Zu den Anforderungen an den Nachweis des Forderungsübergangs bezüglich eines Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe
Entscheidungsgründe:
I.
Das Landratsamt - Kreissozialamt - hatte der Klägerin, der getrennt lebenden Ehefrau des Beklagten, für die Zeit von Oktober
1999 bis März 2002 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt. Nachdem für diesen Zeitraum vollstreckbare Titel ergangen sind,
hat das Sozialamt mit Schriftsatz vom 28.10.2002 unter Beifügung substantiiert aufgeschlüsselter Zahlungen nach Höhe und Monat
gem. §
727 ZPO eine Teilumschreibung der vollstreckbaren Titel vom 23.11.1999 bzw. 13.02.2001 auf das Kreissozialamt beantragt.
Das Familiengericht hat diesen Antrag mit dem angefochtenen Beschluss vom 05.03.2003 zurückgewiesen, da der Sozialhilfeträger
nicht nachgewiesen habe, dass der Unterhaltsschuldner oder seine Familie durch die Inanspruchnahme nicht selbst unterhaltsbedürftig
würde. Hierbei handle es sich um eine anspruchsbegründende Voraussetzung des Forderungsübergangs, für die das Landratsamt
als Sozialhilfeträger beweispflichtig sei.
Hiergegen hat der Sozialhilfeträger sofortige Beschwerde eingelegt, der das Familiengericht nicht abgeholfen und sie dem Senat
zur Entscheidung vorgelegt hat.
II.
Die form- und fristgerecht gem. §§
567 Abs.
1 Nr.
2 ZPO,
11 Abs.
1 RPflG eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur Anweisung des Rechtspflegers beim Amtsgericht , die Teilumschreibung
der vollstreckbaren Titel vom 23.11.1999 bzw. 13.02.2001 auf das Landratsamt - Sozialamt - , wie mit Schreiben vom 28.10.2002
beantragt, vorzunehmen.
Zum Nachweis des Forderungsübergangs bezüglich eines Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe genügt nach der Rechtsansicht
des Senats dessen beglaubigte Aufstellung über die gezahlten Sozialhilfeleistungen, wobei diese monatlich spezifiziert aufzuschlüsseln
sind.
Die Beachtung der sozialhilferechtlichen Schutzvorschriften (hier des § 91 Abs. 1 S. 3 BSHG) bezüglich des Anspruchsübergangs braucht nicht urkundlich nachgewiesen zu werden. Etwaige Ausschlussgründe sind ggfs. vom
Unterhaltsschuldner selbst geltend zu machen (§
768 ZPO; OLG Zweibrücken, FamRZ 1997, 1092; OLG Köln, MDR 1997, 369).
Der Senat folgt insoweit nicht den Entscheidungen des OLG Karlsruhe (OLG Report 2000, 219) und OLG Stuttgart ( NJW-RR 2001,
868).
Mit der herrschenden Meinung (vgl. dazu OLG Stuttgart, a. a. 0.) ist im Rahmen von §
727 ZPO die Beachtung der sozialhilferechtlichen Schuldnerschutzvorschriften dem Schuldner zugewiesen, der diese Ausschlusstatbestände
im Wege der Klage gegen die Vollstreckungsklausel (§
768 ZPO) geltend machen muss (ebenso Zöller/Stöber, ZP0, 23. A., §
727, Rn. 22 unter Verweis auf Künkel, FamRZ 1994, 540). Der Ansicht, bezüglich der Schuldnerschutzvorschriften bzw. ihrem Nichtvorliegen handle es sich um eine anspruchsbegründende
Voraussetzung, die von der Gläubigerseite zu beweisen sei, kann nicht gefolgt werden. Aus der gesetzlichen Formulierung des
§ 91 BSHG ergibt sich - wie in der Beschwerdebegründung des Landratsamtes vom 03.06.2003 ausgeführt - dass im Regelfall dann ein Unterhaltsanspruch
auf den Sozialhilfeträger übergeht, wenn der Hilfeempfänger für die Zeit, für die Hilfe gewährt worden war, nach bürgerlichem
Recht einen Unterhaltsanspruch hatte (§ 91 Abs. 1 S. 1 BSHG). Ausnahmen von diesem Regelübergang ergeben sich aus § 91 Abs. 1 S. 2 BSHG sowie insbesondere (vorliegend) aus S. 3 der genannten Vorschrift. Für die Ausnahme vom gesetzlichen Übergang als Regelfall
ist aber derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der die Ausnahme, nämlich die eigene Bedürftigkeit zur Abwendung des Überganges,
geltend machen will. Diese Beweislastverteilung gilt schon deswegen, weil infolge der sog. Sphärentheorie ein außenstehender
Dritter (hier der Sozialhilfeträger) keine Kenntnis über eine angebliche Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners besitzt
und diese auch nicht von Amts wegen ermitteln kann bzw. muss. Vielmehr obliegt es dem Unterhaltsschuldner selbst, eine inzwischen
vorliegende Leistungsunfähigkeit darzulegen, wozu sich insbesondere das Verfahren nach §
730 ZPO eignet.
Zu beachten ist hierbei vor allem, dass das Familiengericht im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren deswegen zwei vollstreckbare
Titel geschaffen hat, weil es (damals iRd Teilurteils) von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners auszugehen hatte
und (iRd nachfolgenden Vergleichstitels) der Schuldner durch Abschluss des Vergleichs seine in dieser Höhe vorliegende Leistungsbereitschaft
signalisierte.
Da somit die unterhaltsrechtliche Zahlungsfähigkeit des Schuldners im vorausgegangenen Erkenntnisverfahren bereits abschließend
geklärt worden ist, kann es nicht angehen, im anschließenden Vollstreckungsverfahren erneut der Gläubigerseite (bzw. ihrem
Rechtsnachfolger) aufzubürden, ein zweites Mal die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Schuldners nachzuweisen. Bei
einer derartigen Rechtslage wäre zu fragen, warum überhaupt ein Klagverfahren dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorausgehen
musste, wenn ohnedies im Rahmen der Titelumschreibung die materiell-rechtliche Berechtigung des Rechtsnachfolgers (infolge
weiter bestehender Leistungsfähigkeit des Schuldners) nochmals abgeklärt werden müsste.
Die gesamte Intention des Vollstreckungsrechtes, nach endlich abgeschlossenem Erkenntnisprozess zur Durchsetzung der geschaffenen
Titel alsbald und ohne weitere Hindernisse zu gelangen, wäre ins Gegenteil verkehrt.
Die vom Senat abweichende Rechtssprechung übersieht schließlich auch, dass bereits infolge der sog. Parteimaxime im
ZPO-Verfahren derjenige, der eine ihm günstige Veränderung (jetzige Leistungsunfähigkeit gegenüber der früheren Leistungsfähigkeit)
geltend macht, hierfür darlegungs- und beweispflichtig ist.
Darüberhinaus wirkt die Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsschuldners im Klagverfahren hinsichtlich seiner angeblichen
Leistungsunfähigkeit bis ins nachfolgende Vollstreckungsverfahren weiter. Ansonsten käme es zwischen beiden Verfahrensabschnitten
zu einer Beweislastumkehr, für die kein berechtigter Grund ersichtlich ist.
Auf das Rechtsmittel des Sozialhilfeträgers war daher der zurückweisende Beschluss aufzuheben und das Verfahren dem Amtsgericht
zur Durchführung der Maßnahmen nach §
727 ZPO vorzulegen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.