 2010 - L 7 AS 337/10 B ER - JURIS-Dokument Rdnr. 17 ff.; SächsLSG, Beschluss vom 29. Juni 2010 - L 7 AS 756/09 B ER - JURIS-Dokument Rdnr. 20 ff.; SächsLSG, Beschluss vom 11. November 2010 - L 7 AS 435/10 B ER - JURIS-Dokument Rdnr. 21 ff.; SächsLSG, Beschluss vom 16. November 2010 - L 7 AS 53/10 B ER - JURIS-Dokument Rdnr. 22 ff ... A. A.: SächsLSG, Beschluss vom 13. Januar 2010 - L 2 AS 762/09 B ER [nicht veröffentlicht]) angeschlossen. An dieser im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes
vertretenen Rechtsauffassung hält der erkennende Senat nach nochmaliger Prüfung unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens
fest. Danach ist im Zusammenhang mit der Frage, ob im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II eine Ausbildung dem Grunde nach förderfähig
ist, entscheidend, dass auch während eines Urlaubssemesters der "Besuch" einer Ausbildungsstätte im Sinne der organisatorischen
Zugehörigkeit zu dieser Ausbildungsstätte (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 2010 - B 14 AS 24/09 R - JURIS-Dokument Rdnr. 17, m. w. N.) nicht unterbrochen ist und das Studium nach den hochschulrechtlichen Vorschriften
betrieben werden kann. Im Hinblick darauf, dass - wie noch dargestellt wird - nach dem sächsischen Hochschulrecht das Studium
auch während einer Beurlaubung betrieben werden kann, lässt der erkennende Senat offen, ob im Lichte des zitierten Urteils
des Bundessozialgerichtes vom 19. August 2010 auch die bloße Immatrikulation für einen "Besuch" einer Ausbildungsstätte ausreichen
würde, wenn nach den maßgebenden Regelungen eine Fortführung der Ausbildung während der Beurlaubung ausgeschlossen wäre.
Der erkennende Senat hat bereits im Beschluss vom 30. November 2010 (Az.: L 3 AS 649/10 B ER, JURIS-Dokument Rdnr. 24) dargestellt, dass das Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Hochschulgesetz
- SächsHSG) vom 10. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 900) in § 20 Abs. 2 SächsHSG die Möglichkeit einer Beurlaubung vorsieht.
Das Gesetz enthält keine Regelung darüber, dass die Beurlaubung Auswirkungen auf den Status oder die Rechte und Pflichten
eines Studenten hätte. Damit verbleibt es unter anderem bei dem Recht eines Studenten, die Einrichtungen der Hochschule nach
den geltenden Vorschriften zu nutzen (vgl. § 22 Abs. 1 Nr. 1 SächsHSG). Eine Sonderregelung findet sich lediglich in § 22
Abs. 3 SächsHSG. Danach soll beurlaubten Studenten ermöglicht werden, an der Hochschule, von der die Beurlaubung ausgesprochen
wurde, Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen. Nach dem seit 1. Januar 2009 geltenden sächsischen Hochschulrecht steht
es damit jedem beurlaubten Studenten frei, auch während eines Urlaubssemesters sein Studium zu betreiben.
Diese Regelungen des sächsischen Hochschulrechtes spiegeln sich in der Immatrikulationsordnung der Universität L vom 22. September
2000 in der Fassung der Vierten Änderungssatzung vom 14. Juni 2006 wieder. Nach § 21 Abs. 7 Satz 1 der Immatrikulationsordnung
bleiben während der Zeit der Beurlaubung die Rechte und Pflichten des Studenten, mit Ausnahme der Verpflichtung zum ordnungsgemäßen
Studium, unberührt. Zwar können gemäß § 21 Abs. 7 Satz 2 der Immatrikulationsordnung Studien- und Prüfungsleistungen an der
Universität L während der Beurlaubung nicht erbracht werden. Allerdings gilt dies gemäß § 21 Abs. 7 Satz 3 der Immatrikulationsordnung
nicht für Studenten, die wegen familiärer Verpflichtungen beurlaubt worden sind, sofern sie dies bei der Universitätsverwaltung
gesondert beantragen und den Beurlaubungsgrund nachweisen. Ferner ist gemäß § 21 Abs. 7 Satz 4 der Immatrikulationsordnung
eine Wiederholung nicht bestandener Prüfungen während des Beurlaubungszeitraumes möglich. Gemäß § 21 Abs. 7 Satz 5 der Immatrikulationsordnung
bleiben Prüfungen, die in der Verantwortung staatlicher und kirchlicher Prüfungsämter zu erbringen sind unberührt. Ob diese
Regelungen in der Immatrikulationsordnung der Universität L mit ihren Einschränkungen mit den offener formulierten Vorgaben
in § 22 Abs. 3 SächsHSG im Einklang stehen, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn auch nach maßgebenden Regelungen der
Universität L konnte der Kläger sein Studium - wenn auch mit Einschränkungen - während des Urlaubssemesters weiter betreiben.
Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zu § 26 BSHG, der fast wortgleich mit § 7 Abs. 5 SGB II ist, steht dem Ausschluss des Klägers von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nicht entgegen
(vgl. SächsLSG, Beschluss vom 30. November 2010 - L 3 AS 649/10 B ER - JURIS-Dokument Rdnr. 25). Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 25. August 1999 (Az.: 5 B 153/99, 5 PKH 53/99, Buchholz 436.0 § 26 BSHG Nr. 14 = JURIS-Dokument Rdnr. 3) entschieden, dass es an der Grundvoraussetzung für eine Förderung nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz, dem Besuch einer Ausbildungsstätte, fehle, wenn und solange der Auszubildende von der Ausbildungsstätte beurlaubt sei. Die
Frage, ob diese Entscheidung vor dem Hintergrund des zitierten Urteils des Bundessozialgerichtes vom 19. August 2010, wo für
den "Besuch" einer Ausbildungsstätte auf die organisatorische Zugehörigkeit zu dieser Ausbildungsstätte abgestellt wird, auf
§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II übertragen werden kann, kann der erkennende Senat ebenso wie im Beschluss vom 30. November 2010 (Az.:
L 3 AS 649/10 B ER, JURIS-Dokument Rdnr. 25) dahinstehen lassen. Denn die Frage, ob eine Beurlaubung zum Ausschluss einer Förderfähigkeit
des Studiums dem Grunde nach führt, kann nicht losgelöst von den einschlägigen hochschulrechtlichen Regelungen beantwortet
werden.
Nach dem derzeit geltenden sächsischen Hochschulrecht wird dem Kläger aber, wie dargestellt wurde, gerade nicht der Besuch
der Hochschule oder das Betreiben des Studiums verwehrt. Insoweit unterscheidet sich das zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene
Sächsische Hochschulgesetz in Teilen von dem Vorgängergesetz, dem Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches
Hochschulgesetz - SächsHG) vom 11. Juni 1999 (SächsGVBl. S. 294), sowie dem Sächsischen Hochschulgesetz (SHG) vom 4. August
1993 (SächsGVBl. S. 691). Zwar blieben gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 SHG und § 16 Abs. 2 Satz 2 SächsHG während der Zeit der Beurlaubung
die Rechte und Pflichten des Studenten, mit Ausnahme der Verpflichtung zum ordnungsgemäßen Studium, unberührt. Damit bestand
auch vor dem Hochschulgesetz aus dem Jahr 2008 während eines Urlaubssemesters unter anderem die Möglichkeit, die Einrichtungen
der Hochschule nach den dafür geltenden Vorschriften zu benutzen (vgl. 22 Abs. 1 Nr. 1 SHG, § 18 Abs. 1 Nr. 1 SächsHG). Jedoch
konnten gemäß § 19 Abs. 3 Halbsatz 1 SHG und § 16 Abs. 3 Satz 1 SächsHG während der Beurlaubung Studien- und Prüfungsleistungen
an der Hochschule, an der die Beurlaubung ausgesprochen wurde, nicht erbracht werden. Dies galt nach dem Hochschulgesetz aus
dem Jahr 1999 lediglich nicht für Studenten, die wegen familiärer Verpflichtungen beurlaubt worden waren (vgl. § 16 Abs. 3
Satz 1 SächsHG). Eine Wiederholung nicht bestandener Prüfungen war während des Beurlaubungszeitraumes möglich (vgl. § 19 Abs.
3 Halbsatz 2 SHG, § 16 Abs. 3 Satz 3 SächsHG).
Nur ergänzend ist anzumerken, dass zum Teil auch Hochschulgesetze anderer Länder Regelungen dazu, ob Studien- und Prüfungsleistungen
während einer Beurlaubung erbracht werden können, enthalten (die hochschulrechtlichen Normen sind auf der Internetseite der
Kultusministerkonferenz zusammengefasst: http://www.kmk.org/dokumentation/rechtsvor-schriften-und-lehrplaene-der-laender/uebersicht-hochschulgesetze.html).
Exemplarisch ist auf folgende Regelungen hinzuweisen:
- Gemäß § 61 Abs. 3 Satz 2 des Gesetz über die Hochschulen und Berufsakademien in Baden-Württemberg vom 1. Januar 2005 (GBl.
S. 1 ff.; zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juni 2010 [GBl. S. 422 ff.]) sind beurlaubte Studierende, die Schutzzeiten
entsprechend §
3 Abs.
1, §
6 Abs.
1 des Gesetzes zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (
Mutterschutzgesetz -
MuSchG) und Elternzeit entsprechend §
15 Abs.
1 bis
3 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG) in Anspruch nehmen, berechtigt,
an Lehrveranstaltungen teilzunehmen, Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen und Hochschuleinrichtungen zu nutzen.
- Nach Artikel 48 Abs. 3 des Bayerischen Hochschulgesetzes vom 23. Mai 2006 (GVBl. S. 245 ff.; zuletzt geändert durch Gesetz
vom 7. Juli 2009 [GVBl. S. 256 ff.]) können während der Beurlaubung Studienleistungen nicht erbracht und Prüfungen an der
Hochschule, an der die Beurlaubung ausgesprochen wurde, nicht abgelegt werden; eine Wiederholung nicht bestandener Prüfungen
ist möglich.
- Nach § 21 Abs. 2 Satz 5 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 5. Juli 2002 (GVBl. S. 398
ff.; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.2009 [GVBl. S. 729 ff.]) können Prüfungs- und Studienleistungen während der Beurlaubung
nur in Ausnahmefällen mit Genehmigung der Hochschulleitung erbracht werden.
- Nach § 48 Abs. 5 Satz 3 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. Oktober 2006 (GVBl. NRW
S. 474 ff.; zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Oktober 2009 [GVBl. NRW S. 516 f.]) sind beurlaubte Studierende an der Hochschule,
an der sie eingeschrieben oder als Zweithörerin oder Zweithörer im Sinne des § 52 Abs. 2 dieses Gesetzes zugelassen sind,
nicht berechtigt, Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen, Teilnahmevoraussetzungen im Sinne des § 64 Abs. 2 Nr. 2 dieses
Gesetzes oder Leistungspunkte zu erwerben oder Prüfungen abzulegen. Dies gilt gemäß § 48 Abs. 5 Satz 4 dieses Gesetzes nicht
für die Wiederholung von nicht bestandenen Prüfungen und für Teilnahmevoraussetzungen, die Folge eines Auslands- oder Praxissemesters
selbst sind, für das beurlaubt worden ist. Ferner gilt dies gemäß § 48 Abs. 5 Satz 5 dieses Gesetzes nicht, wenn die Beurlaubung
aufgrund der Pflege und Erziehung von Kindern im Sinne des §
25 Abs.
5 BAföG sowie aufgrund der Pflege der Ehegattin oder des Ehegatten, der eingetragenen Lebenspartnerin oder des eingetragenen Lebenspartners
oder eines in gerader Linie Verwandten oder im ersten Grad Verschwägerten erfolgt.
- Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 des Hochschulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 14. Dezember 2010 (GVBl. LSA S. 600) sollen
die Prüfungsordnungen vorsehen, dass Studierende, die wegen familiärer Verpflichtungen beurlaubt worden sind, während der
Beurlaubung freiwillig Studien- und Prüfungsleistungen erbringen können. Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes ist auf
Antrag der Studierenden eine Wiederholung nicht bestandener Prüfungen während des Beurlaubungszeitraumes möglich.
- Nach § 68 Abs. 3 des Thüringer Hochschulgesetz vom 21. Dezember 2006 (GVBl. S. 601 ff.; zuletzt geändert durch Gesetz vom
20. März 2009 (GVBl. S. 238 ff.) regelt die Hochschule in ihrer Immatrikulationsordnung, ob und in welchem Umfang Studien-
und Prüfungsleistungen während der Beurlaubung erbracht werden können.
Gegen die dargestellte Rechtsauslegung, wonach auf Grund der hochschulrechtlichen Regelungen in Sachsen (insbesondere in §
20 Abs. 3 SächsHSG) ein Studium auch bei einer Beurlaubung dem Grunde nach förderungsfähig ist, kann nicht §
2 Abs.
5 BAföG (in der hier maßgebenden, vom 1. August 2008 bis 27. Oktober 2010 geltenden Fassung) entgegen gehalten werden.
Gemäß §
2 Abs.
5 Satz 1
BAföG wird Ausbildungsförderung nur geleistet, wenn der Ausbildungsabschnitt mindestens ein Schul- oder Studienhalbjahr dauert
und die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt. Diese Regelung stellt auf den
zeitlichen Umfang der Ausbildung und die zeitliche Inanspruchnahme des Auszubildenden durch die Ausbildung ab, nicht aber
- wie die Klägerbevollmächtigten offenbar meinen - auf die zeitlichen Kapazitäten, die einem Auszubildenden für das Betreiben
der Ausbildung - unter Berücksichtigung anderer, Zeit beanspruchender Verpflichtungen - zur Verfügung stehen.
Gemäß §
2 Abs.
5 Satz 2
BAföG ist Ausbildungsabschnitt im Sinne dieses Gesetzes die Zeit, die an Ausbildungsstätten einer Ausbildungsstättenart einschließlich
der im Zusammenhang hiermit geforderten Praktika bis zu einem Abschluss oder Abbruch verbracht wird. Auch hier wird abstrakt
auf die Verhältnisse an der Ausbildungsstätte abgestellt und nicht darauf, wie viel Zeit im Einzelnen ein Auszubildender dort
verbringt. Entscheidend sind in diesem Zusammenhang die maßgebenden ausbildungsrechtlichen Regelungen. Dies sind vorliegend
die hochschulrechtlichen Regelungen. Nach den in Sachsen geltenden Regelungen hat die Beurlaubung eines Studenten letztlich
keinerlei Auswirkungen auf seinen Status. Ihm wird seit der Änderung des Sächsischen Hochschulgesetzes im Jahr 2008 kraft
Gesetzes vielmehr ausdrücklich ermöglicht, Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen. Damit wird ihm die Möglichkeit eröffnet,
im Sinne von §
2 Abs.
5 Satz 2
BAföG Zeit an der Universität zu verbringen.
Soweit die Beklagte vorträgt, dass dem Gesetzgeber, als er die Regelung des § 7 Abs. 5 SGB II geschaffen habe, sowohl die
damals noch bestehende, inhaltlich vergleichbare Regelung des § 26 BSHG als auch die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes bekannt gewesen sei, kann dem nicht widersprochen
werden. Allerdings greift ein Blick auf den Bundesgesetzgeber zu kurz. Denn die wesentlichen gesetzlichen Änderungen, die
im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung sind, hat der Landesgesetzgeber getroffen. Erst durch die weitgehende Öffnung des
Hochschulrechtes für Studien- und Prüfungsleistungen auch während der Zeit der Beurlaubung sind die rechtlichen Rahmenbedingungen
so verschoben worden, dass die für die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes maßgebende Grundlage entfallen ist.
Nach alledem besuchte der Kläger auch während des Urlaubssemesters die Hochschule und kann sein Studium betreiben. Wenn er
tatsächlich das Studium nicht betreibt, ist er daran nicht aus Rechtsgründen, mithin nicht abstrakt, gehindert. Maßgebend
sind vielmehr Umstände, die in seiner Person liegen. Solche individuelle Gründe betreffen aber nicht die abstrakte Förderfähigkeit
des Studiums. Sie können lediglich bei der Prüfung, ob ein besonderer Härtefall im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vorliegt,
berücksichtigt werden.
3. Beim Kläger ist auch ein besonderer Härtefall im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II nicht gegeben, sodass bereits die Tatbestandsvoraussetzungen
für eine Ermessensentscheidung nach dieser Regelung darüber, ob ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form
eines Darlehens geleistet werden, nicht gegeben sind.
Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes als Darlehen
gewährt werden. Zum Begriff des Härtefalles hat das Bundessozialgericht auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes
zu § 26 BSHG Bezug genommen. Danach ist ein Hilfebedürftiger, dessen Ausbildung im Sinne von § 7 Abs. 5 SGB II dem Grunde nach förderfähig ist und die nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht (mehr) gefördert
wird, in der Regel gehalten, von der Ausbildung ganz oder vorübergehend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit
den Ausschluss von der Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden. Ein "besonderer" Härtefall liegt erst dann vor, wenn im Einzelfall
Umstände hinzuträten, die einen Ausschluss von der Ausbildungsförderung durch Hilfe zum Lebensunterhalt auch mit Rücksicht
auf den Gesetzeszweck als übermäßig hart, das heißt als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig, erscheinen ließen (vgl. BSG,
Urteil vom 6. September 2009 - B 14/7b AS 36/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 23 = BSGE 99, 67 Rdnr. 23 = JURIS-Dokument Rdnr. 23; BSG, Urteil vom 6. September 2009 - B 14/7b AS 28/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 Rdnr. 23 = JURIS-Dokument Rdnr. 23; BSG, Urteil vom 30. September 2009 - B 4 AS 28/07 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 9 Rdnr. 20 = JURIS-Dokument Rdnr. 20; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 67/08 R - FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 17).
Die Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalles in diesem Sinne sind vom Kläger nicht dargetan und nach Aktenlage nicht
ersichtlich.
Das Bundessozialgericht (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2009 - B 14/7b AS 36/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 24 = BSGE 99, 67 Rdnr. 24 = JURIS-Dokument Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 6. September 2009 - B 14/7b AS 28/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 Rdnr. 32 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 32 ff.; BSG, Urteil vom 30. September 2009 - B 4 AS 28/07 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 9 Rdnr. 22 = JURIS-Dokument Rdnr. 22; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 67/08 R - FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 19) hat einen besonderen Härtefall beispielsweise für den Fall angenommen, wenn wegen
einer Ausbildungssituation Hilfebedarf, das heißt Bedarf an Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts, entstanden ist, dieser
durch Ausbildungsförderung oder Berufsausbildungsbeihilfe nicht gedeckt werden kann und deswegen begründeter Anlass für die
Annahme besteht, die vor dem Abschluss stehende Ausbildung werde nicht beendet und damit drohe das Risiko zukünftiger Erwerbslosigkeit,
verbunden mit weiter bestehender Hilfebedürftigkeit. Dabei muss aber die durch objektive Gründe belegbare Aussicht bestehen,
die Ausbildung werde mit den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in absehbarer Zeit zu Ende gebracht (vgl. BSG,
Urteil vom 6. September 2009 - B 14/7b AS 36/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 35 = BSGE 99, 67 Rdnr. 35 = JURIS-Dokument Rdnr. 35; BSG, Urteil vom 6. September 2009 - B 14/7b AS 28/06 R - aaO.; BSG, Urteile vom 30. September 2009 und 1. Juli 2009, jeweils aaO.). Solche Umstände liegen beim Kläger nicht vor.
Er befand sich im streitigen Zeitraum erst im dritten Fachsemester. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 des Ersten Teils (Allgemeine Vorschriften)
der Studienordnung für den polyvalenten Bachelorstudiengang mit dem berufsspezifischen Profil Lehramt an Grund-, Mittel- und
Förderschulen sowie Höheres Lehramt an Gymnasien vom 29. Januar 2007 umfasst die Regelstudienzeit drei Jahre (sechs Semester).
Er hatte damit noch keinen wesentlichen Teil seines Studiums abgeschlossen. Es war deshalb gerade nicht zu erwarten, dass
er das Studium in absehbarer Zeit zu Ende bringen würde.
Dafür, dass beim Kläger ein besonderer Härtefall deshalb zu bejahen wäre, weil das vom ihm begonnene Studium die einzige Zugangsmöglichkeit
zum Arbeitsmarkt darstellte (vgl. BSG, Urteil vom 6. September 2009 - B 14/7b AS 36/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 6 Rdnr. 24 = BSGE 99, 67 Rdnr. 24 = JURIS-Dokument Rdnr. 24; BSG, Urteil vom 6. September 2009 - B 14/7b AS 28/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 Rdnr. 37 = JURIS-Dokument Rdnr. 37; BSG, Urteil vom 30. September 2009 - B 4 AS 28/07 R - SozR 4-4200 § 7 Nr. 9 Rdnr. 22 = JURIS-Dokument Rdnr. 26; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 67/08 R - FEVS 61, 104 = JURIS-Dokument Rdnr. 21), ist weder etwas vorgetragen noch etwas ersichtlich.
Der erkennende Senat hält es aus gegebenem Anlass für angezeigt, ergänzend noch auf zwei Punkte hinzuweisen.
Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SächsHSG können auf Antrag Studenten "aus wichtigem Grund" vom Studium beurlaubt werden. Die Universitäten
in Sachsen stellen auf ihren Internetseiten in Bezug auf die Möglichkeit, sich als Student beurlauben zu lassen, Informationen
und Antragsformulare bereit. Die vom Senat Mitte Januar 2011 durchgeführten Internet-Recherchen haben ergeben, dass an der
Technischen Universität Ch und der Technischen Universität Bergakademie F eine Beurlaubung zur Vorbereitung auf Wiederholungsprüfungen,
an der Technischen Universität D und der Universität L darüber hinaus eine Beurlaubung allgemein für Prüfungsvorbereitungen
möglich ist. Es bestehen nicht unerhebliche Bedenken, ob diese Verwaltungspraxis mit der zitierten hochschulrechtlichen Vorgabe
vereinbar ist. So erscheint bereits fraglich, ob die Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung generell einen wichtigen Grund
im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 SächsHSG darstellen kann. Auf jeden Fall lässt sich kein denkbares Argument anführen, mit
dem begründet werden könnte, dass jegliche Prüfungsvorbereitung eine besondere Härte im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 SächsHSG
und damit eine Beurlaubung rechtfertigen würde. Prüfungsvorbereitungen sind vielmehr notwendiger Bestandteil einer jeden Ausbildung,
bei der der Abschluss nicht durch die bloße Teilnahme an der Ausbildung, sondern durch das erfolgreiche ablegen von Prüfungen
erworben wird. Allerdings deuten der Umstand, dass die Beurlaubung zum Zweck der Vorbereitung auf eine (Wiederholungs-)Prüfung
neben Beurlaubungsgründen wie Auslandsaufenthalt, Absolvieren eines Praktikums, Ableistung einer gesetzlichen Dienstpflicht
oder Betreuung eigener Kinder aufgeführt wird, darauf hin, dass es sich um einen häufiger geltend gemachten Beurlaubungsgrund
handelt und auch von Seiten der Universität ein Bedürfnis gesehen wird, den Studenten außerhalb des normalen Studienbetriebes
die Vorbereitung auf eine (Wiederholungs-)Prüfung zu ermöglichen. Diese beschriebene Beurlaubungspraxis ist möglicherweise
den gestrafften und kompakten Studienplänen insbesondere bei den Bachelor-Studiengängen geschuldet. Studien- und Prüfungsordnungen,
die nicht in hinreichendem Maße Zeit für Prüfungsvorbereitungen oder die keineswegs seltenen Fälle von erforderlichen Wiederholungsprüfungen
vorsehen, können aber nicht bewirken, dass der Anspruch auf staatliche Unterstützung bei der Erstausbildung vom eigentlichen
Fachgesetz, dem
BAföG, auf das allgemeine Leistungsgesetz des SGB II abgeschoben wird. Vielmehr sollte der Umstand, dass die Vorbereitung auf eine
(Wiederholungs-)Prüfung als regelmäßiger Beurlaubungsgrund behandelt wird, zum Anlass genommen werden, die Studien- und Prüfungsordnungen
einer kritischen Prüfung zu unterziehen.
Den beurlaubten Studenten wiederum dürfte zu raten sein, ablehnende Bescheide der Ämter für Ausbildungsförderung nicht klaglos
hinzunehmen, sondern sie nach den maßgebenden Verfahrenvorschriften zur Prüfung zu stellen. Die beschriebenen Änderungen im
Hochschulrecht in Bezug auf die Rechtsstellung von Studenten während der Zeit ihrer Beurlaubung kann möglicherweise für die
Verwaltungsgerichte Anlass geben, die bisherige Rechtsprechung zum
Bundesausbildungsförderungsgesetz zu überdenken und die maßgebenden Rechtsfragen neu zu bewerten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
193,
183 SGG.
IV. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG zuzulassen. Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes geklärt, wann im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II
eine Ausbildung dem Grunde nach förderfähig ist. Für den Fall beurlaubter Studenten wird diese Frage nicht nur zwischen den
Verwaltungsgerichten und den Sozialgerichten, sondern auch innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit unterschiedlich beantwortet.