Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wege des Zugunstenverfahrens über die Kosten einer stationären Krankenhausbehandlung in der Schweiz
in der Zeit vom 16.12.2016 bis 23.01.2017.
Die 1946 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Vom 06.12. bis 16.12.2016 wurde sie im Universitäts-Herzzentrum
B. K. zur Abklärung von tachykardem Vorhofflimmern stationär behandelt. Eine elektrische Kardioversion erfolgte am 06.12.2016.
Nach einer Pleurapunktion am 09.12.2016 entwickelte sich ein Hämatothorax, der eine Thoraxdrainage erforderlich machte. Aufgrund
der Angabe einer allgemeinen Leistungsminderung im Alltag mit chronischen Diarrhoen seit Jahren und einer möglicherweise noch
nicht bekannten allgemein-internistischen Grunderkrankung wurde die Klägerin am 16.12.2016 in noch leicht reduziertem Allgemeinzustand
auf eigenen Wunsch in das Universitätsspital B. verlegt.
Dort wurde sie vom 16.12. bis 22.12.2016 in der Klinik für Innere Medizin behandelt, sodann wegen einer akuten respiratorischen
Verschlechterung bis 26.12.2016 auf der dortigen Intensivstation, anschließend weiterbehandelt noch bis 23.01.2017 und an
diesem Tag in die Lungenfachklinik S. B. verlegt.
Am 20.12.2016 ging bei der Beklagten ein Kostengutsprachegesuch des Universitätsspitals B. ein. Mit Bescheid vom 06.02.2017
lehnte die Beklagte die Übernahme der Behandlungskosten gegenüber der Klägerin ab. Nach §
13 Abs
5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) könnten die Kosten für stationäre Behandlungen in der Schweiz nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkasse übernommen
werden. Eine Kostenzusage sei weder vorher beantragt worden, noch habe die Beklagte eine Zustimmung erteilt.
Das Universitätsspital B. stellte der Klägerin mit Schreiben vom 09.05.2017 für die gesamte Behandlung 178.037,40 CHF in Rechnung.
Am 21.06.2017 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Ablehnungsbescheids. Nach der Lungenpunktion habe eine notfallmäßige
Verlegung in die spezialisierte Universitätsmedizin erfolgen müssen. Die Verlegung sei letztlich am Freitag 16.12.2016, nachmittags
erfolgt und dabei zeitlich derart ungünstig gelegen, dass aufgrund der auf deutscher Seite zugrunde zu legenden, nur noch
ferienausgedünnten Notfallkapazitäten entsprechende Ressourcen in Anbetracht der anstehenden Weihnachtsvakanzen im Universitätsklinikum
F. nicht zur Verfügung gestanden hätten. Es liege auf deutscher Seite ein Systemversagen vor. Die Klägerin habe sich darauf
verlassen dürfen, dass die Beklagte nicht anders verfahre als in den letzten vier Fällen, in denen ebenfalls die schweizerischen
Behandlungskosten in Höhe der deutschen Kostensätze übernommen worden seien. Über eine geänderte Verwaltungspraxis hätte die
Klägerin informiert werden müssen.
Mit Bescheid vom 04.07.2017 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Sie habe erstmals am 20.12.2016 und damit erst
nach Aufnahme in das Universitätsspital B. Kenntnis von der Behandlung erhalten. Eine vom Gesetzgeber geforderte vorherige
Zustimmung sei damit nicht mehr realisierbar gewesen. Aus den Arztberichten gehe hervor, dass die Klägerin auf eigenen Wunsch
nach B. verlegt worden sei. Die benötigte Behandlung sei in einem Schwerpunktklinikum wie dem Universitätsklinikum F. 24 Stunden
am Tag an 365 Tagen im Jahr gewährleistet. Für den Transport ins weiter entfernte B. gegenüber einer ggf anderen Fachabteilung
innerhalb des Klinikums in F. gebe es keine medizinische Indikation.
Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.11.2017 zurück. Im nächsterreichbaren Umfeld
der Klägerin biete eine Vielzahl von Krankenhäusern eine medizinisch notwendige Behandlung, auch in Form einer akuten Notfallbehandlung
für Herzpatienten. Von einem Systemversagen auf deutscher Seite könne in keiner Weise gesprochen werden.
Hiergegen richtet sich die am 29.11.2017 zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage. Zur Begründung verweist die Klägerin auf eine ärztliche Bescheinigung von Dr. L. vom 23.11.2017. Dieser
führt aus, die Klägerin sei vom Herzzentrum B. K. in das Universitätsspital verlegt worden. Sie habe einen lebensbedrohlichen
Infekt im Bereich des Rippenfells entwickelt. Wegen diverser anderer Erkrankungen sei sie früher immer im Unispital B. behandelt
worden, so dass sie jetzt zu Recht eine Verlegung dorthin gewünscht habe. Dieser Wunsch sei medizinisch und aus den positiven
Erfahrungen der Klägerin in B. begründet. Da sie schwer erkrankt gewesen sei, habe man eine vorherige Beantragung der Kostenübernahme
nicht erwarten können. Ergänzend hat die Klägerin vorgetragen, das Universitätsspital B. sei aufgrund der umfassenden Vorbehandlung
der Klägerin, gegen welche die Beklagte keine Einwände erhoben habe, über die Patientenvorgeschichte und die spezifische Multimorbidität
der Klägerin vorinformiert worden. In der Summe habe ein die Behandlung in B. notwendig machendes Systemversagen vorgelegen.
Vorgängige Behandlungen in der Schweiz habe die Beklagte niemals problematisiert, die Klägerin habe daher mit einer Ablehnung
auch nicht rechnen brauchen. Hilfsweise bestehe Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten über den Kostenerstattungsantrag.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.01.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten oder ermessensfehlerfreie Entscheidung im Rahmen
des Vorgehens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) bestehe nicht, da die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheids vom 06.02.2017 nicht bestünden, denn die Kostenübernahme
sei zu Recht abgelehnt worden. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Übernahme der Kosten sei §
13 Abs
4 SGB V. Für Krankenhausbehandlungen gelte einschränkend nach §
13 Abs
5 Satz 1
SGB V, dass diese nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden könnten. Hier fehle es unstreitig
an einer vorherigen Zustimmung der Beklagten. Diese sei auch nicht deshalb entbehrlich gewesen, weil die Klägerin aus Krankheitsgründen
an deren Einholung gehindert gewesen wäre. Ihr dahingehender Vortrag beruhe offensichtlich auf dem ärztlichen Attest vom 23.11.2017.
Es sei schon nicht ersichtlich, dass die dortigen Ärzte ab dem 07.12. bzw 16.12.2016 in die Behandlung der Klägerin eingebunden
gewesen seien, so dass ihre Angaben nicht auf unmittelbarer Wahrnehmung beruhten. Dass die Verlegung infolge eines lebensbedrohlichen
Infekts im Bereich des Rippenfells geschehen wäre, wie in dem Attest genannt, widerspreche zudem den detaillierten Angaben
in den Entlassungsberichten des Herzzentrums und des Universitätsspitals. Eine derartige Erkrankung (Pleuraempyem) sei erst
einige Tage nach der Verlegung aufgetreten und Grund für die intensivmedizinische Behandlung ab dem 22.12.2016 gewesen. Nach
dem Entlassungsbericht des Universitäts-Herzzentrums sei die Verlegung zudem aufgrund der Angabe (der Klägerin) einer allgemeinen
Leistungsminderung im Alltag mit chronischen Durchfällen seit Jahren und einer möglicherweise bisher nicht bekannten allgemein-internistischen
Grunderkrankung mit erhöhten Inflammationszeichen in noch leicht reduziertem Allgemeinzustand erfolgt. Dies stimme mit dem
Bericht des Universitätsspitals B. vom 05.01.2017 überein, wonach die Klägerin afebril, leicht dekompensiert und kreislaufstabil
übernommen worden sei, über Dyspnoe geklagt habe und darüber, die Umschwünge zwischen Sinusrhythmus und Vorhofflimmern sehr
wahrzunehmen. Ein Notfall bzw ein Zustand, in dem die Klägerin als handlungs- oder geschäftsunfähig anzusehen gewesen sei,
habe offensichtlich nicht vorgelegen. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass die Klägerin ihren Wunsch zur Verlegung nach
B. habe äußern können. Soweit die Klägerin vortrage, dass bei früheren Aufenthalten die Kosten übernommen worden seien, zeige
sich, dass die fehlende Einholung der Zustimmung auf einem Irrtum über die formalen Voraussetzungen der Kostenübernahme beruht
habe, nicht aber auf einer Unmöglichkeit, die Zustimmung einzuholen. Soweit die Klägerin vortrage, bisherige Behandlung in
B. seien von der Beklagten niemals problematisiert worden, ergebe sich aus den Verwaltungsvorgängen, dass die Beklagten mit
Bescheid vom 13.07.2012 die Kosten für die Behandlung ab 23.07.2012 im Wege einer Einzelfallentscheidung übernommen habe.
Für die Behandlung vom 13. auf den 14.12.2013 lägen keine entsprechenden Verwaltungsvorgänge mehr vor, die Abrechnung des
Spitals deute auf eine Notfallbehandlung hin. Vor der letzten Behandlung ab 09.03.2015 habe die Beklagte mit Bescheid vom
20.02.2015 die Kostenübernahme bestätigt. Die Übernahme der Kosten sei somit jeweils dem vorherigen Antrag auf Kostenübernahme
geschuldet. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass die Beklagte auch ohne vorherige Zustimmung die Kosten übernehmen würde,
habe sich daher nicht bilden können. Auch sei ein Systemversagen nicht ersichtlich. Dass im Universitätsklinikum F. keine
Kapazitäten vorhanden gewesen seien, lasse sich den Unterlagen nicht entnehmen. Im Übrigen habe die Beklagte nachvollziehbar
darauf hinwiesen, dass eine Vielzahl von Krankenhäusern im nächsterreichbaren Umfeld der Klägerin existiere, in welchen die
notwendige Behandlung möglich gewesen wäre. Eine umfassende Vorbehandlung in B. lasse sich zudem nicht bestätigen. Nach der
kurzen Behandlung 13./14.12.2013 sei die Klägerin 2015 (wie auch zuvor 2012) nur dermatologisch behandelt worden. Danach seien
vom 09.12. bis 11.12.2015 und vom 17.03. bis 24.03. 2015 stationäre Behandlungen in der Universitätsklinik F. bzw in den Kliniken
des Landkreises L. erfolgt. Bei fehlendem vorherigen Antrag stehe die Entscheidung über die Kostenübernahme nicht mehr im
pflichtgemäßen Ermessen nach §
13 Abs
5 SGB V. Dies gelte auch für den Zeitpunkt ab der Verlegung auf die Intensivstation, denn es handele sich um eine durchgehende Behandlung
ab 16.12.2016 im Universitätsspital B ...
Gegen den ihr am 04.02.2019 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 12.02.2019 eingelegte Berufung der Klägerin.
Die Beklagte habe in der Vergangenheit gleichlautende Behandlungen der Klägerin ohne gesonderte Erfordernisse kostenmäßig
übernommen, so dass die Klägerin im Rahmen ihres Erkrankungszustandes darauf habe vertrauen dürfen, dass sie auch im Falle
der Pleuraerkrankung eine Kostenbeteiligung erfahre. Die Beklagte habe zudem auf das vom Universitätsspital gestellte Kostengutsprachegesuch
nicht rechtzeitig abgelehnt, so dass auch aus diesem Grund von Zustimmung auszugehen sei. Die Multimorbidität der Klägerin
habe zudem die erhebliche Behandlungserschwernis mit sich gebracht, welche die Verlegung nach B., auch im Sinne eines Systemversagens,
habe notwendig werden lassen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 31.01.2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 04.07.2017 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 06.02.2017
sich in Höhe der deutschen Leistungssätze der gesetzlichen Krankenversicherung an den Kosten für die stationäre Behandlung
der Klägerin in der Zeit vom 16.12.2016 bis 23.01.2017 im Universitätsspital B. zu beteiligen und der Klägerin den daraus
resultierenden Betrag zu bezahlen, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 06.02.2017 über
den Antrag der Klägerin betreffend der Beteiligung der Beklagten an den Kosten für die stationäre Behandlung der Klägerin
in der Zeit vom 16.12.2016 bis 23.01.2017 im Universitätsspital B. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu
zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den angefochtenen Gerichtsbescheid.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider
Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der angefochtene Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 04.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2017
ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheids
vom 06.02.2017 und auf Erstattung von Kosten anlässlich ihrer stationären Behandlung im Universitätsspital B. in der Zeit
vom 16.12.2016 bis 23.01.2017 oder auf Neubescheidung.
Nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit
sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen
worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu
Unrecht erhoben worden sind. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit
zu Gunsten letzterer aufzulösen (vgl etwa BSG 04.02.1998, B 9 V 16/96 R, SozR 3-1300 § 44 Nr 24).
Die Voraussetzungen des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X sind nicht erfüllt, denn weder wurde bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt, noch wurde von einem Sachverhalt
ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hat. Die Beklagte hat zu Recht den Antrag auf Kostenübernahme für die Auslandsbehandlung
im Krankenhaus mit Bescheid vom 06.02.2017 abgelehnt.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach §
13 Abs
3a SGB V kommt vorliegend nicht in Betracht. Auch wenn von einer wirksamen Antragstellung für die Klägerin durch das Universitätsspital
B. mit Kostengutsprachegesuch vom 20.12.2016 ausgegangen wird und die Frist von drei Wochen angesichts der maßgebenden Bekanntgabe
des Ablehnungsbescheids vom 06.02.2017 dann abgelaufen wäre (dazu Bundessozialgericht (BSG) 11.07.2017, B 1 KR 1/17 R, SozR 4-2500 §
13 Nr
37), greift die Vorschrift nicht. Denn §
13 Abs
3a SGB V findet nur auf Sachleistungsansprüche Anwendung, nicht auf Geldleistungen wie die hier streitigen Kostenerstattungsansprüche
(BSG 08.03.2016, B 1 KR 25/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 33 = BSGE 121, 40). Zudem besteht kein Kostenerstattungsanspruch, wenn sich Versicherte die Leistung bereits vor Fristablauf - wie hier - selbst
beschaffen (BSG 11.05.2017, B 3 KR 30/15 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 34).
Als Anspruchsgrundlage kommen allein §
13 Abs
4 und
5 SGB V in Betracht. §
13 Abs
3 SGB V ist neben diesen Regelungen, die zur Umsetzung der passiven EU-Dienstleistungsfreiheit erlassen worden sind, nicht anwendbar
(Schifferdecker in Kasseler Kommentar, 102. EL 12/2018,
SGB V § 13 Rn 59 unter Hinweis auf BSG 30.6.2009, B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 21).
Nach §
13 Abs
4 SGB V sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen
Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung
im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind
auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht
der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs
und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen
System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung
besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die
Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten
und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein
anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat
der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann
die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
Nach §
13 Abs
5 SGB V können abweichend von Absatz
4 in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach §
39 SGB V nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden,
wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse
entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.
Der Inhalt des §
13 Abs
5 SGB V ist darauf beschränkt, hinausgehend über Abs
4 Satz 1 das zusätzliche Erfordernis der vorherigen Zustimmung der Krankenkasse für die stationäre Auslandsbehandlung aufzustellen;
die übrigen Voraussetzungen der Kostenerstattung nach §
13 Abs
4 SGB V bleiben unberührt (BSG 17.02.2010, B 1 KR 14/09 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 24).
§
13 Abs
5 SGB V vollzieht die Rechtsprechung des EuGH nach und verstößt weder gegen die Freizügigkeit noch die Dienstleistungsfreiheit (vgl
EuGH 12.07.2001, C-157/99, Slg 2001, I-5473 = SozR 3-6030 Art 59 Nr 6 = NJW 2001, 3391 [Smits/Peerbooms]; EuGH 13.05.2003, C-385/99, Slg 2003, I-4509 = SozR 4-6030 Art 59 Nr 1 = NJW 2003, 2298 [Müller-Faure/van Riet]). In diesen Urteilen hat der EuGH Regelungen, die die Übernahme der Kosten für die Versorgung in
einem Krankenhaus in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig machen, dass die Krankenkasse eine vorherige Zustimmung erteilt,
unter bestimmten Voraussetzungen für vereinbar mit den Art 49 und 50 EGV (jetzt Art 56 f. AEUV) gehalten. Eine Beeinträchtigung der Binnenmarktfreiheiten kann gerechtfertigt sein, wenn anderenfalls die finanzielle Stabilität
der Krankenversicherungssysteme der Mitgliedstaaten gefährdet sei. Das hat der EuGH bei Krankenhausleistungen bejaht (vgl
auch Art 8 Abs 2 Buchst a i) RL 2011/24/EU, ABl L 88 vom 04.04.2011, S 45).
Die Klägerin gehört nicht zum Personenkreis derer, für die Behandlungen im anderen Staat auf der Grundlage eines Pauschbetrages
zu erstatten sind oder auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung unterliegen (Residenten) und
deren koordinationsrechtliche Sachleistungsansprüche den Kostenerstattungsanspruch aus §
13 Abs
4 und
5 SGB V verdrängen (§
13 Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGB V). Denn sie hat ihren Wohnsitz und ständigen Aufenthalt in Deutschland. Das Universitätsspital B. ist auch ein zulässiger
Leistungserbringer für einen Anspruch gemäß §
13 Abs
4 i.V.m. Abs
5 SGB V. Da diese Kostenerstattungsansprüche nicht an die Einbindung in ein Sachleistungssystem anknüpfen, sondern die Rechtsprechung
des EuGH zur Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit in das deutsche Recht umsetzen, ist die Einbindung des ausländischen
Leistungserbringers in ein solches System keine notwendige Anspruchsvoraussetzung (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 23 = BSGE 104, 1). Es genügt insoweit bereits, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Privatklinik in diesem Mitgliedstaat ebenfalls
Qualitätskontrollen unterliegt, und dass die in diesem Staat niedergelassenen Ärzte, die in dem genannten Krankenhaus tätig
sind, gleiche berufliche Garantien wie die im Inland niedergelassenen Ärzte bieten (Senatsurteil vom 17.04.2018, L 11 KR 3833/17, KHE 2018/9). Bezüglich des Universitätsspitals in B./Schweiz bestehen insoweit keine Bedenken. Eine Zulassung zum deutschen
Versorgungssystem ist nicht erforderlich.
Jedoch liegt die nach §
13 Abs
5 Satz 1
SGB V erforderliche vorherige Zustimmung der Beklagten zur Behandlung nicht vor, da die Behandlung bereits vor der Antragstellung
begonnen wurde am 15.12.2016, während der frühestmögliche Antragszeitpunkt mit dem Kostengutsprachegesuch des Universitätsspitals
am 20.12.2016 anzunehmen ist. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Voraussetzung der Erteilung einer vorherigen Zustimmung teleologisch auf den Regelfall beschränkt, in dem sich ein
Versicherter zur Krankenhausbehandlung ins Ausland begibt (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, aaO). Genau dieser Fall liegt hier vor, denn die in Deutschland wohnhafte Klägerin hat sich aus einer stationären Behandlung
in Deutschland heraus zur weiteren Behandlung in die Schweiz begeben. Es liegt auch kein vergleichbarer Fall dazu vor, dass
ein Versicherter unvorhergesehen im Ausland in einer Weise erkrankt, dass er gehindert ist, vor der Inanspruchnahme von Krankenhausbehandlung
die hierfür grundsätzlich erforderliche Zustimmung seiner Krankenkasse einzuholen. In diesen Fällen darf ihm das Fehlen der
förmlichen vorherigen Zustimmung jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt nicht entgegengehalten werden, bis zu welchem die Krankenkasse
nach Beseitigung des Hindernisses die Zustimmung hätte erteilen können, wenn sie in der Sache bei rechtzeitiger Information
die Zustimmung hätte erteilen müssen. Es wäre aber unverhältnismäßig und daher EU-rechtswidrig, die nachträglich zu erteilende
Genehmigung einer Krankenkasse nicht ausreichen zu lassen, wenn der Berechtigte aus Krankheitsgründen gehindert war, eine
vorherige Zustimmung seiner Krankenkasse zur Krankenhausbehandlung einzuholen und diese Genehmigung an sich der Sache nach
zu erteilen gewesen wäre. Das entspricht auch allgemeinen Grundgedanken des deutschen Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung,
handlungs- oder geschäftsunfähige Versicherte vor Rechtsnachteilen zu schützen, wenn sie nicht in der Lage sind, zur Wahrung
ihrer Rechte gebotene günstige Gestaltungsmöglichkeiten wahrzunehmen (BSG 30.06.2009, B 1 KR 22/08 R, aaO).
Wie das SG bereits mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, liegt hier der Fall indes so nicht. Die Klägerin wurde auf eigenen Wunsch
ins Universitätsspital B. verlegt. Eine Notfallindikation lag zum Zeitpunkt der Verlegung am 16.12.2016 nicht vor. Dies ergibt
sich eindeutig aus den vorliegenden Entlassungsberichten des Universitäts-Herzzentrums B. K. und des Universitätsspitals B
... Nach dem Bericht des Universitätsspitals vom 05.01.2017 präsentierte sich die Klägerin bei Eintritt fieberfrei, leicht
dekompensiert und kreislaufstabil; sie klagte über Dyspnoe und darüber, die Umschwünge zwischen Sinusrhythmus und Vorhofflimmern
sehr wahrzunehmen. Damit war sie in keiner Weise gehindert, die vorherige Zustimmung der Beklagten zur Weiterbehandlung in
B. zu beantragen. Insoweit wird auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen und die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurückgewiesen (§
153 Abs
2 SGG). Auch im Hinblick auf die akute respiratorische Verschlechterung am 22.12.2017, die eine intensivmedizinische Versorgung
erforderte, ergibt sich keine andere Beurteilung. Zwar war die Klägerin möglicherweise zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der
Lage, eine vorherige Zustimmung zu bewirken. Im Rahmen einer einheitlichen Behandlung kann eine Verschlechterung der gesundheitlichen
Situation jedoch zumindest dann nicht einer plötzlich und unvorhergesehen im Ausland auftretenden Erkrankung gleichgesetzt
werden, wenn es sich um die Verwirklichung von Risiken der Behandlung oder um eine Komplikation im Rahmen der zum Zeitpunkt
der Aufnahme der Behandlung im Ausland bereits bestehenden Situation handelt. So lag es hier. Wie sich aus dem Bericht des
Universitätsspitals (Intensivmedizin) vom 26.12.2016 entnehmen lässt, trat am 22.12.2016 ein Pleuraempyem auf der Basis eines
vorbestehenden Hämatothorax nach Pleurapunktion am 09.12.2016 auf. Es besteht daher auch kein gesonderter Anspruch gegen die
Beklagte auf Erstattung der Kosten für die intensivmedizinische Behandlung vom 22.12. bis 26.12.2016 ohne vorherige Zustimmung
als Notfallbehandlung.
Das vom Bevollmächtigten der Klägerin angenommene Systemversagen liegt nicht vor. Es ist überhaupt nichts dafür ersichtlich,
dass die weitere Behandlung nicht auch in einem deutschen Krankenhaus hätte erfolgen können. Es werden ins Blaue hinein Versorgungsengpässe
im Universitätsklinikum F. über die Weihnachtsfeiertage behauptet, ohne dass es hierfür irgendwelche nachvollziehbaren Anhaltspunkte
gäbe. Solche legt der Bevollmächtigte der Klägerin auch nicht dar. Ebenso ist auch nicht nachvollziehbar, warum angesichts
der zahlreichen stationären Behandlungen der Klägerin in verschiedenen Einrichtungen allein im Universitätsspital B. eine
besondere Kenntnis vom Gesundheitszustand der Klägerin vorhanden sein sollte, die ausschließlich dieses Krankenhaus zur sachgerechten
Behandlung befähigte. Dies gilt erst recht, als die Klägerin dort zuletzt wegen Hautkrebs behandelt wurde und nunmehr der
Verdacht einer bislang noch nicht diagnostizierten allgemein-internistischen Grunderkrankung im Raum stand.
Soweit die Klägerin Vertrauensschutz aufgrund der bisherigen Verwaltungspraxis der Beklagten geltend macht, lässt sich eine
abweichende Handhabung durch die Beklagte anlässlich früherer Behandlungen der Klägerin in der Schweiz gerade nicht feststellen.
Vielmehr hatte die Klägerin in früheren Fällen rechtzeitig vor der geplanten Behandlung die Anträge auf Zustimmung bei der
Beklagten gestellt. Auch insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden und zutreffenden
Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug und weist die Berufung aus diesen Gründen zurück (§
153 Abs
2 SGG).
Ermessensfehler der Beklagten liegen nicht vor. Zwar steht die Entscheidung der Krankenkasse über die Erteilung der Zustimmung
zur Krankenhausbehandlung im EU-Ausland bzw der Schweiz in deren Ermessen. Da die Beklagte zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung
angesichts der bereits begonnenen Behandlung jedoch nicht mehr über eine vorherige Zustimmung zur Krankenhausbehandlung im
Ausland befinden konnte, sondern nur noch über die Frage, ob ohne vorherige Genehmigung ein Anspruch auf Kostenerstattung
bestand, handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung (Senatsurteil vom 17.04.2018, L 11 KR 3833/17). Auch der Hilfsantrag der Klägerin bleibt daher ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG) liegen nicht vor.