Vergütungsansprüche des Betreuers gegen den mittellosen Betroffenen; Einsatz des Vermögens; Eintragung einer Sicherungshypothek
»1. Ein Vergütungsanspruch des Betreuers gegen den Betroffenen besteht auch dann, wenn letzterer derzeit ganz oder teilweise
leistungsunfähig ist. Die Staatskasse tritt jedoch im Interesse des Betreuers für den Betroffenen ein. Sie kann aber bei dem
Betroffenen aufgrund des Anspruchsübergangs Rückgriff nehmen, wenn der Betroffene später zu Geld kommt oder sich herausstellt,
dass er zu Unrecht für nicht leistungsfähig gehalten worden ist.
2. Der Rückgriff der Staatskasse findet grundsätzlich nur im Rahmen der durch §
1836c BGB bestimmten Leitungsfähigkeit statt, also nur insoweit, als der Betroffene sein Einkommen und sein Vermögen einzusetzen hat.
Auf geschütztes Vermögen im Sinne des § 88 Abs 2 BSHG, insbesondere auf ein selbst bewohntes Familienheim oder eine selbst bewohnte Eigentumswohnung (§ 88 Abs 2 Nr 7 BSHG), darf die Staatskasse erst zurückgreifen, wenn der Vermögenswert nicht mehr Schonvermögen ist.
3. Auf eine Sicherung des möglicherweise später entstehenden Rückgriffsanspruchs durch eine Zwangshypothek, hat der Staat
mangels gesetzlicher Vorschrift kein Anspruch.«
Gründe:
Das Amtsgericht hat dem Beteiligten zu 1. durch Beschluß vom 18.04.2000 als Vergütung und Aufwendungsersatz für die Betreuung
der mittellosen Betroffenen in der Zeit vom 01.07. bis 31.12.1999 422,34 DM aus der Landeskasse bewilligt und gleichzeitig
ausgesprochen, daß ein Rückgriff gegen die Betroffene, die eine ihr gehörende, 65 qm große Eigentumswohnung selbst nutzt,
nicht in Betracht kommt; denn diese sei sozialhilferechtliches Schonvermögen.
Die Landeskasse will durchsetzen, daß gegen die Betroffene eine Zahlung in derselben Höhe an die Landeskasse festgesetzt wird,
um zu gegebener Zeit, evtl. auch nach Auflaufen mehrerer entsprechender Festsetzungen, eine Sicherungshypothek zu erwirken.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung ist die Landeskasse beim Landgericht Krefeld ohne
Erfolg geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde verfolgt sie ihr Begehren weiter.
Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG). Zu Recht haben Landgericht und Amtsgericht die Festsetzung einer Zahlung der Betroffenen an die Staatskasse (§ 56 Abs. 1 Satz 2 FGG) abgelehnt.
Nach §§
1908 i Abs.
1 Satz 1, 1836 a
BGB kann der Betreuer die zu bewilligende Vergütung nach Maßgabe des §
1 des Gesetzes über die Betreuung von Berufsvormündern aus der Staatskasse verlangen, wenn der Betreute mittellos ist. Der
Betreute braucht sein Einkommen und sein Vermögen nicht in voller Höhe einzusetzen. Bestimmte Teile des Einkommens und des
Vermögens sind nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes geschützt (§
1836 c
BGB). Der Betreute gilt bereits dann als mittellos, wenn er die Vergütung aus seinem einzusetzenden Vermögen nicht, nur zum Teil,
nur in Raten oder nur im Wege gerichtlicher Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen aufbringen kann (§
1836 d
BGB). Die Mittellosigkeit des Betreuten hat jedoch nicht zur Folge, daß er für die Vergütung des Betreuers auf Dauer nicht mehr
haftet. Vielmehr gehen dessen Ansprüche gegen den Betreuten auf die Staatskasse über, soweit sie den Betreuer befriedigt (§
1836 e Abs.
1 Satz 1
BGB). Der übergegangene Anspruch erlischt erst nach zehn Jahren vom Ablauf des Jahres an, in dem die Staatskasse Zahlung geleistet
hat (§
1836 e Abs.
1 Satz 2
BGB).
Danach besteht ein Vergütungsanspruch des Betreuers gegen den Betroffenen auch dann, wenn letzterer derzeit ganz oder teilweise
leistungsunfähig ist; denn sonst könnte der Anspruch nicht gemäß §
1836 e Abs.
1 Satz 1
BGB auf die Staatskasse übergehen. Die Staatskasse tritt vielmehr im Interesse des Betreuers für den Betroffenen ein. Sie kann
jedoch bei dem Betroffenen aufgrund des Anspruchsübergangs Rückgriff nehmen, wenn der Betroffene später zu Geld kommt oder
sich herausstellt, daß er zu Unrecht für nicht leistungsfähig gehalten worden ist (Palandt-Diederichsen,
BGB, 59. Aufl., § 1836 c Rdnr. 2; Bienwald, Betreuungsrecht, 3. Aufl., vor §§ 65ff FGG Rdnr. 225). Auch kann die Staatskasse den Erben des Betroffenen nach Maßgabe des § 92 c Abs. 3 und 4
BSHG in Anspruch nehmen, selbst wenn der Betroffene nur Schonvermögen besaß, das er zu seinen Lebzeiten nicht für die Zahlung
der Vergütung einzusetzen brauchte (§
1836 e Abs.
1 Satz 3
BGB). Diese gesetzliche Regelung bedeutet nicht, daß das Gericht in jedem Fall Höhe und Zeitpunkt der Zahlungen des Betroffenen
gemäß § 56 g Abs. 1
FGG festsetzen muß. Vielmehr findet der Rückgriff grundsätzlich nur im Rahmen der durch § 1836 c bestimmten Leistungsfähigkeit statt also nur insoweit, als der Betroffene sein Einkommen und sein Vermögen einzusetzen hat
(vgl. Bienwald, a.a.O.). Auf geschütztes Vermögen im Sinne des § 88 Abs. 2
BSHG, insbesondere auf ein selbst bewohntes Familienheim oder eine selbst bewohnte Eigentumswohnung (§ 88 Abs. 2 Nr. 7
BSHG), darf die Staatskasse erst zurückgreifen, wenn der Vermögenswert nicht mehr Schonvermögen ist. Dies kommt bei einer Eigentumswohnung
z. B. in Betracht, wenn sie nicht mehr vom Betroffenen oder einem Angehörigen im Sinne der §§ 88 Abs. 2 Nr. 7, 11, 28 BSHG bewohnt wird, oder wenn sie veräußert worden ist. Da die Betroffene nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die sich das
Landgericht zu Eigen gemacht hat, die Eigentumswohnung weiter selbst bewohnt und sie nicht über sonstiges nach §
1836 c
BGB einzusetzendes Einkommen verfügt, kommt eine Zahlungsbestimmung nach § 56 g Abs. 1 Satz 2 FGG derzeit nicht in Betracht. Auf eine Sicherung des möglicherweise später entstehenden Rückgriffsanspruchs durch eine Zwangshypothek,
wie sie der Bezirksrevisor zugunsten der Gerichtskasse erstrebt, hat der Staat mangels gesetzlicher Vorschrift keinen Anspruch.
Die Eintragung einer Zwangshypothek wäre eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme, die nur aufgrund einer Festsetzung nach § 56 g
FGG erfolgen dürfte (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 b
JBeitrO). Eine vorsorgliche Sicherung der etwa später entstehenden Ansprüche der Staatskasse sieht das Gesetz nicht vor. Gegenteiliges
ergibt sich auch nicht aus der den Senat ohnehin nicht bindenden Verfügung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Düsseldorf
vom 17.02.1999, auf die sich der Bezirksrevisor beruft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.