OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19.09.1997 - 4 M 3761/97, FEVS 48, 203
Sozialhilferecht: Frist für die Suche nach kostengünstigerem Wohnraum
»Eine längere Frist als die Sechsmonatsfrist, die der Senat unangemessen teuren Wohnraum bewohnenden Hilfesuchenden in der
Regel für die Suche nach kostengünstigerem Wohnraum zubilligt und während der diese noch Anspruch auf Berücksichtigung der
tatsächlichen Unterkunftskosten bei der Berechnung des sozialhilferechtlichen Bedarfs haben, ist einem Hilfesuchenden auch
dann nicht einzuräumen, wenn er einen Mietvertrag für eine feste Laufzeit von (noch) mehreren Jahren abgeschlossen hat.«
Fundstellen: FEVS 48, 203, NVwZ-RR 1998, 242, info also 1998, 148
Normenkette: BSHG § 11 § 12
,
RegelsatzVO § 3
Vorinstanzen: VG Lüneburg 22.07.1997 6 B 87/97
Entscheidungstext anzeigen:
Gründe:
Zwar hat das Verwaltungsgericht offenbar übersehen, daß der Mietvertrag über die Wohnung der Antragsteller nicht auf unbestimmte
Zeit - mit der Möglichkeit, ihn jederzeit unter Einhaltung der Kündigungsfristen zu kündigen -, sondern auf die Dauer von
fünf Jahren mit der Möglichkeit, den Vertrag anschließend zu verlängern, geschlossen worden ist. Das führt aber nicht zu einer
Fehlerhaftigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Denn die Antragsteller sind durch diese Vertragsgestaltung nicht
gehindert, auch schon vor Ablauf des Mietvertrages eine andere Wohnung zu einem sozialhilferechtlich angemessenen Mietzins
zu mieten. Sie können zwar den Mietvertrag über die jetzige Wohnung nicht vor Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer kündigen.
Möglich ist aber eine Beendigung des Vertrages durch Abschluß eines Aufhebungsvertrages mit dem Vermieter (Putzo in: Palandt,
BGB 56. Auflage 1997, Rdn. 7 zu §
564). Da die Antragsteller hier ein schwerwiegendes Interesse an der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses haben, kommt
dann, wenn sie einen (oder mehrere) geeignete(n) Nachmieter benennen, eine Verpflichtung des Vermieters in Betracht, sie aus
dem Vertrag zu entlassen (s. dazu Putzo a.a.O. Rdn. 8 und 9 zu § 552). Es spricht bisher nichts dafür, daß es den Antragstellern
nicht möglich wäre, auf diese Weise innerhalb der von dem Verwaltungsgericht gesetzten Frist die Wohnung zu wechseln. Daß
ihr derzeitiger Vermieter in seinem Schreiben vom 25. August 1997 eine vorzeitige Auflösung des Mietvertrages abgelehnt hat,
belegt nicht seine endgültige Weigerung, einem vorzeitigen Mieterwechsel zuzustimmen. Denn weder aus diesem Schreiben noch
aus dem Vorbringen der Antragsteller ergibt sich, daß diese den Wunsch auf Entlassung aus dem Mietvertrag mit der Benennung
geeigneter Nachmieter verbunden hätten.
Der gegenüber der üblichen Kündigung von Mietverhältnissen hier (rechtlich) eingeschränkten Möglichkeit, das Mietverhältnis
vorzeitig zu beenden, kann ggf. bei der Entscheidung darüber Rechnung getragen werden, ob die von dem Verwaltungsgericht gesetzte
Frist wegen der Erfolglosigkeit von Bemühungen der Antragsteller um eine Entlassung aus dem derzeitigen Vertrag und Anmietung
einer anderen Wohnung verlängert werden muß. Eine solche Verlängerung setzt aber voraus, daß die Antragsteller substantiiert
darlegen, daß sie bis zum Ablauf der Frist ohne Erfolg solche Bemühungen unternommen haben. Da die Frist erst in über fünf
Wochen abläuft, kommt eine Verlängerung oder gar Aufhebung derzeit nicht in Betracht.