Tatbestand:
Im Streit ist, ob die Klägerin Verletztenrente auch für einen Zeitraum vor dem 1. Januar 2004 beanspruchen kann.
Die am xxxxx 1957 geborene Klägerin erlitt am Morgen des 12. Juli 2000 gegen 07.05 Uhr einen Arbeitsunfall, als sie auf dem
Weg zu ihrer Arbeitsstelle noch in der Nähe ihrer Wohnung von einem bereits wegen mehrfacher Sexualdelinquenz verurteilten
Mann, der sich im Klinikum N. in H. als Freigänger im Maßregelvollzug befand, in der Absicht überfallen wurde, sie sexuell
zu missbrauchen und sie hierbei erheblich verletzt wurde. Dabei kam es zu sexuellen Handlungen nur deshalb nicht, weil der
Täter - wegen des Widerstandes und der Schreie der Klägerin Entdeckung fürchtend - von ihr abließ und die Flucht antrat. Die
Verletzte begab sich vom Tatort zu ihrer nahe gelegenen Wohnung und beschrieb den Täter gegenüber der herbeigerufenen Polizei.
Einen Transport ins Krankenhaus lehnt sie ab mit der Erklärung, sich unmittelbar in die Behandlung ihrer Hausärztin begeben
zu wollen.
Am Folgetag suchte sie den Durchgangsarzt Dr. R. auf, der multiple Prellungen (parietal rechts, rechte/linke Stirnhälfte,
Gesichtsregion beiderseits, BWS und thorakal), ein Kompressionstrauma cervikal ventral, eine HWS-Distorsion, Kratz- Schürfwunden
am rechten Ober- Unterlid, an der rechten Wange und am Nasenrücken, eine oberflächliche Platzwunde an der Oberlippe (Innenseite)
sowie einen psychischen Erschöpfungszustand feststellte. Er vermerkte auf dem Durchgangsarztbericht vom 13. Juli 2000, dass
der Hausarzt wegen Dringlichkeit bereits Arbeitsunfähigkeit bis 14. Juli 2000 bescheinigt habe und ferner, dass die Arbeitsunfähigkeit
voraussichtlich länger als drei Tage andauern werde.
Noch am 13. Juli 2000 wurde die Klägerin im Institut für Rechtsmedizin der Universität H. gerichtsärztlich untersucht. Dort
gab sie gegenüber dem Untersucher "Schluckbeschwerden, jetzt rückläufig, deutliche Kopfschmerzen und Nackenschmerzen, Kopfdrehen
erschwert, ebenfalls die Mundöffnung, starke Rückenschmerzen" an. In dem an das Landeskriminalamt gerichteten Bericht des
Medizinaldirektors Dr. S. vom selben Tag heißt es, bei der Untersuchung hätten sich Merkmale frischer bzw. frischerer äußerer
Gewalteinwirkungen gefunden. Es hätten sich Schürfungen (möglicherweise Kratzspuren) über der Nase und über dem Bereich des
rechten Auges, eine Schleimhautblutung im Bereich der Oberlippe sowie eine Kopfschwartenblutung in der linken vorderen Scheitelregion
gezeigt. Die subjektiven Beschwerden im Halsbereich sprächen für eine mechanische Kompression der Halsweichteile wie geschildert.
Schmerzhafte Schwellungen in der rechten Scheitelregion und über dem linken Unterkiefer sowie Rückenschmerzen seien Folgen
weiterer Gewalteinwirkungen gegen diese Region.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2000 erbat die Beklagte von der Klägerin Angaben zum Unfallereignis auf Formblattfragebogen, den
diese am 28. Juli 2000 ausgefüllt zurückreichte. Die Beklagte erhielt auf diese Weise Kenntnis vom Aktenzeichen des Ermittlungsverfahrens
und forderte von der Polizei H. die Akte zur Einsicht an. Der seinerzeitige Arbeitgeber meldete den Unfall mit Unfallanzeige
vom 23. August 2000, die am 11. September 2000 bei der Beklagten einging. Dort heißt es, die Verletzte habe die Arbeit am
31. Juli 2000 wieder aufgenommen. Nachdem die Polizei H. mitgeteilt hatte, dass die Ermittlungsakte bereits an die Staatsanwaltschaft
abgegeben wurde, forderte die Beklagte diese unter dem 7. Dezember 2000 von dort an. In einem Sachbearbeitervermerk in der
Akte der Beklagten vom 16. Januar 2001 heißt es:
Kosten am 16. Jan. 2001: 93,50 DM Da wegen Geringfügigkeit auf Regress verzichtet werden kann, ist eine Fortführung der Ermittlungen
unwirtschaftlich. zdA 16. Jan. 2001
Durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom 9. November 2001 (614 KLs 17/01) wurde der Täter wegen versuchter sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu drei Jahren und sechs Monaten
Freiheitsstrafe verurteilt und seine Sicherungsverwahrung angeordnet. Auf seine Revision wurde dieses Urteil vom Bundesgerichtshof
aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Dieses verurteilte den Täter durch Urteil vom 25. Februar 2003 (611 KLs 6/02) wegen versuchter sexueller Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu drei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe
und ordnete seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. In beiden Verfahren hatte die Klägerin als Zeugin
auszusagen.
Mit Bescheid vom 20. April 2005 zuerkannte das Versorgungsamt Hamburg der Klägerin einen Grad der Behinderung (GdB) von 30
wegen einer Wirbelkanalenge, eines Bandscheibenschadens und eines Schulter-Arm-Syndroms. Auf ihren Neufeststellungsantrag
vom 27. Juni 2007, mit dem sie erstmalig auf das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung nach Überfall" hinwies,
erkannte das Versorgungsamt mit Neufeststellungsbescheid vom 28. April 2008 einen GdB von 60 an und berücksichtigte hierbei
zusätzlich eine posttraumatische Belastungsstörung mit einem Teil-GdB von 40.
Mit Schreiben vom 30. September 2008 meldete sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerin bei der Beklagten, wies auf die
Verurteilung des Täters sowie des Weiteren darauf hin, dass die Klägerin noch immer unter den Folgen der Tat leide und bat
um Mitteilung des Standes der seit dem Eingang der Unfallanzeige des Arbeitgebers getätigten Ermittlungen. Vor diesem Hintergrund
kam es am 10. Oktober 2008 zu einem Telefonat zwischen der Prozessbevollmächtigten und der Beklagten. In dem hierzu bei der
Beklagten gefertigten Vermerk heißt es:
Es wurde ausführlich über den Unfall von Frau W. gesprochen und über unseren Aktenstand informiert. Nachdem Frau W. zunächst
versucht habe alleine mit der Verarbeitung des Überfalles zurechtzukommen, haben sich im Laufe der Zeit doch erhebliche psychische
Probleme eingestellt. Sie sei seit einiger Zeit auch arbeitsunfähig, beziehe Krankengeld und sei in psychiatrischer Therapie.
Frau W. geht es um die Feststellung der Beschwerden als Unfallfolge und weiterer Therapiemöglichkeiten.
Unter dem 30. Dezember 2008 stellte die Klägerin bei dem Versorgungsamt Hamburg einen Antrag nach dem
Opferentschädigungsgesetz. Als Folgen des Überfalls gab sie eine posttraumatische Belastungsstörung, schwere Erschöpfung, schwere HWS-Beschwerden sowie
Kopf- und Nackenschmerzen an. Die Dauer der schädigungsbedingten Arbeitsunfähigkeit gab sie mit 2 ½ Wochen an.
Die Beklagte ließ die Versicherte zunächst chirurgisch begutachten. Der Arzt für Chirurgie-Unfallchirurgie M. vermochte auf
seinem Fachgebiet Unfallfolgen am 27. Juli 2009 nicht mehr festzustellen. Des Weiteren holte die Beklagte ein nervenärztliches
Gutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. ein. Dieser untersuchte die Klägerin am 5. November 2009. Ihm
gegenüber berichtete sie, dass sich an die Arbeitsunfähigkeit nach dem Ereignis zunächst ein Urlaub angeschlossen habe. Eigentlich
habe sie vorgehabt, zusammen mit ihrem Lebensgefährten nach Kärnten zu fahren, was aber durch den Überfall "ins Wasser gefallen"
sei. Daraufhin habe man die Familie des Lebensgefährten in Süddeutschland besucht. Zu der Familie habe auch ein Arzt gehört,
mit dem sie den Überfall "durchgesprochen habe". Sie habe einfach "rauskommen" wollen, da sie die Überfallstelle ja immer
vom Fenster ihrer Wohnung habe sehen können. Bei ihrem Arbeitgeber habe sie weiter gearbeitet, bis dieser den Betrieb nach
München verlegt habe. Da hätte sie mitgehen können, habe aber aus privaten Gründen davon Abstand genommen. Sie habe bei einem
anderen Arbeitgeber auf Empfehlung eine Anstellung mit gleicher Wertigkeit bekommen. Von der Gesetzlichen Unfallversicherung
habe sie nie Rente bekommen, habe aber auch nie einen Antrag gestellt. Es habe sie das alles damals wahnsinnig belastet, dass
sie auch so viele Formulare auszufüllen gehabt hätte. Auf die Frage, warum sie gerade jetzt den Antrag nach dem
Opferentschädigungsgesetz und bei der Gesetzlichen Unfallversicherung gestellt habe, gab die Verletzte gegenüber Dr. F. an, dass sie in der Psychotherapie
erkannt habe, dass sie es nicht allein schaffen würde. Dies sei der Grund für die Anträge. Anfangs habe sie gemeint, sie sei
stark, könne alles und schaffe es. Da habe sie alle Nachteile und Schwierigkeiten selbst ausgeglichen. Auch die Psychotherapie
habe sie erst im Sommer 2008 begonnen, weil der Leidensdruck einfach stärker geworden sei. Sie habe ja versucht, alles zu
verstecken, auch aus Scham, habe nicht gewollt, dass die Leute was mitkriegen. So habe sie das Ereignis und seine Folgen vor
ihrer gesamten Familie, mit Ausnahme der engen Familie des Lebenspartners, die man ja besucht habe, geheim gehalten und auch
nur wenige Kollegen hätten davon gewusst. Auch im Betrieb sei es sonst nicht bekannt gewesen.
Dr. F. stellte als Unfallfolge eine posttraumatische Belastungsstörung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von
20 vom Hundert fest. Mangels entsprechender Dokumentation des Störungsbildes empfahl er eine Anerkennung erst ab Aufnahme
der Psychotherapie im November 2008.
Mit Bescheid vom 7. April 2010 erkannte die Beklagte als Folge des Arbeitsunfalls eine posttraumatische Belastungsstörung
an und gewährte der Klägerin Verletztenrente nach einer MdE von 20 vom Hundert für den Zeitraum ab 1. Januar 2004 bis auf
Weiteres. Ansprüche auf Leistungen vor dem 1. Januar 2004 seien nach §
45 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (
SGB I) verjährt. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Ihre Ansprüche seien nicht verjährt, denn in der Gesetzlichen Unfallversicherung
sei keine Antragstellung erforderlich. Vielmehr setze die Verpflichtung des Unfallversicherungsträgers ein, sobald er von
möglichen leistungserheblichen Tatsachen Kenntnis erlange. Es seien in nicht nachvollziehbarer Weise keine weiteren Ermittlungen
mehr angestellt worden, obwohl das Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft bekannt gewesen sei und auch der Durchgangsarzt von
einem psychischen Erschöpfungszustand gesprochen habe. Die Erhebung der Einrede der Verjährung sei auch unzulässig, weil die
Beklagte eigene Fehler in ihre Entscheidung habe mit einbeziehen müssen. Die Entscheidung lasse schließlich Ermessenserwägungen
vermissen.
Mit Ergänzungsbescheid vom 6. Januar 2011 begründete die Beklagte die Erhebung der Einrede der Verjährung. Zwar seien grundsätzlich
die Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung von Amts wegen zu erbringen. Jedoch müssten hierzu Tatsachen bekannt
sein, die Anhaltspunkte für einen eventuellen Leistungsanspruch ergäben. Nach den eingegangenen Unterlagen sei die Behandlung
durch den Durchgangsarzt nicht fortgesetzt worden und es sei die Arbeit am 31. Juli 2000 wieder aufgenommen worden. Auch im
Hinblick auf die Diagnose habe sich für die Verwaltung kein zwingender Hinweis auf weiterbestehende Unfallfolgen ergeben.
Dies gelte auch für die Diagnose "psychischer Erschöpfungszustand" im Hinblick auf die abgeschlossene Behandlung und die Arbeitsaufnahme.
Bis zum 16. Januar 2001 hätten keine Informationen für eine weitere Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen, so dass die Akte
zu diesem Zeitpunkt abgelegt worden sei. Der Vermerk zur Geringfügigkeit habe sich lediglich auf das nicht weiter zu verfolgende
Regressverfahren bezogen. Dies sei mit Blick auf die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Kosten in Höhe von 93,50 DM sachgerecht
gewesen. Bis zum Jahr 2008 hätten sich dann keine weiteren Anhaltspunkte für mögliche Leistungsansprüche ergeben. Der von
der Klägerin ausgefüllte und zurückgesandte Wegeunfallfragebogen habe ausschließlich der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen
des Versicherungsfalls gedient. Als Leistungsantrag könne er nicht gewertet werden. Da erst der am 30. September 2008 gestellte
Antrag die Hemmung der Verjährung bewirkt habe, seien nach allem die Leistungen vor dem 1. Januar 2004 verjährt. Im Sinne
pflichtgemäßen Ermessens sei die Einrede der Verjährung zu erheben gewesen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Eintritt
der Verjährung unabhängig von etwaigem Verschulden allein durch Zeitablauf und Nichtgeltendmachung des Anspruchs eintrete.
Ein krasser Pflichtenverstoß, welcher von der Rechtsprechung zum Ausschluss der Verjährungseinrede gefordert werde, könne
eben so wenig festgestellt werden wie ein Verstoß gegen Treu und Glauben. Die Zuständigkeit der Beklagten sei bekannt gewesen,
ohne dass bis zum Jahre 2008 eine Kontaktaufnahme erfolgt sei. Nach allem sei die Bearbeitung sachgerecht gewesen. Mit Widerspruchsbescheid
vom 2. März 2011 wies die Beklagte auch den Widerspruch gegen ihre Entscheidung zurück.
Daraufhin hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben und vorgetragen, dass bei pflichtgemäßer Akteneinsicht in die Akten
der Staatsanwaltschaft und bei einem Abwarten des Abschlusses des Strafverfahrens der Beklagten unweigerlich bekannt geworden
wäre, dass sie - die Klägerin - aufgrund des Überfalls in sehr erheblicher Weise traumatisiert wurde. Es sei auch unverständlich,
dass die Beklagte bis zur Einstellung des Verfahrens nicht weitere ärztliche Befunde abgerufen habe.
Die Beklagte hat entgegnet, dass alle beteiligten Behandler gehalten gewesen wären, sie über die weitere Entwicklung in Kenntnis
zu setzen. Letztlich habe auch die Krankenkasse die Behandlungskosten getragen, jedoch sie - die Beklagte - nicht informiert.
So habe man davon ausgehen können, dass die Folgen des Arbeitsunfalls glimpflich und rasch zur Abheilung gebracht worden seien.
Durch Urteil vom 27. September 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Vor dem 1. Januar 2004 entstandene Einzelansprüche
seien verjährt. Hierauf habe die Beklagte sich auch berufen dürfen, weil sie nicht verpflichtet gewesen sei, weitere Sachaufklärung
zu betreiben, um den gesundheitlichen Zustand der Klägerin auszuforschen. Auch aus der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte
hätten sich zum Zeitpunkt des Weglegens der Akte keine weiteren Hinweise ergeben, weil auch die gerichtsärztliche Untersuchung
keine psychischen Schäden dokumentiert habe. Auf die der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17. Oktober 2012 zugestellte
Entscheidung wird ergänzend Bezug genommen.
Die Klägerin hat am 12. November 2012 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, am 29. Mai 2013 sei sie von Dr. F. erneut untersucht
worden. Hierbei habe sich keine wesentliche Änderung der Unfallfolgen geben, so dass weiterhin die bisherige Rente nach der
bisher festgestellten MdE von 20 gewährt werde. Dr. F. habe auch eine weitere Nachuntersuchung nicht mehr für erforderlich
gehalten. Insoweit werde auf das schriftliche Gutachten vom 24. Juni 2013 verwiesen, aus welchem sich ergebe, dass sie als
Folge des Arbeitsunfalles vom 12. Juli 2000 bis heute schwerwiegend durch die Folgen einer posttraumatischen Belastungsstörung
beeinträchtigt sei. Im Übrigen könne sie es nach wie vor nicht fassen, dass trotz unbestreitbar offenkundig für erforderlich
gehaltenem und noch laufendem Antrag auf Akteneinsicht in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft deren Durchführung nicht
abgewartet wurde. Diese Akteneinsicht hätte zu dem Ergebnis einer schweren und brutalen Straftat mit erheblichen Auswirkungen
auf das körperliche und psychische/seelische Befinden führen müssen. Stattdessen sei das Verfahren mit dem Vermerk, es könne
wegen Geringfügigkeit auf Regress verzichtet werden, weshalb eine Fortführung der Ermittlungen unwirtschaftlich sei, ohne
jede Anhörung oder Information an sie, die Verletzte, welche ihr die Möglichkeit verschafft hätte, auf die Schwere der erlittenen
Verletzungen und den Stand bzw. das Ergebnis des Strafverfahrens hinzuweisen und gegebenenfalls einen Anwalt einzuschalten,
eingestellt und diese Vorgehensweise nicht nur von der Beklagten selbst, sondern auch noch vom erstinstanzlichen Gericht als
angeblich rechtmäßig angesehen worden. Dabei handele es sich um ein Amtsermittlungsverfahren, für welches gemäß §
19 Satz 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (
SGB IV) kein Antrag erforderlich sei. Es werde vielmehr durch eine Unfallanzeige des Arbeitgebers bzw. durch den Durchgangsarzt
in Gang gesetzt. Nach der durch die Beklagte erfolgten Belehrung, dass sie zur Mitwirkung verpflichtet sei, habe keine Verjährung
eintreten können, weil diese durch die Rücksendung des Fragebogens im Rahmen der Mitwirkungspflicht durch Antragstellung gemäß
§
45 Abs.
3 S. 1
SGB I gehemmt worden sei. Da das Ermittlungsverfahren dann ohne ihre Anhörung eingestellt worden sei, die Hemmung der Verjährung
aber erst sechs Monate nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Antrag ende, habe Verjährung gar nicht eintreten können.
Denn eine Entscheidung über ihren Antrag sei erst mit Bescheid vom 7. April 2010 bekannt gegeben worden. Dieser Bescheid sei
aber aufgrund des vorliegenden Verfahrens und insbesondere durch die nun vorliegende Berufung bis zum heutigen Tage nicht
bestandskräftig geworden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. September 2012 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2010 in der
Fassung des Ergänzungsbescheides vom 6. Januar 2011 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2011 abzuändern
und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 12. Juli 2000 Verletztenrente nach einer MdE
von wenigstens 20 vom 100 auch für Zeiträume vor dem 1. Januar 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und Ihren Bescheid und weist - erneut - darauf hin, dass sich aus dem Akteninhalt bis
zum Antrag der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 30. September 2008 als Unfallfolgen lediglich multiple Prellungen,
ein Kompressionstrauma, eine HWS-Distorsion, Kratz-Schürfwunden am rechten Ober-Unterlid, an der rechten Wange und am Nasenrücken,
eine oberflächliche Platzwunde an der Oberlippe und ein psychischer Erschöpfungszustand ergäben. Da zeitlich danach weder
weitere ärztliche Behandlungsberichte noch sonstige Unterlagen übersandt worden seien, sei davon auszugehen gewesen, dass
die vorgenannten Unfallfolgen folgenlos verheilt gewesen seien. Deshalb stelle die Nichtvornahme weiterer Ermittlungen zum
seinerzeitigen Zeitpunkt keine krasse Pflichtwidrigkeit im Rahmen der grundsätzlich bestehenden Amtsermittlungspflicht dar.
Ein schriftlicher Antrag habe im Übrigen erst durch das Schreiben der Prozessbevollmächtigten vorgelegen. Ein solcher sei
nicht in der Rücksendung des Wegeunfallfragebogens zu sehen. Die Einstellung des Verfahrens stelle auch keinen krassen Pflichtverstoß
dar. Denn zu jenem Zeitpunkt sei davon auszugehen gewesen, dass lediglich Kosten in Höhe von 93,50 DM entstanden waren. Es
sei auch noch darauf hinzuweisen, dass die Anforderung der Akten der Staatsanwaltschaft lediglich der Prüfung von Regressfragen
gegenüber Dritten diene und nicht der Prüfung der Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten. Bei der Frage, was als rechtsmissbräuchliche
Erhebung der Verjährungseinrede anzusehen sei, sei auch die Regelung des §§ 44 Abs. 4 SGB X zu beachten. Insoweit werde eine Ausstrahlungswirkung auf die Verjährungsregelung nach §
45 SGB I ausgeübt. Beide Bestimmungen sollten nämlich eine rückwirkende Leistungserbringung für die Vergangenheit einschränken.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der
Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.
Ungeachtet des Vorstehenden sind etwaige Ansprüche für Zeiträume vor dem 1. Januar 2004 jedenfalls verjährt.
Auch dem Wegeunfallfragebogen, den die Klägerin am 28. Juli 2000 bei der Beklagten eingereicht hat, kommt nicht die Wirkung
eines Antrages auf Sozialleistungen zu. Denn der Fragebogen enthält nur Erhebungen zum Unfallhergang. Fragen bezüglich etwaiger
Leistungen beinhaltet der von der Verletzten ausgefüllte Vordruck hingegen nicht. Auch im Übrigen hat die Klägerin damit nicht
im Sinne der Vorschrift eine bestimmte Leistung, namentlich weder Verletztengeld oder Verletztenrente geltend, sondern lediglich
die von ihr erbetenen Angaben zur Sache gemacht, welche zur Beurteilung, ob überhaupt ein Versicherungsfall vorliegt, erforderlich
waren.
Wenn die Klägerin schließlich meint, die Beklagte sei den gegenüber einem schwer geschädigten Unfallopfer bestehenden Verpflichtungen
zur Fürsorge nicht in angemessener Weise nachgekommen und dürfe sich auch deshalb nicht auf Verjährung berufen, so ist demgegenüber
auf §
26 Abs.
3 SGB VII zu verweisen. Danach haben Leistungen zur Heilbehandlung und zur Rehabilitation stets Vorrang vor Rentenleistungen. Nach
§
26 Abs.
2 Satz 1
SGB VII hat der Träger der Unfallversicherung mit allen geeigneten Mitteln unter anderem frühzeitig den durch den Versicherungsfall
verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern. Die Berufsgenossenschaft kann dieser Verpflichtung aber nur
nachkommen, wenn sie von der Behandlungsbedürftigkeit Kenntnis erlangt. Hierzu ist das Durchgangsarztverfahren nach §
24 des Vertrages nach §
34 Abs.
3 SGB VII zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V., Berlin, dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung,
Kassel, einerseits und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Berlin, andererseits über die Durchführung der Heilbehandlung,
die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen (Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger)
durchzuführen. Der Verletzte hat sich gemäß § 26 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger beim Durchgangsarzt vorzustellen.
Dieser allein entscheidet nach § 27 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger über Art und Umfang der vorzunehmenden Behandlung.
Dass die Beklagte von etwaigen weiteren Gesundheitsschäden keine Kenntnis erhielt, ist hiervon ausgehend ausschließlich dem
Verhalten der Klägerin geschuldet, die es - so ihre Schilderung gegenüber Dr. F. - unternommen hatte, den Unfall vor Arbeitskollegen,
im Betrieb und auch vor der Familie geheim zu halten. Hiermit in Übereinstimmung steht, wenn sie ihre Prozessbevollmächtigte
im Oktober 2008 gegenüber der Beklagten erklären lässt, dass sie versucht habe, allein mit der Verarbeitung des Überfalls
zurechtzukommen. Wenn die Klägerin zur Erklärung für dieses Verhalten gegenüber dem Senat auf ihre hohen Fehlzeiten bereits
vor dem Unfall und ihre Angst vor einer Kündigung hinweist, wird dies nur bestätigt. Diese Kenntniserlangung hat die Klägerin
durch den aus eigenem Antrieb vorgenommenen Abbruch der berufsgenossenschaftlichen Heilbehandlung vereitelt und damit eine
gegenüber der Beklagten bestehende Obliegenheit verletzt. Denn der Durchgangsarzt ist aufgrund seiner vertraglichen Bindung
zum Unfallversicherungsträger verpflichtet, diesen über den Stand der Behandlung zu unterrichten (§§
34,
201 SGB VII i.V.m. §
27 Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger), andere nicht vertraglich mit der Berufsgenossenschaft verbundene Behandler sind
dies nicht. Bei dieser Sachlage ist es nicht der Beklagten anzulasten, dass sie erst spät Kenntnis von dem wahren Ausmaß der
Schädigung erlangte.
Mit Blick auf die Finanzierung der Aufwendungen der Beklagten durch nachträgliche Umlagen ist es auch gerechtfertigt, wenn
durch die Erhebung der Einrede der Verjährung eine Beschränkung von Nachzahlungen an Versicherte bewirkt und so Sicherheit
bei der Aufgabenfinanzierung erreicht wird. Dies gebieten - worauf bereits das Sozialgericht hingewiesen hat - der Grundsatz
der Gleichbehandlung und derjenige der sparsamen Haushaltsführung. Ihr Ermessen hat die Beklagte nach allem fehlerfrei dahingehend
ausgeübt, dass die Einrede der Verjährung zu erheben war.