Ausgleichspflicht zwischen Verpflichtetem aus Leibgeding und Ersteigerer des mit Reallast belasteten Grundstücks - Erbringung
von Pflegeleistungen
Tatbestand:
Die am 26.10.1907 geborene Mutter des Klägers, I. M. (im Folgenden auch: Berechtigte), übertrug mit notariellem Übergabevertrag
vom 01.07.1981 (I,25) "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge" (§ 1 des Vertrages) u.a. ein in E. gelegenes, mit einem Wohnhaus
bebautes Grundstück (Lgb.-Nr. 220), das zur Zeit des Vertragsabschlusses von ihr sowie dem Kläger mit dessen Familie bewohnt
wurde. Der Kläger verpflichtete sich sowie seine Rechtsnachfolger in § 3 des Vertrages, seiner Mutter auf Lebensdauer und
unentgeltlich insbesondere ein dingliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht an bestimmten Räumen zu gewähren sowie Wartung
und Verpflegung in kranken und altersschwachen Tagen und eine vollständige Verköstigung in gesunden und kranken Tagen, wobei
letztere Verpflichtungen im Falle der Unterbringung u.a. in einem Alters- oder Pflegeheim ruhen. Die Sicherung dieser Rechte
sollte durch Eintragung im Grundbuch erfolgen, was unter Bezugnahme auf die in § 8 Nr.3 des Vertrages erklärte Eintragungsbewilligung
geschehen ist.
Am 15.02.1991 kam es in dem an den Kläger übergebenen Anwesen zu einem Brand, der u.a. zwei der Räume, auf die sich das eingeräumte
Wohnungsrecht erstreckt, unbewohnbar gemacht hat. Auf Betreiben von Gläubigern des Klägers wurde das Anwesen in beschädigtem
Zustand am 14.08.1991 zwangsversteigert, wobei der Beklagte, Sohn der zwischenzeitlich verstorbenen Schwester des Klägers,
A. D., den Zuschlag zum Bargebot von 351.000 DM erhielt (Zuschlagsbeschluß vom 20.08.1991 - I,39). Vom Zuschlag mit erfaßt
war die Gebäudebrandversicherungsforderung (ca. 93.000 DM); das zugunsten der Mutter des Klägers im Grundbuch eingetragene
und mit 140.000 DM bewertete "Leibgedinge" blieb bestehen.
Eine vom Beklagten aufgrund des Zugschlagbeschlusses gegen den Kläger im November 1991 angestrengte Zwangsräumung blieb ohne
Erfolg und bis heute haben weder er noch seine Mutter das Anwesen geräumt, ohne es indessen zu bewohnen. Sie wohnten vielmehr
zusammen mit Ehefrau und Kind des Klägers ab Dezember 1991 in einer für monatlich 1.050 DM angemieteten Ferienwohnung in Sexau,
anschließend ab Juni 1992 in einer Mietwohnung in Freiburg für monatlich 1.700 DM. Seit April 1993 bewohnt der Kläger nach
Auszug seiner Ehefrau mit Kind die Wohnung mit seiner Mutter alleine. Den Brandschaden an dem von ihm ersteigerten Anwesen
hat der Beklagte bisher nicht beheben lassen.
Am 15.04.1992 erlitt die Mutter des Klägers einen Oberschenkelhalsbruch mit der Notwendigkeit eines stationären Krankenhausaufenthalts
bis Ende Mai 1992. Am 07.05.1992 wurde für sie die Zeugin Dr. K.-W. als Betreuerin zur Vermögenssorge bestellt (I, 101). Mit
dieser schloß der Beklagte eine am 11.03.1993 vom Vormundschaftsgericht genehmigte Vereinbarung, wonach er sich zu einer einmaligen
Zahlung von 9.000 DM sowie ab dem 01.04. 1992 zu monatlichen Zahlungen von 850 DM an die Mutter des Klägers verpflichtete.
Diesen Zahlungsverpflichtungen ist der Beklagte in der Folge nachgekommen. In der Zeit vom 01.04.1992 bis 31.03.1993 hat die
Mutter des Klägers monatlich 400 DM, danach monatlich im Durchschnitt 750 DM an Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten.
Der Kläger hat behauptet, daß seine Mutter seit ihrem Oberschenkelhalsbruch voll pflegebedürftig sei, wobei er unter Mithilfe
der Sozialstation die erforderlichen Pflegleistungen im Anschluß an den Krankenhausaufenthalt mit einem täglichen Aufwand
von 16 Stunden, davon zwei in der Nacht, erbringe. Einer Erwerbstätigkeit könne er daher nicht mehr nachgehen. Sein täglicher
Aufwand zur Verköstigung der Mutter belaufe sich auf 25 DM, derjenige für ihre Wäsche auf monatlich 100 DM. Da der Beklagte
neben der Wohnungsgewährung in gleichen Umfange aus dem übernommenen Leibgedinge zu entsprechenden Leistungen verpflichtet
sei, so die Auffassung des Klägers, sei er ihm nach §
426
BGB insoweit ausgleichspflichtig, und zwar zu 100%. Unter Zugrundelegung monatlicher Aufwendungen von wertmäßig 7.880 DM ab Juni
1992 und 8.300 DM April 1993 hat der Kläger im Wege der Teilklage für die Zeit bis Anfang November 1994 einen Ausgleichsbetrag
von 200.000 DM beansprucht.
Der Beklagte, der der Klage entgegengetreten war, hat die behauptete Pflegebedürftigkeit sowie die behaupteten Pflegeleistungen
bestritten. Bei letzteren handele es sich seiner Ansicht nach zudem weitgehend um überobligatorische Leistungen, die jedenfalls
von ihm nicht geschuldet seien. Auch sei die Berechtigte gehalten, bei einem Pflegebedarf im behaupteten Umfang eine Pflegeeinrichtung
in Anspruch zu nehmen. Mietzahlungen, deren Ausgleich begehrt wird, seien von der Berechtigten und nicht vom Kläger erbracht
worden. Was das ersteigerte Anwesen angehe, so sei dieses nicht renovierungswürdig, vielmehr ein Abriß und Neuaufbau, wie
von ihm beabsichtigt, die einzige wirtschaftlich vertretbare Maßnahme, der die Berechtigte jedoch unberechtigterweise widersprochen
habe.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe auch wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen
Parteivorbringens verwiesen wird, hat das Landgericht nach Einvernahme der Betreuerin als Zeugin der Klage nur zu einem geringfügigen
Teil entsprochen, sie im übrigen aber abgewiesen. Es hat dem Kläger dem Grunde nach einen Ausgleichsanspruch zugebilligt,
insbesondere aber die von ihm der Berechtigten angeblich geleistete Vollpflege als weitgehend nicht geschuldet und damit ausgleichspflichtig
angesehen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Klageforderung in der ursprünglichen Höhe weiter, mit seiner unselbständigen
Anschlußberufung wendet sich der Beklagte gegen seine Verurteilung.
Was den für die Wohnung in S. geltend gemachten Mietzinsausgleich angeht, rügt der Kläger die Nichterhebung des von ihm angebotenen
Beweises (Zeugin R. K.-N.). Für die Bemessung des Umfangs der geschuldeten und damit ausgleichspflichtigen Pflegeleistungen
komme es, so seine Auffassung, entgegen dem Landgericht nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten an, vielmehr
allein auf den Inhalt des Übergabevertrags, auch gehe es nicht an, Zumutbarkeitserwägungen einseitig zu seinen - des Klägers
- Lasten anzustellen. Zudem sei der vom Landgericht in Ansatz gebrachte Stundensatz für seine Pflegeleistungen viel zu niedrig,
dieser sei mit mindestens 25 DM zu veranschlagen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn 200.000 DM zuzüglich 4% Zinsen p.a. hieraus
seit 10.02.1995 zu zahlen, und die Anschlußberufung zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen und auf die Anschlußberufung unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage
insgesamt abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, daß hinsichtlich seiner Ausgleichspflicht auf den wirtschaftlichen Zweck des Leibgedinges abzustellen
sei, nämlich der Grundstücküberlassung mit dem Ziel dessen Bewirtschaftung und der Leistungserbringung hieraus an die Berechtigte.
Zu Recht habe das Landgericht zudem auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgestellt, die Zumutbarkeitsgrenze sei indessen
mit seinen - des Beklagten - monatlichen Zahlungen an die Berechtigte von 850 DM erreicht.
Im übrigen ergänzen und vertiefen die Parteien ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens
im Berufungsrechtszug wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat war. Die Akten betreffend das Zwangsversteigerungsverfahrens 9 K 93/90 Freiburg des AG Freiburg lagen dem Senat vor.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg, ist im übrigen aber unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht einen
Ausgleichsanspruch des Klägers in dem von ihm geltend gemachten Umfang für die Zeit bis Anfang November 1994 verneint. Gegen
diese Beurteilung wendet sich die Berufung ohne Erfolg. Abweichend vom Landgericht hält der Senat aufgrund des Leibgedinges
indessen einen ausgleichspflichtigen Anspruch der Berechtigten Ida Mißbach auf Pflegeleistungen von täglich vier Stunden für
gegeben.
1. Das Landgericht ist, was im Berufungsrechtszug auch nicht mehr in Frage gestellt wird, zutreffend davon ausgegangen, daß
die Parteien der Berechtigten als Gesamtschuldner auf die Erfüllung der mit dem Übergabevertrag begründeten und dinglich gesicherten
Pflichten i.S. eines Leibgedinges haften, soweit diese sich inhaltlich decken. Die schuldrechtliche Verpflichtung des Klägers
folgt unmittelbar aus dem Übergabevertrag, diejenige des Beklagten aus den dinglichen Belastungen des ersteigerten Anwesens,
die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen geblieben sind, insbesondere den Reallasten auf Gewährung von Wohnung, Wartung
und Pflege. Aufgrund letzterer, obwohl dingliche Verwertungsrechte, haftet der Beklagte nach §
1108
BGB für die während der Dauer seines Eigentums fällig werdenden Leistungen auch persönlich. Im Innenverhältnis haftet nach h.M.
der Beklagte als Ersteher in der Zwangsversteigerung für die nach dem Zuschlag fällig werdenden Ansprüche der Berechtigten
alleine, da insoweit § 56 S.2 ZVG eine abweichende Bestimmung i.S. von §
426,I
BGB enthält (s. u.a. BGH NJW 1993,2617 S.2619 = BGHZ 123, 178; Joost in MünchKomm,
BGB, 3. Aufl. §
1108 Rdn. 9; Amann in Staudinger,
BGB, 13. Bearb., §
1108 Rdn. 27). Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es mithin darauf an, ob die vom Kläger für die Berechtigte erbrachten
Leistungen, wie von ihm geltend gemacht, gem. §
1108
BGB i.V.m. dem Übergabevertrag auch vom Beklagten geschuldet waren mit der Folge seiner 100%igen Ausgleichsverpflichtung.
2. Nach Art und Umfang entsprechend dem eingeräumten dinglichen Wohnrecht hat die Berechtigte nach § 3 Abs.2 des Übergabevertrags
einen Anspruch auf Gewährung von Wohnung im Rahmen des standesgemäßen Bedarfs. Nachdem die Wohnung der Berechtigten in dem
vom Beklagten ersteigerten Anwesen infolge eines Brandes unstreitig unbewohnbar geworden ist und der Kläger durch Anmietung
von Ersatzwohnraum ihren Wohnbedarf gedeckt hat, ist der Beklagte für Mietaufwendungen des Klägers zugunsten seiner Mutter
grundsätzlich ausgleichspflichtig, was denn im Berufungsverfahren für den hier interessierenden Zeitraum bis November 1994
auch außer Streit steht. Einen Ausgleich auch für die in S. für 1.050 DM monatlich angemietete Wohnung hat das Landgericht
daran scheitern lassen, daß der Kläger auf Behauptung des Beklagten, dieser habe von der Rente seiner Mutter gelebt, anders
als für die Wohnung in Freiburg nicht nachgewiesen habe, die Miete aus eigenen Mitteln bestritten zu haben. Der im Berufungsrechtszug
vorgelegte Mietvertrag (Anlg.-Heft), der neben dem Kläger auch dessen Ehefrau sowie seine Mutter als Mieter ausweist, läßt
in der Tat bezweifeln, daß der Kläger auch den auf seine Mutter entfallenden Mietzinsanteil geleistet hat. Letztlich kommt
es hierauf jedoch nicht an, da selbst bei Unterstellung der Zahlung des Mietzinsanteils für die Mutter mit monatlich (1050:
3 =) 350 DM und damit für acht Monate mit 2.800 DM sich aufgrund der vom Beklagten für die Zeit vom 15.08.1991 bis 15.04.1192
erbrachten Zahlungen ein Saldo zugunsten des Klägers, wie von ihm geltend gemacht, nicht ergibt (s. unten).
Was die Wohnung in F. angeht, so hat das Landgericht anteilige Mietaufwendungen in der geltend gemachten Höhe zugebilligt,
nachdem es aufgrund der Aussage der Zeugin Dr. K.-W. für erwiesen angesehen hat, daß die Mittel hierfür vom Kläger stammen.
Dieses Ergebnis ist nicht zu beanstanden und wird mit der Berufung auch nicht angegriffen.
3. Für die Zeit vom 15.08.1991 bis 15.04.1992 beansprucht der Kläger für die Wohnungsstellung, Verpflegung und Betreuung seiner
Mutter monatlich pauschal 2.000 DM. Abzüglich dem Mietanteil von 350 DM verbleiben mithin 1.650 DM monatlich für Verpflegung
und Betreuung, was einen durchschnittlichen Tagessatz von 55 DM ausmacht. Welche Betreuungsleistungen in diesem Zeitraum tatsächlich
erforderlich waren und konkret erbracht worden sind, dazu ist auf Bestreiten des Beklagten (I,95; 227) vom Kläger nichts Konkretes
vorgetragen. Das Landgericht hat dem Kläger für Wartung und Pflege im genannten Zeitraum 3.600 DM zuerkannt, und zwar für
eine Stunde täglich á 15 DM. Mit der Berufung wird vom Kläger insoweit lediglich die Höhe des Stundensatzes angegriffen, den
er allerdings zunächst selbst der Berechnung seiner Klageforderung zugrunde gelegt hat (I,17) und nunmehr mit mindestens 25
DM angesetzt wissen will. Ein höherer Stundensatz als zuerkannt ist indessen nicht gerechtfertigt. Es geht hier um die Bewertung
von Eigenleistungen, die der Berechtigten geschuldet werden und im Innenverhältnis der Parteien auszugleichen sind, und nicht
um die Vergütung entgeltlicher Dienstleistungen. Insbesondere kann der Kläger nicht verlangen, so gestellt zu werden, als
wenn er die Pflegeleistungen von Berufs wegen erbringen würde, auch kann er nicht Ersatz des Verdienstes aus einer Erwerbstätigkeit
verlangen, der er wegen der Pflegeleistungen nicht nachgeht bzw. auf den er wegen der zu erbringenden Pflegeleistungen verzichtet.
Daß die Berechtigte im übrigen zu ihrem Lebensunterhalt (insbesondere Verköstigung) nichts selbst aus eigenen Mitteln beigetragen
hat bei einer monatlichen Rente von etwa 2.000 DM, erscheint im übrigen recht unwahrscheinlich. Beweis für seine Aufwendungen
insoweit in dem genannten Zeitraum hat der Kläger nicht angeboten.
Für die Zeit vom 15.08.1991 bis 15.04.1992 erweist sich damit allenfalls ein rechnerischer Ausgleichsanspruch i.H.v. (350
x 8 = 2.800 + 3.600 =) 6.400 DM für berechtigt. Unter Verrechnung der Leistung aus der Pflegekasse von einmal 400 DM und der
Einmalzahlung des Beklagten von 10.700 DM verbleibt damit sogar ein Saldo von 4.300 DM zu dessen Gunsten. Ein weitergehender
Anspruch, wie von ihm geltend gemacht, steht dem Kläger für den genannten Zeitraum jedenfalls nicht zu.
4. Unstreitig war die Berechtigte infolge des erlittenen Oberschenkelhalsbruchs wie auch aufgrund ihres altersbedingten Zustands
ab ihrer Krankenhausentlassung am 01.06.1992 pflegebedürftig, nach (unter Beweis - I,15; 123; 273 - gestellter) Behauptung
des Klägers in einem Ausmaß, die eine Betreuung "rund um die Uhr" erforderte und weiterhin erfordert. Eine Pflegebedürftigkeit
dieses Ausmaßes sowie behauptete Pflegeleistungen von täglich 12 Stunden und nächtens 2 Stunden hat der Beklagte zwar bestritten,
indes ist eine nicht unerhebliche Pflegebedürftigkeit durch die pflegerische Beurteilung seitens der K. S. F. GmbH vom 06.03.1995
mit einer Einstufung in die Pflegestufe III (I,45) hinreichend belegt. Ob der gesundheitliche Zustand der Berechtigten in
der Tat den behaupteten Pflegeaufwand erfordert und in dem behaupteten Umfang erbracht wird, kann dahin stehen. Die Richtigkeit
des Vorbringens des Klägers insoweit unterstellt, hat er gleichwohl vom Beklagten einen Zahlungsausgleich in der geltend gemachten
Höhe nicht zu beanspruchen. Was an Pflegeleistungen vom Beklagten gemäß §
1108
BGB aufgrund der im Grundbuch eingetragenen (s. Grundbuchauszug in der Zwangsversteigerungsakte) Reallasten geschuldet wird,
ergibt sich zum einen aus der Eintragungsbewilligung i.V.m. den Regelungen in § 3 des Übergabevertrags, zum anderen daraus,
welche Pflegeleistungen nach Treu und Glauben von der Berechtigten bei Einräumung des Leibgedinges von dem Verpflichteten
zu erwarten waren. Zwar enthält der Übergabevertrag keine ausdrückliche Zumutbarkeistklausel (vgl. etwa BGH NJW 1995,2780;
Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 11. Aufl. Rdn.934/ S.419), mit dem Landgericht ist jedoch davon auszugehen, daß eine
Vollpflege über das Zumutbare hinaus von der Berechtigten nicht beansprucht werden kann. Überdies ist der Regelung in § 3
des Übergabevertrags, wonach die Verpflichtung zu Pflegeleistungen ruht, wenn und solange die Berechtigte in einer Kranken-
oder Pflegeeinrichtung untergebracht ist, zu entnehmen, daß eine Verpflichtung zu Pflegeleistungen keineswegs grenzenlos geschuldet
sein, vielmehr jedenfalls dann enden bzw. ruhen soll, wenn unter Berücksichtigung der normalen Lebensverhältnisse des Verpflichteten
objektiv die Voraussetzungen für eine Unterbringung in einem Alters- oder Pflegeheim oder ähnlichen Einrichtung vorliegen
bzw. die erforderliche Versorgung durch eine solche Einrichtung angezeigt ist. Die mit einer solchen Unterbringung verbundenen
und regelmäßig ganz erheblichen Kosten sollen nicht zu Lasten des Verpflichteten gehen. Diese gewollte Entlastung muß aber
auch dem Beklagten zugute kommen. Da unter normalen Lebensbedingungen, d.h. insbesondere neben einer Berufsausübung, eine
Vollpflege, wie vom Kläger angeblich erbracht und angeblich erforderlich, nicht erbracht werden kann, vielmehr die Grenze
des Zumutbaren überschreitet und die Unterbringung in eine Pflegeeinrichtung indiziert, ist eine Ausgleichsverpflichtung des
Beklagten in dem geltend gemachten Umfang zu verneinen. Die nach seiner Darstellung vom Kläger erbrachten Pflegeleistungen
sind zwar durchaus anerkennenswert, doch zum einen nur wegen seiner weitgehenden Erwerbslosigkeit erbringbar, zum anderen
vom Umfange her nur mit Leistungen vergleichbar, wie sie von einer Pflegeeinrichtung typischerweise erbracht werden. Mit den
Kosten einer solchen Einrichtung soll der Verpflichtete, wie ausgeführt, indessen ersichtlich nicht belastet werden. Die Inanspruchnahme
des Beklagten durch den Kläger im Wege des Ausgleichs führt aber mit den geltend gemachten Beträgen von monatlich 7.880 DM
bzw. 8.300 DM zu entsprechenden und zugleich unzumutbaren Belastungen.
Zu einer anderen Beurteilung zwingt auch nicht, wie die Berufung meint, der im Zwangsversteigerungsverfahren für das Leibgedinge
in Ansatz gebrachte Wertersatzbetrag von 140.000 DM (s. Ziff.7 der Versteigerungsbedingungen - AS 330 der Zwangsversteigerungsakten).
Weder kommt diesem Wertansatz eine verbindliche Bedeutung zu wie im Falle des § 51
ZVG, noch wird hier der bei Ermittlung dieses Ersatzwertes angeblich zugrunde gelegte monatliche Betrag von 2.000 DM deutlich
unterschritten. Der Kläger läßt bei der von ihm insoweit vorgenommenen wirtschaftlichen Betrachtung das dingliche Wohnrecht
unberücksichtigt, mit dem das ersteigerte Anwesen zusätzlich belastet ist und das den Beklagten daran hindert, sein Eigentum
in seinem Sinne wirtschaftlich zu nutzen.
Sind die vom Kläger erbrachten Pflegeleistungen, deren Ausgleichung er begehrt, als überobligatorisch zu werten, stellt sich
die Frage, in welchem Umfang Pflegeleistungen als nach dem Übergabevertrag zumutbar und geschuldet anzusehen sind mit der
Folge der Ausgleichsverpflichtung des Beklagten. Wenngleich eine Unterbringung der Berechtigten in einer Pflegeeinrichtung
offensichtlich angezeigt war, kann es dem Kläger nicht verwehrt werden, die erforderlichen Pflegeleistungen selbst zu erbringen.
Eine völlige Entlastung des Beklagten tritt damit noch nicht ein, vielmehr ist von ihm auszugleichen, was im Rahmen dessen
liegt, was von ihm aufgrund der Reallast äußerstenfalls geschuldet wird. Das Landgericht ist hierbei von täglich drei Stunden
Pflegeleistungen ausgegangen. Unter Berücksichtigung des hohen Alters der Berechtigten sowie einer der Pflegestufe III entsprechenden
Pflegebedürftigkeit, die u.U. auch Hilfestellungen zur Nachtzeit erforderlich machen, erscheinen dem Senat allerdings durchschnitlich
vier Stunden täglich bzw. 120 Stunden monatlich als Obergrenze noch zumutbar und mithin der Berechtigten geschuldet. In Abweichung
vom Landgericht ist damit von einem monatlichen Betrag, der auszugleichen ist, von 1.800 DM auszugehen. Für die Zeit von Juni
1992 bis März 1993, mithin für 10 Monate, ergibt sich folglich (d.h. bei Zugrundelegung von 4 Pflegestunden pro Tag) ein auszugleichender
Betrag von 10 x (1.800 + 430) = 22.300 DM abzüglich 10 x monatliche Zahlungen des Beklagten von 850 DM und monatliche Pflegeversicherungsleistungen
von 400 DM (= 12.500), das sind 9.800 DM. Für die Zeit von April 1993 bis Oktober 1994, mithin 19 Monate, ergibt sich ein
Saldo zugunsten des Klägers (19 x 1.800 = 34.200 abzüglich 19 x 750 = 14.250 =) 19.950 DM. (Monatliche Zahlungen des Beklagten
und Mietanteil heben sich für diesen Zeitraum auf.) Für sieben Tage im November ergibt sich dann schließlich noch ein Betrag
von 420 DM für Pflegeleistungen abzüglich 175 DM Versicherungsleistung = 245 DM.
5. Über den vom Landgericht zuerkannten Betrag stehen dem Kläger somit weitere 13.455 DM zu, ein weitergehender Anspruch,
wie mit der Berufung verfolgt, besteht hingegen nicht. Was die im ersten Rechtszug vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen
für Verpflegung der Berechtigten und Versorgung deren Wäsche angeht, so hat das Landgericht die Klage zu Recht an fehlenden
Nachweisen hierzu scheitern lassen, nachdem der Beklagte die in diesem Zusammenhang aufgestellten Behauptungen bestritten
hat. Im übrigen enthält die Berufungsbegründung zu diesen Positionen keine Angriffe.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus §§
92 Abs.1, 97 Abs.1, 515 Abs.3
ZPO; die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§
546 Abs.2; 708 Nr.10, 711
ZPO.