Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Umfang des Anspruchs auf Hilfsmittelversorgung
Kein Anspruch auf ein Hilfsmittel mit besserer Optik
Gründe:
I
Der rechtsseitig unterschenkelamputierte Kläger ist mit seinem Begehren auf Versorgung mit einer wasserfesten Unterschenkelprothese
in Modularbauweise - anstelle der von der Beklagten auf seinen Antrag hin bewilligten Versorgung mit einer Prothese in Schalenbauweise
- bei der Beklagten sowie in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, unstreitig habe der Kläger Anspruch
auf eine wasserfeste Badeprothese; unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsprinzips allerdings nur auf eine solche in
Schalenbauweise, da wesentliche Gebrauchsvorteile einer Prothese in Modularbauweise nicht feststellbar seien. Zur Verringerung
eines möglichen Auftriebs im Wasser könne die Prothese in Schalenbauweise mit sog Flutlöchern ausgestattet werden. Die Prothese
in Modularbauweise könne auch im Hinblick auf eine Wechselversorgung nicht begehrt werden. Dabei könne offenbleiben, ob die
begehrte Badeprothese überhaupt als Alltagsprothese im Trockenbereich geeignet sei. Jedenfalls sei - falls die Alltagsprothese
zu wunden Stellen führe - diese vorrangig anzupassen, und es sei auch nicht erkennbar, dass die vom Kläger gewünschte Veränderung
der Druckbelastung nicht ebenso durch eine Schalenprothese erreicht werden könne. Sollte der Kläger mit der vorhandenen Alltagsprothese
nicht Fahrrad fahren können, begründe dies keinen Anspruch auf eine Badeprothese (Urteil des LSG vom 26.9.2018).
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
nicht ordnungsgemäß dargetan hat (§
160a Abs
2 S 3
SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus -
aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung
erwarten lässt (vgl zB BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).
Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von
ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger hält folgende Frage für klärungsbedürftig:
"Ist die Versorgung des Klägers mit einer Unterschenkelprothese in Schalenbauweise, anstatt einer Unterschenkelprothese in
Modular-Bauweise eine seiner Behinderung entsprechende angemessene, geeignete und erforderliche Versorgung (Auswahlermessen)."
Er führt hierzu aus, die Frage sei klärungsfähig, weil von ihrer Beantwortung abhänge, wie die Versorgung ausfallen müsse
und ob das Auswahlermessen im Berufungsurteil richtig beurteilt worden sei. Das LSG habe nicht richtig gewürdigt, dass der
amputierte Unterschenkel des Klägers aufgrund der hohen Beanspruchung bei seiner Arbeit sehr oft gereizt und offen sei, sodass
zwingend eine zweite Prothese zur Veränderung der Druckbelastung benötigt werde. Die aufgeworfene Rechtsfrage habe auch über
den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, da eine geeignete, erforderliche und angemessene Versorgung bei einem unmittelbaren
Behinderungsausgleich nie erfolgreich durchzusetzen wäre, wenn das Auswahlermessen hinter dem Wirtschaftlichkeitsprinzip zurücktrete,
obwohl die Wirtschaftlichkeit eines dem unmittelbaren Behinderungsausgleich dienenden Hilfsmittels grundsätzlich zu unterstellen
sei. Die Frage sei auch klärungsbedürftig, da sich die Rechtsprechung des BSG bisher noch nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, welche Ausstattungsmerkmale eine Badeprothese haben müsse (Auswahlermessen).
Das BSG habe diesbezüglich bisher lediglich über das Entschließungsermessen der Versorgung entschieden. In einem Urteil des SG Saarland
sei ein Anspruch auf die Versorgung mit einer hochwertigen Badeprothese bejaht worden.
Damit ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt, denn es geht in dem Beschwerdeverfahren
gegen die Nichtzulassung der Revision nicht darum, ob die Entscheidung des LSG richtig oder falsch ist. Eine mögliche Unrichtigkeit
der Berufungsentscheidung im Einzelfall kann die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung allein noch nicht
begründen. Eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung kann der in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen
Frage aber schon im Hinblick auf ihre individuell auf den Kläger zugeschnittene Formulierung nicht zukommen. Denn es ist nicht
erkennbar, dass die Beantwortung der Frage, ob die individuelle Versorgung des Klägers angemessen geeignet und erforderlich
ist, über den Einzelfall hinausgeht.
Auch wenn sich aus den weitergehenden Ausführungen in der Beschwerdebegründung Hinweise auf eine abstrakte Auslegung der aufgeworfenen
Frage nach der Angemessenheit, Geeignetheit und Erforderlichkeit von Versorgungen mit einer Badeprothese im Allgemeinen ergeben,
fehlt es jedenfalls an hinreichenden Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit. Diesbezüglich wird auf die umfangreiche Rechtsprechung
des Senats zum Versorgungsumfang, insbesondere zur Qualität, Quantität und Diversität der Hilfsmittelausstattung hingewiesen,
nach der ohne Wertungsunterschiede zwischen dem unmittelbaren und dem mittelbaren Behinderungsausgleich in beiden Bereichen
Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung besteht, nicht jedoch auf eine Optimalversorgung.
Bei dieser Beurteilung kommt es allein auf den Umfang der mit dem begehrten Hilfsmittel zu erreichenden Gebrauchsvorteile
an. Deshalb besteht kein Anspruch auf ein teureres Hilfsmittel, soweit die kostengünstigere Versorgung für den angestrebten
Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist. Demgemäß haben die Krankenkassen nicht für solche "Innovationen"
aufzukommen, die keine wesentlichen Gebrauchsvorteile für den Versicherten bewirken, sondern sich auf einen bloß besseren
Komfort im Gebrauch oder eine bessere Optik beschränken. Speziellen Wünschen im Hinblick auf Komfort oder Ästhetik ist nur
nachzukommen, wenn der Versicherte die Mehrkosten trägt (stRspr; vgl zum Ganzen zuletzt BSGE 125, 189 = SozR 4-2500 § 13 Nr 41, RdNr 42 mwN).
Vor dem Hintergrund dieser umfangreichen Rechtsprechung, mit der in der Beschwerdebegründung jegliche Auseinandersetzung fehlt,
ist ein darüber hinausgehender grundsätzlicher Klärungsbedarf nicht hinreichend dargelegt.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160 Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 Abs
1 SGG.