Sozialhilferecht: Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft i.S. des § 122 BSHG
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1.5.1994.
Die Klägerin wohnt mit ihren Kindern seit dem 1.2.1993 in der Gemeinde K. im Haus des Zeugen A. Unter dem 28.1.1993 beantragte
sie beim Bürgermeisteramt die Bewilligung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder. Nach dem dem Antrag
beigefügten Mietvertrag wurden der Klägerin im Haus des Zeugen A. 2 Zimmer, 1 Bad, 1 Küche sowie 1 Kellerraum überlassen.
Die Miete beträgt 590,-- DM monatlich zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 135,-- DM. Als Gesamtwohnfläche ist
45 qm angegeben. Der Beklagte gewährte zunächst laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Nachdem seitens der Gemeinde auf die Möglichkeit
des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft hingewiesen worden war, wurde die Klägerin um Stellungnahme hierzu gebeten.
Mit Schreiben vom 5.3.1993 teilte diese dem Beklagten mit, der Zeuge A. habe ihr die in seinem Haus befindliche 1 1/2 Zimmer-Wohnung
angeboten, weil er von ihrer Notlage Kenntnis gehabt habe. Sie habe ihre eigene Wohnung aufgrund einer Eigenbedarfskündigung
verloren. Ihr habe die Unterbringung in einem Asylbewerberwohnheim gedroht. Die Überlassung der Wohnung sei vorübergehend
geplant; sie suche nach wie vor eine passende größere Wohnung. Mit dem Zeugen A. werde die Küche gemeinsam benutzt.
Am 29.4.1993 gab sie ergänzend an, sie bewohne eine abgeschlossene Wohnung im Untergeschoß. Lediglich die Küche werde gemeinsam
benutzt. Sie führe einen getrennten Haushalt, kaufe nur für sich ein, koche und wasche nur für sich und lebe nicht in einer
Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit dem Zeugen A.
Am 18.10.1993 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, daß sie in der 16. Woche schwanger sei. Am 3.2.1994 ging dem Beklagten
telefonisch ein Hinweis zu, daß die Klägerin in einer eheähnlichen Beziehung mit dem Zeugen A. lebe. Die Beziehung bestehe
schon seit ca. 2 Jahren; auch das Kind, das die Klägerin erwarte, stamme vom Zeugen A. Auf erneuten Vorhalt erklärte die Klägerin
am 18.2.1994 gegenüber dem Beklagten: Sie wohne zwar im selben Haus wie der Zeuge A., es seien aber getrennte Wohnungen, auch
würde nicht gemeinschaftlich gewirtschaftet.
Am 9.3.1994 wurde der Sohn Julian geboren. Auf Anforderung des Beklagten teilte die Klägerin mit Schreiben vom 26.4.1994 mit,
daß der Zeuge A. der Vater ihres Sohnes sei und monatlich 260,-- DM Unterhalt bezahle. Weiterhin teilte die Klägerin mit,
daß sie ihren Pkw angeschafft habe, als sie noch als Arzthelferin gearbeitet habe. Das Fahrzeug benötige sie nach wie vor
wegen ihrer drei kleinen Kinder und zur Ausübung ihrer selbständigen Tätigkeit.
Mit Schreiben vom 11.5.1994 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß er vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgehe.
Die Klägerin wurde aufgefordert, Verdienstbescheinigungen der letzten sechs Monate des Zeugen A. vorzulegen. Bei einer Vorsprache
am 17.5.1994 erklärte die Klägerin, sie sei mit dem Zeugen A. lediglich gut befreundet. Im Haus des Zeugen A. habe sie zwei
Zimmer zur Verfügung, die sie durch einen eigenen Hauseingang betrete. Lediglich das Badezimmer und die Küche würden gemeinsam
benutzt. Jeder sorge für sich allein.
Am 31.5.1994 wurde bei der Klägerin ein vorher nicht angemeldeter Hausbesuch durchgeführt. In dem Bericht vom 7.7.1994 heißt
es unter anderem: Die im Kellergeschoß befindlichen zwei Zimmer würden von den beiden aus erster Ehe stammenden Kindern der
Klägerin bewohnt. Die Klägerin schlafe mit dem Baby im Dachgeschoß. Das Schlafzimmer des Zeugen A. befinde sich hinter diesem
Zimmer und sei nur durch das Schlafzimmer der Klägerin erreichbar. Um in die Küche zu gelangen, müsse man durch das Wohnzimmer
gehen. Auf dem Wohnzimmerschrank hätten Spiele der Kinder gelegen. Neben dem Wohnzimmer befinde sich ein kleiner Raum, in
dem die Klägerin am Computer arbeite.
Mit Schreiben vom 12.7.1994 wurde die Klägerin erneut aufgefordert, Verdienstnachweise des Zeugen A. der letzten sechs Monate
vorzulegen. Der Klägerin wurde eine Frist bis zum 28.7.1994 gesetzt, verbunden mit der Ankündigung, daß die Hilfe zum Lebensunterhalt
aufgrund fehlender Mitwirkung abgelehnt würde, falls die geforderten Nachweise nicht vorgelegt würden. Mit Schreiben vom 18.7.1994
teilte die Klägerin mit, daß sie die angeforderten Verdienstbescheinigungen nicht vorlegen könne, weil sich diese nicht in
ihrem Besitz befinden würden.
Mit Bescheid vom 1.8.1994 versagte der Beklagte die Bewilligung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1.5.1994 für
die Klägerin und den Sohn Julian. Die Versagung ist darauf gestützt, daß die Klägerin keine Einkommensnachweise des Zeugen
A. vorgelegt habe. Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 8.8.1994 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 1.8.1994
Widerspruch ein. Zur Begründung ließ die Klägerin unter anderem vortragen, sie lebe nicht in eheähnlicher Gemeinschaft mit
dem Zeugen A. Sie bewohne mit ihren Kindern nur in dessen Einfamilienhaus eine Zweizimmer-Einliegerwohnung. Aus baulichen
Gründen werde das Bad und die Küche gemeinsam genutzt. Die Klägerin übernehme aber keinerlei Haushaltstätigkeit für Herrn
A.; auch seien die wirtschaftlichen Verhältnisse komplett getrennt. So habe die Klägerin regelmäßig die vereinbarte Miete
gezahlt. In das Haus des Zeugen A. sei die Klägerin auch nur deshalb gezogen, weil sie keine andere angemessene Unterkunft
gefunden habe. Das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft könne auch nicht daraus geschlossen werden, daß die Klägerin
und der Zeuge A. ein gemeinsames Kind hätten. Herr A. zahle monatlich 300,-- DM Unterhalt, die Versorgung und Erziehung des
Kindes sei ausschließliche Aufgabe der Klägerin. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8.12.1994, zur Post eingeliefert
am 15.12.1994, zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 16.1.1995 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie
hat beantragt,
den Bescheid vom 1.8.1994 sowie den Widerspruchsbescheid vom 8.12.1994 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr Sozialhilfe
in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat deren Zurückweisung beantragt.
In der mündlichen Verhandlung wurde der Zeuge A. vernommen. Er machte unter anderem folgende Angaben: Er kenne die Klägerin
seit 15 Jahren. Sie seien befreundet gewesen und hätten sich regelmäßig getroffen. Ihm sei die schwierige Situation der Klägerin
nach der Wohnungskündigung bekannt gewesen, weshalb er ihr angeboten habe, in sein Haus zu ziehen. Er habe mit der Klägerin
schon vor deren Einzug ein Verhältnis gehabt. Es sei aber von Anfang an ein Mietverhältnis beabsichtigt gewesen. Die Klägerin
habe zunächst die Einliegerwohnung bezogen; gemeinsam sei die Küche benutzt worden. Weil es sehr beengt zugegangen sei, habe
er nach ca. einem Monat das Bad der geplanten Einliegerwohnung ganz entfernt und ein zweites Zimmer ausgebaut. Den Umbau habe
er vorgenommen, weil bereits damals absehbar gewesen sei, daß das Mietverhältnis ein bis zwei Jahre dauern werde. Seit dem
Umbau benutze die Klägerin auch das Bad mit ihm gemeinsam. Neben diesen beiden Zimmern nutze die Klägerin ein weiteres Zimmer
unter dem Dach als Wohn- Schlafzimmer. Sein Schlafzimmer befinde sich hinter diesem Zimmer der Klägerin. Die Klägerin halte
sich tagsüber auch im Eßzimmer auf. Darüber hinaus benutze die Klägerin das Zimmer seiner Tochter als Arbeitszimmer. Die Klägerin
schlafe aber nicht regelmäßig bei ihm. Sie würden die Freizeit sehr häufig gemeinsam verbringen. Sie seien auch bereits gemeinschaftlich
in den Urlaub gefahren, bevor die Klägerin bei ihm eingezogen sei. Er habe der Klägerin auch geholfen, sich selbständig zu
machen und ihr Verbindungen geschaffen. Die Vermittlung der Aufträge sei über die Firma erfolgt, wo er arbeite. Diese Firma
sei seines Wissens nach die einzige Auftraggeberin der Klägerin. Die Klägerin erhalte außer dem Unterhalt für das gemeinsame
Kind kein Geld und keine sonstigen Leistungen von ihm. Die Klägerin habe auch nie Geld von ihm verlangt. Jeder kaufe für sich
ein. Er esse, frühstücke bereits im Geschäft. Nur gelegentlich (ein- bis zweimal die Woche) oder wenn er Besuch von seinen
Kindern habe, fänden gemeinschaftliche Essen statt. Äußerst selten bitte er die Klägerin auch, etwas für ihn mitzubringen.
Die Klägerin benutze seinen Kühlschrank und seine Spülmaschine mit. Sie wasche nicht seine Wäsche. Derzeit suche sie nicht
nach einer neuen Wohnung. Heiratsabsichten bestünden nicht.
Mit Urteil vom 4.5.1995 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 1.8.1994 und den Widerspruchsbescheid vom 8.12.1994 aufgehoben
und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin ab 1.5.1994 Sozialhilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren. In den Entscheidungsgründen
heißt es unter anderem: Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß die Klägerin nicht in einem eheähnlichen Verhältnis mit dem Zeugen
A. leben würde. Dieses werde durch das Vorliegen einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichnet. Die Vernehmung des
Zeugen A. habe ergeben, daß nicht von einer Wirtschaftsgemeinschaft gesprochen werden könne. Der Zeuge habe ausgesagt, daß
er nicht finanziell für die Klägerin eintrete. Als Vermieter erhalte er die vereinbarte Miete. Jeder regele seine wirtschaftlichen
Verhältnisse selbständig. Das Gericht habe keinen Anlaß, an den Aussagen des Zeugen A. zu zweifeln.
Der Beklagte hat am 8.6.1995 gegen das ihm am 12.5.1995 zugestellte Urteil Berufung eingelegt. Entgegen der Auffassung des
Verwaltungsgerichts sei vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen. Hierbei sei das gemeinsame Kind ein wichtiges
Indiz für das Vorliegen einer solchen Gemeinschaft. Die Klägerin habe zudem von Anfang an widersprüchliche Angaben gemacht.
Auch habe der durchgeführte Hausbesuch das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft bestätigt. Schließlich könnten auch die
Angaben des Zeugen A. nur in dieser Richtung gewürdigt werden. Nach dessen Aussage bestehe seit längerem ein Verhältnis mit
der Klägerin. Die kostenaufwendigen Umbaumaßnahmen, die zur Auflösung der Einliegerwohnung geführt hätten, ließen keinen anderen
Schluß zu. Auch sei die deutlich veränderte Nutzung des Hauses durch die Klägerin und ihre Kinder mietvertraglich nicht berücksichtigt
worden. Getrennte Kassenführung sei auch bei vielen Ehepartnern üblich, auch die Einnahme der Mahlzeiten sei im Hinblick auf
die beruflichen Verpflichtungen des Zeugen A. nicht ungewöhnlich. Auch würden die Lebensmittel nicht getrennt im Kühlschrank
gelagert. Schließlich sei unersichtlich, wie die Klägerin die Miete bezahle und ihren Lebensunterhalt bestreite, wenn sie
nicht vom Zeugen A. unterstützt werde.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4.5.1995 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist der Berufung entgegengetreten. Sie beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und wiederholt im wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Es liege schon keine Wohngemeinschaft
vor, weil kein Wohnraum, der kein Nebenraum sein dürfe, gemeinsam genutzt werde. Der Zeuge A. habe die Klägerin aufgenommen,
weil sich diese in einer Notlage befunden habe. Hieran ändere auch nichts der Umstand, daß seit 1978 freundschaftliche Beziehungen
bestanden hätten. Die vorgenommenen Umbaumaßnahmen wären ohnehin erforderlich gewesen, da es sich um eine vollkommen veraltete
Badezimmereinrichtung gehandelt habe. Den Unterhalt bestreite die Klägerin aus den Unterhaltszahlungen für die Kinder, dem
Kindergeld, dem Erziehungsgeld sowie dem aus selbständiger Tätigkeit erzielten Einkommen. Die Beweislast für das Vorliegen
einer eheähnlichen Gemeinschaft liege zudem beim Beklagten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die in der Sache angefallenen Gerichtsakten sowie die dem Senat vorliegenden Behördenakten
Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Klägerin angehört sowie den Zeugen A. vernommen. Wegen der
Angaben der Klägerin und des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen, weil die angegriffenen Bescheide
des Beklagten rechtmäßig sind. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt im maßgeblichen
Zeitraum.
I. Rechtsfehlerhaft ist das angegriffene Urteil schon deshalb, weil es den Bescheid vom 1.8.1994 und den Widerspruchsbescheid
vom 8.12.1994 insgesamt aufgehoben hat. Denn die Klage wurde nur namens und im Auftrag der Klägerin eingelegt, weshalb die
in diesen Bescheiden zugleich ausgesprochene Versagung der Hilfe zum Lebensunterhalt für den Sohn Julian bestandskräftig geworden
ist. Auch ist die Verpflichtung zur Hilfegewährung über den 8.12.1994 (Datum des Widerspruchsbescheids) hinaus fehlerhaft,
weil die Sozialhilfe keine rentenähnliche Dauerleistung darstellt.
II. Der Beklagte ist aber auch zu Recht davon ausgegangen, daß der Klägerin deshalb kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt
zusteht, weil diese mit dem Zeugen A. in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt und die Hilfegewährung deshalb nicht ohne Berücksichtigung
des Einkommens und Vermögens des Zeugen A. erfolgen konnte.
1. Der Beklagte ist zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 122 S. 1 BSHG ausgegangen. Hiernach dürfen Personen, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, hinsichtlich der Voraussetzungen sowie des
Umfanges der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden als Ehegatten. Eine eheähnliche Gemeinschaft liegt nach der jüngsten
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.5.1995 - 5 C 16.93 -, BVerwGE 98, S. 195) nur vor, wenn eine "Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" gegeben ist. Dies bedeutet, daß eine
Lebensgemeinschaft bestehen muß, die durch innere Bindungen ausgezeichnet ist, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner
füreinander begründen (a.a.O., S. 264). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an.
a) Ob eine solche Einstandsgemeinschaft vorliegt, läßt sich naturgemäß nicht direkt feststellen. Auf bestehende innere Bindungen
kann vielmehr nur aufgrund von äußeren Anhaltspunkten, von Indizien, geschlossen werden. Hierbei müssen sich die Träger der
Sozialhilfe und die Verwaltungsgerichte aber bewußt sein, daß die Anwendung des § 122 BSHG so ausgestaltet werden muß, daß durch den Verwaltungsvollzug weitgehend sichergestellt ist, daß Ehepaare beim Leistungsbezug
nicht wirtschaftlich schlechter gestellt werden, als eheähnliche Gemeinschaften (vgl. insoweit BVerfGE 67, 187 (197)). Denn auch die faktische Schlechterstellung der Ehe im Verwaltungsvollzug würde gegen Art.
6 Abs.
1 i.V.m. Art.
3 Abs.
1 GG verstoßen. Eine solche Verwaltungspraxis wäre nach der bindenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig.
Eheähnliche Gemeinschaften, die solche engen inneren Bindungen einräumen, sich zu dieser Lebensart mithin offen bekennen und
sie als Alternative zur bürgerlich-rechtlichen Ehe ansehen, stellen in der Verwaltungspraxis kein Problem dar. Der Wert und
die Relevanz der zu entwickelnden Kriterien muß sich deshalb an den realen Streitfällen messen lassen, also genau in den Konstellationen,
in denen das Vorliegen einer solchen Beistandsgemeinschaft von den Beteiligten in Abrede gestellt wird. Werden Verwaltungspraxis
und Verwaltungsgerichte diesem Erfordernis nicht gerecht, würde dies zwangsläufig dazu führen, daß in einer Vielzahl von Fällen
Sozialhilfe bewilligt würde, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Je mehr die zu entwickelnden Maßstäbe in
den Bereich des Unüberprüfbaren, der Darstellung und Disposition der Betroffenen Unterliegenden reichen, um so unmöglicher
wird es sein, die Hilfe rechtsfehlerfrei zu versagen. Ein solches Vorgehen würde aber dazu führen, daß Ehe und Familie, die
solche Dispositionsmöglichkeiten bei der Darstellung ihrer Form des Zusammenlebens nicht haben, faktisch entschieden schlechter
gestellt würden als die nichteheliche Lebensgemeinschaft. Dieses Ergebnis wäre - wie oben dargestellt wurde - aber verfassungswidrig.
b) Von daher können die Erklärungen der an der nichtehelichen Lebensgemeinschaft beteiligten Personen nur vorsichtig und eingeschränkt
berücksichtigt werden (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 20.1.1977 - V C 62.75 -, BVerwGE 52, S. 11; Hess. VGH, B. v. 27.3.1992 - 9 TG 1112/89 -, FEVS 44, 109). Würde die schlichte Erklärung, sich nicht wechselseitig beistehen zu wollen,
genügen, bedürfte es keiner weiteren Ermittlungen des Trägers der Sozialhilfe. Die Bewilligung von Sozialhilfe wäre dann weitestgehend
ins Belieben der Betroffenen gestellt. Dies wäre eindeutig eine verfassungswidrige Besserstellung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
beim Leistungsbezug. Zu berücksichtigen ist weiter, daß sich Zuneigung und innere Bindung in aller Regel im persönlichen,
intimen Bereich äußern werden. Zu diesem Bereich hat der Träger der Sozialhilfe regelmäßig keinen Zugang. Erkenntnisse, die
über die persönlichen Erklärungen der Betroffenen hinausgehen, wird er mehr zufällig als gezielt erlangen können. Kommt es
durch das Verständnis der eheähnlichen Gemeinschaft als Beistandsgemeinschaft entscheidend auf innere Vorgänge an, muß deshalb
auch die Verteilung der Sachverhaltsermittlungslast bzw. Beweislast neu bestimmt werden. Hierbei kann dem Träger der Sozialhilfe
nichts aufgebürdet werden, was er schlechterdings nicht erfüllen kann. Denn auch dies würde typischerweise dazu führen, daß
das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht festgestellt werden könnte, obwohl eine solche vorliegt.
c) Vollzugstaugliche Kriterien, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen, müssen nach Überzeugung des Senats im
direkten Vergleich mit der für den Leistungsbezug maßgeblichen Vorschrift des § 11 BSHG entwickelt werden. Nur im Vergleich mit dieser Vorschrift kann konkret geklärt werden, wann der Partner einer eheähnlichen
Gemeinschaft beim Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt besser oder schlechter gestellt wird, was Rückschlüsse auf die zu überprüfenden
Indizien zuläßt.
Auch der Ehegatte, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann, hat grundsätzlich einen
Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 11 Abs. 1 S. 1 BSHG). Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten wird gem. § 11 Abs. 1 S. 2 BSHG aber auch das Einkommen und das Vermögen des anderen Ehegatten berücksichtigt. Dies bedeutet, daß bei wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit
des Ehepartners der Anspruch des an sich hilfsbedürftigen Ehegatten entfällt, wenn zwischen den Ehepartnern eine Wohngemeinschaft
besteht. Sozialhilferechtlich ist damit völlig unerheblich, ob die Ehepartner konfliktfrei miteinander leben, ob sie sexuell
miteinander verkehren, ob sie außereheliche Bindungen eingegangen sind, ob der vermögende Ehepartner primär seine eigenen
Bedürfnisse deckt und der notwendige Bedarf des anderen Ehepartners dabei unbefriedigt bleibt. Der Gesetzgeber vermutet, daß
im Regelfall der erforderliche Beistand gewährt wird, bzw., daß der Ehegatte, dem sein Ehepartner in der Not nicht beisteht,
die häusliche Gemeinschaft verlassen wird. Nur in extremen Ausnahmesituationen, wenn ein Ehegatte den notwendigen Lebensunterhalt
tatsächlich nicht erhält und er Not leidet, kommt eine Hilfebewilligung nach § 11 Abs. 2 S. 1 BSHG für den in der Wohngemeinschaft bleibenden Ehegatten in Betracht (vgl. Mergler/Zink, BSHG-Komm., Stand Dezember 1996, RdNr. 23 a zu § 11 m.w.N.). Der Gesetzgeber geht also davon aus, daß Ehestörungen, die zur Gefährdung des Lebensunterhalts führen, typischerweise
zu einer Trennung der Ehepartner führen. Entscheidendes Kriterium der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen beider Ehegatten
ist mithin die Wohngemeinschaft. Löst ein Ehegatte die Wohngemeinschaft auf, steht ihm nach Maßgabe von § 11 Abs. 1 S. 1 BSHG Hilfe zum Lebensunterhalt zu - unabhängig von Einkommen und Vermögen des anderen Ehegatten. Dessen Einkommen und Vermögen
werden erst relevant, wenn der "vorleistende" Sozialhilfeträger durch Geltendmachung dieses Unterhaltsanspruchs seine Aufwendungen
ganz oder teilweise wiedererlangen will. Die Grundidee des § 11 Abs. 1 S. 2 BSHG ist somit die Fiktion der Bedarfsdeckung innerhalb der Ehe; diese Vermutung besteht erst dann nicht mehr, wenn die Wohngemeinschaft
aufgelöst wird.
d) Wichtigstes äußeres Kriterium für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft i.S.v. § 122 S. 1 BSHG kann damit nur die faktische Wohngemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau sein. Hierbei kommt auch der rechtlichen
Ausgestaltung des Zusammenlebens Bedeutung zu, diese verliert jedoch an Gewicht, wenn die tatsächlichen Verhältnisse den rechtlichen
Vereinbarungen nicht entsprechen. Von einer Wohngemeinschaft ist auszugehen, wenn die Partner mindestens einen Wohnraum gemeinsam
benutzen. Unerheblich ist dabei, wenn sich die Partner die Nutzung eines Raumes jeweils allein vorbehalten, denn auch in einer
Ehe kommt es typischerweise vor, daß jedem Partner ein Raum zu seiner ausschließlichen Benutzung vorbehalten ist, wenn die
räumlichen Verhältnisse dies ermöglichen (BVerwG, Urt. v. 20.1.1977, Buchholz 436.0, § 122 BSHG Nr. 3).
e) Leben zwei Partner in einer Wohnung tatsächlich zusammen, darf der Träger der Sozialhilfe grundsätzlich davon ausgehen,
daß eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegen könnte und vor der Hilfegewährung weitere Ermittlungen anstellen. Hierzu wird
regelmäßig auch ein - gegebenenfalls unangemeldeter - Hausbesuch gehören. Denn nichteheliche Lebensgemeinschaften sind eine
weit verbreitete soziale Erscheinung, deren Zahl in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen ist. So hat sich beispielsweise
die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften seit 1972 verzehnfacht; im Jahre 1995 gab es in Deutschland rund 1,7 Millionen
unverheiratet im gemeinsamen Haushalt zusammenlebende Paare, davon 27% mit Kindern (vgl. Heribert Engstler, Die Familie im
Spiegel der amtlichen Statistik, herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, März 1997,
S. 47ff.). Gerade bei jungen - überwiegend kinderlosen - Paaren ist diese Form des Zusammenlebens weit verbreitet; nur wenige
gründen einen gemeinsamen Haushalt erst dann, wenn sie heiraten (ebenda). Ebenso steigt die Dauer des Zusammenlebens ohne
Trauschein. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft kann heutzutage als typische Lebensform in der Anfangsphase der Paarbildung
angesehen werden, die häufig in die Ehe überführt wird (ebenda). So gaben 1991 in der allgemeinen Bevölkerungserhebung der
Sozialwissenschaften (ALLBUS) 71,7% der Verheirateten zwischen 18 und 29 Jahren an, mit ihrem Ehepartner schon vor der Hochzeit
zusammengewohnt zu haben, mit einer durchschnittlichen Dauer von 2 Jahren (a.a.O., S. 48). Aber auch nach dem Scheitern einer
Ehe gewinnt die nichteheliche Lebensgemeinschaft zusehends als Lebensform an Bedeutung; insgesamt sind in Deutschland 42%
der nichtehelich mit einem Partner und Kind(ern) zusammenlebenden Frauen geschieden oder vom Ehemann getrennt. Wohnen eine
Frau und ein Mann - gegebenenfalls auch mit Kind(ern) - zusammen, so sprechen schon diese sozialwissenschaftlich festgestellten
Befunde für die Möglichkeit des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft i.S.v. § 122 S. 1 BSHG. Für diese Einschätzung spricht zudem aber auch die allgemeine Lebenserfahrung. Denn das Zusammenleben mit einem Partner
in einer Wohnung bedeutet in aller Regel eine besondere Nähe, die Einschränkungen in der eigenen Lebensgestaltung mit sich
bringt und die Einblicke in die Intimsphäre des anderen eröffnet. Dieser Situation wird sich nur aussetzen, wer zumindest
ein freundschaftliches Verhältnis zu diesem Partner hat, diesem in besonderer Weise vertraut. Je mehr eine Wohngemeinschaft
als reine Zweckgemeinschaft gedacht und geplant ist, um so stärker werden die Zusammenwohnenden auf Distanz und Wahrung ihrer
Privat- und Intimsphäre auch in der Wohngemeinschaft Wert legen. Welche Motive die Partner einer Wohngemeinschaft dazu bewogen
haben, zusammenzuziehen, weiß der Träger der Sozialhilfe nicht und kann es auch nicht wissen. Von daher ist es Sache des Hilfesuchenden,
der in einer Wohngemeinschaft mit einem Partner lebt, plausible Gründe darzulegen, die die Wohngemeinschaft als reine Zweckgemeinschaft
ausweisen, was innere Bindungen im oben beschriebenen Sinne ausschließen würde. Kann er dies nicht, spricht alles dafür, daß
die besondere Zuneigung zum Partner den Grund für das Zusammenleben darstellt. Dann kann der Träger der Sozialhilfe aber auch
davon ausgehen, daß zwischen den Betroffenen innere Bindungen vorliegen, die eine eheähnliche Gemeinschaft i.S.v. § 122 S. 1 BSHG kennzeichnen.
f) Dies gilt erst recht dann, wenn dem Träger der Sozialhilfe weitere Umstände bekannt werden, die diese grundsätzlich bestehende
Vermutung weiter erhärten. Dies können insbesondere sexuelle Beziehungen zwischen den Partnern sein, der Umstand, daß die
Partner schon sehr lange miteinander befreundet sind, gemeinsames Verbringen der Freizeit und/oder des Urlaubs, die Dauer
des Zusammenwohnens bzw. die auf längere Dauer angelegte gemeinsame Anmietung einer Wohnung. Im Bereich des Sozialhilferechts
kann die Befugnis, über Einkommen und Vermögen des anderen Partners verfügen zu können, nicht als entscheidendes Kriterium
herangezogen werden. Dies ergibt sich schon daraus, daß eine solche Verfügungsbefugnis auch in der Ehe nicht besteht, das
Aufstellen eines dahingehenden Erfordernisses im Rahmen von § 122 S. 1 BSHG mithin eine Schlechterstellung der Ehe zur Folge hätte. Denn in vermögensrechtlicher Hinsicht geht der typische Fall der
Zugewinngemeinschaft davon aus, daß jeder Ehegatte über seine Vermögensgegenstände alleine verfügen kann. Die ebenfalls zulässige
Gütertrennung stellt die Ehegatten in vermögensrechtlicher Hinsicht so, als ob sie nicht verheiratet wären. Das Prinzip der
selbständigen Vermögensverwaltung (§
1364 BGB) wird lediglich hinsichtlich bestimmter Verfügungen beschränkt (§
1365 Vermögen als Ganzes; §
1369 Verfügung über Haushaltsgegenstände). Schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäfte mit Wirkung für den anderen Ehegatten sind
lediglich nach Maßgabe von §
1357 BGB vorgesehen. Sogar dieses Recht kann gem. §
1357 Abs.
2 BGB beschränkt werden. Auch rechtstatsächlich kann keineswegs davon ausgegangen werden, daß sich Ehepartner typischerweise wechselseitig
bevollmächtigen würden, über das Einkommen und Vermögen des jeweils anderen frei verfügen zu können. In der klassischen Hausfrauenehe
jedenfalls konnte und kann davon keine Rede sein. Der Beklagte weist auch zu Recht darauf hin, daß heutzutage viele Ehepartner
auf getrennte Kassen großen Wert legen. Zwar werden die Kosten der Haushaltsführung gemeinsam bestritten, ansonsten verfügt
jeder Ehegatte über sein Einkommen und Vermögen aber getrennt. Selbst wenn im Einzelfall eine solche Verfügungsbefugnis, die
rechtlich nach außen wirksam wäre und nach innen nicht zusätzlichen treuhänderischen Bindungen unterliegen würde, festgestellt
werden könnte, könnte dies im Rahmen des § 122 S. 1 BSHG keine Relevanz erlangen. Denn der hilfebedürftige Partner, der im Besitz einer solchen Befugnis wäre, könnte problemlos seinen
Lebensunterhalt aus den vorhandenen Mitteln des Partners befriedigen. Dann aber kann er sich unschwer selbst helfen, was die
Bewilligung von Sozialhilfe von vornherein ausschließen würde (§ 2 Abs. 1 BSHG). Hinzu kommt, daß eine solche etwaige Verfügungsbefugnis in der eheähnlichen Gemeinschaft dem Sozialamt regelmäßig verborgen
bleiben wird. Die persönlichen Verhältnisse der Betroffenen sind dem Träger der Sozialhilfe nicht zugänglich; die Einräumung
von Bankvollmachten wird nur schwer und mehr zufällig feststellbar sein, wobei es ein Leichtes wäre, diese durch die Behauptung
von treuhänderischen Bindungen zu relativieren. Solche Vollmachten können zudem jederzeit frei widerrufen werden. Ein brauchbares
Indiz für die Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft läßt sich aus diesem Kriterium nicht ableiten.
2. Bei Anwendung des oben dargestellten Maßstabs leben die Kläger und der Zeuge A. in einer eheähnlichen Gemeinschaft.
a) Der Senat ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, daß die Klägerin mit dem Zeugen A. in Wohngemeinschaft
zusammenlebt. Den entgegenstehenden mietvertraglichen Regelungen vermag der Senat keinen Beweiswert beizumessen.
Nach dem bei den Behördenakten befindlichen Mietvertrag vom 15.1.1993 hat der Zeuge A. der Klägerin eine Wohnung bestehend
aus 2 Zimmern, 1 Bad, 1 Küche, 1 Kellerraum ab dem 1.2.1993 vermietet. Der Mietzins beträgt nach § 3 des Vertrages 590,--
DM zuzüglich Nebenkosten, für die eine monatliche Pauschale von 135,-- DM vereinbart worden ist. Nach der gleichfalls dem
Beklagten vorgelegten Mietbescheinigung vom 28.1.1993 beträgt die Gesamtfläche der Wohnung der Klägerin 45 qm. Weder die Klägerin
noch der Zeuge A. waren im Verhandlungstermin in der Lage, die überlassenen Räume genau zu bezeichnen, noch zu erklären, wie
sich die Wohnfläche von 45 qm zusammensetzen soll. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung bekundet, sie habe mit ihren Kindern
bis zur Geburt des dritten Kindes in den beiden Räumen im Untergeschoß gewohnt. Während der Umbaumaßnahmen habe sie nur eines
der beiden Zimmer benutzen können. Im März 1994 habe sie das nunmehrige Schlafzimmer im Dachgeschoß bezogen und die beiden
im Untergeschoß liegenden Räume ihren beiden Kindern aus erster Ehe überlassen. Demgegenüber hat der Zeuge A. erklärt, die
Klägerin sei wahrscheinlich schon anläßlich der Umbauarbeiten, die ca. einen Monat nach ihrem Einzug stattgefunden hätten,
ins Dachgeschoß gezogen. Hinsichtlich der Größe der überlassenen Räume hat er angegeben, daß die beiden im Untergeschoß befindlichen
Räume zusammen lediglich 25 qm groß seien. Auch wenn man Küche und Bad wegen der Mitbenutzung hälftig berücksichtigen würde,
käme man keinesfalls auf 45 qm. Wie die Größenangaben und die Raumbezeichnungen im Mietvertrag zustandegekommen seien, vermochte
er nicht zu erklären. Der Senat kann aus diesen unzureichenden und sich widersprechenden Aussagen nur den Schluß ziehen, daß
die Angaben im Mietvertrag vom 15.1.1993 bzw. der Mietbescheinigung vom 28.1.1993 nie dazu bestimmt waren, Rechtsbeziehungen
zwischen der Klägerin und dem Zeugen A. zu regeln, denn sonst wären die Vertragspartner unschwer in der Lage gewesen, plausible
Angaben über die angeblich vermieteten Räume zu machen. Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, daß die vertraglichen Vereinbarungen
einzig dem Zweck dienten, beim Sozialamt - vielleicht auch dem Finanzamt - vorgelegt zu werden. Nach den gesamten Umständen
geht der Senat davon aus, daß die Klägerin nicht lediglich die beiden Räume im Untergeschoß bewohnt hat, sondern - jedenfalls
ab den Umbaumaßnahmen - das gesamte Haus weitestgehend mitbenutzte. Hinsichtlich der Küche und später auch des gemeinsamen
Bades ergibt sich dies schon aus den Angaben der Klägerin und des Zeugen A. Für eine alsbaldige Nutzung des Schlafzimmers
im Dachgeschoß sprechen die Aussagen des Zeugen A. und die allgemeine Lebenserfahrung. Es ist völlig unglaubhaft, wenn die
Klägerin geltend macht, sie habe bis zur Geburt ihres dritten Kindes ausschließlich im Untergeschoß gelebt. Gegen diese Darstellung
spricht schließlich auch der Umstand, daß die Klägerin und der Zeuge A. schon vor dem Einzug der Klägerin eine sexuelle Beziehung
hatten. Im maßgeblichen Zeitraum benutzte die Klägerin unstreitig das Schlafzimmer im Dachgeschoß. Der Zeuge A. kann sein
Schlafzimmer nur durch das Schlafzimmer der Klägerin erreichen. Auch hierin vermag der Senat keine räumliche Trennung, sondern
nur ein tatsächliches Zusammenwohnen zu erkennen. Da die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum auch noch das Arbeitszimmer benutzte
und das Wohn-/Eßzimmer jedenfalls beim Empfang gemeinsamer Gäste mitbenutzte sowie dieses Zimmer auch als Durchgangsraum in
Anspruch genommen hat, kann der Senat überhaupt keine räumliche Trennung mehr feststellen, sondern geht davon aus, daß die
Klägerin und der Zeuge A. das Haus insgesamt gemeinsam genutzt haben.
b) Nach der durchgeführten Beweisaufnahme steht für den Senat auch fest, daß zwischen der Klägerin und dem Zeugen A. innere
Bindungen i.S.v. § 122 S. 1 BSHG bestanden haben und bestehen. Da zwischen der Klägerin und dem Zeugen A. - wie festgestellt - eine Wohngemeinschaft bestand,
wäre es Sache der Klägerin gewesen, plausible Gründe für das Zusammenleben anzugeben, aus denen der Beklagte hätte schließen
können, daß keine besonderen inneren Bindungen bestehen, die ein gegenseitiges Einstehen füreinander vermuten lassen. Es kann
dahinstehen, ob der Zeuge A. der Klägerin zunächst Aufnahme gewährt hat, um ihr in einer persönlichen Notlage beizustehen.
Dies wäre für sich betrachtet ein plausibler Grund für die Begründung einer Wohngemeinschaft, aus der keine weitergehenden
Einstandsabsichten abzuleiten wären. Gegen eine solche Betrachtung würde allerdings die vertragliche Regelung zwischen der
Klägerin und dem Zeugen A. sprechen, die oben bereits gewürdigt worden ist. Jedenfalls nach dem erfolgten Einzug der Klägerin
hat sich das Verhältnis zum Zeugen A. derart gewandelt, daß nicht lediglich von der Überbrückung einer Notsituation gesprochen
werden kann. Denn die Klägerin hat schon nach ihren eigenen Angaben alsbald nach ihrem Einzug ihre Bemühungen aufgegeben,
eine andere Wohnung zu finden. Soweit sie bekundet hat, noch Monate nach ihrem Einzug nach einer anderen Wohnung gesucht zu
haben, nimmt ihr das der Senat ebenfalls nicht ab. Auch insoweit ist der Senat von der Richtigkeit der entgegenstehenden Angaben
des Zeugen A. überzeugt, der den Umbau des alten Badezimmers im Untergeschoß nur deshalb vorgenommen haben will, weil bereits
damals - also ca. einen Monat nach Einzug der Klägerin - abzusehen gewesen sei, daß die Klägerin zwei bis drei Jahre bei ihm
wohnen bleiben werde. Daß dies keine "kurzfristige" Überbrückung einer Notsituation darstellt, bedarf keiner Darlegung. Es
muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß - jedenfalls ab den Umbaumaßnahmen - ein längerfristiges Zusammenleben ins Auge
gefaßt und verwirklicht wurde, das nichts mehr mit der Überbrückung einer aktuellen Notsituation zu tun hatte. Die festgestellten
Umstände sprechen damit eindeutig dafür, daß sich die Klägerin schon vor dem maßgeblichen Zeitraum auf ein längeres Zusammenleben
mit dem Zeugen A. eingerichtet hatte.
Ohne daß es darauf noch entscheidend ankommt, weist der Senat darauf hin, daß im vorliegenden Fall weitere gewichtige Umstände
für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft sprechen. Die Klägerin und der Zeuge A. sind durch eine langjährige Freundschaft
verbunden. Sie haben angegeben, daß schon vor dem Einzug der Klägerin ein sexuelles Verhältnis zwischen ihnen bestand, aus
dem schließlich auch ein Kind hervorgegangen ist. Die Klägerin und der Zeuge A. verbringen weiterhin den Urlaub und die Freizeit
miteinander; sie leben seit nunmehr über vier Jahren zusammen. Bei Gesamtsicht dieser Umstände scheidet eine andere Bewertung
als die einer eheähnlichen Gemeinschaft aus.
c) Ist der Beklagte mithin zu Recht davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen des § 122 S. 1 BSHG gegeben sind, kam es für die Leistungsgewährung auch auf Einkommen und Vermögen des Zeugen A. an. Die Beklagte hat die Klägerin
auch zu Recht aufgefordert, entsprechende Auskünfte zu erteilen bzw. Unterlagen vorzulegen. Denn zu den Mitwirkungspflichten
der Klägerin i.S.v. § 60 Abs. 1 SGB-I können auch Auskünfte über Einkommen und Vermögen eines Dritten gehören (BVerwGE 98,
195 (202)). Da sich die Klägerin im Verwaltungsverfahren dahin erklärt hat, insoweit keine Kenntnisse zu besitzen, ist ihr eine
entsprechende Mitwirkung unzumutbar (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB-I). Da dem Beklagten andere Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung
nicht zur Verfügung stehen, bleiben die für die Bewilligung der Leistung maßgeblichen Umstände unerweislich. Die Nichterweislichkeit
anspruchsbegründender Umstände geht aber zu Lasten der Klägerin.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch aber auch deshalb nicht zu, weil sie im maßgeblichen Zeitraum einsatzpflichtiges
Vermögen besessen hat. Wie sich anläßlich der Befragung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, war und ist
sie Eigentümerin eines Pkw Toyota Camry, den sie nach ihren Angaben im Oktober 1992 für 13.000,-- DM gekauft hatte. Die Klägerin,
die auch zu jener Zeit schon laufende Hilfe zum Lebensunterhalt bezog, hat weiter angegeben, daß ihr dieses Geld teilweise
im Zusammenhang mit ihrer Scheidung zugeflossen sei; einen anderen Teilbetrag habe sie von ihren Eltern geliehen bekommen.
Dieses Fahrzeug stand während des gesamten streitgegenständlichen Bewilligungszeitraums im Eigentum der Klägerin und war von
daher verwertbares Vermögen i.S.v. § 88 Abs. 1 BSHG. Dieses Vermögen war auch nicht nach § 88 Abs. 2 BSHG geschont, wobei ersichtlich nur die dortige Nummer 4 in Betracht kommen könnte. Denn das Arbeitsverhältnis als Arzthelferin, für das der Pkw möglicherweise erforderlich gewesen
sein könnte, bestand nur vom 1.9.1992 bis zum 31.3.1993. Im maßgeblichen Zeitraum bestand ein solches Arbeitsverhältnis nicht.
Soweit die Klägerin auf ihre später begonnene selbständige Tätigkeit abstellen will, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen
stellen das gelegentliche Abholen von Material bzw. das gelegentliche Ausliefern von Ware keine Umstände dar, die den Unterhalt
eines größeren Mittelklassewagens als unentbehrlich erscheinen lassen. Zum anderen hat die Klägerin aus der von ihr angegebenen
Tätigkeit nur geringe Einnahmen erzielt, die durchgehend die Gewährung ergänzender Hilfe zum Lebensunterhalt notwendig gemacht
haben bzw. hätten. Der Hilfesuchende kann aber nicht die Verwertung von Vermögensgegenständen im Hinblick auf § 88 Abs. 2 Nr. 4 BSHG verweigern, wenn die von ihm ausgeübte Tätigkeit keine Erträge abwirft, die ihn von Hilfe zum Lebensunterhalt unabhängig
machen, sondern im Gegenteil zu erwarten ist, daß die bestehende Notlage auf unabsehbare Zeit fortbestehen wird. Die Verwertung
des Pkw stellt auch keine Härte i.S.v. § 88 Abs. 3 BSHG dar. Für die Klägerin ist es sicherlich angenehmer, wenn ihr ein Pkw zur Verfügung steht, insbesondere auch um ihre Kinder
zu den verschiedenen Terminen transportieren zu können. Der Wegfall dieser Erleichterung begründet aber keine besondere Härte,
sondern stellt die Klägerin nur mit denen gleich, die sich aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse kein Auto (Zweitauto)
leisten können und deshalb auf öffentliche Verkehrsmittel oder Nachbarschaftshilfe angewiesen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
1 VwGO; das Verfahren ist gemäß §
188 S. 2
VwGO gerichtskostenfrei.,
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des §
132 Abs.
2 VwGO gegeben ist.