Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in einem Klageverfahren, das auf eine
Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Zinsen für eine zwischen den Beteiligten vergleichsweise ausgehandelte Nachzahlung
von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gerichtet ist.
Zwischen den Beteiligten war in diversen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Duisburg (S 41 AS 650/18; S 41 AS 21/19; S 41 AS 1540/19; S 41 AS 1911/19; S 41 AS 2176/19;S 41 AS 2910/19; S 41 AS 4393/19) die Höhe der Leistungen der Klägerin für den Zeitraum von Juni 2016 bis März 2017 streitig. In einem für die Streitsachen
anberaumten gemeinsamen Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 20.12.2019 berechnete der Beklagte nach rechtlichem Hinweis
des Gerichts für den Zeitraum einen Nachzahlungsbetrag iHv insgesamt 6.119,93 € (Juni 2016: 477,35 €; Juli und August 2016:
jeweils 509,75 €; September 2016: 574,55 €; Oktober 2016: 824,98 €; November 2016: 852,65 €; Dezember 2016: 910,83 €; Januar,
Februar 2017 und März 2017: jeweils 486,69 €). Auf Vorschlag des Gerichts rundeten die Beteiligten den Nachzahlungsbetrag
auf insgesamt 6.500 € auf. In dem protokollierten Vergleichstext des Gerichts heißt es hierzu: "Der Beklagte zahlt an die
Kläger zur Abgeltung aller noch offenen Ansprüche beider Kläger im Zeitraum bis einschließlich September 2017 über die bereits
bewilligten Leistungen hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 6.500 € an die Klägerin R."
Am 07.05.2020 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Duisburg Klage und beantragte die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung
von "Verzugszinsen" für den Nachzahlungsbetrag (S 6 AS 1677/20). Mit Urteil vom 29.03.2021 wies das Sozialgericht die Klage ab. Für Verzugszinsen gebe es im Sozialrecht keine Grundlage.
Auch ein Anspruch auf der Grundlage von §
44 SGB I sei nicht gegeben, weil aus dem Vergleichstext hervorgehe, dass die Summe von 6.500 € abschließend sein solle und sämtliche
möglichen Ansprüche der Klägerin für den genannten Zeitraum abgelten solle. Die Klägerin machte mit Schriftsatz vom 23.04.2021
zu dem vorgenannten Aktenzeichen erneut die Zahlung von "Verzugszinsen" geltend und beantragte mit Schriftsatz vom 29.04.2021
eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Das Sozialgericht wies die Klägerin mit Schreiben vom 07.05.2021 darauf hin, es lägen
keine Wiederaufnahmegründe vor, so dass das Verfahren als erledigt zu betrachten sei.
Am 14.05.2021 hat die Klägerin beim Sozialgericht Duisburg Klage erhoben und erneut die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung
von Verzugszinsen für den am 20.12.2019 ausgehandelten Vergleichsbetrag beantragt. Auf Anfrage des Sozialgerichts haben die
Beteiligten sich mit Schreiben vom 11.06.2021 und 05.07.2021 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung für einverstanden
erklärt. Mit Urteil vom 22.09.2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Sie sei unzulässig, weil über das Klagebegehren
in der Sache SG Duisburg - S 6 AS 1677/20 - rechtskräftig entschieden worden sei. Die Klage sei zudem mangels Vorverfahrens unzulässig. Inhaltlich werde darüber hinaus
auf das Urteil in der Sache S 6 AS 677/20 Bezug genommen. Gemäß der Rechtsmittelbelehrung des Urteils ist eine Berufung nur bei nachträglicher Zulassung durch das
Landessozialgericht statthaft.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 29.09.2021 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin. Aus dem Urteil des BSG vom 03.07.2020 - B 8 SO 15/19 R - ergebe sich, dass sie einen Anspruch auf eine Verzinsung des Nachzahlungsbetrages habe.
Der Beklagte hat auf Anfrage des Senats mit Schriftsatz vom 29.12.2021 eine Berechnung vorgelegt, gemäß der der Klägerin bei
einem Erfolg ihres Begehrens Zinsen auf der Grundlage von §
44 SGB I iHv insgesamt 660,83 € nachzuzahlen seien. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom
29.12.2021 Bezug genommen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 22.02.2022 erklärt, mit der Berechnung einverstanden zu sein.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde (§
145 SGG) ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist zulassungsbedürftig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt nicht 750
€ iSv §
144 Abs.
1 Satz 2
SGG, denn streitgegenständlich sind Zinsen iHv insgesamt 660,83 €. Der Senat verweist auf die überzeugende Berechnung des Beklagten
im Schriftsatz vom 29.12.2021, der die Klägerin nicht entgegengetreten ist. Es sind auch keine wiederkehrenden oder laufenden
Leistungen für mehr als ein Jahr iSv §
144 Abs.1 Satz 2
SGG betroffen.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach §
144 Abs.
2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung
des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel
geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dies macht die Klägerin auch nicht geltend. Vielmehr beruft sie sich darauf,
dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGS Urteil vom 03.07.2020 - B 8 SO 15/19 R) ein Anspruch auf Verzinsung von
Nachzahlungsbeträgen bestehe. Im Kern macht sie (lediglich) die inhaltliche Unrichtigkeit der sozialgerichtlichen Entscheidung
geltend. Grundsätzlich ist diese im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu prüfen (vgl. zur allgemeinen Auffassung
etwa auch BSG Beschluss vom 28.10.2020 - B 10 EG 1/20 BH, Rn. 7, 11 m.w.N.).
Grundsätzliche Bedeutung iSv §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG hat eine Rechtssache überdies nur, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft (Klärungsfähigkeit), deren Klärung
im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Klärungsbedürftigkeit).
Ein Individualinteresse genügt nicht. Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten
lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht
gegeben. Zunächst ist höchstrichterlich - worauf die Klägerin zutreffend hinweist - geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen
Nachzahlungsbeträge zu verzinsen sind (BSG Urteil vom 03.07.2020 a.a.O.; vgl. auch BSG Urteil vom 27.06.2017 - B 2 U 14/15 R, juris; BSG Urteil vom 27.08.1998 - B 9 V 26/97 R, juris).
Soweit das Sozialgericht einen Anspruch der Klägerin mit dem Argument verneint hat, die Klage sei bereits unzulässig, weil
hinsichtlich des Zinsanspruchs kein Vorverfahren durchgeführt sei (gemeint wohl: das Fehlen eines Verwaltungsverfahrens),
stellen sich ebenfalls keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass Haupt- und
Zinsentscheidung grundsätzlich in zwei selbstständigen (materiellen) Verwaltungsakten zu verlautbaren sind, die zeitgleich
im selben Bescheid, aber auch zeitversetzt in verschiedenen Bescheiden erlassen werden können (BSG Urteil vom 03.07.2020 a.a.O. Rn. 16; vgl. zum Erfordernis eines abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens hinsichtlich des Anspruchs
auf Verzinsung nach §
44 SGB I auch LSG NRW Urteil vom 12.01.2012 -L 19 AS 1473/11 sowie LSG Bayern Urteil vom 12.07.2018 - L 18 SO 29/18).
Letztlich wären die vorstehenden Rechtsfragen aber auch deshalb nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig,
weil das Sozialgericht die von ihm angenommene Unzulässigkeit der Klage - kumulativ - auch mit der materiellen Rechtskraft
des im Verfahren S 6 AS 1677/20 des Sozialgerichts Duisburg ergangenen Urteils begründet hat. Die Frage der Reichweite der materiellen Rechtskraft von Urteilen
iSv §
141 Abs.
1 SGG ist indes geklärt (vgl. hierzu nur BSG Beschluss vom 25.08.2014 - B 11 AL 138/13 B).
Darüber hinaus hat das Sozialgericht zur Begründung der Klageabweisung auf die Begründung des Urteils des im Verfahren S 6 AS 1677/20 des Sozialgerichts Duisburg Bezug genommen und sich auf die Auslegung des im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 20.12.2019
geschlossenen Vergleichs gestützt, die erkennbar einzelfallgeprägt ist. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass es sich bei
der Frage, welche Erklärungen die Beteiligten im Rahmen eines Vergleichs abgegeben haben, um eine Tatfrage handelt (BSG Urteil vom 27.06.2017 - B 2 U 14/15 R, juris, Rn. 9). Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass hier alles dafür spricht, dass die Beteiligten eine - die
Frage der Verzinsung einschließende - abschließende Regelung der Nachzahlungspflicht (die Gegenstand von 7 Klageverfahren
war) haben treffen wollen, so dass die Klägerin materiell-rechtlich gegenüber der Beklagten keine weitergehenden Ansprüche
aufgrund dieses Sachverhalts durchsetzen kann (vgl. auch BSG Beschluss vom 07.07.2021 - B 5 R 12/21 BH, juris).
Auch der Berufungszulassungsgrund des §
144 Abs.
2 Nr.
2 SGG (Divergenz) ist nicht gegeben. Eine Divergenz liegt nur vor, wenn ein Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung einen
tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts,
des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellt hat. Eine Abweichung
ist nicht schon dann anzunehmen, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts nicht den Kriterien entspricht, die diese Gerichte
aufgestellt haben, sondern erst dann, wenn es diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Eine evtl. Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall begründet keine Divergenz (vgl. BSG Beschluss vom 05.10.2010 - B 8 SO 61/10 B mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen zum insoweit gleichlautenden §
160 Abs.
2 Nr.
2 SGG; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschluss vom 11.07.2019 - L 7 AS 689/19 NZB). Bei der Frage, ob eine Abweichung von einer Entscheidung des Landessozialgerichts zu bejahen ist, beschränkt sich die
Prüfung auf das zuständige Berufungsgericht (Breitkreuz/Schreiber in: Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2. Aufl., §
144 Rn. 35). Das Sozialgericht hat keinen abweichenden Rechtssatz in diesem Sinne aufgestellt, insbesondere hat es in der angefochtenen
Entscheidung keinen vom Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.07.2020 (a.a.O.) abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Dies
schon deshalb nicht, weil es die Klage aus mehreren Gründen als unzulässig angesehen hat.
Ebenso wenig liegt der Zulassungsgrund des §
144 Abs.
2 Nr.
3 SGG vor. Die Klägerin hat keinen Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem das Urteil beruhen könnte. Ein solcher ist auch nicht
ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).