OLG Oldenburg, Urteil vom 27.07.1999 - 12 UF 79/99
1. Auch einem Kläger, der seine Rechtsposition aus dem gesetzlichen Forderungsübergang nach § 91
BSHG ableitet, obliegt es wie jedem anderen Unterhaltsberechtigten auch, zunächst im Einzelnen darzustellen, dass das vorhandene
Einkommen sowie vorhandenes Vermögen nicht genügen, den Unterhaltsbedarf zu decken, §
1602 Abs.
1
BGB.
2. Der Wohnwert eines selbstgenutzten Hauses (hier: hälftiges Miteigentum neben der Ehefrau) ist in den Fällen, in denen es
um die Unterhaltspflicht gegenüber den Eltern geht, nicht nach dem tatsächlichen Mietwert zu bemessen, sondern nach dem Betrag,
den der auf Unterhalt in Anspruch genommene in Anlehnung an das vorhandene Einkommen (hier: rund 3.100 DM Rente) für eine
angemessene Mietwohnung verauslagen müsste (hier: Wohnwert von 500 DM unter Berücksichtigung eines angemessenes Anteils von
einem Viertel bis einem Drittel des vorhandenen Einkommens und der Tatsache, dass lediglich hälftiges Miteigentum besteht).
3. Im Verhältnis zu den Eltern gibt es wegen der vielfältigen Gestaltung der Lebensverhältnisse keine festen Tabellensätze
für die Bestimmung des eigenen angemessenen Bedarfs des Unterhaltspflichtigen. Die in verschiedenen unterhaltsrechtlichen
Leitlinien vorgenommene Erhöhung des gegenüber volljährigen Kindern geltenden Selbstbehalts um 25% (auf derzeit 2.250 DM)
stellt jedenfalls eine Grenze dar, bei deren Unterschreiten der angemessene Bedarf des Pflichtigen nicht mehr gewahrt wird.
4. Der Bedarf des Ehepartners des Pflichtigen, der über keine eigenen Einkünfte verfügt, ist mit rund 80% des Bedarfs des
Pflichtigen selbst anzusetzen (hier: 1.500 DM), da beide Eheleute gleichen Anteil an den durch das vorhandene Einkommen geprägten
Lebensverhältnissen haben, so dass sich lediglich für die mit dem Zusammenleben verbundenen Ersparnisse in der Lebensführung
ein geringer Abschlag ergibt.
5. Da es einer vernünftigen Haushaltsführung entspricht, für verschiedene möglicherweise entstehende Belastungen in der Zukunft
Rücklagen zu bilden, sind auch Sparleistungen auf Seiten des Pflichtigen als sonstige Belastung anzuerkennen, soweit sich
diese in einem Verhältnis zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen bewegen (hier: wenigstens die geltend gemachten 250
DM im Monat).
Fundstellen: NJW 2000, 524