Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Vergütungsansprüche des Klägers.
Der Kläger ist Apotheker der E.-Apotheke in H.. Er ist Mitglied des A1 e.V., welcher Mitglied des D. e.V. ist. Die Beklagte
ist eine gesetzliche Krankenkasse. Im Streit stehen Verordnungen verschiedener Ärzte, die Rezepturen für parenterale Ernährungslösungen
auf mehr als einem Verordnungsblatt enthalten.
Streitig sind dabei fünf Abrechnungskomplexe mit jeweils zwei Monaten.
September und Oktober 2011
In den Monaten September und Oktober 2011 gab der Kläger in zehn Fällen parenterale Ernährungslösungen ab, wobei die Rezeptur
auf jeweils zwei vom Arzt unterschriebenen Verordnungsblättern enthalten war, und rechnete diese über ein Rechenzentrum bei
der Beklagten ab. Die Beklagte bezahlte den jeweils geltend gemachten Betrag zunächst.
Mit Schreiben vom 4.5.2012 beanstandete die Beklagte die eingereichten Verordnungen der Monate September und Oktober 2011.
Als Begründung teilte sie mit: „nicht ordnungsgemäß ausgestelltes Rezept, nicht belieferbar nach ALV § 4 (3), ab 1.10.2010
AVV“ (Arzneiversorgungsvertrag).
Auf Nachfrage des Klägers übersandte die Beklagte am 14.5.2012 ihm ein Schreiben vom 31.8.2011 („Informationsschreiben zur
parenteralen Ernährung“), in welchem diese auf die rechtlichen Grundlagen einer ordnungsgemäßen Verordnung hinwies. Dem Schreiben
waren zwei anonymisierte Verordnungen als Beispiel beigefügt.
Mit Schreiben vom 7.8.2012 erhob der Geschäftsführer des A1 im Namen des Klägers Einspruch zu den Abrechnungskorrekturen für
die Monate September und Oktober 2011 und begründete diesen mit Schreiben vom 20.8.2012. Es habe sich vorliegend um eine vollständige
Verordnung auf mehreren gültigen Formblättern der Muster-16-Formulare gehandelt. Diese seien jeweils durchnummeriert und vom
Arzt unterschrieben worden Eine ärztliche Verordnung auf nur einem Formular aufzutragen, sei weder vertraglich geboten noch
eine Abweichung verboten. Schließlich sei es der Wille des Vertragsarztes der Krankenkassen gewesen, so zu verordnen. Der
Apotheker dürfe nicht stellvertretend bestraft werden.
Mit Schreiben vom 30.8.2012 wies die Beklagte den Einspruch des Klägers zurück. Sie halte an ihrer Rechtsauffassung fest,
dass nach Nummer 11 der Erläuterung zur Vordruckvereinbarung zu Muster 16 für eine Rezeptur nur ein Vordruck verwendet werden
dürfe. Die Abrechnung auf mehr als einem Vordruck erschwere die Abrechnungsprüfung und sorge für mehr Aufwände. Im Interesse
einer gütlichen Einigung schlage sie vor, ihre Forderung um 30 % zu reduzieren.
Mit Schreiben vom 21.9.2012 lehnte der Kläger den Vergleichsvorschlag ab und schlug seinerseits vor, den tatsächlichen Mehraufwand
für das Heraussuchen und Kontrollieren der mehrfachen Rezeptblätter zu benennen und geltend zu machen.
Mit Schreiben vom 25.9.2012 erwiderte die Beklagte, dass der Aufwand in pauschaler Form geltend gemacht werde. Sie bezog sich
dabei auf das Berufungsverfahren L 11 KR 2440/10 des LSG Baden-Württemberg, welches durch Vergleich bei Rückzahlung von knapp 30 % der Retaxsumme beendet wurde. Abschließend
bot die Beklagte dem Kläger an, 50 % der Retaxsumme zurückzuzahlen. Auf dieses Schreiben reagierte der Kläger nicht.
November und Dezember 2011
In den Monaten November 2011 und Dezember 2011 gab der Kläger aufgrund von acht ärztlichen Verordnungen parenterale Ernährungslösungen
ab. Die Verordnungen befanden sich auf zwei bzw. vier Verordnungsblättern. Mit Schreiben vom 6.7.2012 beanstandete die Beklagte
die entsprechenden Verordnungen ebenfalls mit der Begründung: „nicht ordnungsgemäß ausgestelltes Rezept, nicht lieferbar nach
ALV § 4(3) ab 1.10.2010 AVV“.
Januar und Februar 2012
In den Monaten Januar und Februar 2012 rechnete der Kläger 17 solcher Verordnungen für parenterale Ernährungslösungen ab.
Mit Schreiben vom 31.8.2012 beanstandete die Beklagte diese Verordnungen mit derselben Begründung wie zuvor.
Gegen beide Beanstandungen erhob der Kläger über seinen Bevollmächtigten, den A1 e.V., mit Schreiben vom 2.10.2012 Einspruch
unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 20.8.2012.
Auf die Einsprüche vom 2.10.2012 antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 18.10.2012. Sie teilte dem Kläger darin mit, dass
sich ihr Angebot vom 30.8.2012 auch auf die Monate November und Dezember 2011 sowie Januar und Februar 2012 erstrecke. Das
Angebot sei von ihm noch nicht angenommen worden und die Verhandlungen dazu seien noch nicht abgeschlossen. Sofern weiterhin
mehrseitige Verordnungen abgerechnet würden, behalte sie sich das Recht zur Kürzung vor.
Der Kläger bestreitet den Zugang dieses Schreibens.
März und April 2012
In den Monaten März und April 2012 rechnete der Kläger bei der Beklagten 27 entsprechende Verordnungen für parenterale Ernährungslösungen
mit der Beklagten ab. Mit Schreiben vom 23.11.2012 beanstandete die Beklagte die eingereichten Verordnungen für diese Monate
mit gleichlautender Begründung. Mit Schreiben vom 18.12.2012 erhob der Kläger gegen die Beanstandung Einspruch und verwies
auf sein Schreiben vom 20.8.2012.
Mit Schreiben vom 21.1.2013 reagierte die Beklagte auf den Einspruch des Klägers und bezog sich zur Begründung auf ihr Schreiben
vom 30.8.2012. Des Weiteren teilte sie mit, dass sich das Vergleichsangebot auch auf die Monate März und April 2012 erstrecke.
Sie habe bereits darauf hingewiesen, dass der Vergleichsvorschlag letztmalig für Rezepte bis zum Abgabedatum 31.8.2012 gelte.
Die Umstellung der Verordnungen sei ab diesem Zeitpunkt möglich gewesen. Sofern weiterhin mehrseitige Verordnungen abgerechnet
würden, behielte sie sich das Recht zur Kürzung vor.
Mai und Juni 2012
Schließlich rechnete der Kläger aufgrund von drei weiteren mehrseitigen Verordnungen für die Monate Mai und Juni 2012 die
Abgabe parenteraler Ernährungslösungen mit der Beklagten ab. Mit Schreiben 27.12.2012 beanstandete die Beklagte diese Verordnungen.
Hiergegen erhob der Kläger Einspruch mit Schreiben vom 7.1.2013, den die Beklagte mit Schreiben vom 29.1.2013 mit gleichlautendem
Schreiben wie zuvor (Schreiben vom 21.1.2013) beantwortete.
Mit Schreiben vom 14.1.2014 kam die Beklagte auf die Angelegenheit zurück und verwies auf das Urteil des Landessozialgerichts
Berlin-Brandenburg vom 18.9.2013 - L 9 KR 92/11. Bislang habe der Kläger sich nicht zu dem Vergleichsangebot vom 25.9.2012 geäußert. Dies werte die Beklagte als Ablehnung.
Demzufolge werde sie den insgesamt für die Monate September 2011 bis Juni 2012 retaxierten Betrag über das Rechenzentrum absetzen
lassen.
Mit Schreiben vom 13.2.2014 teilte der Kläger über seinen Bevollmächtigten mit, dass die Sache längst erledigt sei. Die Prüfung
von Einsprüchen habe innerhalb einer Frist von drei Monaten zu erfolgen. Die Einsprüche gälten als anerkannt, wenn die Fristen
überschritten würden. Eine ausdrückliche und abschließende Zurückweisung seiner Einsprüche habe es nicht gegeben. Stattdessen
seien jeweils Vergleichsangebote unterbreitet worden ohne Nennung einer Frist für die Annahme oder den Ablauf dieses Angebots.
Wie die Beklagte richtig festgestellt habe, habe der Kläger das Vergleichsangebot nicht angenommen.
In der Folgezeit rechnete die Beklagte mit anderen Forderungen des Klägers aus den Monaten Januar und Februar 2014 einen Betrag
von insgesamt 65.825,83 € auf.
Daraufhin hat der Kläger am 18.06.2014 Klage erhoben. Die Absetzung des Retaxationsbetrages sei unberechtigt. Es fehle schon
an der Durchsetzbarkeit des vermeintlichen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs der Beklagten. Die Beklagte habe die
Formalien des § 17 AVV nicht eingehalten. Zum einen sei die Beklagte ihrer Begründungspflicht bei der Beanstandung nicht nachgekommen.
Es werde als Grund die Nr. „175“ genannt. Nach den Erläuterungen stehe der Grund 175 für ein „nicht ordnungsgemäß ausgestelltes
Rezept, nicht belieferbar nach ALV § 4 (3) ab 1.10.2010 AVV“. Daraus gehe nicht hervor, worin der konkrete Fehler liegen solle.
Auch das allgemein gehaltene Informationsschreiben enthalte keine Benennung eines konkreten Fehlers. Es gebe lediglich den
Wortlaut des § 4 Abs. 3 AVV wieder. Allein aus dem Schreiben der Beklagten vom 30.8.2012 gehe hervor, dass die Beklagte die
betroffenen Verordnungen deshalb für fehlerhaft beurteile, weil mehrere Verordnungsblätter eingesetzt worden seien. Als Begründung
für die Beanstandung komme dieses Antwortschreiben auf den Einspruch des Klägers jedoch nicht mehr in Betracht. Zum anderen
enthalte die Mitteilung des Ergebnisses der Einspruchsprüfung keine hinreichende Begründung, weshalb der Einspruch des Klägers
für die Monate September und Oktober 2011 als anerkannt gälte. Auf die Einsprüche für die Monate März, April, Mai und Juni
2012 habe die Beklagte nur unzureichend reagiert, weshalb auch diese Einsprüche als anerkannt gelten. Bezüglich der Monate
November 2011, Dezember 2011 sowie Januar und Februar 2012 habe die Beklagte die Einsprüche überhaupt nicht geprüft. Es stehe
der Beklagten aber auch schon kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Denn der Kläger habe einen gesetzlichen
Vergütungsanspruch erworben. Die Abgabe der parenteralen Ernährungslösungen sei aufgrund ordnungsgemäß ausgestellter Verordnungen
erfolgt. Die Verordnungen seien zwar auf mehreren Verordnungsblättern untergebracht gewesen. Allerdings enthalte der Arzneilieferungsvertrag
kein Verbot des Einsatzes mehrerer Verordnungsblätter. Selbst wenn man von einem entsprechenden Grundsatz des Einsatzes nur
eines Verordnungsblattes ausgehen sollte, könne im Einzelfall nichts Unmögliches verlangt werden. Insbesondere sehe § 4 Abs.
3 Satz 1 AVV nicht vor, dass nur ein Verordnungsblatt eingesetzt werden dürfe. Die Vereinfachung der Abrechnung könne ein
Verbot des Einsatzes mehrerer Verordnungsblätter nicht rechtfertigen. Vorliegend seien die Rezepturen so umfangreich gewesen,
dass nicht alle Bestandteile auf einem Verordnungsblatt unterzubringen gewesen seien. Auch aus dem Urteil des LSG Berlin-Brandenburg
L 9 KR 92/11 ergebe sich nichts anderes. Hilfsweise bestehe ein Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Denn durch die
Arzneimittelabgabe sei die Beklagte von ihrer jeweiligen Sachleistungspflicht freigestellt worden freigeworden. Schließlich
sei die Retaxation auf null im vorliegenden Fall verfassungswidrig und verstoße gegen Art.
12 Abs.
1 Grundgesetz, Art.
14 Abs.
1 Grundgesetz und Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz. Weil die Aufrechnung der Beklagten ins Leere gehe, habe sie ihre Zahlungspflichten gegenüber dem Kläger nicht vollständig
erfüllt. Der Beklagten hätten zudem zum Zeitpunkt der Abrechnungsprüfung alle relevanten Informationen zur Verfügung gestanden.
Das ergebe sich aus den Anforderungen an das Abrechnungsverfahren. Gemäß §
300 Abs.
3 Satz 2
SGB V seien im Rahmen der Datenübermittlung das bundeseinheitliche Kennzeichen der Fertigarzneimittel sowie die enthaltenen Mengeneinheiten
zu übermitteln. Zusätzlich sei der mit dem pharmazeutischen Unternehmer vereinbarte Preis zu übermitteln (§
300 Abs.
3 Satz 4
SGB V). Nur von dem ersten Verordnungsblatt werde eine Imagekopie erstellt und an die Kasse geschickt. Von Anlagen werde keine
Kopie erstellt, allerdings sei dies nicht notwendig, da schon das erste Verordnungsblatt alle erforderlichen Informationen
für die Krankenkasse bereithalte. Die Verordnung werde mit dem sogenannten Hash-Wert bedruckt. Dieser 40-stellige Hash-Wert
werde von deinem Softwareprogramm generiert und könne als digitaler Fingerabdruck bezeichnet werden. Aus ihm ergebe sich auch,
welche Inhaltsstoffe bei der Ernährungslösung eingesetzt worden seien.
Die Beklagte hat erwidert, dass die Retaxierung der Verordnungen über die parenteralen Ernährungslösungen, deren Inhaltsstoffe
sich auf mehreren Verordnungsblättern befunden hätten, rechtmäßig sei. Die Beanstandungsfrist sei jeweils gewahrt. Die Verordnungen
seien nicht ordnungsgemäß ausgestellt gewesen. Erforderlich sei die Ausstellung der Arzneiverordnung auf nur einem Verordnungsblatt.
Anderenfalls entfalle der Vergütungsanspruch der liefernden Apotheke. Sie berufe sich auf das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg
vom 18.9.2013 – L 9 KR 92/11. Hintergrund sei, dass die Apotheken über ihre externen Abrechnungsstellen den Krankenkassen die Abrechnung auf elektronischen
Datenträgern übermittelten. Erfasst würden dabei nur die Daten der von den Apotheken zur Abrechnung weitergeleiteten Verordnungsblätter,
hier also nur die Daten des ersten Verordnungsblattes. Nicht erfasst würden die Daten von weiteren, dem ersten Verordnungsblatt
beigefügten Anlagen, gleich welcher Art diese seien. Diese würden vom Rechenzentrum vom jeweils ersten Verordnungsblatt getrennt.
Eine Imagekopie (§ 14 Abs. 2 AVV) werde von diesen nicht erstellt. Zum Zeitpunkt der Abrechnungsprüfung hätten die in den
jeweils zweiten Verordnungsblättern enthaltenen Daten der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden. Die Abrechnungsprüfung
sei somit anhand der Angaben des ersten Verordnungsblattes nicht möglich, da nicht alle Inhaltsstoffe der Rezepturen bekannt
gewesen seien und die Preisberechnungen des Klägers nicht habe geprüft werden können. Es sei zudem ohne weiteres möglich,
sämtliche Inhaltsstoffe der Rezepturen nach Art und Menge in leserlicher Form auf einem Verordnungsblatt anzugeben. Die dem
Schreiben der Beklagten vom 31.8.2011 beigefügten anonymisierten Verordnungen würden dies belegen. Auch die Erläuterungen
zur Vordruckvereinbarung zu Muster 16 besagten, dass pro Rezeptur nur ein Verordnungsblatt zu verwenden sei. Wegen der Verletzung
der Abgabebestimmungen sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Vergütungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte
nicht entstanden. Zudem enthielten alle streitgegenständlichen Beanstandungen auf den beigefügten Image-Ausdrucken jeweils
eine hinreichende Begründung. Das Prüfungs- und Retaxierungsverfahren, das wegen der Vielzahl der zu prüfenden Arzneiverordnungen
ein Massenverfahren sei, gebiete eine derartige Vereinfachung in Form einer Stichwortbegründung. Zudem sei dem Einspruchsschreiben
des Klägers zu entnehmen, dass er den Retaxationsgrund gekannt habe. Sie habe die Einsprüche auch ausreichend geprüft und
das Ergebnis mitgeteilt, wie dies § 17 Abs. 3 AVV vorsehe. In dem Hinweis der Beklagten auf das Schreiben vom 30.8.2012 werde
klargestellt, dass sie den Ansprüchen des Klägers nicht abhelfen wolle, sondern an den Reduzierungen festhalte. Ein Wertersatzanspruch
des Klägers nach Maßgabe der §
812 BGB sei nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ausgeschlossen, da andernfalls die Steuerungsfunktion des vertraglichen Leistungserbringungsrecht unterlaufen werde. Zudem
befinde sich zwar der 40-stellige Hash-Wert auf dem ersten Verordnungsblatt. Dieser gebe auch Auskunft über die in der Rezeptur
verwendeten Arzneimittel. Anhand dieser Angaben könne aber nicht geprüft werden, ob die vom Kläger hergestellte und abgerechnete
Rezeptur tatsächlich der ärztlichen Verschreibung entspreche. Das jeweils erste Verordnungsblatt bezeichne nicht alle Bestandteile
der Rezeptur, sondern eben nur einen Teil. Oftmals lasse sich dem ersten Verordnungsblatt auch nicht die Menge der herzustellenden
Beutel entnehmen.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 06.11.2019 zur Zahlung von 24.397,21 Euro nebst Zinsen verurteilt und die
Klage im Übrigen abgewiesen. Die vom Kläger erhobene (echte) Leistungsklage sei im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis
zulässig. Streitbefangen sei nicht mehr die Vergütung aus Lieferungen auf die beanstandeten Verordnungen der Monate September
2011 bis Juni 2012. Denn diese Forderungen habe die Beklagte zunächst beglichen. Im Streit stehe vielmehr, ob die Beklagte
berechtigt gewesen sei, gegen die späteren Vergütungsforderungen des Klägers aus anderen Arzneilieferungen mit einem öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch aus den beanstandeten Verordnungen der Monate September 2011 bis Juni 2012 aufzurechnen. Unstreitig habe
dem Kläger aus anderen Arzneilieferungen im Januar und Februar 2014 zunächst ein Anspruch auf die abgerechnete Vergütung in
Höhe von 65.825,83 € zugestanden, so dass sich insoweit eine nähere Prüfung des erkennenden Gerichts erübrige. Dieser Anspruch
des Klägers in Höhe von 65.825,83 € sei durch Aufrechnung der Beklagten in Höhe von 41.428,62 € erloschen. Denn die Beklagte
habe gem. §
69 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (
SGB V) in Verbindung mit §§
387 ff.
Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) wirksam mit einer Gegenforderung in dieser Höhe aufgerechnet. Die Beklagte sei zur Aufrechnung berechtigt, weil ihr ein
öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zugestanden habe. Denn sie habe die Abrechnungen des Klägers aus den Monaten September
2011 bis Juni 2012 ohne Rechtsgrund beglichen, da dem Kläger für die gelieferten parenteralen Ernährungslösungen kein Anspruch
auf Vergütung zugestanden habe. Die vertragsärztlichen Verordnungen seien nicht abrechnungsfähig gewesen. Der Kläger habe
die einschlägigen Abgabevorschriften nicht eingehalten. Der Anspruch eines Apothekers gegen eine Krankenkasse auf Vergütung
wegen der Abgabe eines vertragsärztlich verordneten Arzneimittels an einen ihrer Versicherten folge unmittelbar aus öffentlichem
Recht. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs sei §
129 SGB V i.V.m. den zu dieser Vorschrift bestehenden ergänzenden Vereinbarungen, nämlich dem Rahmenvertrag nach §
129 Abs.
2 SGB V sowie dem jeweiligen Landesvertrag nach §
129 Abs.
5 Satz 1
SGB V. Maßgeblich seien hier der Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach §
129 Abs.
2 SGB V zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband e.V. sowie der Arzneiversorgungsvertrag
(AVV) zwischen den Ersatzkassen und dem Deutschen Apothekerverband e.V. vom 1.10.2010. Der Kläger sei als Mitglied des Hamburger
Apothekervereins e.V. nach § 2 Abs. 2 AVV, die Beklagte als vertragsabschließende Krankenkasse nach § 2 Abs. 1 AVV an den
AVV gebunden. § 3 (Zahlungs- und Lieferanspruch) des Rahmenvertrages laute:
(1) Ein Vertrag zwischen Krankenkasse und Apotheke kommt für vertragsgegenständliche Produkte durch die Annahme einer ordnungsgemäßen
gültigen vertragsärztlichen Verordnung zustande. […] Das Nähere kann in den ergänzenden Verträgen geregelt werden.
(2) Ist eine Voraussetzung nach Absatz 1 nicht erfüllt, besteht kein vertraglicher Zahlungsanspruch gegenüber der Krankenkasse.
Nach §
3 Abs.
1 AVV fänden die zwischen den Partnern des Bundesmantelvertrages nach §
87 SGB V vereinbarten sowie die amtlichen Verordnungsblätter in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Gem. § 1 Abs. 3 des Bundesmantelvertrages
Ärzte seien Sondervereinbarungen wie die in der Anlage 2 genannte Vordruckvereinbarung Bestandteil des Vertrages. Die Vereinbarung
über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung (Anlage 2) umfasse mit Muster 16 ein verbindliches Formular für die ärztliche
Verordnung. Im Anhang 1 der Vordruckvereinbarung seien Erläuterungen zur Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche
Versorgung enthalten. Ziffer 11 der Erläuterungen zu Muster 16 (Stand 2009) laute: „Bei Verordnungen in Form von Rezepturen
darf grundsätzlich nur die Vorderseite des Vordrucks benutzt werden. Pro Rezeptur ist ein Verordnungsblatt zu verwenden. Soweit
der Raum für diese Rezeptur auf der Vorderseite nicht ausreicht, darf ausnahmsweise auch die Rückseite mitbenutzt werden.“
§ 4 (Abgabebestimmungen) AVV bestimme:
(1) Die Abgabe erfolgt aufgrund einer ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen oder vertragszahnärztlichen Verordnung
zu Lasten der angegebenen Ersatzkasse. Ordnungsgemäß ausgestellt ist eine vertragsärztliche oder vertragszahnärztliche Verordnung,
wenn sie neben dem Mittel oder den Mitteln folgende Angaben enthält: […]
(2) […]
(3) Verordnungen von Rezepturen, die wegen der Menge oder der Art der in ihnen enthaltenen Bestandteile auch bei kleiner Schrift
nicht vollständig ins ärztliche Verordnungsfeld auf dem Verordnungsblatt (Muster 16) eingetragen werden können, dürfen beliefert
werden, wenn bei der Verordnung sinnvolle Abkürzungen oder Auslassungen verwendet wurden, die einer rechnerischen Überprüfung
der Verordnung nicht entgegenstehen. In diesem Fall kann auf die Angabe der Einzelbeträge des Apothekenabgabepreises auf der
Verordnung durch die Apotheke verzichtet werden.
[…]
Es handele sich bei diesen Vorgaben entgegen der Auffassung des Klägers nicht um bloße Abrechnungsbestimmungen, sondern um
Abgaberegelungen, deren Verletzung den Vergütungsanspruch des Klägers entfallen lasse. Nach Maßgabe der genannten Grundsätze
habe der Kläger keinen Vergütungsanspruch für die im Streit stehende Abgabe der parenteralen Ernährungslösungen an die Versicherten
gegenüber der Beklagten erworben. Denn die erforderlichen ordnungsgemäß ausgestellten vertragsärztlichen Verordnungen hätten
zum Zeitpunkt der jeweiligen Abgabe nicht vorgelegen. Sämtliche hier im Streit stehenden, von der Beklagten beanstandeten
Verordnungen entsprächen nicht den aufgeführten Vorgaben. Denn die Rezepturen für die parenteralen Ernährungslösungen wären
alle auf mehreren Verordnungsblättern aufgebracht. Die Ärzte hätten zwischen zwei und vier Verordnungsblätter verwendet. Es
sei zur Überzeugung der Kammer aber möglich gewesen, die Rezepturen jeweils auf nur einem Verordnungsblatt unterzubringen.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den Regelungen zur Abrechnung per Datenübermittlung gem. §
300 SGB V. Vielmehr spreche die Abrechnung und Abrechnungsprüfung per Datenübermittlung dafür, dass eine schnelle Abwicklung in der
massenhaften Abrechnungsprüfung ein vorrangiges Ziel des Gesetzgebers darstelle und sich deshalb alle relevanten Daten auf
einem Verordnungsblatt, das als Image an die Krankenkassen übermittelt werde, befinden müssten, da andernfalls eine Prüfung
der Abrechnung nicht möglich sei. Auch der Hash-Wert lasse eine Prüfung nicht zu, da sich ihm zwar entnehmen lasse, welche
Arzneimittel und welche Mengen davon verwendet wurden, dies jedoch kein Beleg dafür sei, dass genau dies auch verordnet worden
sei. Die Beklagte habe im Retaxierungsverfahren § 17 Abs. 1 AVV eingehalten. Die Beklagte habe in Bezug auf die Abrechnungsmonate
September und Oktober 2011 sowie März bis Juni 2012 die Einsprüche des Klägers unter Einhaltung der Voraussetzungen des §
17 Abs. 3 AVV auch wirksam zurückgewiesen. Im Hinblick auf die Abrechnungsmonate September und Oktober 2011 sowie März bis
Juni 2012 habe die Beklagte gem. § 17 Abs. 4 Satz 2 AVV damit die Voraussetzungen für eine Rechnungskorrektur durch Aufrechnung
erfüllt. Sie habe gegen Forderungen des Klägers aus Januar und Februar 2014 mit der Summe in Höhe von 41.428,62 € wirksam
aufgerechnet. Im Hinblick auf die Abrechnungsmonate November und Dezember 2011 sowie Januar und Februar 2012 dagegen sei die
rechtzeitige Zurückweisung der Einsprüche des Klägers durch die Beklagte nicht nachgewiesen. Es trete nach Auffassung der
Kammer deshalb die Rechtsfolge des § 17 Abs. 4 Satz 1, 2. Alt. AVV ein, wonach die Einsprüche als anerkannt gelten, wenn die
Frist nach Abs. 3 zur Zurückweisung des Einspruchs überschritten werde. Die ohne Rechtsgrund gezahlte Vergütung für die Abrechnungsmonate
November und Dezember 2011 und Januar und Februar 2012 in Höhe von 24.397,21 € habe die Beklagte daher nicht aufrechnen können.
Weiter als in Höhe von 24.397,21 € reiche der Zahlungsanspruch des Klägers aber nicht. Insbesondere habe er keinen Anspruch
auf Wertersatz oder aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§
812 ff, 818 Abs.
2 BGB i.V.m. §
69 Abs.
1 Satz 3
SGB V).Dem stehe entgegen, dass die Leistungen unter Verstoß gegen Arzneimittelabgabebestimmungen erbracht worden seien. Der Kläger
habe Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 11.4.2014. Der Zinsanspruch
ergebe sich aus §
288 Abs.
1 Satz 1
BGB i.V.m. §
69 Abs.
1 Satz 3
SGB V. Anspruch auf eine Verzinsung nach einem höheren Zinssatz stehe dem Kläger hingegen nicht zu. §
288 Abs.
2 BGB finde keine Anwendung. Der Kläger könne sich für die Zinshöhe nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei Rechtsgeschäften,
an denen ein Verbraucher nicht beteiligt sei, der Zinssatz für Entgeltforderungen acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz
betrage (§
288 Abs.
2 BGB). Diese Regelung sei zwar grundsätzlich im Rahmen des §
69 Abs.
1 S 3
SGB V anwendbar. Der Regelung unterfielen aber nicht Ansprüche des Apothekers auf Vergütung wegen Arzneilieferungen gegen Krankenkassen.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21.11.2019 zugestellte Urteil am 12.12.2019 Berufung eingelegt
und dabei die im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Argumente wiederholt und vertieft. Die Abgabe der parenteralen
Ernährungslösungen und deren Abrechnung seien rechtmäßig erfolgt. Der Kläger sei aufgrund der Verordnung zur Abgabe der Ernährungslösungen
an die Versicherten verpflichtet gewesen. Mit dieser Verpflichtung korrespondiere sein Anspruch auf Zahlung gegenüber der
Beklagten. Es dürfe zu keiner Risikoverlagerung von dem verordnenden Arzt auf den Apotheker kommen. Zumindest aber sei aber
eine Retaxation auf null unverhältnismäßig, verkenne insbesondere die Bedeutung der Berufsfreiheit aus Art.
12 Abs.
1 GG.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 06.11.2019 verkündeten Urteils des Sozialgerichts Hamburg, Az.: S 25 KR 764/14, die Beklagte zur Zahlung weiterer 41.428,62 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
seit dem 01.04.2014 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 06.11.2019 zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Verwaltungsakte und der
vom Kläger überreichten Anlagen Bezug genommen. Sie haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen.
Die rechtlichen Grundlagen des Falles hat das Sozialgericht zutreffend dargestellt. Hierauf wird Bezug genommen. Zutreffend
ist das Sozialgericht auch davon ausgegangen, dass Anknüpfungspunkt des Streits die Frage ist, ob die Zahlungen der Beklagten
für die parenteralen Ernährungslösungen an den Kläger mit Rechtsgrund geschahen. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist
der Senat der Überzeugung, dass dies der Fall war und daher der von der Beklagten geltend gemachte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch
mit der Folge nicht bestand, dass diese gegenüber dem Kläger nicht aufrechnen konnte.
Dabei mag man mit dem Sozialgericht die Regelung der Nr. 11 der Erläuterungen zum Muster 16 der „Vereinbarung über die Vordrucke
für die ärztliche Versorgung“ als maßgeblich und eindeutig anzusehen. Die Erläuterungen wurden auch schon in der damaligen
Fassung des BMV-Ä (§ 34 Abs. 1 Satz 2) als maßgebend angesehen. Danach darf pro Rezeptur nur ein Verordnungsblatt verwendet werden. Dies wird man daher
zumindest als Formvorschrift als bindend ansehen müssen.
Allerdings ist der Senat der Ansicht, dass ein Verstoß gegen diese Regelung den Vergütungsanspruch nicht entfallen lässt oder
ihn beschränkt.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 des Arzneiversorgungsvertrages in der damals gültigen Fassung ist eine Verordnung ordnungsgemäß ausgestellt,
wenn sie neben dem Mittel die dort unter a. bis o. genannten Merkmale enthält. § 4 Abs. 2 bewirkt dann sogar bei einer Fehlerhaftigkeit
dieser Angaben eine Unschädlichkeit bzw. Heilbarkeit. Die Anzahl der Blätter der Verordnung wird hier an keiner Stelle aufgeführt.
Dies lässt erkennen, dass die Anzahl der Verordnungsblätter für die Frage der „ordnungsgemäßen Verordnung“ nicht relevant
ist.
Nichts anders ergibt sich aus § 4 Abs. 3 des Arzneiversorgungsvertrages, nach dem Verordnungen von Rezepturen, die wegen der
Menge oder der Art der in ihnen enthaltenen Bestandteile auch bei kleiner Schrift nicht vollständig ins ärztliche Verordnungsfeld
auf dem Verordnungsblatt (Muster 16) eingetragen werden können, beliefert werden dürfen, wenn bei der Verordnung sinnvolle
Abkürzungen oder Auslassungen verwendet wurden, die einer rechnerischen Überprüfung der Verordnung nicht entgegenstehen. Gegen
diese Bestimmung wurde vorliegend nicht verstoßen, da die Verordnungen sinnvolle Abkürzungen enthalten, die einfach nachzuvollziehen
sind und einer rechnerischen Überprüfung daher nicht entgegenstehen. Dass so viel abgekürzt werden muss, dass die ganze Verordnung
auf eine Seite passt, geht aus dieser Vorschrift nicht hervor. Ihr eigens erklärter Zweck ist es, die rechnerische Überprüfung
zu gewährleisten. Dieser würde vereitelt, wenn durch zu viele Abkürzungen der Rezeptinhalt nicht mehr nachvollzogen werden
könnte. Ein Verstoß gegen diese Abgabebestimmung liegt daher nur vor, wenn Arzneimittel abgegeben wurden, obwohl das Rezept
aufgrund seiner Abkürzungen nicht mehr rechnerisch überprüfbar ist. Dies ist auch nachvollziehbar: Dem Apotheker obliegt schließlich
nicht die Ausfüllung der Verordnung und die Verwendung von Abkürzungen. Ihm obliegt allein, zu überprüfen, ob das Rezept trotz
seiner Abkürzungen noch verständlich und damit rechnerisch überprüfbar ist. Nur in diesem Falle hat er das Arzneimittel abzugeben.
Den Fall, den die Beklagte rügt, nämlich, dass eine rechnerische Überprüfung nicht möglich ist, weil nur von dem ersten Blatt
ein sog. Image erstellt wird, wird von Abs. 3 schlicht nicht geregelt und ist mit diesem auch nicht vergleichbar.
Die zwischen den Beteiligten viel diskutierter Frage, ob die streitigen Rezepte nicht doch auf ein Verordnungsblatt gepasst
hätten, etwa durch Weglassen von Leerzeilen oder kleinerer Schriftart, dürfte für den Streit unerheblich sein. Denn der Apotheker
schreibt die Verordnungen nicht und kann diese auch nicht beeinflussen. Ihm obliegt allein die Entscheidung, ob die ihm vorgelegten
Verordnungen ordnungsgemäß iSd § 4 I AVV sind und er daher die Arzneimittel zu liefern hat.
Insgesamt dürfte der wesentliche Zweck der Regelung von Nr. 11 der Erläuterungen darin liegen, die elektronische Abrechnung
der Verordnungen zu erleichtern. Wie sich aus den Verwaltungs- und Abrechnungsvorgängen ergibt, werden die Verordnungen von
dem Abrechnungsprogramm offensichtlich immer unter der Prämisse ausgewertet, dass diese nur eine Seite haben. Es wird in dem
Programm das elektronisch übermittelte „Image“ (also Foto) dargestellt und dann ausgewertet. Es scheint in dem Programm nicht
vorgesehen zu sein, für eine Verordnung mehrere Seiten zu erfassen. Vielmehr wird jede Seite als einzelne Abrechnung behandelt.
D.h. bei einer 2seitigen Verordnung wird die zweite Seite als neue Verordnung erfasst, was zu technischen Schwierigkeiten
führt. Zur damaligen Zeit hätte das System mit einer solchen Konstellation allerdings umgehen können müssen. Denn Nr. 11 der
Erläuterungen bestimmte damals, dass bei Rezepturen die Rückseite im Ausnahmefall benutzt werden durfte. Insofern musste das
System damals mit Verordnungen umgehen können, die nicht nur mit einem „Image“ erfasst werden konnten. Die Beklagte kann also
nicht damit gehört werden, dass dieser Umstand völlig systemfremd gewesen sei und daher die Abrechnungsabläufe unzumutbar
beeinträchtigt habe.
Schließlich ist die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 18.09.2013 – L 9 KR 92/11) mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar ist. Dort war die „Rezeptur“ nicht in der Verordnung, sondern nur durch eine
Bezugnahme auf einen Therapieplan zu finden. Im vorliegenden Fall wurde die Rezeptur detailliert auf den Verordnungsblättern
angegeben. Und das sogar deutlicher als durch Verwendung der Rückseite. Denn es wurde für jedes Blatt der Verordnung nur die
Vorderseite verwendet, die immer alle Patientendaten und den Hinweis „Seite … von … Seiten“ enthielt. Dadurch war eine Zuordnung
immer exakt und ein Missbrauch nicht möglich.