Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Krankenhausabrechnung über die Zusammenführung von stationären Behandlungen einer
Versicherten der Beklagten im Krankenhaus der Klägerin im Jahr 2015.
Die Klägerin betreibt ein nach §
108 Nr 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) für die Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zugelassenes Krankenhaus in P ... Die bei der beklagten
Krankenkasse gesetzlich krankenversicherte N. B. wurde 2015 in der vorgenannten Klinik behandelt.
In einem ersten Krankenhausaufenthalt vom 12.08.2015 bis zum 14.08.2015 wurde die Versicherte in der Abteilung für Innere
Medizin wegen gürtelförmiger Oberbauchschmerzen sowie Cephalgie behandelt. Im Arztbrief der Klinik vom 14.08.2015 werden folgende
Diagnosen genannt: biliäre Pankreatitis, Cholezystolithiasis, Cephalgie bei bekannter Migräne, acerbiertes Asthma bronchiale.
Die Klägerin rechnete am 03.09.2015 gegenüber der Beklagten auf Basis der Fallpauschalen (Diagnosis Related Group - DRG) H64Z
mit der Hauptdiagnose K80.20 einen Betrag von 2.033,57 EUR ab.
Vom 16.08.2015 bis zum 19.08.2015 wurde die Versicherte in einem zweiten Krankenhausaufenthalt auf der interdisziplinären
Lungenstation aufgrund einer ausgeprägten allergischen Reaktion nach Infusion von Tramadol behandelt. Die Klägerin rechnete
hierfür nach Korrekturen schließlich am 22.06.2016 auf Basis der DRG J67Z einen Betrag von 1.665,59 EUR gegenüber der Beklagten
ab.
In einem dritten Krankenhausaufenthalt vom 24.08.2015 bis zum 28.08.2015 wurde die Versicherte in der Klinik für Allgemein-,
Viszeral-, Thorax- und minimal-invasive Chirurgie erneut wegen Oberbauchschmerzen behandelt. Als Diagnosen (ohne Vorerkrankungen)
werden im Arztbrief vom 28.08.2015 genannt: systematische Cholezystolithiasis, Zn biliärer Pankreatitis, Nabelhernie. Die
Klägerin rechnete am 17.09.2015 auf Basis der DRG H08B mit der Hauptdiagnose K80.10 einen Betrag von 2.934,56 EUR gegenüber
der Beklagten ab.
Die Beklagte beglich zunächst die Rechnung vom 03.09.2015 über den ersten Krankenhausaufenthalt, verrechnete diese dann jedoch
am 13.03.2017 in voller Höhe zurück. Die Rechnung für den dritten Aufenthalt der Versicherten beglich sie nicht. Sie teilte
der Klägerin mit, eine Fallzusammenführung sei vorzunehmen, wenn innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MDC) die zuvor
abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition oder die andere Partition" und die anschließende Fallpauschale in
die "operative Partition" einzugruppieren sei. Weitere zwischenzeitlich erfolgte Aufenthalte in einer anderen MDC im gleichen
oder in einem anderen Krankenhaus verhinderten die Fallzusammenführung nicht (Schreiben vom 18.01.2016). Am 28.03.2017 zahlte
die Beklagte sodann an die Klägerin für den ersten und dritten Krankenhausaufenthalt zusammen 2.896,71 EUR. Unter Berücksichtigung
der Gesamtforderung der Klägerin für beide Krankenhausaufenthalte in Höhe von insgesamt 4.968,13 EUR verblieb danach noch
eine offene Differenz iHv 2.071,42 EUR.
Eine außergerichtliche Verständigung blieb ohne Erfolg, da die Beklagte der Auffassung war, dass aufgrund der Regelungen der
Fallpauschalenvereinbarung 2015 (FPV) eine Fallzusammenführung des ersten und dritten Krankenhausaufenthalts vorzunehmen sei.
Die Klägerin hat am 12.03.2018 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Sie hat zunächst einen Betrag iHv 3.797,70 EUR nebst Zinsen geltend gemacht. Nach Aufklärung durch die Beklagte
und Neuberechnung hat sie sodann noch den Differenzbetrag iHv 2.071,42 EUR begehrt.
Die Klägerin hat ausgeführt, der zweite Krankenhausaufenthalt entfalte eine Zäsur, so dass eine Fallzusammenführung des ersten
und dritten Aufenthalts nicht mehr möglich sei. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 2 Abs 2 FPV sowie aus den Leitsätzen
zur Anwendung der Wiederaufnahmeregelung zu der dem Wortlaut nach identischen § 2 der Verordnung zum Fallpauschalensystem
für Krankenhäuser 2004 (KFPV 2004). Aus dieser ergebe sich, dass nur unmittelbar aufeinanderfolgende Aufenthalte zusammenzuführen
seien. Auch die Regelung des § 2 Abs 4 FPV, nach der eine chronologische Prüfung vorzunehmen sei, spreche für die Ansicht
der Klägerin.
Die Beklagte ist der Ansicht, der zweite Krankenhausaufenthalt der Versicherten hindere die Fallzusammenführung nicht. Aus
§ 2 Abs 2 FPV gehe nicht hervor, dass für eine Zusammenlegung der Abrechnung die Wiederaufnahme unmittelbar der Erstbehandlung
folgen müsse und eine dazwischenliegende Krankenhausbehandlung die Zusammenführung der Fälle verhindere. Die Beklagte hat
auf die amtliche Begründung zum Referentenentwurf zur KFPV 2004 verwiesen. Aus ihr lasse sich ableiten, dass der Verordnungsgeber
ein Fallsplitting aus rein wirtschaftlich orientierten Gründen habe verhindern wollen. Maßgeblicher Aspekt für den Verordnungsgeber
sei ausschließlich der Anrechnungszeitraum von 30 Tagen ab der ersten Aufnahme gewesen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14.11.2018 abgewiesen, da eine Fallzusammenführung für den ersten und dritten Behandlungsfall
vorzunehmen gewesen sei. Der zweite Krankenhausaufenthalt stelle keine Zäsur dar, die einer Zusammenführung entgegenstehe.
Hätte die Versicherte den zweiten Krankenhausaufenthalt in einem anderen Krankenhaus verbracht, wäre die Fallzusammenführung
bezüglich des ersten und dritten Krankenhausaufenthalts unproblematisch möglich gewesen. Die Auslegung des in § 2 Abs 2 Nr
2 FPV aufzufindenden Passus "zuvor abrechenbare Fallpauschale" ergebe, dass damit nicht extensiv auf sämtliche Krankenhausaufenthalte
Bezug genommen werde, sondern vielmehr, dass nur auf diejenigen Krankenhausaufenthalte abzustellen sei, die innerhalb der
gleichen Hauptdiagnosegruppe liegen. Der Wortlaut lege explizit Wert auf die Trennung zwischen der diagnostischen medizinischen
Partition M und der operativen Partition O, deren künstliches Splitting verhindert werden solle. Es ergebe nur Sinn, diejenigen
Krankenhausaufenthalte in diese Regelung mit einzubeziehen, die in einem Verhältnis der Partition M zur Partition O stünden.
Dieses Auslegungsergebnis werde gestützt von dem in § 2 Abs 4 FPV offenbarten Wortlaut, dass eine chronologische Prüfung vorzunehmen
sei. Chronologisch bedeute nicht ein detailgetreues "eins nach dem anderen".
Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 30.11.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19.12.2018 Berufung
eingelegt. Sie macht geltend, dass sich in § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 2 FPV eine inhaltliche Beschränkung finde, nämlich eine Beschränkung
auf den Krankenhausaufenthalt, der die zuvor abrechenbare Fallpauschale ausgelöst habe. Diese Formulierung im Singular zeige,
dass ein stationärer Aufenthalt stattgefunden haben müsse, der eine Fallpauschale ausgelöst habe und dass dieser Aufenthalt
zuvor stattgefunden haben müsse. "Zuvor" unterstreiche, dass eine Fallzusammenführung von Fällen, die nicht aufeinanderfolgten,
nicht stattfinden könne. Bei einer Auslegung wie der des SG wäre die Formulierung "zuvor abrechenbare Fallpauschale" überflüssig. Die Definition des Duden für "chronologisch", insbesondere
"eins nach dem anderen" zeige, dass eine zeitliche Reihenfolge stattfinden müsse. Würde man wahllos Fälle innerhalb des Zeitfensters
von 30 Kalendertagen auf ihre Zusammenführung prüfen, hätte dies nichts mit einer chronologischen Prüfung zu tun. Auch wenn
es ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entspreche, dass die Leitsätze des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) vom 08.06.2004 zur Anwendung der Wiederaufnahmeregelung nach § 2 KFPV 2004 nicht verbindlich die Auslegung der FPV bestimmen könne, unterstreiche der vierte Leitsatz, dass es immer auf die
unmittelbar zuvor abrechenbare Fallpauschale ankommen müsse.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.11.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
2.071,42 EUR zuzüglich Zinsen hieraus iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 29.03.2017 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen des SG im Gerichtsbescheid an. Mit "die zuvor abrechenbare Fallpauschale" sei eine Fallpauschale gemeint, die innerhalb der vorangegangenen
30 Tage angefallen sei. Angesichts der Pflicht zu streng wortlautgetreuen Auslegung müsste hier die Formulierung "unmittelbar
zuvor abrechenbare Fallpauschale" lauten, um die klägerische Auslegung zu stützen. § 2 Abs 4 Satz 3 FPV sei in Verbindung
mit dem unmittelbar vorausgehenden Satz 2 zu lesen, dass eine neue Einstufung mit den Falldaten aller zusammenführenden Krankenhausaufenthalte
durchzuführen sei. Hierbei sei eine chronologische Prüfung vorzunehmen. Die Notwendigkeit einer chronologischen Prüfung beziehe
sich auf den Fall, dass mehr als zwei Fälle zusammengeführt werden sollen. Es solle verhindert werden, dass beispielsweise
der erste und der vierte Fall einer zusammenzuführenden Fallgruppe aus wirtschaftlichen Gründen zusammengeführt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte
der Beklagten, die Patientenakte sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die nach den §§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch
auf Zahlung einer weiteren Vergütung iHv 2.071,42 EUR nebst Verzugszinsen, da sie für den ersten und dritten Krankenhausaufenthalt
der Versicherten nicht zwei Fallpauschalen abrechnen durfte, sondern eine Fallzusammenführung vorzunehmen war.
Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach §
54 Abs
5 SGG die richtige Klageart gewählt (dazu nur BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13, juris; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Es handelt sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt
nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5).
Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie die Versicherte vom 12.08.2015
und 14.08.2015 und vom 24.08.2015 bis 28.08.2015 sowie hier nicht unmittelbar streitgegenständlich vom 16.08.2015 bis 19.08.2015
in ihrem nach §
108 Nr 2
SGB V zugelassenen Krankenhaus stationär behandelte. Die Behandlungen waren auch erforderlich. Die Zahlungsverpflichtung einer
Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten
kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V erforderlich ist (st Rspr BSG 16.12.2008, B 1 KN 1/07 R, BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2).
Die konkrete Höhe des dem Krankenhaus zustehenden Vergütungsanspruches bemisst sich gemäß §
109 Abs
4 Satz 3
SGB V nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG). Nach § 7 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen,
in den Nrn 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen (DRG)
nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Satz 1 Nr 1 i.V.m. § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen
und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft
als Vertragsparteien auf Bundesebene mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich
der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit hiervon zusätzlich zu zahlenden Entgelte
oder vorzunehmenden Abschläge (Nr 1), einen Katalog ergänzender Zusatzentgelte (Nr 2) sowie die Abrechnungsbestimmungen für
die Fallpauschalen und die sonstigen Entgelte (Nr 3). Maßgeblich sind hier der für das Jahr 2015 vereinbarte Fallpauschalen-Katalog
(DRG-Version 2015) und die FPV 2015.
Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen geordnet. Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich
nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm
vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (dazu und zum Folgenden
BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, jeweils unter Hinweis auf BSGE 109, 236 ff.). Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalles in die jeweils abzurechnende Fallpauschale
Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem
im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene - zertifiziert worden sind.
In welcher Weise die Eingaben in das Datensystem zu erfolgen haben, gibt nicht allein der Grouper durch die vorprogrammierten
Abfragen mit genormten Antworten vor. Vielmehr regeln die FPV und die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) konkrete Vorgaben
für die Eingaben.
Die Anwendung der DKR, vorliegend Stand 2015, und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS
ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben
zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft (dazu und zum Folgenden:
BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes
innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen.
Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren
Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt
wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach
ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem
vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes und damit "lernendes" System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten
oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, dies mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R und B 1 KR 26/13 R, aaO; BSG 21.04.2015, B 1 KR 8/15 R, juris).
Für den ersten Krankenhausaufenthalt der Versicherten vom 12.08.2015 bis zum 14.08.2015 war die DRG H64Z maßgeblich. Diese
DRG gehört zur Hauptdiagnosegruppe (MDC) 7 "Krankheiten und Störungen an hepatobiliärem System und Pankreas" und ist der Partition
M, dh der medizinischen Partition zuzuordnen. Der zweite Krankenhausaufenthalt der Versicherten vom 16.08.2015 bis 19.08.2015
ist grundsätzlich der DRG J67Z zuzuordnen, die der MDC 9 "Krankheiten und Störungen an Haut, Unterhaut und Mamma" angehört
und ebenfalls der Partition M zuzuordnen ist. Für den dritten Aufenthalt vom 24.08.2015 bis zum 28.08.2015 lautet die DRG
H08B, die wiederum MDC 7 angehört und in die operative Partition (Partition O) fällt.
Der erste und dritte Krankenhausaufenthalt der Versicherten waren jedoch zusammenzuführen und mit einer Fallpauschale abzurechnen.
Eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 1 FPV kommt nicht in Betracht, da für die Wiederaufnahme der Versicherten keine Einstufung
in dieselbe Basis-DRG vorgenommen worden ist. Der erste Fall war in die DRG H64Z einzustufen, der zweite Krankenhausaufenthalt
in die DRG J67Z und die dritte Behandlung war mit der DRG H08B abzurechnen. Auch hat keine Zusammenführung nach § 2 Abs 3
FPV stattzufinden, weil für eine Wiederaufnahme aufgrund von in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallenden Komplikationen
nichts ersichtlich ist.
Es hat jedoch eine Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV zu erfolgen. Die Vorschrift lautet:
Eine Zusammenfassung der Falldaten zu einem Fall und eine Neueinstufung in eine Fallpauschale ist auch dann vorzunehmen, wenn
1. ein Patient oder eine Patientin innerhalb von 30 Kalendertagen ab dem Aufnahmedatum des ersten unter diese Vorschrift zur
Zusammenfassung fallenden Krankenhausaufenthalts wieder aufgenommen wird und 2. innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe
(MDC) die zuvor abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische Partition" oder die "andere Partition" und die anschließende
Fallpauschale in die "operative Partition" einzugruppieren ist. Eine Zusammenfassung und Neueinstufung nach Satz 1 wird nicht
vorgenommen, wenn einer der Krankenhausaufenthalte mit einer Fallpauschale abgerechnet werden kann, die bei Versorgung in
einer Hauptabteilung in Spalte 13 oder bei belegärztlicher Versorgung in Spalte 15 des Fallpauschalen-Katalogs gekennzeichnet
ist.
Eine Zusammenfassung aller drei oder aber des ersten mit dem zweiten Aufenthalt oder des zweiten mit dem dritten Aufenthalt
ist nicht möglich, weil sie jeweils nicht innerhalb derselben Hauptdiagnosegruppen erfolgt sind, denn der erste Aufenthalt
mit der DRG H64Z unterfällt der Hauptdiagnosegruppe 7, der zweite Krankenhausaufenthalt mit der DRG J67Z der Hauptdiagnosegruppe
9, während der dritte Aufenthalt mit der DRG H08B wiederum der Hauptdiagnosegruppe 7 unterfällt.
Allerdings ist eine Zusammenfassung der Falldaten des ersten und des dritten Aufenthalts in eine Fallpauschale möglich, da
die DRG für diese Behandlungen derselben Hauptdiagnosegruppe angehören. Die Wiederaufnahme für den dritten Krankenhausaufenthalt
der Versicherten am 24.08.2015 erfolgte auch innerhalb von 30 Kalendertagen nach der erstmaligen Aufnahme am 12.08.2015. Außerdem
ist die für den ersten Aufenthalt abrechenbare Fallpauschale in die medizinische Partition (M) einzugruppieren, die Fallpauschale
für den dritten Krankenhausaufenthalt der Versicherten abrechenbare Fallpauschale ist in die operative Partition (O) einzugruppieren.
Dass die den zusammenzuführenden Falldaten zugrundeliegenden Krankenhausaufenthalte der Versicherten nicht unmittelbar aufeinanderfolgen,
ist unbeachtlich. Dem Wortlaut des § 2 Abs 3 Nr 2 FPV lässt sich dieses Kriterium der Unmittelbarkeit nicht entnehmen.
Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, bezieht sich der Passus "die zuvor abrechenbare Fallpauschale" auf die sich innerhalb der gleichen
Hauptdiagnosegruppe befindlichen Krankenhausaufenthalte. Für die Fallzusammenführung nach § 2 Abs 2 FPV sind nur die innerhalb
der gleichen Hauptdiagnosegruppe liegenden Krankenhausaufenthalte in den Blick zu nehmen. Ggf dazwischenliegende weitere Aufenthalte
mit einer anderen Hauptdiagnosegruppe sind unerheblich und nicht in die Betrachtung einzubeziehen. Sie haben keine Zäsurwirkung,
denn eine solche Bedeutung kann dem Wortlaut des § 2 Abs 2 Nr 2 FPV nicht entnommen werden. Eine Fallzusammenrechnung setzt
dann nur voraus, dass die "zuvor", dh die im zeitlich früheren Aufenthalt abrechenbare Fallpauschale in die "medizinische
Partition" oder in die "andere Partition" und die "anschließende", dh die im zeitlich späteren Aufenthalt abrechenbare Fallpauschale
in die "operative Partition" einzugruppieren ist.
Das Argument, dass diese Auslegung nur in Betracht käme, wenn die Wortgruppe "innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe (MCD)"
nicht vorangestellt am Anfang der Nr 2 stünde, sondern Nr 2 lautete "die zuvor innerhalb der gleichen Hauptdiagnosegruppe
(MDC) abrechenbare Fallpauschale" (so LSG Bayern 19.03.2019, L 20 KR 148/18, juris Rn 38) ist aus Sicht des Senats nicht zutreffend.
Die ohnehin nur ergänzend heranzuziehende systematische Auslegung steht dem nicht entgegen. Dass § 2 Abs 4 FPV auf eine chronologische
Prüfung bei der Neueinstufung in eine Fallpauschale mit den Falldaten aller zusammenzuführenden Krankenhausaufenthalte abstellt,
erlaubt keine Rückschlüsse darauf, ob im Falle des § 2 Abs 2 FPV nur unmittelbar hintereinanderliegende Krankenhausaufenthalte
zusammengeführt werden können. Eine chronologische Prüfung der zusammenzuführenden Fälle ist unabhängig davon möglich, ob
sie einander unmittelbar nachfolgen.
Da die Vergütungsregelungen wie oben erläutert stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen
Zusammenhang auszulegen sind, bleibt für die eine historische Betrachtungsweise unter Heranziehung der vom Bundesministerium
für Gesundheit (BMG) am 16.09.2004 aufgestellten "Leitsätze zur Anwendung der Wiederaufnahmeregelung nach § 2 KFPV 2004" zur zunächst nach Einführung der Vergütung nach Fallschaupalen vom BMG erlassenen Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 (Fallpauschalenverordnung 2004 - KFPV
2004 vom 13.10.2003, BGBl 2003 Teil I, S 1995) und deren unveränderten Übernahme ab dem Jahr 2005 durch die Vertragspartner
auf Bundesebene in die jährlichen Fallpauschalenvereinbarungen gemäß § 17 Abs 2 KHG kein Raum.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Hs 1
SGG i.V.m. § 63, § 52 Abs 1, 3, § 47 Gerichtskostengesetz. Hierbei hat der Senat berücksichtigt, dass die Klägerin zunächst einen Betrag iHv 3.797,70 EUR geltend gemacht und die Klageforderung
im Laufe des Verfahrens erster Instanz reduziert hat.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
I. Rechtsmittelbelehrung
...