Gründe:
I. Die Betroffene ist Kriegerwitwe und erhält neben einer Altersrente des Postrentendienstes eine Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Mit Beschluss vom 10.03.2000 hat das Amtsgericht dem Beteiligten zu 3., einem Berufsbetreuer, eine aus der Landeskasse
zu zahlende Vergütung für die Jahre 1998/99 bewilligt. Hiervon entfallen 5.621,36 DM zuzüglich 210,71 DM Auslagen auf das
Jahr 1999. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Betroffene über Sparguthaben von 7.373,83 DM.
Mit der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat der Bezirksrevisor die Ergänzung des Beschlusses dahingehend beantragt,
dass die Betroffene einen Teilbetrag von 2.873,83 DM an die Landeskasse zu leisten habe und dieser Betrag zum Soll zu stellen
sei.
Das Landgericht hat das Rechtsmittel mit der Begründung zurückgewiesen, als Empfängerin von Leistungen nach dem BVG stehe der Betroffenen gem. § 25f
BVG ein Schonvermögen von mindestens 9.286,00 DM zu. Mit diesem gegenüber einem "normalen" Sozialhilfeempfänger höheren Schonvermögen,
wolle der Gesetzgeber die Beschwernisse und Nachteile der von unmittelbaren Gewalteinwirkungen des Krieges betroffenen Personen
ausgleichen und ihnen einen größeren Teil etwaiger Ersparnisse zur freien Verfügung überlassen. Über die Härteklausel des
§ 88 Abs. 3
BSHG i. V. m. 1836c Nr. 2
BGB sei diese Entscheidung des Gesetzgebers auch bei der Prüfung des Vermögenseinsatzes bei der Betreuervergütung zu berücksichtigen.
Mit der - zugelassenen - sofortigen weiteren Beschwerde stellt der Bezirksrevisor die Rechtsauffassung des Landgerichts vom
Ansatz her nicht in Frage, meint aber es sei jeweils auf den Einzelfall abzustellen und zu prüfen, ob eine besondere Härte
i. S. d. § 88 Abs. 3
BSHG vorliege. Allein die Gewährung von Leistungen der Kriegsopferversorgung reiche hierfür nicht.
II. Die in formeller Hinsicht unbedenkliche weitere sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
1. Die Erstbeschwerde ist dahin auszulegen, dass nur wegen der zugunsten des Betreuers festgesetzten Vergütung für das Jahr
1999 eine Erstattungsanordnung erfolgen soll; denn sie ist auf § 1936c
BGB gestützt, also auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes zum 01.01.1999. Anders als die
verfahrensrechtlichen Vorschriften, sind die neuen bzw. geänderten materiell-rechtlichen Vorschriften nur auf Aufwendungs-
und Vergütungsansprüche anzuwenden, die für Tätigkeiten des Betreuers nach dem 01.01.1999 entstanden sind; dies gilt insbesondere
auch für die Regressregelungen der §§ 1836c - e
BGB (vgl. zu letzterem OLG Schleswig FamRZ 2000, 562).
2. Das Landgericht hat den Betreuer als Beschwerdegegner behandelt. Hierbei hat es nicht berücksichtigt, dass nicht er, sondern
die Betreute von einem etwaigen Erfolg des Rechtsmittels des Bezirksrevisors betroffen ist; denn sie hätte gegebenenfalls
aus ihrem Vermögen eine Zahlung an die Landeskasse zu leisten, während die Rechtsstellung des Betreuers, dessen Vergütung
antragsgemäß gegen die Landeskasse festgesetzt worden ist, vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht berührt wird. Die Betroffene
ist daher Beteiligte und Beschwerdegegnerin. Gleichwohl konnte und kann davon abgesehen werden, ihr rechtliches Gehör zu gewähren
und zur Wahrung ihrer Rechte ggfls. einen Verfahrenspfleger zu bestellen. Gelegenheit zur Äußerung ist einer Betroffenen gem.
§ 56g Abs. 4
FGG nur dann zu gewähren, wenn für sie nachteilige Entscheidungen, also entweder die Festsetzung der Betreuervergütung gegen
sie oder die Anordnung von Zahlungen an die Landeskasse beabsichtigt sind (vgl. auch Bumiller/Winkler, FGG, 7. Auflage, § 56g Rdn. 8). Solange dies nicht der Fall ist, ist es nicht nur zulässig, sondern wegen der häufig notwendigen Bestellung eines
Verfahrenspflegers aus Kostengründen auch angezeigt, von der Einräumung einer Anhörungsmöglichkeit abzusehen.
3. Bereits das Amtsgericht hat mit Recht die Betroffene als mittellos angesehen. Für die Bestimmung der Mittellosigkeit sind
gem. §
1836c
BGB die Regelungen des § 88
BSHG über die Gewährung von Sozialhilfe entsprechend anwendbar. Hiernach steht der Betroffenen i. V. m. § 1 Ziff. 2, 1. Alt. der
VO jedenfalls ein "Schonbetrag" von 4.500,00 DM zu. Mindestens in dieser Höhe braucht sie - wovon auch der Bezirksrevisor
ausgeht - ihre Sparguthaben nicht zur Deckung der Betreuervergütung einzusetzen. Da der verbleibende Restbetrag auch auf der
Grundlage der Rechtsauffassung des Bezirksrevisors die Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche des Betreuers für das Jahr
1999 nur teilweise abdecken würde, liegen die Voraussetzungen des §
1836d
BGB für eine Inanspruchnahme der Staatskasse vor.
Allerdings hat das Landgericht sich mit den Feststellungen des Amtsgerichts zum Umfang der Sparguthaben begnügt, aber keine
Feststellungen dazu getroffen, wie hoch das Vermögen der Betroffenen im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung war. Grundsätzlich
ist diese Verfahrensweise nicht korrekt, weil für die Frage der Mittellosigkeit der Betroffenen auf den Zeitpunkt der Entscheidung
der letzten Tatsacheninstanz abzustellen ist (BayObLG FamRZ 2000, 558).
Die unterbliebene Feststellung kann indes vom Senat nachgeholt werden, da sich die relevanten Anknüpfungstatsachen zweifelsfrei
den Akten entnehmen lassen und auch der Bezirksrevisor die Mittellosigkeit der Betroffenen i. S. d. §
1836d
BGB nicht in Frage stellt. Die Aufstellungen des Betreuers über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Betroffenen erlauben
nämlich ohne weiteres den Schluss, dass sie in dem Zeitraum zwischen Mitte März bis Ende Mai 2000 keine nennenswerten weiteren
Mittel angespart hat.
4. Es ist zweifelhaft, ob ohne Feststellungen einer "besonderen Härte" gem. § 88 Abs. 3
BSHG alleine aus der Tatsache, dass die Betroffene Leistungen nach dem BVG bezieht, der erhöhte Freibetrag des § 25f
BVG, der sich derzeit auf 9.286,00 DM beläuft (vgl. Deinert FamRZ 1999, 1187, 1188), angesetzt werden kann. Die Meinung des Landgerichts wurde zwar für den bis zum 01.01.1999 geltenden Rechtszustand
in der Rechtsprechung vertreten (vgl. LG Koblenz FamRZ 1997, 699; LG Osnabrück BtE 1994/95, 78) und wird auch nach neuem Recht in der Literatur geteilt (Deinert aaO.). Der Senat hat indes
bereits zum alten Recht eine Berücksichtigung des in § 25f
BVG vorgesehenen höheren Schonvermögens abgelehnt, weil die für die Kriegsopferfürsorge maßgebliche Zielsetzung, nämlich die
Schaffung eines angemessenen Ausgleichs für erlittene Schädigung bzw. - bei Hinterbliebenen - für eine geminderte Lebensstellung
an andere Wertmaßstäbe anknüpfe als der kostenmäßigen Beteiligung an Leistungen staatlicher Daseinsvorsorge (Senatsbeschluss
vom 29.01.1999 - 16 Wx 215/98 -). Dafür, dass hieran nach neuem Recht festzuhalten ist, könnte sprechen, dass wegen des einem Betroffenen zu belassenen
Schonvermögens in §
1836c
BGB (nur) auf § 88
BSHG verwiesen wird und nicht auf sonstige Vorschriften über die Belassung von angespartem Vermögen bei der Inanspruchnahme staatlicher
Mittel. Auch hat der Gesetzgeber gerade das Sozialhilferecht als Maßstab herangezogen, weil mit dem Vormundschafts- und Betreuungsrecht
das gleiche Ziel verfolgt wird, nämlich einem Hilfebedürftigen Beistand auch in länger andauernden Notlagen zu gewähren (vgl.
amtliche Begründung BT-Drucksache 13/7158, S. 30).
Gleichwohl kann diese Frage letztlich offen bleiben; denn das der Betroffenen nach § 88 Abs. 2 Nr. 8
BSHG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 b), 2. Alt. der hierzu ergangenen Durchführungs-VO zu belassende Vermögen beläuft sich auf 8.000,00 DM, übersteigt also die
von ihr angesparten Mittel.
Zu altem Recht war es streitig, ob im Rahmen der schon seinerzeit im Rahmen des §
1835 Abs.
4
BGB a.F. überwiegend in der Rechtsprechung angewandten Regelungen des Sozialhilferechts über die Hilfe in besonderen Lebenslagen
der "normale" Schonbetrag von 4.500,00 DM oder der erhöhte von 8.000,00 DM anzusetzen war. Während teilweise vertreten wurde,
dass entsprechend dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 1 b) der Durchführungs-VO zu § 88
BSHG nur dann von 8.000,00 DM auszugehen sei, wenn die Voraussetzungen des § 67
BSHG (Blinde) oder des § 69a Abs. 3
BSHG (Schwerstbehinderte) vorliegen (vgl. LG Berlin BtPrax 1997, 204; LG Krefeld BtPrax 1993, 340; LG Münster FamRZ 1994, 1336), stand insbesondere die obergerichtliche Rechtsprechung auf dem Standpunkt, dass die Lage von Betreuten, denen wegen einer
Erkrankung nach §
1896
BGB mit oder gegen ihren Willen ein Betreuer bestellt wird, mit der Situation von Pflegebedürftigen im Sinne der §§ 67, 69a Abs. 3
BSHG vergleichbar und ihnen deshalb der höhere Betrag von 8.000,00 DM zu belassen sei (vgl. BayObLG in st. Rspr. BayObLG FamRZ
1995, 1375; BayObLGR 1995, 60 = BayObLGZ 1995, 212 = FamRZ 1995, 1599; BayObLGR 1997, 53 = BayObLGZ 1997, 82; BayObLGR 1998, 36; BayObLG FamRZ 1998, 507 = NJW-RR 1998, 435; KG FamRZ 1998, 188 = KGR 1997, 188 = FGPrax 1997, 224 = NJW-RR 1998, 436; offengelassen von OLG Zweibrücken OLGR 1999, 106). Das Bayrische Oberste Landesgerichts ist bei seiner Rechtsprechung auch
dann verblieben, nachdem aufgrund Art. 14 des Gesetzes zur Reform der Sozialhilfe vom 29.07.1996 - BGBl. I 1088, 1099 die
Durchführungs- VO zu § 88 Nr. 8 BSHG geändert und der Personenkreis, für den der Freibetrag von 8.000,00 DM gilt, eingeschränkt worden ist (BayObLGR 1998, 79
= BayObLG BtPrax 1998, 236 = FamRZ 1999, 459).
Der Senat hat mit dem bereits erwähnten Beschluss vom 29.01.1999 - 16 Wx 215/98 - "jedenfalls nach bisherigem Recht" eine Einzelfallprüfung für erforderlich angesehen, ob der höhere Schonbetrag aufgrund
des sich aus einer konkreten Behinderung ergebenden Mehrbetrags oder nach Sinn und Zweck der besonderen Sozialleistung zu
berücksichtigen ist. An diesem Erfordernis hält der Senat indes zum neuen Recht in Übereinstimmung mit der h. M. (vgl. LG
München I BtPrax 2000, 135; Palandt/Diederichsen,
BGB 50. Auflage, §
1836c Rdn. 5; Soergel/Zimmermann,
BGB 13. Auflage, §
1836c Rdn. 11; a. A. wohl Deinert aaO.) nicht mehr fest. Das Argument der h. M., dass die Lage eines Betreuten mit der Situation
eines Blinden oder Schwerstbehinderten vergleichbar sei, trifft zu. Ein Betreuter bedarf zwar nicht unbedingt der in § 69a Abs. 3
BSHG vorausgesetzten Pflege rund um die Uhr. Indes setzt eine Betreuung nach §
1896 Abs.
1
BGB voraus, dass der Betroffene seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht (mehr) selbst besorgen kann. Seine Situation
ist daher qualitativ ungleich schwieriger als im Normalfall einer Hilfe in besonderen Lebenslagen, bei der der Hilfesuchende
häufig in allen Lebensbereichen noch handlungsfähig ist (so zutreffend LG München I aaO.). Auch ist zu berücksichtigen, dass
wegen der Gesetzesänderung in der amtlichen Begründung darauf Bezug genommen wird, dass die für entsprechend anwendbar erklärten
Regelungen des BSHG teilweise bereits in der Rechtsprechung angewandt werden, und als Beispiel eine Entscheidung des Bayrischen Obersten Landesgericht
(BayObLG FamRZ 1995, 1375) zitiert wird, in der von einem Schonbetrag von 8.000,00 DM ausgegangen wird (BT-Drucksache 13/7158). Schließlich sollte
nicht außer acht gelassen werden, dass nach § 56g Abs. 2 S. 2 FGG das Vormundschaftsgericht den Anspruch des Betreuers gegen die Staatskasse festsetzen und von einer Festsetzung der vom Betreuten
zu leistende Zahlungen absehen kann, wenn die Ermittlung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betreuten
unverhältnismäßige Aufwendungen verursachen würde. Damit hat der Gesetzgeber seinem Willen Ausdruck verliehen, zur Vermeidung
eines nicht vertretbaren Aufwandes unter - auch fiskalisch häufig günstigem - Verzicht auf eine vertiefende Prüfung ggfls.
eine "Pauschalentscheidung gegen die Staatskasse" zu treffen (vgl. BT-Drucksache 13/7158 S. 36 f.). Ein derartiger Aufwand
könnte aber dann eintreten, wenn in jedem Einzelfall zu prüfen ist, ob die Situation eines Betreuten derjenigen eines Blinden
oder sozialhilferechtlich Schwerstbehinderten entspricht. Dies macht auch der vorliegende Fall deutlich, in dem der Betreuer
bereits in seinem Jahresbericht und ergänzend im Verfahren der Erstbeschwerde auf eine hochgradige Sehschwäche der Betroffenen
und darauf hingewiesen hatte, dass die Augenärztin ihr - ihren Angaben zufolge - keine neue Brille verschrieben habe, da dies
nichts mehr nutzen würde. Es wäre daher, wenn man Feststellungen in jeden Einzelfall zum Umfang einer Behinderung verlangen
wollte, ggfls. durch ein - kostenaufwendiges - Gutachten aufzuklären gewesen, ob die Betroffene blind i. S. d. § 67
BSHG ist.
Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beteiligten zu 3. für die Rechtsmittelinstanzen beruht auf § 13a Abs. 1 S. 2 FGG. Die Vorschrift des § 16 Abs. 5 S. 2 ZSEG, die eine Kostenerstattung für ein Beschwerdeverfahren ausschließt, wäre nur dann einschlägig, wenn eine Festsetzung nach
§ 56g Abs. 1 S. 4 FGG i. V. m. § 16 Abs. 1
ZSEG erfolgt wäre, was indes nicht der Fall ist. Wegen der Erstattungsanordnung war der Senat auch zur Abänderung der Entscheidung
des Landgerichts befugt, da der Bemerkung, dass eine Kostenentscheidung nicht veranlasst sei, nicht zu entnehmen ist, dass
das Landgericht sich der Einschränkung des normalerweise für eine Erstattungsanordnung eingeräumten Ermessens für den Fall
eines erfolglosen Rechtsmittels bewusst war. Das Verbot der Schlechterstellung des (Rechts-)Beschwerdeführers (reformatio
in peius) gilt für die nach § 13a
FGG zu treffenden Nebenentscheidungen nicht (vgl. Bumiller/Winkler aaO. § 25 Rdn. 5).