Kein Anspruch auf Übernahme schulischer Kosten für eine Privatschule als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II; Prozessführungsbefugnis volljähriger Kinder als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft
Tatbestand
Die Kläger begehren die Übernahme verschiedener medizinischer bzw. schulischer Kosten als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
(Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Klägerin zu 1 sowie ihre mit ihr in Bedarfsgemeinschaft (BG) lebende Kinder, die Kläger zu 2 (J. - K.; geb. 28.07.1992),
zu 3 (C.; geb. 06.04.1994) und zu 4 (C. - M.; geb.06.03.2001) bezogen seit dem 29.04.2005 Alg II (zuletzt mit Bescheid vom
27.10.2005 idF der Bescheide vom 24.11.2005 und 19.01.2006 für den Zeitraum vom 01.11.2005 bis 30.04.2006). Zur BG gehörte
eine weitere Tochter (S. ; geb.: 06.04.1994 - S.) der Klägerin zu 1, die im Verfahren vor dem Sozialgericht Würzburg (SG) noch als Klägerin aufgetreten war, dort jedoch bereits vor der mündlichen Verhandlung ihre Klagen am 18.12.2012 zurückgenommen
hatte.
Am 09.01.2006 beantragte die Klägerin zu 1 mit drei Schreiben die Übernahme von Fahrtenkosten zu einem Arzt, Mietwagenkosten,
Unterkunftskosten, die im Zusammenhang mit der Erkrankung der S. stünden, Auslagen für Stiftungsbriefe und die Erstattung
von Fahrtkosten zur Schule sowie des Schulgeldes für ihre drei schulpflichtigen Kinder. Diese Anträge lehnte der Beklagte
mit Bescheid vom 05.05.2006 gegenüber der Klägerin zu 1 mit der Begründung ab, dass das SGB II keine Leistungen hierfür vorsehe. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machten die Kläger geltend, dass sich aus dem
Informationsheft zum SGB II der Hinweis ergebe, es stehe ihnen "Hilfe aus einer Hand" zu. Diesen Widerspruch wies der Beklagte gegenüber der Klägerin
zu 1 mit Widerspruchsbescheid (W 282/09) vom 02.12.2009 zurück. Die geltend gemachten Aufwendungen seien durch die Regelleistung abgegolten bzw. es bestehe keine
Rechtsgrundlage nach dem SGB II für die Erstattung dieser Kosten. Dagegen haben die Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben (S 10 AS 1036/09).
Mit zwei weiteren Schreiben vom 07.08.2007 beantragte die Klägerin zu 1 die Kostenerstattung für einen Orthesenschuhe der
S. (45,01 EUR) und die Übernahme eines Klassenkontobeitrages (130.- EUR) für die Klägerin zu 4. Dies lehnte der Beklagte mit
Bescheid vom 13.08.2007 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid (W 292/09) vom 03.12.2009 gegenüber der Klägerin zu 1 zurück. Sowohl die Kosten für Orthesenschuhe als auch der Klassenkontobeitrag
seien durch die Regelleistung abgegolten. Eine abweichende Festsetzung der Bedarfe sei nach der geltenden Rechtslage nicht
vorgesehen. Hiergegen haben die Kläger ebenfalls Klage zum SG erhoben (S 10 AS 1038/09). In Bezug auf den Klassenkontobeitrag für die Klägerin zu 4 hat das SG das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 10 AS 1031/09 gesondert geführt.
Mit zwei weiteren Schreiben vom 16.09.2007 beantragte die Klägerin zu 1 die Kostenerstattung für eine kieferorthopädische
Behandlung der S. (33,91 EUR) und die Übernahme von Kosten eines Schulbuches (28,90 EUR) für die Klägerin zu 2. Dies lehnte
der Beklagte mit Bescheid vom 19.09.2007 ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid
(W 271/07) vom 03.12.2009 gegenüber der Klägerin zu 1 zurück. Sowohl die Kosten für die kieferorthopädische Behandlung als auch die
Aufwendungen für das Schulbuch seien durch die Regelleistung abgegolten. Eine abweichende Festsetzung der Bedarfe sei nach
der geltenden Rechtslage nicht vorgesehen. Auch dagegen haben die Kläger Klage zum SG erhoben (S 10 AS 1037/09). In Bezug auf die Kosten des Schulbuches für die Klägerin zu 2 hat das SG das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 10 AS 1034/09 gesondert geführt.
Die Verfahren S 10 AS 1036/09, S 10 AS 1037/09 und S 10 AS 1038/09 hat das SG mit den Beschlüssen vom 14.09.2010 und 13.12.2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Den Gegenstand
des mit Beschluss vom 14.09.2010 ebenfalls hinzuverbundenen Verfahrens S 10 AS 1039/09 hatten die Kläger bereits anlässlich eines Erörterungstermins am 21.10.2010 für erledigt erklärt.
Zu der mit Bescheid vom 05.05.2006 geltend gemachten Erstattung von Unterkunftskosten haben die Kläger erklärt, dass sich
die Frage der Unterkunftskosten in Bezug auf S. erledigt habe. Diese Kosten seien von einer Stiftung übernommen worden. Die
Fahrtkosten zu einem Arzt nach A. seien tatsächlich zum Teil angefallen.
Das SG hat die verbundenen Klagen mit Urteil vom 29.01.2013 abgewiesen. Der Bescheid vom 05.05.2006 in Bezug auf die Übernahme der
medizin- bzw. schulbezogener Kosten sei rechtmäßig. Die geltend gemachten Fahrtkosten zur Schule bzw. das Schulgeld sei ein
Bedarf, für den es vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 09.02.2010 bzw. der Einfügung des § 21 Abs 6 SGB II keine Rechtsgrundlage nach dem SGB II gegeben habe. Insoweit habe auch keine Verpflichtung eines Sozialhilfeträgers nach § 73 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bestanden. Der Streitgegenstand sei insoweit durch den Antrag vom 09.01.2006 begrenzt und beziehe sich (im Wesentlichen
iSe Antrages nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X) auf die bis dahin abgelaufenen Leistungszeiträume. Eine Dauerwirkung bis in die Gegenwart komme diesem Antrag nicht zu.
Die geltend gemachten Fahrtenkosten zu einem Arzt seien ebenfalls nicht berücksichtigungsfähig. Eine Rechtsgrundlage nach
dem SGB II sei nicht ersichtlich. Die Kosten einer Krankenbehandlung seien bei gesetzlich krankenversicherten Grundsicherungsberechtigten
entweder durch das System des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) oder (ergänzend) durch die Regelleistung abgedeckt. Der Anlass für die Entstehung der Mietwagenkosten sei trotz gerichtlicher
Aufforderung nicht dargelegt worden. Soweit dieser Bedarf in einem Zusammenhang mit den geltend gemachten Kosten der Krankenbehandlung
stehe, bestehe ebenfalls kein Anspruch. Der Bedarf den die Klägerin zu 1 im Zusammenhang mit der Erstellung von Anträgen an
Stiftungen geltend mache, beziehe sich im Wesentlichen auf Kosten für Schreibwaren, Kopierkosten und Porto, die durch die
Regelleistung abgegolten seien. Die Bescheide vom 13.08.2007 und 19.09.2007 seien ebenfalls rechtmäßig, soweit dort die Übernahme
weiterer medizinischer Kosten für S. abgelehnt worden sei. Die geltend gemachten Kosten für die gesetzlich vorgesehenen Eigenanteile
bei der Durchführung der kieferorthopädischen Behandlung bzw. der Anschaffung der Orthesenschuhe seien vom Beklagten nicht
zu übernehmen. Die Grundsätze die im Zusammenhang mit der Übernahme von Fahrtkosten zu einem Arzt gelten, seien auch bezüglich
dieser Bedarfe zu berücksichtigen.
Gegen das Urteil haben die Kläger Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Es sei zu bezweifeln, dass
S. die sie betreffende Klage zurücknehmen konnte, obwohl es um Leistungen für Zeiträume gehe, in denen S. noch keine 18 Jahre
alt gewesen sei. Insoweit gehe es auch um die Unterkunftskosten und der Behinderungskosten der S.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgericht Würzburg vom 29.01.2013 aufzuheben und den Bescheid vom 05.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 02.12.2009 sowie die Bescheide vom 13.08.2007 und 19.09.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 03.12.2009 abzuändern
und den Beklagten zu verurteilen, die geltend gemachten medizinischen bzw. schulischen Kosten zu übernehmen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen, um die Rechtsfrage einer Klagerücknahme durch ihre Tochter S. und durch das Jugendamt zu klären.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe die Klagen zu Recht abgewiesen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerechte Berufung ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG), in der Sache aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 05.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2009 und
die Bescheide vom 13.08.2007 und 19.09.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 03.12.2009 sind zumindest im Ergebnis
nicht zu beanstanden. Eine Verletzung von Rechten der Kläger liegt nicht vor.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind - ungeachtet der in den Widerspruchsbescheiden vom 02.12.2009 und 03.12.2009 getroffenen
Regelungen - nur noch die Übernahme von Fahrtenkosten zu einem Arzt bzw. Mietwagenkosten, die im Zusammenhang mit der Erkrankung
der S. stünden, Auslagen für Stiftungsbriefe, die die Klägerin zu 1 verfasste hatte, die Erstattung von Fahrtkosten zur Schule
sowie des Schulgeldes für die drei im Jahr 2006 schulpflichtigen Kinder der Klägerin zu 1 - d.h. die Kläger zu 2. und zu 3.
sowie der S. - und die Kostenerstattung für einen Orthesenschuh sowie eine kieferorthopädische Behandlung der S ... Soweit
die Kläger mit den Klageerhebungen in Bezug auf die Widerspruchsbescheide vom 02.12.2009 und 03.12.2009 vor dem SG auch die Übernahme von Kosten eines Schulbuches für die Klägerin zu 2 (S 10 AS 1034/09), eines Klassenkontobeitrages für die Klägerin zu 4 (S 10 AS 1031/09) sowie die Erstattung von Unterkunftskosten, die im Zusammenhang mit der Erkrankung der S. stünden, begehrten, waren diese
Begehren bereits erstinstanzlich nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens (S 10 AS 1036/09) bzw. die Kläger haben ihr im vorliegenden Verfahren ursprünglich streitiges Anliegen auf Erstattung von Unterkunftskosten
bereits vor dem SG für erledigt erklärt. Im Berufungsverfahren sind hierbei aber allein noch die Ansprüche der Kläger streitig, nachdem S. bereits
vor dem SG ihre auf diese Streitgegenstände bezogenen Klagen zurückgenommen hatte. Eine durch die Kläger zu 1 bis 4 in statthafter Weise
anfechtbare Entscheidung des SG liegt insoweit nicht vor. Die von der Klägerin zu 1 aufgeworfene Rechtsfrage, ob ihre volljährige Tochter eine in ihrem Namen
geführte Klage, die ausschließlich ihre Individualansprüche betrifft, zurücknehmen kann, ergibt sich bereits aus der geltenden
Rechtslage (§§
70,
71 Abs
1 SGG i.V.m. §
2, §§ 104ff
BGB). Darüber hinaus ist nach Lage der Akten eine Klagerücknahme durch das Jugendamt nicht zu belegen. Es gibt auch keine Anhaltspunkte
dafür, dass eine solche Erklärung für die Beendigung des Klageverfahrens der S. vor dem SG relevant gewesen wäre, denn entgegen der Darstellung der Klägerin zu 1 wurde erst auf der Grundlage der prozessualen Erklärung
der S. vom 18.12.2012 deren Klageverfahren vor dem SG beendet.
Hinsichtlich der durch die Klägerin zu 1 geltend gemachten Auslagen für das Erstellen und Versenden von Briefen an verschiedene
Stiftungen, um von diesen Einrichtungen Leistungen zu erhalten, hat der Beklagte mit Bescheid vom 05.05.2006 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 02.12.2009 zu Recht darauf abgestellt, dass diese Aufwendungen durch die Regelleistung abgegolten
sind. Die Rechte der Kläger werden durch diese Entscheidung nicht verletzt, wobei dahinstehen kann, ob der geltend gemachte
Anspruch allein als individueller Anspruch der Klägerin zu 1, die lediglich in Wahrnehmung ihrer Verantwortung für ihre Kinder
im eigenen Namen versucht hat, Förderleistungen zu erhalten, anzusehen ist oder ob die Klägerin zu 1 auch im Namen ihrer Kinder
um Leistungen nachgesucht hat, so dass der geltend gemachte Bedarf in der Person aller Kläger entstanden ist. Dieser Bedarf,
der sich im Wesentlichen auf die Beschaffung von Schreibmaterial und Briefpapier sowie die Inanspruchnahme von Postdienstleistungen
bezieht, wird durch die Regelleistung gedeckt. Mit der Regelleistung werden auch frei bestimmbare Bedarfe pauschaliert abgegolten,
die neben dem notwendigen Bedarf ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben ermöglichen
sollen (vgl. BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175ff). Der Leistungsberechtigte soll seine private Lebensführung gestalten und soziale Kontakte aufnehmen
können, so dass auch die Kosten einer Kommunikation mit Dritten, die Anschaffung von Schreibmaterial oder Brief- und Postgebühren
von der Regelleistung umfasst sind (vgl. Saitzek in Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 20 Rn.51). Eine Rechtsgrundlage nach dem SGB II, die die Kläger für sich insoweit in Anspruch nehmen könnten, ist nicht ersichtlich, denn die nach dem SGB II vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der mit ihnen in einer BG lebenden Personen
(§ 3 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II). Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen (§ 3 Abs 3 Satz 2 SGB II)
Soweit die Kläger mit Schreiben vom 09.01.2006 die Übernahme von Schulgeld für die drei schulpflichtigen Kinder der Klägerin
zu 1, d.h. die Kläger zu 2 und zu 3 sowie der S. beantragt haben, ist in der Sache allein ein laufender Mehrbedarf der Kläger
zu 2 und zu 3 geltend gemacht und vorliegend noch streitig.
Nach dem SGB II gibt es keinen Anspruch einer BG als solcher, die keine juristische Person darstellt, sondern Anspruchsinhaber ist jeweils
das einzelne Mitglied der BG, selbst wenn dies in den Bescheiden des Beklagten nicht deutlich zum Ausdruck kommt (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 1 mwN; Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R - SozR 4-4300 § 428 Nr 3; Urteil vom 05.09.2007 - B 11b AS 15/06 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 5; Valgolio in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: 01/2012, § 7 Rn 48). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II ("Leistungen erhalten Personen") und des Abs 2 Satz 1 ("Leistungen erhalten auch Personen") sowie aus dem Umstand, dass es
andernfalls systematisch der Regelung des § 9 Abs 2 Satz 3 SGB II über die Fiktion der Hilfebedürftigkeit aller Personen in einer BG (§ 7 Abs 2 S 1 SGB II) nicht bedurft hätte (BSG, Urteil vom 07.11.2006, aaO). Das einzelne Mitglied der BG kann also schon deshalb nicht mit einer eigenen Klage die Ansprüche
aller Mitglieder der BG verfolgen. Auch besteht kein Anspruch auf höhere Leistungen für ein Mitglied der BG, die sich aus
den Besonderheiten eines Anspruchs eines anderen Mitglieds ergeben.
Dies zugrunde gelegt, ist allenfalls ein (bis 31.12.2010 im SGB II nicht geregelter) laufender Mehrbedarf für Bildung in der Person der Kläger zu 2 und zu 3 durch den Schulbesuch einer schuldgeldpflichtigen
Bildungseinrichtung entstanden, denn ein Bildungsbedarf und damit auch die daraus folgende Leistungsberechtigung entsteht
unabhängig von der Frage der Kostenträgerschaft allein durch die Notwendigkeit der Bedarfsdeckung. Eine derartige Notwendigkeit
ist in der Person der Klägerin zu 1 jedoch nicht gegebenen, denn sie hat die Bildungseinrichtung nicht selbst besucht, sondern
war allenfalls zur Tragung der Kosten verpflichtet. Insofern konnten lediglich die Kläger zu 2 und zu 3 die laufenden Mehrbedarfe
für Bildung als Leistungsberechtigte geltend machen, die Klägerin zu 1 jedoch weder für Kläger die zu 2 und zu 3 im eigenen
Namen, noch für die am 06.04.2012 volljährig gewordene S., die ihre Klage bereits vor dem SG zurückgenommen hat und dies auch durfte (§§
70,
71 Abs
1 SGG i.V.m. §
2, §§ 104ff
Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB).
Nachdem die Gewährung eines laufenden Mehrbedarfs nicht in zulässigerweise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen
Verfahrens bestimmt werden (BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R - SozR 4-4200 § 20 Nr. 13), sondern im Rahmen der (übrigen) laufenden Leistungsbewilligung zu prüfen ist, war das Anliegen
der Kläger und die nachfolgende Entscheidung des Beklagten vom 05.05.2006 allein dahingehend auszulegen, dass eine Entscheidung
über die Gewährung des geltend gemachten Mehrbedarfes für die Zeit bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnittes, in dem dieser
Bedarf geltend gemacht worden ist, begrenzt wird. Vorliegend hat der Beklagte mit Bescheid vom 05.05.2006 den Antrag vom 09.01.2006
abgelehnt, der innerhalb des Bewilligungszeitraumes vom 01.11.2005 bis 30.04.2006 gestellt worden war. Hierin ist zugunsten
der Kläger nicht nur eine Ablehnung zu sehen, den Bedarf für den laufenden Bewilligungsabschnitt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung
am 09.01.2006 abzulehnen - worüber ohnehin in dem auf diesen Bewilligungsabschnitt bezogenen Verfahren zu entscheiden war-,
sondern im Wesentlichen auch eine Ablehnung der Überprüfung der bereits bestandskräftigen Bewilligungsentscheidungen vom 24.11.2005
und vorhergehend nach § 44 SGB X für den Zeitraum bis 09.01.2006. Damit ist das streitgegenständliche Begehren jedoch auf den Zeitraum seit dem Beginn des
Leistungsbezuges der Kläger (am 29.05.2005) bis zum Ende des Bewilligungsabschnittes am 30.04.2006 beschränkt; dass der Beklagte
mit Bescheid vom 05.05.2006 die Überprüfung der (bis 09.01.2006) bestandskräftigen Bewilligungen mit Blick auf deren Rechtmäßigkeit
und darüber hinaus auch das Änderungsbegehren für die Zeit ab dem 09.01.2006, über das ohnehin im Rahmen des auf den Bewilligungsabschnitt
laufenden Widerspruchsverfahrens zu entscheiden war, abgelehnt hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Für diesen Zeitraum fehlte es bereits an einer im SGB II verankerten Regelung zur Gewährung von Bedarfen für Bildung, wobei dies im Ergebnis aber dahinstehen kann, denn die Kläger
zu 2 und zu 3 haben bereits dem Grunde nach keinen grundsicherungsrechtlich relevanten ungedeckten Bildungsbedarf darlegen
können.
Der Bedarf an Schulbildung wird durch öffentliche Regelschulen ausreichend gedeckt. Mit der Einrichtung der öffentlichen Regelschulen
kommt der Staat seinem Erziehungsauftrag aus Art.
7 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) nach, der u.a. darin besteht, ein Schulsystem zu gewährleisten, das allen jungen Bürgern gemäß ihren Fähigkeiten die dem
heutigen gesellschaftlichen Leben entsprechenden Bildungsmöglichkeiten eröffnet und den verschiedenen Begabungsrichtungen
Raum zur Entfaltung lässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 06.12.1972 - 1 BvR 230/70, 1 BvR 95/71 - BVerfGE 34, 165ff [182, 184]). In Bayern ist der Unterricht an den öffentlichen Schulen unentgeltlich (Art. 23 Halbsatz 1 Bayerisches Schulfinanzierungsgesetz idF des Gesetzes vom 24.05.2005 - BaySchFG). Die Schulgeldfreiheit für öffentliche Schulen ist ebenso wie die Einrichtung der öffentlichen Regelschulen auch eine Konkretisierung
des Sozialstaatsgebots des
Grundgesetzes (Art.
20 Abs
1 und Art.
28 Abs
1 Satz 1
GG). Sie stellt in Verbindung mit der Schulpflicht eine Leistung der staatlichen Daseinsvorsorge dar, die jedermann ohne Rücksicht
auf Herkunft und wirtschaftliche Lage zu Gute kommen soll und den Personenkreis einschließt, dem nach dem SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren ist. Für einen Rechtsanspruch gegen den Träger der Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts auf Übernahme der Kosten für den Besuch einer privaten Schule ist daher grundsätzlich kein
Raum mehr. Die gesetzgeberische Gewährleistung der Schulgeldfreiheit an öffentlichen Regelschulen wirkt im Verhältnis zu den
Vorschriften über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Sonderregelung, die in aller Regel einen anzuerkennenden Bedarf für die Übernahme von Schulgeld im Rahmen des notwendigen
Lebensunterhalts nicht entstehen lässt (vgl. zum BSHG mit weitergehenden Ausführungen, dass hierdurch auch verfassungsmäßige Elternrechte nicht verletzt werden; BVerwG, Urteil
vom 13.08.1992 - 5 C 70/88 - [...]). Ein Bedarf der Kläger zu 2 und zu 3 erschiene allenfalls denkbar, soweit die Beschulung in einer öffentlichen Regelschule
nicht möglich gewesen wäre. Hierzu ist jedoch nichts vorgetragen und auch dem Senat liegen keine Erkenntnisse vor, die eine
andere Beurteilung des Bildungsbedarfes zuließe.
Die gleichen rechtlichen Überlegungen in Bezug auf die Anspruchsberechtigung, den streitigen Zeitraum und die fehlende Darlegung
eines bestehenden grundsicherungsrechtlich relevanten Bedarfes gelten für die Erstattung von Fahrtkosten zur Schule, die die
Kläger ebenfalls mit Schreiben vom 09.01.2006 gegenüber dem Beklagten geltend gemacht haben. Der Bescheid des Beklagten vom
05.05.2006 ist auch insoweit nicht zu beanstanden. Der geltend gemachte Fahrkostenbedarf ist allein in der Person der Kläger
zu 2 und zu 3 entstanden. Die Klägerin zu 1 bedurfte keiner Beförderung zu einer Bildungseinrichtung, und allein eine Verpflichtung
Kosten zu tragen, löst bei der Klägerin zu 1 keinen laufenden (Bildungs-) Mehrbedarf aus, denn allein als solcher sind die
geltend gemachten Fahrtkosten zu qualifizieren. Insoweit konnte die Klägerin zu 1 die Ansprüche ihrer Kinder, d.h. insbesondere
auch nicht den Anspruch der S., im eigenen Namen geltend machen und gerichtlich weiter verfolgen. Über die Fahrtkosten als
laufenden (Bildungs-)Mehrbedarf konnte auch nicht gesondert entschieden werden, so dass durch den Antrag am 09.01.2006 der
streitige Zeitraum auch hier auf die Zeit bis 30.04.2006 beschränkt ist (siehe bereits oben).
Aber auch in Bezug auf die Geltendmachung von Fahrtkosten ist kein grundsicherungsrechtlich relevanter Bedarf im Zeitraum
bis 30.04.2006 darlegt, denn es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Bildungsbedarf der Kläger zu 2 und zu 3, der durch
die öffentlichen Regelschulen ausreichend gedeckt ist (siehe oben), einen Fahrtkostenbedarf auslöst, der nicht im Rahmen des
Gesetzes über die Kostenfreiheit des Schulwegs (idF des Gesetzes vom 31.05.2000 - BaySchKfrG) durch andere Leistungsträger
gedeckt würde. Gemäß Art. 1 Abs 1 Satz 1 BaySchKfrG ist die notwendige Beförderung (iSd Art 2 Abs 1 Satz 1 BaySchKfrG) der
Schülerinnen und Schüler auf dem Schulweg bei öffentlichen und staatlich anerkannten privaten Realschulen, Gymnasien, Berufsfachschulen
(ohne Berufsfachschulen in Teilzeitform), zweistufigen Wirtschaftsschulen und drei- bzw. vierstufigen Wirtschaftsschulen bis
einschließlich Jahrgangsstufe 10 sowie bei Vollzeitunterricht an Berufsschulen Aufgabe der kreisfreien Gemeinde oder des Landkreises
des gewöhnlichen Aufenthalts der Schülerin oder des Schülers (Aufgabenträger). Die Kosten der notwendigen Beförderung trägt
der Aufgabenträger (Art 3 Abs 1 Halbsatz 1 BaySchKfrG), so dass für die Kläger die notwendige Beförderung zum Besuch einer
Schule unentgeltlich war. Lediglich ab der Jahrgangsstufe 11 der genannten Bildungseinrichtungen, die die Kläger bis 30.04.2006
im Alter von 14 Jahren (Klägerin zu 2) bzw. 12 Jahren (Kläger zu 3) ersichtlich noch nicht erreicht hatten, entfällt grundsätzlich
die Kostenfreiheit des Schulweges, wobei die Kläger aufgrund des Leistungsbezuges nach dem SGB II aber einen Anspruch auf Erstattung der Kosten gegenüber dem Aufgabenträger gehabt hätten (Art 3 Abs 1 Satz 6 und 7 BaySchKfrG).
Soweit die Kläger mit der Berufung auch die Kostenerstattung für einen Orthesenschuh (Bescheid vom 13.08.2007) und eine kieferorthopädische
Behandlung (Bescheid vom 19.09.2007) der S. sowie die Übernahme von Fahrtenkosten zu einem Arzt bzw. Mietwagenkosten, die
im Zusammenhang mit der Erkrankung der S. stünden (Bescheid vom 05.05.2006), geltend machen, ist in der Sache nicht zu entscheiden.
Es handelt sich ausschließlich um individuelle Bedarfe, die ausschließlich in der Person der S. im Zusammenhang mit der Behandlung
ihrer Krankheiten entstanden sind (siehe auch oben), so dass die daraus folgenden Ansprüche allein von S. im eigenen Namen
geltend gemacht werden können. Nachdem S. ihre auch auf diese Streitgegenstände bezogenen Klagen bereits vor dem SG zurückgenommen hatte, wären die (zutreffenden) Ausführungen des SG zur fehlenden sachlichen Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche nicht erforderlich gewesen, denn die nach der Klagerücknahme
noch offenen Klagen der Kläger zu 1 bis 4 waren bezogen auf die Individualansprüche der S. bereits (mangels Prozessführungsbefugnis)
unzulässig, soweit diese Ansprüche von den Klägern im eigenen Namen geltend gemacht worden sind, jedenfalls aber - mangels
Aktivlegitimation - unbegründet, soweit die Kläger behauptet haben, ein eigenes Recht geltend zu machen.
Nachdem das SG die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§
183,
193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen der Kläger.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nr.
1 und
2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.