LSG Hessen, Urteil vom 16.03.2022 - 4 SO 119/21
1. § 3 Satz 5 SodEG eröffnet durch den Sicherstellungsauftrag des § 2 SodEG verpflichteten Leistungsträger einen Ermessenspielraum
hinsichtlich der Festlegung eines niedrigeren Bemessungssatzes für den Zuschuss als 75 Prozent.
2. Steht bei der Bewilligung der Zuschüsse nach dem SodEG der Zahlungsanspruch aus dem Rechtsverhältnis zwischen sozialem
Dienstleister und Sozialleistungsträger i. S. v. § 2 Satz 2 SodEG dem Grunde und der Höhe nach für den Monat, für den der
Zuschuss beantragt wird, fest, sind insbesondere Zahlungen an den Sozialdienstleister bereits geflossen (tatsächlicher Zufluss
vorrangiger Mittel i. S. v. § 4 Satz 1 Nr. 1 SodEG), ist die Saldierung von Zuschuss und Leistungsvergütung geboten und das
Ermessen des gewährleistungsverantwortlichen Sozialleistungsträgers auf Null reduziert.
Normenkette: § 1 SodEG ,
§ 2 Satz 2 SodEG ,
§ 2 Satz 3 SodEG ,
§ 3 Satz 1 SodEG ,
§ 3 Satz 5 SodEG ,
§ 4 Satz 1 Nr. 1 SodEG ,
§ 4 Satz 4 SodEG ,
§ 5 Satz 1 SodEG ,
§ 1 SodEGAG HE
Vorinstanzen: SG Darmstadt 28.04.2021 S 17 SO 36/21 SDE
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. April 2021 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Berechnung des Zuschusses nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) für die Monate
Juni und Juli 2020 streitig.
Die Klägerin ist Leistungserbringerin im Bereich der Eingliederungshilfe, sie erbringt Leistungen insbesondere in Form von
Teilhabeassistenz für Kinder und Jugendliche mit geistiger oder somatischer Behinderung oder Mehrfachbehinderung in der Schule.
Zwischen ihr und dem Beklagten bestehen eine Leistungs-, Qualitäts- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SG XII vom 9. Juni 2016 und eine Vergütungsvereinbarung nach § 123 Abs. 1 SGB IX i. V. m. § 125 SGB IX vom 15. November 2019.
In der Zeit von März 2019 bis Februar 2020 zahlte der Beklagte der Klägerin für Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe
nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch ( SGB IX) – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - (bis 31. Dezember 2019: Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB
XII] - Sozialhilfe) einen Betrag in Höhe von 326.282,46 Euro. Im Juni 2020 zahlte der Beklagte der Klägerin eine Leistungsvergütung
für Leistungen nach dem SGB IX in Höhe von 15.984,65 Euro und im Juli 2020 in Höhe von 2.741,74 Euro aus.
Am 26. August 2020 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Leistungen nach dem SodEG ab Juni 2020 bis voraussichtlich 31.
September 2020 „Eingliederungshilfe nach SGB VIII und SGB IX“, da die Weiterfinanzierung der sozialen Dienstleister bzw. Leistungsträger im Zuständigkeitsbereich des Beklagten
zum Mai beendet worden sei und am 20. August 2020 mitgeteilt worden sei, dass ab Juni 2020 nur noch die tatsächlich erbrachten
Stunden fakturiert werden dürften. Die Klägerin sei daher gezwungen, einen Antrag auf Leistungen nach dem SodEG zu stellen.
Sie gab eine „Erklärung über Unterstützungsmöglichkeiten zur Bewältigung von Auswirkungen der Coronavirus-Krise gem. § 1 Abs.
1 des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes (SodEG)“ ab.
Mit Bescheid vom 12. November 2020 bewilligte der Beklagte im Leistungsbereich SGB IX für den Monat Juni 2020 einen Zuschuss von 4.408,00 Euro und für Juli 2020 von 17.650,91 Euro. Die tatsächliche Höhe der
Zahlungen der bewilligten monatlichen Zuschüsse erfolge unter dem Vorbehalt des § 4 SodEG. Hinsichtlich der Berechnung verwies
der Beklagte auf die Anlagen „Berechnung des monatlichen SodEG-Zuschusses“.
Für den Monat Juni 2020 ergab sich danach als Berechnung:
Addition aller Zahlungen im maßgeblichen Bemessungszeitraum (März 2019 – Februar 2020)
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326.282,46 Euro
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geteilt durch die Anzahl der maßgeblichen Monate (12 Monate) = Monatsdurchschnitt
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27.190,20 Euro
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davon 75 % (Obergrenze der monatlichen SodEG-Zuschüsse) = monatlicher SodEG-Anspruch
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20.392,65 Euro
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abzüglich vorrangige Mittel im Sinne des § 4 SodEG
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tatsächlich erfolgte Zahlungen (aus Rechtsverhältnissen nach § 2 Satz 2 SodEG
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15.984,65 Euro
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Differenz SodEG-Anspruch abzgl. vorrangige Mittel i.S.d. § 4 SodEG
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4.408,00 Euro
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Zuschuss nach SodEG
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4.408,00 Euro
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Für Juli 2020 ergab sich als Berechnung:
Addition aller Zahlungen im maßgeblichen Bemessungszeitraum (März 2019 – Februar 2020)
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326.282,46 Euro
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geteilt durch die Anzahl der maßgeblichen Monate (12 Monate) = Monatsdurchschnitt
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27.190,20 Euro
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davon 75 % (Obergrenze der monatlichen SodEG-Zuschüsse) = monatlicher SodEG-Anspruch
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20.392,65 Euro
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abzüglich vorrangige Mittel im Sinne des § 4 SodEG
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tatsächlich erfolgte Zahlungen (aus Rechtsverhältnissen nach § 2 Satz 2 SodEG
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2.741,74 Euro
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Differenz SodEG-Anspruch abzgl. vorrangige Mittel i.S.d. § 4 SodEG
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17.650,91 Euro
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Zuschuss nach SodEG
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17.650,91 Euro
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Dagegen legte die Klägerin am 28. November 2020 Widerspruch ein, mit dem sie die Auffassung vertrat, Grundlage der Berechnung
seien die sich aus fakturierten Rechnungen ergebenden Beträge. Ferner wandte sie sich gegen die Art der Ermittlung des Zuschusses.
Der Beklagte berechne von dem ermittelten Monatsdurchschnitt die Zuschusshöhe mit 75 Prozent. Gleichzeitig würden die vorrangigen
Mittel jedoch zu 100 Prozent (also in voller Höhe) vom 75-prozentigen Zuschuss abgezogen werden. Aus ihrer Sicht müssten die
vorrangigen Mittel von 100 Prozent des Monatsdurchschnitts abgezogen werden. Dies ergebe sich aus § 3 SodEG. Dort werde die
100-Prozent-Betrachtung zugrunde gelegt. Die Kürzung der Zuschusshöhe auf pauschal maximal 75 Prozent erfolge gerade, weil
man Zuflüsse im Sinne des § 4 SodEG in Höhe von 25 Prozent als summa summarum sicher unterstelle. Erst dann, wenn die Zuflüsse
nach § 4 SodEG zu den Zuflüssen nach § 3 SodEG addiert den Monatsdurchschnitt gemäß § 3 SodEG überstiegen, könne entsprechend
gekürzt und die Erstattung gefordert werden. Seien aber 75 Prozent des Monatsdurchschnitts als Zuschuss gewährt worden und
überstiegen die Zuflüsse 25 Prozent des Monatsdurchschnitts nicht, entstehe keine Erstattungsforderung des öffentlichen Leistungsträgers.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2021, der Klägerin zugestellt am 23. Januar 2021, wies der Beklagte den Widerspruch
hinsichtlich der Leistungen nach dem SodEG für Juni und Juli 2020 betreffend Leistungen nach dem SGB IX als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin sei als sozialer Dienstleister verpflichtet, gegenüber
dem zuschussgewährenden Leistungsträger den Zufluss vorrangiger Mittel nach § 4 Satz 1 und 2 SodEG anzuzeigen. In § 4 SodEG
sei ausdrücklich der Hinweis enthalten, dass es sich bei vorrangigen Mitteln, wozu auch die tatsächlichen Zahlungen von Rechnungen
gehörten (§ 4 Satz 1 SodEG) um tatsächlich zugeflossene Mittel handele (sog. bereite Mittel). § 4 Satz 2 SodEG mache deutlich,
dass Ansprüche und Forderungen (wozu auch fakturierte Rechnungen zählten), die nicht zu tatsächlichen monatlichen Geldzuflüssen
führen, keine bereiten Mittel seien. Mit diesen Formulierungen werde deutlich, dass das gesamte SodEG im Rahmen des Sicherstellungsauftrages
und der administrativen und finanzwirtschaftlichen Abwicklung ausschließlich die Liquiditätssichtweise betrachte. In § 3 SodEG
werde ausdrücklich die Berechnung des maximalen SodEG-Anspruchs hergeleitet. Dort heiße es: „Für die Berechnung der Zuschusshöhe
wird ein Monatsdurchschnitt der im Monatszeitraum März 2019 bis Februar 2020 geleisteten Zahlungen (…) … ermittelt.“ Weiterhin
heiße es dort: „Der monatliche Zuschuss beträgt höchstens 75 Prozent des Monatsdurchschnitts.“ Also erst nach dieser maximal
möglichen Zuschussgewährung würden die tatsächlich zugeflossenen Mittel abgezogen, um den monatlichen unter Vorbehalt zu gewährenden
Zuschuss nach SodEG zu ermitteln.
Am 22. Februar 2021 hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Darmstadt erhoben. Sie hat die Bewilligung von Zuschüssen
in Höhe von 11.205,55 Euro für den Monat Juni 2020 und in Höhe von 20.392,65 Euro für den Monat Juli 2020, hilfsweise die
Neubescheidung ihres Antrags begehrt.
Die Klägerin hat unter anderem ausgeführt, streitig sei der Rechenweg für die Ermittlung des Leistungsanspruchs nach § 3 SodEG
unter Berücksichtigung des den späteren Erstattungsanspruch betreffenden § 4 SodEG. Im Mittelpunkt der Betrachtungen solle
der zentrale Zweck des Gesetzes stehen, den der Gesetzgeber in § 2 Satz 1 SodEG verankert habe. Eine Bestandsicherung setze
betriebswirtschaftlich voraus, dass mindestens die laufenden Kosten der Leistungserbringer gedeckt würden. Im Gegenzug müssten
sie sich bereit erklären, die Behörden bei der Pandemiebekämpfung mit ihren frei gewordenen Ressourcen zu unterstützen. Das
SodEG sei so konstruiert, dass die Leistungsträger einen erheblichen Teil ihrer Einsparungen, die unvermeidlich zulasten der
Leistungsberechtigten gingen, an die Leistungserbringer auszahlten, um diese in der Lage zu halten, die unterbrochenen oder
eingeschränkten Maßnahmen im Interesse der Leistungsberechtigten jederzeit wieder aufnehmen zu können. Wesentlich für die
Berechnung sei vor allem die Annahme, dass den Leistungserbringern durch Zuflüsse wie das Kurzarbeitergeld, Entgelte für weiterhin
erbrachte Leistungen und mögliche Einsparungen stets noch mindestens 25 Prozent ihrer monatlichen Durchschnittseinnahmen nach
§ 3 Satz 2 SodEG zur Verfügung stehen würden und es deshalb ausreichend sei, die Leistung auf maximal 75 Prozent der Durchschnittseinnahmen
zu begrenzen. Dazu verweist die Klägerin auf die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/18107, S. 35). Aufgrund dieser Gesetzesbegründung
würden sich die Leistungsträger berechtigt sehen, erwartbare Zuflüsse bereits bei der Berechnung der auszuzahlenden Leistung
zu berücksichtigen. Gewähre § 3 Satz 5 SodEG den Leistungsträgern ein Rechtsfolgenermessen hinsichtlich der Bestimmung des
vom Monatsdurchschnitt als Leistung gewährten Prozentsatzes, das hier auf 75 Prozent vorgenommen werde, finde sich im Gesetzeswortlaut
entgegen der Begründung keinerlei Ansatzpunkt für ein Recht des Leistungsträgers zum Vorwegabzug von angenommenen Zuflüssen.
Ganz im Gegenteil lasse § 4 Satz 4 SodEG die Geltendmachung des nachträglichen Erstattungsanspruchs frühestens drei Monate
nach dem maßgeblichen Zeitraum der Zuschussgewährung zu. Das sei auch ganz im Interesse der schnellen, unbürokratischen Liquiditätsgewährung.
Die auch von dem Beklagten vollzogene Verrechnung dürfte bereits deswegen rechtswidrig gewesen sein. Aber auch der Weg, wie
die Verrechnung erfolge, sei rechtswidrig und führe zu einer unzulässigen Kürzung des Leistungsanspruchs: Die §§ 3, 4 SodEG
regelten nach ihrem Wortlaut nicht, von welchem Betrag der Abzug nach § 4 SodEG erfolgen solle. Es heiße lediglich offen,
der Anspruch des Leistungsträgers auf Erstattung bestehe, soweit Zuflüsse aus dem Katalog des § 4 Satz 1 oder 2 SodEG erfolgt
seien. Die vom Gesetzgeber vorgesehene Bestandssicherung setze voraus, dass auch die Einnahmen beständig sein müssten. Der
Gesetzgeber hebe in der Begründung ausdrücklich hervor, dass eine Zuschussgewährung von 100 Prozent des Monatsdurchschnitts
regelmäßig nicht erforderlich sei, weil insbesondere Kurzarbeitergeld fließen werde. Dies und andere Zuflüsse im Sinne des
§ 4 Satz 1 oder 2 SodEG unterstellend, werde die Obergrenze des Zuschusses auf 75 Prozent festgelegt. Eben diese Entscheidung
bedeute aber denklogisch, dass die so benannten Zuflüsse nicht doppelt berücksichtigt werden dürften, einmal bei der Bemessung
der Leistung durch den Gesetzgeber auf maximal 75 Prozent und anschließend, indem sie von eben diesen 75 Prozent noch einmal
in vollem Umfang abgezogen würden. Bei gesetzmäßiger Berechnung liege ausgehend von den tatsächlichen Zahlungen der monatliche
Durchschnitt bei 27.190,20 Euro (wie von dem Beklagten ermittelt). 75 Prozent hiervon seien 20.392,65 Euro. Im Juni seien
vom Zwölfmonatsdurchschnitt von 27.190,20 Euro der Betrag von 15.984,65 Euro abzusetzen, so dass sich 11.205,55 Euro ergäben.
Im Juli seien von 27.190,20 Euro der Betrag von 2.741,74 Euro abzusetzen, so dass sich 24.448,46 Euro ergäben. Sei die Differenz
zwischen Zwölfmonatsdurchschnitt und Zuflüssen größer als 75 Prozent des Zwölfmonatsdurchschnitts von 20.392,65 Euro, sei
auch nach der Begründung zu § 3 SodEG kein Vorwegabzug statthaft. Sei sie kleiner, sei die Differenz als Leistung festzusetzen.
Für Juni seien daher 11.205,55 Euro als Zuschuss zu leisten, die 75-Prozentgrenze komme nicht zum Tragen. Für den Juli seien
20.392,65 Euro als Zuschuss zu leisten, die 75-Prozentgrenze deckele die Leistung.
Der Beklagte hat vorgetragen, dass das SodEG die Träger der Eingliederungshilfe in den Fällen, in denen Leistungen nicht erbracht
würden, verpflichte, einen Betrag in gleicher oder niedrigerer Höhe an den sozialen Dienstleister zu zahlen. Der Sicherstellungsauftrag
gelte nur, wenn soziale Dienstleister die verfügbaren Mittel nicht aus vorrangig verfügbaren Mitteln abgedeckt habe (z.B.
Kurzarbeitergeld, Infektionsschutzgesetz, Zuschüsse von Bund und Länder). Eine vollständige Kompensation des Einnahmewegbruchs bzw. die vollständige Übernahme des
Unternehmensrisikos bzw. eine Einnahmeausfallsicherung sei hierbei allerdings nicht vorgesehen. In der Begründung zu § 3 heiße
es in der BT-Drs. 19/18107 daher auch, dass die Höhe des Zuschusses höchstens 75 Prozent des Monatsdurchschnitts betrage.
Von einem feststehenden Mindestbetrag sei nicht die Rede. Die Zuschusshöhe solle im Rahmen einer summarischen Prüfung den
tatsächlichen Zufluss anderer vorrangiger Mittel berücksichtigen. Er habe sich bei seiner Berechnung an der Verfahrensabsprache
des BMAS mit der Bundesagentur für Arbeit, der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung,
dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Bundesländern (vertreten durch das ASMK-Vorsitzland Baden-Württemberg)
zur Umsetzung des SodEG (Bl. 105 ff Gerichtsakte) orientiert.
Mit Gerichtsbescheid vom 28. April 2021 hat das Sozialgericht nach Anhörung der Beteiligten die Klage abgewiesen. Es hat zur
Begründung ausgeführt, die Klägerin sei durch den Bescheid vom 12. November 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
20. Januar 2021 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Dieser Bescheid sei rechtmäßig. Der Beklagte habe die Höhe des Zuschusses nach § 3 SodEG zutreffend ermittelt. Für höhere Zahlungen biete das SodEG keine Rechtsgrundlage. Der monatliche Zuschuss beträgt höchstens
75 Prozent des Monatsdurchschnitts. Der Gesetzgeber habe nicht die Annahme, dass den Leistungserbringern durch Zuflüsse weiterhin
noch mindestens 25 Prozent ihrer monatlichen Durchschnittseinnahmen zur Verfügung stünden und es deshalb ausreichend wäre,
die Leistung auf maximal 75 Prozent der Durchschnittseinnahmen zu begrenzen, mithin durch die Zuschüsse die Leistungserbringer
weiterhin 100 Prozent erreichen würden. Der Gesetzgeber gehe nach der Gesetzesbegründung vielmehr davon aus, dass 75 Prozent
des Monatsdurchschnitts ausreichten, um die Kosten zu decken, weil durch Kurzarbeitergeldzahlungen die Fixkosten bereits niedriger
sind und variable Kosten (z.B. Einkauf von Materialien) geringer ausfielen. Die Annahme der Klägerin zur 100-Prozent-Finanzierung
finde aus Sicht des Gerichts deshalb keine Stütze im Gesetz, weder im Wortlaut noch in der Gesetzesbegründung. Zutreffend
habe der Beklagte im Rahmen der Ermessenentscheidung, in welcher Höhe ein Zuschuss gezahlt werde, sich von dem Gesichtspunkt
leiten lassen, die tatsächlich zufließenden bereiten Mittel, die als vorrangige Mittel im Sinne des § 4 Satz 1 Nr. 1 SodEG
gelten, bereits bei der Bestimmung der Zuschusshöhe zu berücksichtigen. Dies sei sachgerecht und folge der in der Gesetzesbegründung
zum Ausdruck gebrachten Überlegung, die Entstehung von Erstattungsansprüchen nach § 4 SodEG wenn möglich zu vermeiden. Eine
höhere Zahlung von Zuschüssen komme nach dem SodEG nicht in Betracht. Zwar sehe § 5 Satz 1, 2. Halbsatz SodEG vor, dass die
Länder auch eine gegenüber § 3 Satz 5 nach oben abweichende Höchstgrenze für die Zuschusshöhe bestimmen könnten. Von dieser
Möglichkeit habe das Land Hessen - soweit ersichtlich - aber bislang keinen Gebrauch gemacht.
Gegen den ihr am 29. April 2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am Montag, den 31. Mai 2021 Berufung eingelegt.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Auslegung des maßgeblichen Bundesrechts durch das
Sozialgericht widerspreche dem aus der Gesetzesbegründung herzuleitenden Zweck des Gesetzes, die Liquidität der sozialen Dienstleister
mit den sonst für die eigentliche Leistungserbringung zur Verfügung stehenden Mitteln sicherzustellen, so dass die soziale
Dienstleistungsinfrastruktur trotz der pandemiebedingten Leistungseinschränkungen und den damit verbundenen Einnahmeverlusten
aufrecht erhalten bleiben kann. Das Sozialgericht übergehe wesentliche weitere Aussagen der Gesetzesmaterialien, welche für
das korrekte Rechtsverständnis aber konstitutiv seien, nämlich: „Damit wird sich die tatsächliche Zuschusshöhe im Regelfall
in einem Bereich bewegen, der aufgrund von vorrangig zufließenden Mitteln im Bereich von 50 Prozent bis 75 Prozent des Monatsdurchschnitts
liegt.“ Problematisch sei, dass der Gesetzgeber in der Begründung der begrenzten Anspruchshöhe neben den Zuflüssen aus Leistungen
wegen Kurzarbeit auch eingesparte Kosten erwähne, also Zuflüssen, die nach § 4 SodEG zu Erstattungen führen könnten. Im Bereich
ambulanter Eingliederungshilfen gebe es aber rein faktisch nahezu keinen Sachaufwand, der bei der direkten Leistungserbringung
an- und ohne sie wegfalle. Die weitere Begründung befasse sich dann in erster Linie mit der Berücksichtigung von Zuflüssen
im Sinne des § 4 SodEG, verdeutliche aber, und das habe das Sozialgericht nicht beachtet, zugleich das Rechenmodell des Gesetzgebers
insgesamt. Nur hier, nicht im eigentlichen Gesetz, finde sich die Befugnis der Leistungsträger, feststehende Zuflüsse bei
der Bestimmung des Zuschusses abzuziehen, um Überzahlungen zu vermeiden. Wenn vorrangige Mittel zuflössen, die nach der Gesetzesbegründung
bereits bei der Leistungsbemessung abgezogen werden sollen, um Überzahlungen zu vermeiden, und wenn trotz der abzuziehenden
vorrangigen Mittel noch eine Leistungshöhe von bis zu 75 Prozent erreicht werden können soll, dann sei dies denklogisch nicht
anders zu verstehen, als dass der Gesetzgeber den Abzug der vorrangigen Mittel nicht von den 75 Prozent maximaler SodEG-Leistung
vorgenommen wissen wollte, sondern gerade von den 100 Prozent der durchschnittlichen monatlichen Einnahmen in der Zeit vor
den pandemiebedingten Einschränkungen. Die Auslegung des Sozialgerichts konterkariere eine möglichst weitgehende Fortführung
der Leistungen unter den Bedingungen der Pandemie. Das widerspreche dem eindeutigen Zweck des Gesetzes in krasser Weise. Der
Gesetzgeber sei ersichtlich und unmissverständlich davon ausgegangen, dass die sozialen Dienstleister in der Summe der tatsächlichen
Zuflüsse im Sinne des § 4 SodEG und der zu gewährenden Leistungen nach § 4 SodEG ihre bisherigen Aufwendungen würden weiter
bestreiten können. Der Wert von 75 Prozent der monatlichen Durchschnittseinnahmen dürfe nur dann unterschritten werden, wenn
der Zufluss vorrangiger Mittel 25 Prozent des Zwölfmonatsdurchschnitts der vorpandemischen Einnahmen übersteige. Hiergegen
könne man einwenden, dass dann eventuelle Einsparungen auch dazu führen könnten, dass der Träger mehr als 100 Prozent der
früheren Einnahmen erlöst. Allerdings habe der Gesetzgeber sich im eigentlichen Normengeflecht mit solchen Einsparungen eben
gar nicht befasst und eine Anrechnung nicht vorgesehen.
Die Träger sollten nach § 1 Satz 1 SodEG in die Lage versetzt werden, ihre Sachmittel und ihr Personal auch für andere Aufgaben
im Rahmen der Pandemiebekämpfung zur Verfügung zu stellen. Vergütungen seien dafür gerade nicht vorgesehen. Dieser Einsatz,
der prinzipiell alle Beschäftigten eines Unternehmens betreffen könne, sei aber nur dann möglich, wenn auch ihre Lohnkosten
und die laufenden Kosten des Trägers vollständig gedeckt werden können. In diesem Lichte seien auch die Regelungen zur Bemessung
des Zuschusses und zum Erstattungsanspruch zu verstehen. Wenn Zuflüsse von den bewilligten bis zu 75 Prozent Leistung nach
dem SodEG und nicht von dem Monatsdurchschnitt gemäß § 3 Satz 2 SodEG abgezogen würden, sei die Durchführung der Einsätze
nach § 1 SodEG wirtschaftlich unmöglich und müsse um jeden Preis versucht werden, Kurzarbeit ohne Aufstockung durchzusetzen,
ohne dies letztlich erzwingen zu können. Die Teilnahme am Schutzschirm für die soziale Infrastruktur würde ein spezifisches
Insolvenzrisiko mit sich bringen, ein absurdes Ergebnis. Die Gesetze seien aber so auszulegen, dass das Ergebnis den Maßstäben
der Vernunft im Lichte des angestrebten Zwecks standhält, solange ihr Wortlaut dem nicht eindeutig entgegenstehe.
§ 4 Satz 4 SodEG besage ausdrücklich, dass der Erstattungsanspruch frühestens drei Monate nach der letzten Zuschusszahlung
des maßgeblichen Zeitraums der Zuschussgewährung entstehe. Durch den Vorwegabzug würden zwar Überzahlungen vermieden, aber
dieses Ziel und die Möglichkeit dazu seien im Gesetz nicht geregelt. Vielmehr solle es erst nachgelagert und mit einer großzügigen
gesetzlichen Schonfrist nach dem Ende der pandemiebedingten Leistungen zu einer Spitzabrechnung kommen. Die Anspruchshöhe
sei gesetzlich definiert und solle im Wege einer prozentualen Festlegung erfolgen. Es sei zwischen dem Leistungsbestimmungsermessen
und dem Erstattungsanspruch zu unterscheiden. Es handele sich um normativ und systematisch klar voneinander getrennte Instrumente.
Wäre anderes gewollt gewesen, hätten das entweder § 3 SodEG mit einem Verweis auf § 4 SodG oder umgekehrt § 4 SodEG entsprechend
regeln müssen. Dies erschließe sich auch daraus, dass es keinem Ermessen unterliegen könne, nur tatsächliche, erfolgte Zuflüsse
abzuziehen. Sollten Überzahlungen vermieden werden, dann seien diese Zuflüsse mindernd zu berücksichtigen. Darüber könne es
keine „summarische Prüfung“ geben. Das Ermessen beziehe sich also alleine auf die Leistungsbestimmung nach dem strukturerhaltenden
Finanzbedarf des Leistungsangebotes, wobei es besonderer Gründe bedürfte, von der Regelquote von 75 Prozent abzuweichen. Es
könne sich nicht auf den gesondert geregelten und gebundenen Erstattungsanspruch beziehen.
Die Klägerin beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. April 2021 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung seines
Bescheides vom 12. November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2021 zu verpflichten, ihr Leistungen
nach § 3 SodEG für den Monat Juni 2020 in Höhe von 11.205,55 Euro und für den Monat Juli 2020 in Höhe von 20.392,65 Euro zu
bewilligen,
2. hilfsweise, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. April 2021 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung
des Bescheides vom 12. November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2021 zu verpflichten, über den
Anspruch der Klägerin auf Leistungen nach § 3 SodEG für die Monate Juni und Juli 2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung
des Gerichts im streitigen Umfang neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich zunächst auf die nach seiner Auffassung zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid
und verweist auf seine erstinstanzlichen Ausführungen. Ergänzend trägt er vor, es stehe dem Gesetzgeber zu, pauschalierende
und typisierende Regelungen zu treffen, die in Einzelfällen auch zu Härten führen könnten, dies gelte insbesondere, wenn es
sich um aus Steuern zu finanzierende allgemeine Staatsaufgaben handele und der vom Gesetzgeber gewählte Ansatz plausibel sei.
Dies sei bei einem 75-prozentigen Zuschuss im Hinblick auf die verbleibende Eigenverantwortung des Dienstleisters für seinen
Betrieb und regelmäßig ersparter Aufwendungen der Fall. Er erfülle die Verpflichtung zur Sicherung des Bestandes der Leistungserbringer
und ihrer Angebote nach dem SodEG durch Zahlung eines Zuschusses in Höhe von höchstens 75 Prozent der durchschnittlichen Monatsvergütung.
Von diesem Zuschuss würden gem. § 3 Satz 5 SodEG sog. vorrangige Mittel abgezogen. Diese vorrangigen Mittel seien in § 4 Satz
1 und 2 SodEG gekennzeichnet. Hierdurch werde der gesetzgeberischen Intention Rechnung getragen. Eine Erstattungsforderung
bestehe bezüglich bereiter Mittel, also von bereits zugeflossenen Zahlungen an den Sozialdienstleister. Es wäre daher widersinnig,
dem Sozialdienstleister einen Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses einzuräumen, ihn aber zum selben Zeitpunkt einer Erstattungsforderung
des zahlenden Leistungsträgers auszusetzen. Es gelte der allgemeine Rechtsgrundsatz: Niemand darf etwas fordern, was er sofort
wieder zurückgeben muss (dolo agit, qui petit, quod statim rediturus est).
Die Klägerin repliziert, die Dolo-agit-Einrede greife hier selbstverständlich nicht. Das Gesetz sehe ein Verfahren in zwei
Abschnitten vor, nämlich zunächst die Leistungsbestimmung und –bewilligung (§ 3 SodEG) und später die Spitzabrechnung durch
den Abzug der abschließend festgestellten Zuflüsse (§ 4 SodEG). Mit der Bewilligung werde der soziale Dienstleister verpflichtet,
entsprechend § 3 Satz 6 SodEG den Zufluss vorrangiger Mittel im Sinne des § 4 anzuzeigen. Dadurch werde der Vollzug der Spitzabrechnung
gemäß § 4 SodEG ermöglicht. In dessen Satz 1 sei explizit von einem „nachträglichen Erstattungsanspruch“ die Rede, was die
temporale Abfolge verdeutliche. § 4 Satz 4 SodEG gestatte die Spitzabrechnung erst nach Ablauf einer Mindestfrist von drei
Monaten nach dem Ende der Leistungsgewährung. Vorweggenommen werden dürfe sie daher keineswegs. Genau das habe aber der Beklagte
getan. Das nachgelagerte Spitzabrechnungsverfahren diene, wie § 4 SodEG anschaulich zeige, dem Abzug nur der tatsächlichen
und endgültigen Zuflüsse. Gerade Abrechnungen von Kurzarbeitergeld unterlägen aber nicht selten Korrekturen. Es soll eine
solide Berechnungsgrundlage geben, bevor dem sozialen Dienstleister im Ergebnis Mittel gekürzt und dann entsprechende Rückforderungen
erhoben werden, welche seine durch § 3 SodEG zu sichernde Liquidität wieder einschränkten.
Wegen des Sach- und Streitverhältnisses im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Beklagten,
die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Klägerin hat die Berufung gegen den ihr am 29. April 2021 zugestellten Gerichtsbescheid
vom 28. April 2021 insbesondere unter Wahrung der einmonatigen Berufungsfrist nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) am Montag, den 31. Mai 2021, eingelegt, § 66 Abs. 2 und 3 SGG.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 12. November
2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Januar 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren
Rechten.
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Verwaltungsakt ist § 3 Satz 1 Gesetz über den Einsatz der Einrichtungen und
sozialen Dienste zur Bekämpfung der Coronavirus SARS-Cov-2 Krise in Verbindung mit einem Sicherstellungsauftrag (Sozialdienstleister-Einsatzgesetz
– SodEG) i. d. F. des Art. 6 Nr. 2 Gesetz zu sozialen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (Sozialschutz-Paket II)
vom 20. Mai 2020 (BGBl. I, 1055) mit Wirkung vom 29. Mai 2020. Danach erfüllen die Leistungsträger den besonderen Sicherstellungsauftrag
nach § 2 SodEG durch Auszahlung von monatlichen Zuschüssen an die einzelnen sozialen Dienstleister ab dem maßgeblichen Zeitpunkt
nach § 2 Satz 2 SodEG.
Der Beklagte ist als örtlicher Träger der Eingliederungshilfe nach § 94 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – ( SGB IX) i. V. m. §§ 1 Satz 1, 2 Abs. 1 Hessisches Ausführungsgesetz zum Neunten Buch Sozialgesetzbuch (HAG/SGB IX) vom 13. September 2018 (GVBl. 2018, 590) sicherstellungspflichtiger Leistungsträger i. S. v. §§ 3 Satz 1, 2
Satz 1 SodEG i. V. m. § 12 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – ( SGB I), der Sozialleistungen nach §§ 11, 28a SGB I erbringt und für die Aufgabenwahrnehmung nach dem SodEG zuständige Behörde gem. § 5 Satz 1 SodEG i. V. m. § 1 Hessisches Ausführungsgesetz zum Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEGAG HE) vom 6. Mai 2020
(GVBl. 2020, 329) ist.
Die Klägerin hat den nach § 1 Satz 1 SodEG erforderlichen Antrag am 26. August 2020 beim Beklagten gestellt und mit der Antragstellung
die Erklärung abgegeben, alle ihr nach den Umständen zumutbaren und rechtlich zulässigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Arbeitskräfte,
Räumlichkeiten und Sachmittel in Bereichen zur Verfügung zu stellen, die für die Bewältigung von Auswirkgen der Coronavirus
SARS-CoV-2 Krise geeignet sind (§ 1 Satz 1 SodEG). Die Einsatzerklärung enthält hinreichend konkret (vgl. hierzu Schlegel
in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19, Gesundheit und Soziales, § 16 Rn. 24) die Angaben zu Art und Umfang der Unterstützungsmöglichkeiten
i. S. v. § 1 Satz 2 SodEG, dabei hat die Klägerin die Einsatzmöglichkeiten ihres Personals sowie ihrer Gebäude und Sachmittel
einschließlich der rechtlichen Rahmenmöglichkeiten und die tatsächliche Einsatzfähigkeit und –bereitschaft hinreichend bestimmt
dargestellt sowie die Richtigkeit ihrer Angaben versichert und somit ausreichend glaubhaft gemacht, was zwischen den Beteiligten
auch unstreitig ist. Dass die Unterstützungsmöglichkeiten der Klägerin nach ihren Angaben aus rechtlichen wie tatsächlichen
Gründen – nämlich vor allem der Weiterführung ihres Geschäftsbetriebs in reduziertem Umfang – nur eingeschränkt vorhanden
waren, ist für die Anwendung des SodEG unschädlich (BT-Drucks. 19/18107 S. 36; Tabbara, NZS 2020, 837, 838).
Auch die materiellen Voraussetzungen für die streitgegenständliche Zuschussgewährung nach dem SodEG liegen vor, die Klägerin
hat Anspruch auf Zuschüsse für die Monate Juni und Juli 2020.
Die Klägerin ist ein sozialer Dienstleister i. S. d. SodEG. Dies sind nach der Legaldefinition des § 2 Satz 2 SodEG natürliche
oder juristische Personen oder Personengesellschaften, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens von Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer
Krankheiten nach dem Fünften Abschnitt des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in einem Rechtsverhältnis zu einem Leistungsträger nach Satz 1 zur Erfüllung von Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch (SGB)
oder dem Aufenthaltsgesetz (AufenthG) stehen. Die Klägerin erbringt in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG Leistungen insbesondere in Form von Teilhabeassistenz
für Kinder und Jugendliche mit geistiger oder somatischer Behinderung oder Mehrfachbehinderung in der Schule und steht aufgrund
der zwischen ihr und dem Beklagten bestehenden Leistungs-, Qualitäts- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SG XII vom 9. Juni 2016 und der Vergütungsvereinbarung nach § 123 Abs. 1 SGB IX i. V. m. §§ 125 SGB IX vom 15. November 2019 in einem unmittelbaren Rechtsverhältnis, das auch schon am 16. März 2020 bestanden hat.
Die Klägerin war weiterhin aufgrund von Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten nach dem Fünften Abschnitt des
IfSG in ihrem Betrieb, der Ausübung, Nutzung oder Erreichbarkeit von Angeboten unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt. Das
ist zwischen den Beteiligten unstreitig, ergibt sich jedoch zwanglos schon aus den Maßnahmen der hessischen Landesregierung
in Bezug auf Kindertageseinrichtungen und Schulen nach §§ 2, 3 der Zweiten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom
13. März 2020 (GVBl. 2020, 153) in der jeweiligen, im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung. Die entsprechende
Angabe der Klägerin im Rahmen ihrer Einsatzerklärung vom 26. August 2020, dass der reguläre Schulbetrieb in Hessen seit dem
16. Mai 2020 in Hessen nicht mehr statt gefunden hat und sie die von ihr angebotenen Leistungen nicht mehr erbringen konnte,
ist daher ohne weiteres für den Senat nachvollziehbar.
Der Beklagte hat den Zuschuss mit 4.408,00 Euro für Juni 2020 und 17.650,91 Euro für Juli 2020 der Höhe nach zutreffend ermittelt.
§ 2 Satz 2 SodEG bestimmt für die Berechnung der Zuschusshöhe, dass ein Zwölftel der im zurückliegenden Jahreszeitraum geleisteten
Zahlungen in den in § 2 genannten Rechtsverhältnissen ermittelt wird (Monatsdurchschnitt). Wie sich aus dem Wortlaut der Norm
(„geleistet“) ergibt, sind dabei die tatsächlichen Zahlungen des Leistungsträgers an den jeweiligen Dienstleister aus dem
jeweiligen Rechtsverhältnissen im Bemessungszeitraum zugrunde zu legen (so auch: Groth, jurisPR-SozR 7/2020 Anm. 1; Dt. Verein
für Öffentliche und Private Fürsorge, Gutachten vom 3. November 2020 – G 4/20, NDV 2021, 54, 56), nicht maßgeblich sind die Beträge der fakturierten Rechnungen des sozialen Dienstleisters. Im zurückliegenden, hier
erheblichen Jahreszeitraum vom 1. März 2019 bis Februar 2020 (vgl. zum Bemessungszeitraum Hoenig, TuP 2020, 211ff, 215; Dt.
Verein für Öffentliche und Private Fürsorge, Gutachten vom 3. November 2020 – G 4/20, NDV 2021, 54, 56) hat der Beklagte an die Klägerin Zahlungen für Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX in Höhe von insgesamt 326.282,46 Euro geleistet.
Durchlaufende Positionen, also Mittel, die der Leistungsträger durch den Leistungserbringer an den Leistungsberechtigen erbringt
und daher aus der Bemessungsgrundlage des Zuschusses herauszurechnen wären (Schlegel in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19,
Gesundheit und Soziales, § 16 Rn. 44; Dt. Verein für Öffentliche und Private Fürsorge, Gutachten vom 3. November 2020 – G 4/20, NDV 2021, 54, 56) sind von den Beteiligten weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Aus dem Zahlbetrag im Bemessungszeitraum ergibt sich der auch vom Beklagten errechnete Monatsdurchschnitt in Höhe von 27.190,20
Euro (326.282,46 Euro : 12).
Nach § 3 Satz 5 SodEG beträgt der monatliche Zuschuss höchstens 75 Prozent des Monatsdurchschnitts.
Diese Höchstgrenze kann nach Maßgabe von § 5 Satz 1 und 2 SodEG abweichend bestimmt werden. Soweit sich die Zuständigkeit
der Leistungsträger für die Aufgabenausführung im SGB – wie hier - nach Landesrecht richtet, können die Länder eine gegenüber
§ 3 Satz 5 nach oben abweichende Höchstgrenze für die Zuschusshöhe bestimmen (§ 5 Satz 1 SodEG). Dies ist in Hessen nicht
erfolgt, da der hessische Verordnungsgeber von der sich aus § 5 Satz 1 SodEG i. V. m. § 2 SodEGAG HE ergebenden Ermächtigung
keinen Gebrauch gemacht hat.
Bereits das Sozialgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 3 Satz 5 SodEG dem durch den Sicherstellungsauftrag des
§ 2 SodEG verpflichteten Leistungsträger einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Festlegung eines niedrigeren Bemessungssatzes
für den Zuschuss als 75 Prozent eröffnet (Dt. Verein für Öffentliche und Private Fürsorge, Gutachten vom 3. November 2020
– G 4/20, NDV 2021, 54, 57). Hierfür spricht die Normierung einer Obergrenze; nach dem Wortlaut beträgt der monatliche Zuschuss „höchstens“ 75 Prozent
(vgl. Hoenig, TuP 2020, 211ff, 215). Auch die Gesetzesmaterialien gehen davon aus, dass „die Zuschusshöhe … im Rahmen einer
summarischen Prüfung“ bestimmt werden kann (BT-Drucks. 19/18107, 37). Das Gesetz eröffnet somit dem Leistungsträger die Möglichkeit,
in begründeten Fällen einen niedrigeren Bemessungssatz festzulegen. Die Ermessensausübung hat nach allgemeinen Grundsätzen
des Verwaltungsverfahrensrechts (BeckOGK/Bieresborn, 1. Februar 2022, SGG § 54 Rn. 137; vgl. auch § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I, § 44 VwVfG) entsprechend dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage zu erfolgen, welche sich jedoch nicht unmittelbar aus § 3 Satz 5 SodEG
ergibt, sondern vielmehr im Zusammenhang mit der Erstattungsregelung nach § 4 SodEG steht: Das Wort „höchstens“ soll vor allem
eine Überzahlung des sozialen Dienstleisters sowie Hin- und Herzahlungen vermeiden, wenn vorrangige Mittel zufließen, die
später im Wege der Erstattung nach § 4 SodEG, welcher eine spezialgesetzliche Konkretisierung des allgemeinen öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruchs normiert, vom sozialen Dienstleister wieder zurückgezahlt werden müssen (Hoenig, TuP 2020, 211ff, 215).
Die Gesetzesmaterialien führen insoweit ausdrücklich aus, dass die Zuschusshöhe „den tatsächlichen Zufluss anderer vorrangiger
Mittel berücksichtigen“ soll (BT-Drucks. 19/18107, S. 37), was nicht nur Überzahlungen vermeidet und mit der Pflicht des sozialen
Dienstleisters zur Anzeige eines Zuflusses vorrangiger Mittel in § 3 Satz 7 SodEG korrespondiert (vgl. Hoenig, TuP 2020, 211ff,
216), sondern dem streng subsidiären Charakter der Zuschussgewährung (BT-Drucks. 19/18107, 36; Tabbara, NZS 2020, 837, 839; Schlegel in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19, Gesundheit und Soziales, § 16 Rn. 15, 59ff) zur Erfüllung des Sicherstellungsauftrags
entspricht. Das SodEG ermöglicht somit eine Teilabsicherung, jedoch keine Ausfallgarantie für sämtliche Einnahmeausfälle des
sozialen Dienstleisters. Diese Teilabsicherung ist bei pauschalierender Betrachtung auch deshalb gerechtfertigt, weil Sozialdienstleister
regelmäßig bei eingestelltem Betrieb Aufwendungen (laufende Kosten, Wasser, Strom etc.) größtenteils reduzieren können. Bei
lediglich eingeschränktem Betrieb kann bei lediglich 75-prozentiger Teilabsicherung auch bei pauschalierender Betrachtung
die Existenzsicherung fraglich sein. Jedoch kann weder aus einfachem Recht noch aus dem Grundgesetz ein Anspruch auf eine vollständige Förderung hergeleitet werden (Schlegel in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19, Gesundheit
und Soziales, § 16 Rn. 46).
Soweit die Klägerin vertritt, dass der Abzug vorrangiger Mittel nur vom Monatsdurchschnitt i. S. d. § 3 Satz 2 SodEG vorgenommen
werden dürfe, findet dies nach Auffassung des Senats einen hinreichenden Anhalt weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien
(BT-Drucks. 19/18107 S. 37 zu § 3), die den Monatsdurchschnitt ausdrücklich als „maßgebliche Bezugsgröße“ für die Berechnung
der Zuschüsse bezeichnen, deren Höhe bei höchsten 75 Prozent des Monatsdurchschnitts liegen soll. Die folgenden Ausführungen
in den Materialien dienen ersichtlich der Begründung des in § 3 Satz 5 SodEG geregelten Prozentsatzes und weisen darauf hin,
dass der Gesetzgeber den tatsächlichen Zufluss vorrangiger Mittel als Kriterium für die Ausübung des Leistungsbestimmungsermessens
für tragfähig hält. Soweit weiter ausgeführt wird, dass sich „die tatsächliche Zuschusshöhe im Regelfall in einem Bereich
bewegen (wird), der aufgrund von vorrangig zufließenden Mitteln im Bereich von 50 Prozent bis 75 Prozent des Monatsdurchschnitts
liegt“ (BT-Drucks. 19/18107 S. 37 zu § 3), ergeben sich daraus keine zwingenden Gründe, warum der Gesetzgeber den Abzug vorrangiger
Mittel nicht von dem maximal möglichen Betrag des Zuschusses (von 75 Prozent des Monatsdurchschnitts) zulassen wollte. Die
betreffende Passage stellt daher am ehesten eine Schätzung der Zuschusshöhe in dem vom Gesetzgeber betrachteten Regelfall
dar.
Auch die Regelung in § 4 Satz 4 SodEG, nach der der Erstattungsanspruch frühestens drei Monate nach der letzten Zuschusszahlung
entsteht, steht dem nicht entgegen, sondern beschränkt ihren Anwendungsbereich auf den in § 4 SodEG normierten nachträglichen
Erstattungsanspruch, der von Vermeidung der Überkompensation pandemiebedingter Einbußen in den Fällen, in denen Mittel dem
Sozialdienstleister im Zeitpunkt der Antragstellung der Zuschüsse nach dem SodEG bereits zugeflossen sind, zu unterscheiden
ist (vgl. in diesem Sinne Schlegel in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19, Gesundheit und Soziales, § 16 Rn. 59).
§ 3 Satz 5 SodEG räumt damit dem Beklagte (allein) in Bezug auf die Höhe des Zuschusses (kein Entschließungsermessen, Hoenig,
TuP 2020, 211ff, 215) einen Ermessenspielraum ein, doch liegt in einem Fall wie dem vorliegenden, wenn Zahlungen aus der Vergütung
der Leistungserbringung nach den Regelungen des Rechtsverhältnisses zu dem Leistungsträger i. S. v. § 2 Satz 1 SodEG zum Zeitpunkt
des Erlasses des Bewilligungsbescheids bereits erfolgt sind, der Fall einer Ermessensreduzierung auf Null vor, so dass der
Beklagte gehalten war, die Vergütung aus der Leistungs- und Vergütungsvereinbarung in Höhe von 15.984,65 Euro für Juni 2020
bzw. in Höhe von 2.741,74 Euro für Juli 2020 mit dem Zuschuss zu saldieren, weil jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft
wäre.
Mit dem SodEG hat der Gesetzgeber darauf reagiert, dass in der Corona SARS-Cov-2 Krise auch Träger von Einrichtungen und sozialen
Diensten wegen der Quarantänebestimmungen und Kontaktbeschränkungen die Geschäftsgrundlage vorübergehend ganz oder teilweise
weggebrochen sein kann, dass aber die Leistungsträger spätestens nach Ende der Pandemie bzw. bei Lockerung der Beschränkungen
zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch – hier SGB IX – wieder auf leistungsfähige Leistungserbringer angewiesen sein werden (Groth, jurisPR-SozR 7/2020 Anm. 1). Die Zuschüsse
nach dem SodEG haben den Zweck, die zur Erbringung sozialer Dienstleistungen erforderliche Infrastruktur des sozialen Dienstleisters
zu gewährleisten und damit letztlich auch den Dienstleister selbst in seiner Existenz zu sichern (BT-Drucks. 19/18107, 35f).
Der durch das SodEG geschaffene besondere Sicherstellungsauftrag für soziale Dienstleister (§ 2 SodEG) soll nach der Gesetzesbegründung
nur gelten, soweit die sozialen Dienste und Einrichtungen nicht mit vorrangigen verfügbaren Mitteln ihren Bestand absichern
können und greift nur subsidiär gegenüber vorrangigen Möglichkeiten der Bestandssicherung. Der Sicherstellungsauftrag soll
erst dann greifen, wenn soziale Dienstleister in ihrem Bestand gefährdet sind, soweit ein Dienstleister seine originären Aufgaben
auch in der Coronavirus SARS-CoV-2 Krise weiter erfüllt und dafür Vergütungen erhält, hält der Gesetzgeber die Inanspruchnahme
des Sicherstellungsauftrages nicht für erforderlich (BT-Drucks. 19/18107, S. 36). Das SodEG soll danach nur dann bzw. nur
soweit zur Anwendung kommen, wenn ein Leistungsträger von seiner vertraglichen Pflicht frei wird, weil der soziale Dienstleister
seine Leistung coronabedingt nicht erbringen kann (Hoenig, TuP 2020, 211ff, 216). Soweit ein Dienstleister seine originären
Aufgaben weiter erfüllen kann und dafür Vergütungen erhält, besteht schon kein Anspruch auf Zuschüsse nach dem SodEG (Dt.
Verein für Öffentliche und Private Fürsorge, Gutachten vom 3. November 2020 – G 4/20, NDV 2021, 54, 55; Tabbara, NZS 2020, 837, 839), er hat vielmehr einen Anspruch auf Vergütung der Leistung an sich nach den Regelungen des Rechtsverhältnisses zu dem
Leistungsträger i. S. v. § 2 Satz 1 SodEG. Es liegt dann schon keine pandemiebedingte Leistungsstörung, die aber Rechtsgrund
und Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung des Zuschusses ist (vgl. § 2 Satz 3 SodEG), und damit kein Bedürfnis für eine
spezialgesetzliche finanzielle Absicherung vor (Schlegel in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19, Gesundheit und Soziales,
§ 16 Rn. 66). Daher dürfen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung schon bei der Bewilligung der Zuschüsse bereits diejenigen
Beträge abgezogen werden, die der Sozialleistungsträger als Erstattungsforderung nach § 4 Satz 1 SodEG beim Sozialdienstleister
nachträglich wieder zurückfordern kann. Steht bei der Bewilligung der Zuschüsse der Zahlungsanspruch aus dem Rechtsverhältnis
zwischen sozialem Dienstleister und Sozialleistungsträger i. S. v. § 2 Satz 2 SodEG dem Grunde und der Höhe nach für den Monat,
für den der Zuschuss beantragt wird, fest, sind insbesondere Zahlungen an den Sozialdienstleister bereits geflossen, ist die
Saldierung von Zuschuss und Leistungsvergütung nach Auffassung des Senats geboten und das Ermessen des gewährleistungsverantwortlichen
Sozialleistungsträgers auf Null reduziert. Denn es wäre widersinnig, dem Sozialdienstleister einen Anspruch auf Zahlung eines
Zuschusses einzuräumen, ihn aber zum selben Zeitpunkt einer Erstattungsforderung des zahlenden Leistungsträgers nach § 4 Satz
1 Nr. 1 SodEG auszusetzen. Insoweit gilt der allgemeine Rechtsgrundsatz: Niemand darf etwas fordern, was er sofort wieder
zurückgeben muss (dolo agit, qui petit, quod statim rediturus est; vgl. insoweit Schlegel in: Schlegel/Meßling/Bockholdt,
COVID-19, Gesundheit und Soziales, § 16 Rn. 46). Hierfür spricht weiterhin auch bereits die Einordnung des Erstattungsanspruchs
nach § 4 SodEG als spezialgesetzliche Ausprägung des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, der – soweit
nicht ohnehin aus analoger Anwendung von §§ 812 ff BGB abgeleitet – hinsichtlich Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen grundsätzlich denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs
entspricht (SchochKoVwGO/Riese, 41. EL Juli 2021, VwGO § 113 Rn. 92). Denn der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch dient der Rückabwicklung einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung,
bei Kenntnis der Rechtsgrundlosigkeit besteht keinerlei Anlass, die Vermögensverschiebung herzustellen.
Soweit vertreten wird, dass ein Abweichen von dem zu zahlenden Höchstbetrag von 75 Prozent des Monatsdurchschnitts im Einzelfall
nur mit dem Zufließen vorrangiger Mittel begründet werden könne, die so hoch sind, dass der Abschlag von 25 Prozent zu gering
erscheint (Dt. Verein für Öffentliche und Private Fürsorge, Gutachten vom 3. November 2020 – G 4/20, NDV 2021, 54, 57), ist dem jedenfalls bei Zufluss vorrangiger Mittel i. S. v. § 4 Satz 1 Nr. 1 SodEG nicht zu folgen. Gegenüber anderen
vorrangigen Mitteln, wie z. B. Entschädigungen nach dem IfSG (§ 4 Satz 1 Nr. 2 SodEG) oder Kurzarbeitergeld (§ 4 Satz 1 Nr. 3 SodEG) bestehen bei den Mitteln aus den Rechtsverhältnissen nach § 2 Satz 2 SodEG die Besonderheit, dass insoweit
eine Beeinträchtigung durch Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung nicht gegeben ist.
Vorliegend stand bei der Bewilligung der Zuschüsse durch Bescheid des Beklagten vom 12. November 2020 die Höhe der Leistungsvergütung
für die streitgegenständlichen Monate Juni und Juli 2020 schon fest und waren tatsächlich auch schon ausgezahlt, so dass das
Ermessen des Beklagten auf Null reduziert und die Saldierung von Zuschuss und Leistungsvergütung geboten war.
Die Klage ist nach alledem auch hinsichtlich des Hilfsantrags unbegründet.
Die Revision war nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Der Frage der Saldierung der bereits zugeflossenen Vergütung aus dem Rechtsverhältnis zwischen sozialem Dienstleister
und Sozialleistungsträger i. S. v. § 2 Satz 2 SodEG mit dem Zuschuss nach § 3 SodEG kommt nach Auffassung des Senats grundsätzliche
Bedeutung zu.
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