Gründe
I.
Der Antragsteller bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In seinem Weiterzahlungsantrag vom 02.10.2013 gab er an, von seiner Frau seit 01.10.2013 getrennt zu leben und als Bodenleger,
Tapezierer und Streicher selbstständig tätig zu sein. Dabei erziele er voraussichtlich Einnahmen in Höhe von mehreren tausend
Euro monatlich bei lediglich geringen Betriebsausgaben. Mit Bescheid vom 29.11.2013 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung
von Alg II für die Zeit ab 01.10.2013 vorläufig ab. Aufgrund der vom Antragsteller angegebenen Einnahmen bestehe kein Anspruch.
Dagegen legte der Antragsteller keinen Widerspruch ein. Unter dem 09.02.2014 teilte der Antragsteller dem Antragsgegner mit,
die erwartete Einnahmeerzielung habe sich zerschlagen. Er legte eine neue Anlage EKS vor, aus der sich ein Einkommen aus selbstständiger
Tätigkeit in Höhe von 0 EUR ergab. Am 20.02.2014 legte er eine weitere Anlage EKS vor, aus der sich erwartete Einnahmen in
Höhe von 1.000,00 EUR jeweils im März und April, 800,00 EUR im Mai und 1.000,00 EUR jeweils im Juni und Juli 2014 bei jeweils
30,00 EUR monatlichen Betriebsausgaben ergaben. Wegen der Einnahmen aus selbstständiger Tätigkeit, der Miete, die er dem Vater
für die Zeit von Oktober 2013 bis Februar 2014 schulde, seiner Wohnsituation und der Frage, ob er überhaupt selbstständig
tätig sei, bat der Antragsgegner den Antragsteller mehrfach (zuletzt mit Schreiben vom 21.03.2014) um Vorlage von Unterlagen.
Am 21.03.2014 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Würzburg (SG) einstweiligen Rechtsschutz dahingehend begehrt, sofort Alg II, ersatzweise vorschussweise, auszuzahlen. Er beantrage die
rückwirkende Auszahlung der ihm zustehenden Leistungen. Er habe seit 01.10.2013 kein Geld vom Antragsgegner erhalten. Zugleich
habe er Untätigkeitsklage erhoben.
Der Antragsgegner hat einen Bericht seines Außendienstes hinsichtlich am 24. und 25.03.2014 erfolgter Ermittlungen übersandt,
wonach die Wohnverhältnisse des Antragstellers und auch das angegebene Getrenntleben von der Ehefrau sowie die Ausübung einer
selbstständigen Tätigkeit in Frage gestellt werden. Ebenfalls hat der Antragsgegner eine Stellungnahme des Antragstellers
vom 25.03.2014 zum Schreiben vom 21.03.2014 übersandt, in dem der Antragsteller ausführt, die geplante Einnahmeerzielung sei
an bürokratischen Hindernissen gescheitert; Unterlagen und Nachweise hat der Antragsteller nicht übersandt.
Das SG hat ohne Einhaltung der Notfrist den Antragsteller zum Termin am 31.03.2014 und danach mit kurzer Frist zum 09.04.2014 geladen.
Der Antragsteller ist jeweils nicht erschienen.
Mit Beschluss vom 10.04.2014 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Weder der Anordnungsgrund noch der Anordnungsanspruch seien vom Antragsteller
glaubhaft gemacht worden. Eine Befragung hierzu habe mangels Erscheinens des Antragstellers nicht erfolgen können.
Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Er sei vom 27.03.2014 bis 15.04.2014 in seinem
Heimatland Mazedonien gewesen und habe seine kranke Mutter besucht. Auf Nachfrage des Senats zum Vorliegen des Anordnungsgrundes
und -anspruches hat er nochmals erklärt, die zunächst geplante Zusammenarbeit mit einer italienischen Baufirma als Selbstständiger
habe sich wegen bürokratischer Hindernisse zerschlagen. Es sei ihm gesagt worden, Alg II werde für diese Zeit ohne Berücksichtigung
von Einnahmen nachgezahlt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gemäß §§
171,
172 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat den Erlass einer einstweiligen Regelung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Vorliegend begehrt der Antragsteller vom Antragsgegner Alg II, so dass als Rechtsgrundlage für eine einstweilige Anordnung
§
86b Abs
2 SGG heranzuziehen ist. Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das
ist etwa dann der Fall, wenn den Antragsteller ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare
Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1998
BVerfGE 79, 69 (74); vom 19.10.1997 BVerfGE 46, 166 (179) und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; Niesel/ Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Aufl. Rn.652). Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes
- das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche
Anspruch, auf den der Antragsteller sein Begehren stützen - voraus. Die Angaben hierzu haben der Antragsteller glaubhaft zu
machen (§
86b Abs
2 Satz 2 und
4 SGG i.V.m. §
920 Abs
2, §
294 Zivilprozessordnung -
ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer,
SGG 10. Aufl., §
86b Rn. 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes
sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage im vom BVerfG vorgegebenen
Umfang (BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich
unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Sind hierbei die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit Existenz
sichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng
zu beurteilen. In diesem Fall ist ggf. auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange
des Antragsteller zu entscheiden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 Breithaupt 2005, 803 = NVwZ 2005, 927, NDV-RD 2005, 59 und vom 22.11.2002 NJW 2003, 1236; zuletzt BVerfG vom 15.01.2007 - 1 BvR 2971/06 -). In diesem Zusammenhang ist eine Orientierung an den Erfolgsaussichten nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend
geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend
geprüft werden (vgl. BVerfG vom 12.05.2005 aaO).
Erforderlich für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist jedoch zunächst das Vorliegen eines Hauptsacheverfahrens, für
das durch die einstweilige Anordnung eine vorläufige Regelung getroffen werden soll. Daran fehlt es hier, soweit der Antragsteller
die "vorschussweise" Zahlung von Alg II begehrt. Der Antragsteller hat nämlich hinsichtlich der mit Bescheid vom 29.11.2013
erfolgten vorläufigen Leistungsablehnung bis heute keinen Rechtsbehelf ( Widerspruch ) eingelegt, obwohl er über diesen Rechtsbehelf
im Bescheid vom 29.11.2013 - jedenfalls teilweise zutreffend - belehrt worden ist. Mangels Hauptsacheverfahrens besteht somit
kein Anlass, eine vorläufige Regelung zu "vorschussweise" zu erbringenden Leistungen zu treffen. Ob es sich dabei um ein fehlendes
Rechtsschutzbedürfnis oder einen fehlenden Anordnungsgrund handelt, kann offen gelassen werden.
Sollte der Antragsteller jedoch einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich der von ihm am 21.03.2014 ebenfalls erhobenen Untätigkeitsklage
begehren, ist zwar zu berücksichtigen, dass er ggfs mit der Vorlage der Anlage EKS vom 09.02.2014 (für die Zeit vom 01.10.2013
bis 31.03.2014) und vom 20.02.2014 (für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.07.2014) eine endgültige Leistungsbewilligung für die
jeweiligen Zeiträume begehrt hat, über die bis heute vom Antragsgegner nicht entschieden worden ist. Diese Untätigkeitsklage
ist jedoch jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt ohne Erfolgsaussichten, denn sie ist derzeit noch unzulässig ( §
88 Abs
1 Satz 1
SGG), so dass es einem Anordnungsanspruch fehlt.
Zudem ist zu beachten, dass, selbst wenn der Anspruch auf Alg II als offen angesehen wird - für die Klärung der Frage, ob
dem Antragsteller ab 01.10.2013 ein Anspruch auf Alg II zusteht, bedarf es weiterer Aufklärung hinsichtlich seines tatsächlichen
Einkommens und seiner Wohn- und Familienverhältnisse - dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zukommt. Nach der Rechtsprechung
des Senates ist aber für bereits abgelaufene Zeiträume in der Regel ein Anordnungsgrund, d.h. die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit,
nicht glaubhaft zu machen (vgl. Beschluss des Senates vom 28.10.2013 - L 11 AS 417/13 B ER). Nicht übersehen werden darf dabei auch, dass der Antragsteller nach seinen Angaben vom 27.03.2014 bis 15.04.2014 ortsabwesend
war, sodass bereits hieraus für diese Zeit sich nicht einmal ein Anordnungsanspruch ergeben könnte. Im vorliegenden Fall gelingt
es dem Antragsteller nicht, dem Senat glaubhaft darzulegen, dass ausnahmsweise eine solche Eilbedürftigkeit für bereits abgelaufene
Zeiträume vorliege.
Für die Zeit ab März 2014 gibt der Antragsteller hingegen wieder Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit bei nur geringen Betriebsausgaben
an, so dass, nachdem die Wohn- und Familienverhältnisse auch mangels Mitwirkens des Antragstellers ungeklärt sind, ein Anordnungsgrund
ebenfalls für den Senat nicht erkennbar und schon gar nicht vom Antragsteller glaubhaft dargelegt ist.
Offen gelassen werden kann, dass bei der Ladung des SG zum Termin vom 31.03.2014 (zugestellt am 29.03.2014) nicht einmal die Notfrist des §
217 Zivilprozessordnung (
ZPO) i.V.m. §§
202,
110 Abs
1 SGG eingehalten worden ist.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).