Gründe
I.
Die Beteiligten wenden sich mit ihren Beschwerden gegen einen Beschluss des Sozialgerichts Dortmund, das das Klageverfahren
an das Amtsgericht Dortmund verwiesen hat.
Der 1962 geborene Kläger bezog im Jahr 2018 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Jobcenter E. Zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit des Klägers erstellte der Beklagte, Facharzt für Arbeits- und Allgemeinmedizin,
im Auftrag des Jobcenters eine sozialmedizinische Stellungnahme vom 10.08.2018 und kam darin zur Einschätzung, dass der Kläger
nicht über sechs Monate erwerbsunfähig sei.
Am 24.09.2018 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Dortmund gegen das "Jobcenter E, Berufsförderungswerk" mit dem "Ziel Aufhebung
des Bescheids sog Beurteilung vom 10.8.18 und Neubescheidung der sog AU: unbefristet" Klage erhoben. Vom Sozialgericht darauf
hingewiesen, dass die sozialmedizinische Stellungnahme kein anfechtbarer Verwaltungsakt sei, hat der Kläger an seiner Klage
festgehalten. Mit Beschluss vom 14.01.2019 hat das Sozialgericht Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren abgelehnt. Die
sozialmedizinische Stellungnahme des Beklagten sei kein Verwaltungsakt, für eine Feststellungsklage fehle es an einem Feststellungsinteresse.
Der Kläger sei nicht schutzlos. Er könne sich gegen Verwaltungsakte wenden, die auf der Grundlage der sozialmedizinischen
Stellungnahme erlassen würden.
Nach einem Wechsel im Kammervorsitz hat sich der Kläger zu seinem Begehren in einem Erörterungstermin vom 25.08.2020 nach
der hierüber gefertigten Sitzungsniederschrift wie folgt geäußert: "Klagen möchte ich gegen Herrn K vom Berufsförderungswerk
E. Dieser hat eine Beurteilung vom 10.08.2018 an mir vorgenommen. Konkret gegen diese Beurteilung möchte ich vorgehen. Sollte
dieses Vorgehen zur Folge haben, dass nun der Beklagte ausgetauscht werden muss, so bin ich damit einverstanden. Sollte dieses
Vorgehen zur Folge haben, dass eine andere Kammer im Rahmen des Sozialgerichts zuständig ist für die Beurteilung dieser Klage,
so bin ich auch mit diesem Vorgehen einverstanden". Im Nachgang zu dem Erörterungstermin hat das Sozialgericht den Kläger
gebeten, einen Klageantrag gegen den Beklagten auszuformulieren. Zugleich hat es um Bezifferung eines ihm gegebenenfalls entstandenen
Schadens gebeten.
Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, es gehe ihm um Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung durch den Beklagten
eine unbefristete Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Hierzu seien Sachbearbeiterinnen des Jobcenters zu hören. Er hat sich
auf ein Gutachten von Herrn A nach Aktenlage berufen, wonach unbefristete Arbeitsunfähigkeit bestehe. Es könne keinem Zweifel
unterliegen, dass es sich bei den Feststellungen des Beklagten um einen Verwaltungsakt handele, denn das Gutachten sei für
ein von ihm geführtes Rentenverfahren bindend.
Das Sozialgericht hat dargelegt, die sozialmedizinische Stellungnahme des Beklagten habe sich durch die nachfolgende Feststellung
unbefristeter Arbeitsunfähigkeit im Rechtssinne "erledigt". Der Kläger möge konkret darlegen, warum er gleichwohl eine Feststellung
beantrage.
Das Jobcenter E, zu diesem Zeitpunkt vom Sozialgericht als Beklagter geführt, hat die Rechtsauffassung vertreten, eine Zuständigkeit
des Sozialgerichts sei nicht erkennbar. Vielmehr habe der Kläger im Erörterungstermin vom 25.08.2020 ausgeführt, er wolle
gegen den Beklagten vorgehen.
Das Sozialgericht hat den Kläger sodann darauf hingewiesen, dass die Klage nach derzeitiger Prüfung der Sach- und Rechtslage
unzulässig sein dürfte, denn für eine reine Feststellungsklage sei das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht
ersichtlich. Das Gericht erwarte nunmehr eine konkrete Beschreibung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses oder aber eine
Klagerücknahme. Ansonsten werde das Verfahren an das zuständige Zivilgericht verwiesen. Zugleich hat das Sozialgericht eine
Änderung des Rubrums verfügt und den jetzigen Beklagten anstelle des Jobcenters E als Beklagten aufgenommen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig. Seine Aufgabe als Gutachter des Berufsförderungswerks
erfolge nebenberuflich und unabhängig. Auftraggeber des Gutachtens sei das Jobcenter E gewesen. Er habe keinen Bescheid erlassen.
Mit Beschluss vom 10.06.2021 hat das Sozialgericht den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten an das Amtsgericht Dortmund
verwiesen. Der beschrittene Rechtsweg zu den Sozialgerichten sei unzulässig. Es handele sich um keine öffentlich-rechtliche
Streitigkeit iSv §
51 Abs.
1 SGG, da der Beklagte keine hoheitlich handelnde Person sei. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Dortmund ergebe sich aus §
23 ZPO, da die behauptete unerlaubte Handlung des in Dortmund ansässigen Beklagten im örtlichen Zuständigkeitsbereich des dortigen
Amtsgerichts zu behandeln sei.
Hiergegen haben sowohl der Kläger (am 12.07.2021) als auch der Beklagte (am 22.06.2021) Beschwerde eingelegt. Der Kläger trägt
vor, dass der Beklagte vorliegend als Amtsträger gehandelt habe, sodass von einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit auszugehen
sei. Es sei zu klären, ob das Gutachten des Beklagten ein Verwaltungsakt gewesen ist. Hierfür spreche, dass Gutachten zur
Feststellung der Erwerbsfähigkeit nach§ 44a Abs. 1a SGB II Bindungswirkung, jedenfalls aber "administrative Relevanz" hätten. Genau genommen sei es so, dass es der Arzt und nicht der
Sachbearbeiter sei, der einen Verwaltungsakt setze. Die Verweisung eines Rechtsstreits an ein anderes Gericht entgegen dem
ausdrücklichen Willen des Klägers sei rechtswidrig. Er habe dem Beklagten nie vorgeworfen, kriminell gehandelt zu haben. Der
Beklagte habe allerdings seine Kompetenzen überschritten und in der Schlussfolgerung entgegen der eigenen Prognose geurteilt.
Der Beklagte hält den Sozialgerichtsweg für eröffnet, weil der Kläger eine rentenrelevante Änderung seines Gutachtens zur
Erwerbsfähigkeit begehre. Das Amtsgericht habe keine Möglichkeit, die begehrte Änderung des Gutachtens vom 10.08.2018 herbeizuführen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden der Beteiligten sind statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie sind insbesondere nicht nach §
98 Satz 2
SGG ausgeschlossen. Nach §
98 Satz 1
SGG gelten für die sachliche und örtliche Zuständigkeit die §§
17,
17a und
17b Abs.
1, Abs.
2 Satz 1
GVG entsprechend. Nach §
98 Satz 2
SGG sind Beschlüsse entsprechend§ 17a Abs.
2 und
3 GVG unanfechtbar. §
17a Abs.
2 Satz 1
GVG bestimmt, dass, sofern der beschrittene Rechtsweg unzulässig ist, das Gericht dies nach Anhörung der Parteien von Amts wegen
ausspricht und den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges verweist. Eine solche Verweisung
hat das Sozialgericht vorliegend durch seinen Beschluss vom 10.06.2021 vorgenommen. Die Beschwerde ist gleichwohl nicht nach
§
98 Satz 2
SGG ausgeschlossen, weil die Vorschrift nur für Verweisungen wegen (sachlicher) Unzuständigkeit innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit,
nicht aber bei Rechtswegverweisungen nach §
17a GVG anwendbar ist (vgl. dazu Schmidt in: Meyer-Ladewig,
SGG, 13. Aufl., §
98 Rn. 3; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 25.07.2019 -L 20 SO 60/19 B; LSG Sachsen Beschluss vom 10.07.2012 - L 7 SO 41/12
B). Die Beschwerden sind daher entsprechend §
202 SGG i.V.m. §
17a Abs.
4 Satz 3
GVG statthaft (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl., §
51 Rn. 55). Die Beschwerden sind von den Beteiligten auch fristgemäß innerhalb der nach §
173 Satz 1
SGG maßgeblichen Monatsfrist (vgl. BSG Beschluss vom 29.09.2014 - 3 BS 2/93 mwN; Keller a.a.O. Rn. 56) erhoben worden.
Die Beschwerden der Beteiligten sind auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Rechtsweg zu den Zivilgerichten
als eröffnet angesehen und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Dortmund verwiesen. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit
entscheiden gemäß §
51 Abs.
1 Nr.
4a SGG über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eine öffentlich-rechtliche
Streitigkeit liegt vor, wenn im Vordergrund für die Beurteilung der Rechtsbeziehungen die Anwendung öffentlich-rechtlicher
Rechtsvorschriften steht und nicht vorrangig Vorschriften des bürgerlichen Rechts heranzuziehen sind (Keller a.a.O. Rn 4a).
Maßgebender Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtswegs ist jedoch der Streitgegenstand, wie er sich
auf der Grundlage des Klagebegehrens, also des geltend gemachten prozessualen Anspruchs, und des Klagegrunds, also des zu
seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts, ergibt. Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs hängt dabei grundsätzlich
nicht vom Ergebnis einer materiell-rechtlichen Prüfung der Begründetheit des Klagebegehrens ab (BSG Beschluss vom 25.03.2021 - B 1 SF 1/20 R, Rn. 10, juris).
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage (zwar) gegen das Ergebnis der Begutachtung seiner Erwerbsfähigkeit durch den Beklagten,
der (aber) Beschäftigter des Berufsförderungswerks ist, das wiederum vom Jobcenter E mit der Begutachtung der Erwerbsfähigkeit
beauftragt wurde. Die Begutachtung der Erwerbsfähigkeit erfolgt insoweit nach Maßgabe des § 44a SGB II. Daher hat der Kläger die Klage in nicht zu beanstandender Weise gegen das Jobcenter E gerichtet. Er hat eingehend dargelegt,
warum die Feststellung der Erwerbsfähigkeit und das durch den Beklagten gefertigte Gutachten im sozialgerichtlichen Kontext
des SGB II und des
SGB VI für ihn von Relevanz sind. Hingegen begehrt der Kläger entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts ersichtlich nicht die
Durchsetzung deliktischer Ansprüche gegen den Beklagten.
In diesem Zusammenhang ist irrelevant, dass der Kläger die sozialmedizinische Stellungnahme vom 10.08.2020 als einen (noch
dazu vom Beklagten) erlassenen Verwaltungsakt qualifiziert. Entscheidend ist, dass die Klage nach der Vorstellung des Klägers
auf Beseitigung eines hoheitlichen Aktes gerichtet ist. In eine materiell-rechtliche Prüfung ist insoweit nicht einzutreten.
Für die Frage der Eröffnung des Sozialrechtswegs ist mithin nicht maßgeblich, dass weder die nach § 44a Abs. 1 SGB II erfolgende Feststellung der Erwerbsfähigkeit noch die in diesem Zusammenhang eingeholte gutachterliche Stellungnahme Verwaltungsakte
iSd§ 31 SGB X sind. Im Verhältnis zum Arbeitsuchenden handelt es sich um ein reines Verwaltungsinternum zur Klärung einer Vorfrage (Erwerbsfähigkeit
nach § 8 SGB II) für die Entscheidung über Leistungen nach dem SGB II. Die Feststellung muss daher nicht gesondert tenoriert werden, sondern kann etwa auch in der Begründung eines Bescheides
über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II enthalten sein. Erst gegen diese abschließende Entscheidung über ihren Leistungsantrag können Leistungsberechtigte grundsätzlich
Rechtsbehelfe einlegen (vgl. Brems in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl.,§ 44a <Stand: 08.07.2021>, Rn. 51).
Auch im Hinblick auf §
17a Abs.
2 Satz 1
GVG ist bei der Zulässigkeitsprüfung die Bestimmung des Rechtswegs durch den Klägervortrag hinzunehmen. Entscheidend für die
Zulässigkeit des vom Kläger beschrittenen Rechtswegs ist, dass sich nicht nach jeder rechtlichen Betrachtungsweise ausschließen
lässt, dass das Klagebegehren auf eine Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, für die dieser Rechtsweg eröffnet ist. Nur
Anspruchsgrundlagen, die offensichtlich nicht gegeben sind bzw. erkennbar vom Rechtsuchenden nur mit dem Ziel geltend gemacht
werden, einen bestimmten Rechtsweg beschreiten zu können, haben bei der Prüfung des Rechtswegs deshalb außer Betracht zu bleiben
(BSG Beschluss vom 25.03.2021 - B 1 SF 1/20 R, Rn. 10, juris). Für einen solchen Sachverhalt fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Vielmehr spricht alles dafür, dass der Kläger
sich - wie vom Sozialgericht zunächst zutreffend auch noch im Rahmen der Entscheidung über dessen Prozesskostenhilfegesuch
angenommen - gegen das Jobcenter Dortmund und die Annahme seiner Erwerbsfähigkeit (wenn auch durch den Beklagten) wehren wollte.
Darin ändert auch seine Einlassung im Erörterungstermin vom 25.08.2021 bei verständiger Würdigung seines Begehrens nichts.
Die Änderung des Rubrums und der Austausch des Beklagten entsprechen bei verständiger Würdigung des Klägervortrags nicht dem
Begehren des Klägers. Die prozessuale Einschätzung des Sozialgerichts ist insoweit schon vor dem Hintergrund seiner Aufforderung
zur Mitteilung eines (konkreten) Feststellungsbegehrens für die seiner Auffassung nach "erledigte" sozialmedizinische Einschätzung
vom 10.08.2021 nicht nachvollziehbar. Insoweit werden Fragen der Zulässigkeit des Sozialrechtswegs in unzulässiger Weise mit
allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen verquickt. Daher spricht derzeit alles dafür, dass das Sozialgericht nach Anhörung
(sämtlicher) Beteiligter einschließlich des Jobcenters dessen (erneute) Aufnahme als Beklagter (anstelle des jetzigen Beklagten)
in das Rubrum vorzunehmen haben wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
193 SGG (vgl. zur Erforderlichkeit einer Kostenentscheidung im Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde zuletzt BSG Beschluss vom 25.03.2021 a.a.O. Rn. 21; vgl. auch Keller a.a.O. Rn. 74a m.w.N. zur entsprechenden einhelligen Auffassung
der Bundesgerichte; a.A. noch Beschluss des Senats vom 20.02.2019 - L 7 AS 2024/18 B, juris, Rn. 13).
Die Beschwerde war nicht gemäß §
202 SGG i.V.m. §
17a Abs.
4 Satz 4,
5 GVG zuzulassen, weil Zulassungsgründe nicht ersichtlich sind.