abhängige Beschäftigung; Pflegefachkraft; Statusfeststellung; ambulanten Pflege; Versicherungspflicht; Direktionsrecht; unternehmerisches
Risiko
Tatbestand
Streitig ist die Statusfeststellung bezüglich der Beigeladenen zu 1) für ihre Tätigkeit bei der Klägerin als bei deren Kunden
eingesetzte Pflegefachkraft in der Zeit vom 13.02.2013 bis 26.12.2013.
Die Klägerin ist im Bereich der ambulanten Pflege tätig. Sie verfügt über einen Versorgungsvertrag gemäß §
72 SGB XI mit den Landesverbänden der Pflegekasse in Bayern, der am 01.01.2010 in Kraft getreten ist.
Mit den zu pflegenden Personen, den Kunden der Klägerin, schließt die Klägerin einen Pflegevertrag nach einem vorgefertigten
Muster auf der Grundlage des Versorgungsvertrages. In § 1 des Pflegevertrages (PV) zwischen der Klägerin und ihren Kunden
ist bestimmt, dass die Klägerin als Pflegeeinrichtung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung durch einen Rahmenvertrag
nach §
132a SGB V zur Erbringung der Pflegeleistung berechtigt ist und eine entsprechende Vergütungsvereinbarung mit den Krankenkassen abgeschlossen
hat.
Nach § 6 Ziffer 1 PV richten sich die Entgelte für die den Kunden gewährten Leistungen grundsätzlich nach den Vereinbarungen,
die zwischen der Klägerin und den öffentlichen Leistungsträgern (Pflege- und Krankenkassen) nach den einschlägigen gesetzlichen
Vorschriften vereinbart wurden. Leistungen der Pflege- und Krankenkassen werden nach Kostenzusage von der Klägerin direkt
mit diesen Leistungsträgern abgerechnet, § 6 Ziffer 3 PV. Handelt es sich um eine private Kranken- oder Pflegeversicherung,
bezahlt zunächst der Kunde auf Rechnung der Klägerin an diese; anschließend reicht der Kunde die Rechnung der Klägerin bei
seiner privaten Versicherung ein, § 6 Ziffer 3 PV.
Nach § 2 Ziffer 3 PV erbringt die Klägerin bei ihren Kunden die ärztlich verordnete sowie pflegerisch notwendige Grund- und
Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung nach den Regeln des
SGB V oder des SGB XII, darüber hinaus vom Kunden gewählte Leistungen in persönlicher Absprache mit den Kunden (§ 2 Ziffer 2 und Ziffer 3 PV). Die
Planung der Pflege erfolgt gemeinsam mit den Kunden und wird dokumentiert (§ 2 Ziffer 4).
Nach § 3 Ziffer 2 PV dürfen "pflegende Mitarbeiter der Pflegeeinrichtung", also der Klägerin, unter bestimmten Voraussetzungen
Leistungen der medizinischen Behandlungspflege durchführen. Regelungen darüber, welche "Mitarbeiter" der Klägerin bei den
Kunden tätig werden bzw. ob sich die Klägerin Dritter, also etwa auch selbständig Tätiger, bedienen darf, finden sich im PV
nicht.
Die Beigeladene zu 1) ist nach eigenen Angaben ausgebildete "Intensivpflege-Altenpflegerin" und war im streitgegenständlichen
Zeitraum für zwei weitere Pflegedienste neben der Klägerin - ihrer Ansicht nach - als Selbständige tätig.
Am 01.02.2013 schlossen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) einen "Kooperationsvertrag" (KV) mit u. a. folgendem Inhalt:
- Die Klägerin ist ein Unternehmen für Dienstleistungen der ambulanten Versorgung von Trachiotomie und langzeitbeatmeten Menschen
(Ziffer I) und regelt mit dem Kooperationsvertrag die Geschäftsbeziehung zur Beigeladenen zu 1) (Ziffer II).
- Bei "Auftragserteilung bzw. Auftragsannahme im Einzelfall" erbringt die Beigeladene zu 1) Leistungen beim Kunden der Klägerin,
u. a. die ganzheitliche pflegerische Versorgung des Kunden, wobei Abweichungen im Leistungskatalog im einzelnen Auftrag von
der Beigeladenen zu 1) schriftlich festzuhalten sind (Ziffer III).
- Die Beigeladene zu 1) ist nach Ziffer III 1 verpflichtet, die beauftragten Leistungen in eigener Person durchzuführen, sofern
die Klägerin nicht durch die Erbringung der Leistung durch Dritte einverstanden ist Ziffer, III 2. In diesem Fall ist die
Beigeladene zu 1) dafür verantwortlich, dass ihr Vertreter die Kompetenz hat wie die Beigeladene zu 1) selbst und hat dies
der Klägerin nachzuweisen (Ziffer III 3).
- Der Ort der Durchführung der Leistungen durch die Beigeladene zu 1) richtet sich allein nach den Bedürfnissen des konkreten
Auftrags bzw. des Kunden der Klägerin (Ziffer III 4).
- Die Beigeladene zu 1) bietet der Klägerin nach eigenem Ermessen ihre zeitlichen und fachlichen Kapazitäten an, wie sie sie
in der konkreten Abrechnungszeit zur Verfügung stellen will. Die Klägerin bemüht sich, dieses Angebot in einen konkreten Auftrag
umzusetzen (Ziffer IV 1). Bei entsprechendem Bedarf unterbreitet die Klägerin der Beigeladenen zu 1) ein schriftliches Angebot,
aus dem sich das Auftragsvolumen in zeitlicher und fachlicher Hinsicht ergibt; das Angebot hat die Beigeladene zu 1) zu prüfen
und unverzüglich der Klägerin die Annahme oder Ablehnung schriftlich anzuzeigen (Ziffer IV 2).
- Bei Auftragsannahme hat die Beigeladene zu 1) mitzuteilen, ob sie den Auftrag selbst oder durch Dritte ausführen wird, wobei
die Klägerin berechtigt ist, benannte Dritte abzulehnen, IV Ziffer 3.
- Die Beigeladene zu 1) ist verpflichtet, ihre Leistungen unter Berücksichtigung des aktuellen Fach- und Wissensstandes zu
erbringen (Ziffer V 2), wobei von der Klägerin grundsätzlich die eigenständige und professionelle Durchführung der fachpflegerischen
und gesundheitsberatenden Leistungen erwartet wird (Ziffer V 1).
- Die Vergütung der Beigeladenen zu 1) durch die Klägerin erfolgt entweder nach zeitlichem Aufwand oder projektbezogen (Ziffer
VI 1), wobei im Falle einer projektbezogenen Abrechnung die Vergütung bei Auftragserteilung individuell vereinbart wird (Ziffer
VI 3). Im Falle einer zeitbezogenen Abrechnung beträgt das Stundenhonorar der Beigeladenen zu 1) 25,50 EUR brutto (Ziffer
VI 2).
- Die Beigeladene zu 1) sichert zu, dass sie mit "Aufnahme der Beschäftigung" bei der Klägerin eine Absicherung gegen das
finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die den Leistungen der gesetzlichen Rente und Krankenversicherung
entspricht (Ziffer VII 4).
- Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) gehen davon aus, dass die Beigeladene zu 1) in Ausübung einer selbständigen Tätigkeit
die Aufträge annimmt und deshalb kein Angestelltenverhältnis vorliegt (Ziffer VII 1).
- "Sollte wider Erwarten während oder nach Ablauf dieses Vertrages festgestellt werden, dass ein Angestelltenverhältnis vorliegt,
so verpflichtet sich der Auftragnehmer, den Auftraggeber von allen gesetzlichen Verbindlichkeiten freizustellen, die rückwirkend
für den abgelaufenen Zeitraum fällig werden" (so wörtlich Ziffer VII 2).
- Die Beigeladene zu 1) verpflichtet sich zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung (Ziffer VIII 1).
- Die Beigeladene zu 1) haftet bei der Ausübung ihrer Tätigkeit für die Klägerin für Vorsatz und Fahrlässigkeit (Ziffer VIII
4).
- Der KV ist unter Einhaltung einer vierwöchigen Frist für beide Seiten schriftlich kündbar (Ziffer X 1).
Am 12.08.2014 stellte die Beigeladene zu 1) Statusfeststellungsantrag bei der Beklagten.
Nach entsprechender Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 08.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2015
fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin vom 13.02.2013 bis 26.12.2013 als Pflegefachkraft im Rahmen
einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt worden sei und demzufolge Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
und dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe.
Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung bestünde nicht, nachdem die Beigeladene zu 1) als überwiegend
selbständig Tätige über Krankenversicherungsschutz verfügt habe.
Der Beginn der Versicherungspflicht richte sich nach dem Tag der Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses, also dem 13.02.2013,
wobei abweichend hiervon kein späterer Eintritt der Versicherungspflicht gemäß §
7a Abs.
6 Satz 1
SGB IV in Frage käme, nachdem die Beigeladene zu 1) ihren Statusfeststellungsantrag erst am 12.08.2014 gestellt habe.
Aus den vorgelegten vertraglichen und dargestellten tatsächlichen Verhältnissen ergebe die Beurteilung des Gesamtbildes der
Tätigkeit eine abhängige Beschäftigung:
- Die Beigeladene zu 1) habe in der häuslichen Umgebung der Kunden der Klägerin gearbeitet, wobei durch den Pflegeauftrag
der Ort der Leistungserbringung vorgegeben gewesen sei.
- Die Arbeitszeiten hätten sich nach dem Bedürfnis der zu pflegenden Person gerichtet, so dass insoweit eine freie Gestaltung
ausgeschlossen gewesen sei.
- Inhalt und Umfang der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei den Kunden der Klägerin beruhten auf einer ärztlichen Verordnung,
so dass eine Gestaltungsmöglichkeit der Beigeladenen zu 1) nicht bestanden habe.
- Die Klägerin habe die Verantwortung für die Leistungserbringung beim Kunden der Klägerin gegenüber den Kranken- und Pflegekassen
nicht getragen.
- Die Tätigkeit sei mit Stundenlohn vergütet worden, der nicht vom Erfolg der Pflege abhängig gewesen sei, was einer Gegenleistung
für eine geschuldete Arbeitsleistung gleich käme.
- Die Gespräche mit Kunden der Klägerin seien vor Auftragsvergabe von der Klägerin und nicht von der Beigeladenen zu 1) geführt
worden.
- Die Beigeladene zu 1) habe nicht selbst mit den Patienten bzw. den Kranken- und Pflegekassen abgerechnet und damit letztlich
keinen Einfluss auf die Preisgestaltung gehabt.
- Die Beigeladene zu 1) habe die Tätigkeit im Namen der Klägerin erbracht.
- Weder habe eine unternehmerische Chance noch ein unternehmerisches Risiko bestanden.
- Die Beigeladene zu 1) sei in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen und sei dem Direktionsrecht unterlegen,
habe ihre Tätigkeit also weisungsgebunden ausgeübt.
- Die Beigeladene zu 1) habe ihre eigene Arbeitskraft eingesetzt und dies funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation.
Ein erheblicher Kapitaleinsatz, der auch mit Möglichkeit eines Verlustes verbunden gewesen sei, habe nicht vorgelegen.
Auf die hiergegen erhobene Klage hob das Sozialgericht München mit Urteil vom 23.02.2017 den Bescheid der Beklagten vom 08.01.2015
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2015 auf und stellte fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die
Klägerin als Pflegefachkraft vom 13.02.2013 bis 26.12.2013 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt
worden sei und demzufolge keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung
bestanden habe.
Die Beigeladene zu 1) habe weder einem Weisungsrecht der Klägerin unterstanden, noch sei sie in deren Arbeitsorganisation
eingegliedert gewesen.
Die Beigeladene zu 1) und die Klägerin hätten in der mündlichen Verhandlung unabhängig voneinander glaubwürdig dargelegt,
dass hinsichtlich der Frage, wie ein Patient zu pflegen und wie mit ihm und seinen Angehörigen umzugehen sei, keinerlei Weisungen
von Seiten der Klägerin erteilt wurden. Die pflegerischen Leistungen seien im Rahmen der ärztlichen Verordnung vorgegeben
gewesen, was für freiberuflich Tätige und Angestellte gleichermaßen gegolten habe; hieraus könne nicht geschlossen werden,
dass die Beigeladene zu 1) einem Arbeitgeber-Direktionsrecht unterlegen habe. Hinsichtlich der zu erbringenden Leistungen
habe die Beigeladene zu 1) keine Weisungen von der Klägerin erhalten; darin liege ein bedeutender Unterschied zur Tätigkeit
von zahlreichen Festangestellten, die die Klägerin beschäftigt hat.
Der Arbeitsort habe sich aus der Natur des Auftrags ergeben, deshalb liege darin kein Arbeitgeber-Direktionsrecht.
Auch habe es kein Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich der Zeiten, in welchen die Beigeladene zu 1) für Dienstleistungen
bereitstehen sollte, gegeben. Die Beigeladene zu 1) habe nur eine Verpflichtung zur Anwesenheit beim Patienten gehabt, nachdem
sie einen Einzelauftrag aufgenommen hatte. Die Beigeladene zu 1) habe bestimmte Patienten ablehnen können, was festangestellten
Pflegekräften nicht möglich gewesen sei.
Daraus, dass die Beigeladene zu 1) frei über ihre Einsatzzeiten habe verfügen können, ergebe sich, dass eine Eingliederung
in die betriebliche Organisation der Klägerin nicht vorgelegen habe. Die Klägerin habe im streitigen Zeitraum ca. 40 festangestellte
Pflegefachkräfte beschäftigt und kein bestimmtes Zeitkontingent der Beigeladenen zu 1) bei der Pflegedienstplanung einkalkuliert.
Erst dann, wenn die Beigeladene zu 1) verfügbare Zeiten meldete, habe die Klägerin sie in die Planung der Dienste einbezogen.
Dass die Beigeladenen zu 1), sobald sie einen Pflegeauftrag angenommen habe, namentlich im Dienstplan aufgeführt wurde, reiche
nicht aus, eine Eingliederung in die betriebliche Organisation zu bejahen.
Die Beigeladene zu 1) sei unter keinem sonstigen Aspekt in die betriebliche Organisation der Klägerin eingebunden gewesen.
Sie habe nicht an Dienstbesprechungen der Klägerin teilgenommen, ebenso wenig an Fortbildungsveranstaltungen, oder organisatorische
Tätigkeiten für die Klägerin ausgeübt. Sie habe auch keine Dienstkleidung der Klägerin getragen und sei gegenüber den Kunden
der Klägerin nicht als Angestellte der Klägerin aufgetreten.
Der Beigeladenen zu 1) seien keinerlei Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt worden. Zu den Patienten sei die Beigeladene zu
1) mit eigenem PKW gefahren, dessen Anschaffung- und Betriebskosten sie selbst getragen habe. Der Anfahrtsweg zu den einzelnen
jeweiligen Einsatzorten sei Teil der geschuldeten Tätigkeit gewesen. Angestellte der Klägerin seinen üblicherweise mit einem
Firmenfahrzeug gefahren, dessen Betriebskosten die Klägerin getragen habe.
Auch die Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) im Falle einer kurzfristigen Verhinderung selbst in der Verantwortung gestanden
habe, eine Ersatzkraft zu organisieren, zeige, dass sie nicht in die betriebliche Organisation der Klägerin eingegliedert
gewesen sei; ansonsten hätte die Klägerin den kurzfristigen Ausfall im Rahmen ihrer Dienstplanung selbst kompensieren müssen.
Die Beigeladene zu 1) habe durchaus ein Unternehmensrisiko getragen. Dies ergebe sich daraus, dass die Beigeladene zu 1) Investitionen,
etwa die Anschaffung des PKW und eines Notebooks, habe tätigen müssen, um ihre Tätigkeit anbieten zu können, ohne dass sie
sicher sein konnte, Aufträge zu erhalten, aus denen sie Einnahmen erzielen konnte. Auch habe sie laufende Kosten tragen müssen,
etwa die Unterhaltskosten für den PKW und Beiträge zu Berufshaftpflichtversicherung.
Auch innerhalb eines angenommenen Auftrags habe die Beigeladene zu 1) ein Unternehmerrisiko gehabt, nämlich für den Fall,
dass eine vereinbarte Pflegeleistung doch nicht benötigt wurde, etwa beim Krankheitsaufenthalt eines Patienten oder im Falle
seines Todes; denn wenn die Beigeladene zu 1) "ihren Dienst" nicht habe antreten können, so habe sie auch keinen Anspruch
auf Vergütung gehabt. Das Ausfallrisiko, das der Kläger für seine Angestellten getragen habe, habe die Beigeladene zu 1) insoweit
selbst getragen.
Zwar habe die Beigeladene zu 1) keine großen Anschaffungen machen müssen, um die Pflegetätigkeit ausüben zu können. Hieraus
könne in der Dienstleistungsbranche jedoch nicht der Schluss gezogen werden, es liege keine selbständige Tätigkeit vor. Von
Bedeutung sei dies nur, wenn jemand die erforderlichen Investitionen für eine selbständige Tätigkeit nicht selbst tätigte,
sondern aufwendige Arbeitsmittelgerätschaft oder Infrastruktur vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt würden, was hier nicht
der Fall gewesen sei.
Die Beigeladene zu 1) sei auch in der fachlichen Verantwortung für die Pflegeleistung gewesen und habe für diesen Fall eine
Berufshaftpflicht abgeschlossen.
Soweit das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 17.03.2015 Az.: B 3 P 1/15 B entschieden habe, dass im Rahmen eines Versorgungsvertrages zwischen Kassen und Pflegeleistungserbringer Leistungen nicht
abgerechnet werden könnten, wenn für den Pflegeleistungserbringer selbständige Pflegekräfte tätig würden, führe dies nicht
dazu, dass die Beigeladene zu 1) nicht als Selbständige angesehen werden dürfe, sondern habe allenfalls zur Folge, dass die
fraglichen Leistungen von der Klägerin gegenüber den Krankenkassen nicht abgerechnet werden könnten.
Auch müsse §
2 Satz 1 Nr. 2
SGB VI berücksichtigt werden, worin eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Versicherung für selbständig tätige Pflegepersonen
normiert wird, die regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Aus dieser Vorschrift sei ersichtlich,
dass eine selbständige Tätigkeit möglich sei, wie sie die Beigeladene zu 1) ausgeübt habe.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Bei Abwägung der Gesamtumstände liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Beigeladenen zu 1) bei der ihrer Tätigkeit
für die Klägerin als Pflegefachkraft vor. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Beigeladene zu 1) nicht berechtigt gewesen
sei, mit den Kunden der Klägerin abzurechnen, sie also nur Erfüllungsgehilfin der Beigeladenen der Klägerin gewesen sei ohne
eigenes unternehmerisches Risiko.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. Februar 2017 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 08.01.2015 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2015 abzuweisen.
Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts München in allen Punkten für zutreffend.
Die weiteren Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts ist aufzuheben und die Klage gegen die streitgegenständlichen Bescheide abzuweisen.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin und die Beigeladene zu 1) nicht in ihren
Rechten. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum in ihrer für den privaten
ambulanten Pflegedienst der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Pflegerin wegen einer abhängigen Beschäftigung in der gesetzlichen
Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig war.
Die Beklagte ist in ihren Bescheiden in dem von der Klägerin nach §
7a SGB IV eingeleiteten Anfrageverfahren, in dessen Rahmen sie über die Frage der Sozialversicherungspflicht wegen Beschäftigung der
Beigeladenen zu 1) auch - wie hier - nach Beendigung der zu beurteilenden Tätigkeit entscheiden darf (vgl. BSG SozR 4-2400 § 7 a Nr. 3 Rn. 32), auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller tatsächlichen Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls
(vgl. §
7 a Abs.
2 SGB IV) zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beigeladene zu 1) in ihrer für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Pflegefachkraft
in der ambulanten Pflege grundsätzlich der Versicherungspflicht wegen abhängiger Beschäftigung unterlag.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Eine Beschäftigung im Sinne dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.
Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist es regelmäßig der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert
ist und er dabei eine Zeit, Dauer Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber
ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmensrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte,
die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets
das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten
Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (ständige Rechtsprechung
des BSG, vgl. etwa Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R). Maßgeblich ist die zwischen den Beteiligten praktizierte Rechtsbeziehung und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich
zulässig ist. Ausgangspunkt der Prüfung sind dabei jeweils die vertraglichen Vereinbarungen, soweit solche bestehen.
Rechtlicher Ausgangspunkt der Zusammenarbeit der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) im Interesse der schwerstkranken Patienten
ist hier der schriftliche KV, aus dem sich die Grundsätze der Zusammenarbeit der Beigeladenen zu 1) mit der Klägerin ergeben.
Der KV sieht als Rahmenvertrag für die Zusammenarbeit im Wesentlichen vor, dass die Beigeladene zu 1) von der Klägerin Einzelaufträge
erhält, für die jeweils dann noch weitere, dem Einzelauftrag gerecht werdende Vertragsbedingungen, ggf. auch eine abweichende
Höhe der Vergütung, ausgehandelt werden könnten. Dies ist jedoch nicht geschehen; vielmehr ist die Beigeladene zu 1) in der
streitgegenständlichen Zeit ausschließlich so tätig geworden, dass sie nach Übernahme eines Einzelauftrags für ihre Leistungen
Rechnungen an die Klägerin richtete, die auf der im KV vereinbarten Stundenvergütung von 25,50 Euro brutto basierten.
Deshalb hat eine Bewertung der Tätigkeit am Maßstab der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung zwischen selbstständiger
Tätigkeit und Beschäftigung entwickelten Grundsätze zunächst im Hinblick auf den KV, aber auch an den Bedingungen der konkreten
Einsatzaufträge zu erfolgen.
Dabei ist davon auszugehen, dass eine Tätigkeit, wie sie von der Beigeladenen zu 1) als Pflegefachkraft ausgeführt wurde,
sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstes weiter ausgeübt werden kann (vgl. BSG Urteil vom 28.09.2011, Az.: B 12 R 17/09 R Rz 17 sowie BSG Beschluss vom 13.02.2014 Az.: B 12 R 21/13 B) und zwar auch dann, wenn sie als Einzelperson tätig wird; insoweit weist die Klägerin zu Recht auf §
2 Satz 1 Nr. 2
SGB VI hin.
Ob die konkrete Tätigkeit, wie sie hier ausgeübt wird, dass nämlich im Dreiecksverhältnis zwischen Klägerin und deren Kunden
die Beigeladene zu 1) als Erfüllungsgehilfin der Klägerin auftrat, möglicherweise angesichts der Vorgaben des Gesundheitssystems,
insbesondere auch der Entscheidung des BSG zur Abrechnungsmöglichkeit von Pflegeleistungen (BSG Beschluss vom 17.03.2015 Az.: B 3 P 1/15 B) bei Erfüllungshilfen durch Selbständige, von vorneherein nur in abhängiger Beschäftigung ausgeübt werden kann, kann dahingestellt
bleiben.
Denn maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage der Feststellungen der Tatsacheninstanzen (BSG Urteil vom 28.09.2011, Az.: B 12 R 17/09 R Rz. 30). Anders als das Sozialgericht meint, ergibt die insoweit vom BSG vorgegebene Gesamtwürdigung aller entscheidungsrelevanter Merkmale eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei
der Klägerin.
Bei Würdigung aller entscheidungsrelevante Merkmale und Anwendung dieser Grundsätze kommt der Senat - insbesondere unter Einbezug
der von der Beklagen in ihrem Bescheid und Widerspruchsbescheid erfolgten Darstellung und Würdigung - zu dem Ergebnis, dass
die Beigeladene zu 1) bei Durchführung ihrer Einzelaufträge zur Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stand.
Die Bewertung und Gewichtung der genannten Abgrenzungsmerkmale zeigen, dass das tatsächlich praktizierte Vertragsverhältnis
dem einer abhängig Beschäftigten entspricht, die eine Tätigkeit als Teilzeittätigkeit verrichtet, wohingegen die Aspekte,
die für eine Qualifikation der Tätigkeit als selbständige Tätigkeit sprechen, in den Hintergrund treten.
Obwohl der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) geschlossene KV einige Elemente enthält, die für eine selbständige
Tätigkeit sprechen könnten (zB der im Vertrag festgehaltene Wunsch der Vertragspartner, dass eine selbständige Tätigkeit ausgeübt
werde; die Möglichkeit, eine Ersatzkraft zu stellen, Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung), spricht die tatsächliche
Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses, wie sie sich aus den Angaben der Beteiligten erschließt, überwiegend für eine abhängige
Beschäftigung. Insbesondere lassen sich keine wesentlichen, gerade einer Selbständigkeit das Gepräge gebenden Freiräume für
die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) feststellen, die einem in vergleichbarer Weise in der Betreuung pflegebedürftiger Menschen
tätigen abhängigen Beschäftigten nicht zugestanden hätten (vgl. zu diesem Kriterium BSG, Urteil vom 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R; LSG NRW Urteil vom 18.06.2014, L 8 R 1052/12 Rz. 149).
Werden im Auftrag eines ambulanten Pflegedienstes Tätigkeiten bei unterschiedlichen Patienten in deren Haushalt ausgeübt und
erfolgt die Vergütung auf der Grundlage der geleisteten Stunden, so ist nämlich regelmäßig vom Bestehen einer abhängigen Beschäftigung
auszugehen (BayLSG Urteil vom 16.07.2015, L 7 R 978/12; LSG NRW Urteil vom 27.11.2012, L 8 R 900/11 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BSG vom 28.09.2011 B 12 R 17/09 R und bestätigt von BSG Beschluss vom 13.02.2014, B 12 R 21/13 B).
Betrachtet man die Fallkonstellationen, wie sie zum einen BSG vom 28.09.2011, B 12 R 17/09 R und zum anderen BayLSG Urteil vom 16.07.2015, L 7 R 978/12 sowie LSG NRW Urteil vom 27.11.2012, L 8 R 900/11 (bestätigt vom BSG mit Beschluss vom 13.02.2014, B12 R 21/13 B) zugrunde lagen, so kommt der Senat im vorliegenden Fall bei Würdigung und Wertung
der Einzelumstände zum Ergebnis, dass die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin abhängig beschäftigt war.
Eine vertragliche Bindung zwischen den Patienten und der Beigeladenen zu 1) bestand nicht. Die Beigeladene zu 1) hat im Auftrag
der Klägerin unterschiedliche Patienten als nicht selbständige Erfüllungsgehilfin der Klägerin betreut. Die Klägerin schloss
mit den Patienten Behandlungsverträge ab, die eine Betreuung der Patienten ausschließlich durch die Klägerin vorsahen. Zur
Erfüllung ihrer Pflichten aus diesem Vertrag bediente sich die Klägerin der Beigeladenen zu 1), die ihre Rechnung gegenüber
der Klägerin stellte. Art und Umfang der Tätigkeit, die bei den einzelnen Patienten verrichtet wurden, ergaben sich aus den
entsprechenden Vorgaben im Hinblick auf die Bezahlung der Klägerin durch die Pflegekasse. Vertragliche Vereinbarungen zwischen
der zu pflegenden Person und der Beigeladenen zu 1) gab es nicht. Die Abrechnung der gegenüber dem Patienten erbrachten Leistung
erfolgte ausschließlich durch die Klägerin gegenüber den jeweiligen Leistungsträgern, insbesondere den Kranken- und Pflegekassen.
Bei derartigen Dreiecksverhältnissen besteht regelmäßig ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis (vgl. BSG, Urteil vom 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R).
Die Pflege ist letztlich von der Klägerin organisiert worden, die hierfür letztverantwortlich war und demgemäß als vertraglich
gegenüber den Patienten Verpflichtete mit der Krankenbzw. Pflegekasse die Leistungen abgerechnet hat. Die Beigeladene zu 1)
war dabei in die Organisation und Sicherstellung der umfassenden und lückenlosen Pflege des einzelnen Pflegebedürftigen entsprechend
den Vorgaben der Auftraggeber der Klägerin eingebunden und damit auch den Weisungen der Klägerin unterlegen. Die Sicherstellung
der Pflege oblag allein der Klägerin, die den Einsatz der einzelnen Kräfte organisieren musste und hierfür auch einen für
alle Pflegekräfte verbindlichen Zeitplan erstellte. Bei Übernahme eines Auftrags musste die Beigeladene zu 1) die verbindlich
übernommenen Stunden auch erbringen, unabhängig davon, ob es sich um einen Auftrag mit stundenweiser Vergütung oder um einen
Auftrag mit einmaliger Projekt-Gesamtvergütung handelte. Entsprechend ist im KV auch festgelegt, dass nach Übernahme eines
Auftrags eine Vertretung der Beigeladenen zu 1) nur mit Zustimmung der Klägerin möglich war und der übernommene Einzelauftrag
auch nicht mehr ordentlich kündbar war. Die für die Klägerin tätigen Kräfte waren jeweils Teil der Organisation der Klägerin
zur Sicherstellung der Pflege und Versorgung ihrer Kunden bzw. Patienten. Sie gingen in dieser Organisation auf.
Auch die beschriebenen Einweisungen, die Bindungen an die im Haushalt ausliegenden Dokumentationen und sonstigen Kontakte
bezüglich Nachfragen und notwendigen Koordinierungen mit den im Haushalt tätigen anderen Pflegekräften der Klägerin, die im
Hinblick auf die notwendige Abrechnung mit den Pflegekassen notwendigen Feststellungen des Ergebnisses der Arbeiten der Beigeladene
zu 1), und die Aufnahme in den Dienstplan ergeben, dass die Beigeladene zu 1) bei ihrer Tätigkeit in den pflegerischen Ablauf
deshalb in den Betrieb der Klägerin eingegliedert war (BayLSG Urteil vom 16.07.2015, L 7 R 978/12; vgl. auch LSG NRW Urteil vom 21. November 2012, L 8 R 900/11 Rz 40). Insbesondere mussten Informationen über die Tätigkeiten, die jeweils zu verrichten waren, nicht nur beim ersten Mal
bzw. im Rahmen der Übernahme des konkreten Einzelauftrags ausgetauscht werden. Zur Sicherstellung der Qualität der Pflege
musste die Beigeladene zu 1) die Klägerin vielmehr stets von sich aus informieren, wenn dies zur ordnungsgemäßen Pflege notwendig
war, wie sich auch aus dem KV ergab.
Soweit die Klägerin demgegenüber darauf abhebt, es habe der Beigeladenen zu 1) jeweils freigestanden, welche konkreten Termine
sie übernahm, stellt dies kein wesentliches Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit dar. Flexible Arbeitszeiten sind häufig
auch in abhängigen Beschäftigungen anzutreffen, da Arbeitgeber zunehmend durch flexible Arbeitszeitsysteme wie Gleitzeit etc.
den persönlichen Bedürfnissen ihrer Arbeitnehmer entgegenkommen, aber solche Systeme auch zu ihrem Vorteil nutzen, um z.B.
zum Teil schwankenden Arbeitsanfall abfedern und teure Arbeitskraft effektiver einsetzen zu können. Dies gilt umso mehr für
Tätigkeiten, die nicht in Vollzeit, sondern - wie hier - in Teilzeit ausgeübt werden und so nicht die gesamte Arbeitskraft
des Beschäftigten in Anspruch nehmen. Wenn die Beigeladene zu 1) nämlich einen Termin im Rahmen ihres Einzelauftrags zusagte,
bestand für sie keine Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der zeitlichen Einteilung der auszuführenden Tätigkeiten mehr.
Nur wenig Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass die Beigeladene zu 1) nach dem KV berechtigt gewesen wäre, eine Ersatzkraft
zu stellen. Zum einen entspricht dies nicht den tatsächlichen Verhältnissen; eine Ersatzkraft wurde nie gestellt. Zum anderen
hätte die Klägerin eine Ersatzkraft nach Ziffer IV 3 des Kooperationsvertrages jederzeit ablehnen können.
In der Gesamtbewertung hat zudem wenig Gewicht, dass die tägliche Ausgestaltung der konkret vorzunehmenden Tätigkeiten in
den Privathaushalten der zu betreuenden Patienten durch eine Eigenverantwortlichkeit und Selbstständigkeit der Beigeladenen
zu 1) geprägt war, wenn sie im Rahmen ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten als ausgebildete Pflegefachkraft mit ihren Spezialkenntnissen
tätig wurde. Denn auch eine eigenständige Entscheidungs- und Gestaltungsbefugnis bei der konkreten Ausgestaltung einer Tätigkeit
führt regelmäßig nicht zur Selbstständigkeit im Sinne einer unternehmerischen Tätigkeit.
Vielmehr ist es gerade auch für eine abhängige Beschäftigung typisch, dass der Grad der Eigenständigkeit der Ausführung mit
dem Grad der Qualifikation des Mitarbeiters und seiner Verantwortung für den Erfolg des Gesamtunternehmens wächst. Dabei wird
das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht dadurch beseitigt, dass es nicht in jedem Detail ausgeübt wird. Dies ist bei Diensten
höherer Art sogar regelmäßig der Fall, so dass sich das Weisungsrecht des Arbeitgebers zu einer funktionsgerecht dienenden
Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert, wenn der Betreffende in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. z.B. BSG Urteil v. 21.02.1990, 12 RK 47/87, SozR 3-2940 § 3 Nr. 1). Ein solches verfeinertes Weisungsrecht hatte die Klägerin gegenüber der Beigeladenen zu 1), da sie gegenüber den
Patienten letztverantwortlich war. Von einer Eingliederung der Beigeladenen zu 1) in den Betrieb der Klägerin und einem Weisungsrecht
der Klägerin nach Annahme des einzelnen Auftrags ist daher auszugehen.
Soweit die Klägerin darlegt, die Beigeladene zu 1) hätte einzelne Aufträge ablehnen können, so gibt auch dieser Aspekt für
die Beurteilung, ob es sich bei der Tätigkeit um eine abhängige oder selbstständige Beschäftigung handelt, wenig her. Lehnt
nämlich eine Pflegekraft eine Pflegestelle ab, so hat sie regelmäßig keinen Anspruch auf Übertragung einer anderen. Dies entspricht
aber auch der Situation einer angestellten Pflegekraft, die ebenfalls mit dem Risiko des Arbeitsplatzverlustes eine bestimmte
Arbeit ablehnen kann (vgl. hierzu z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.1999, L 4 KR 2023/98). Im Übrigen müsste der von der Klägerin behaupteten theoretischen Freiheit, einzelne Aufträge abzulehnen, nur untergeordneter
Indizwert beigemessen werden, weil dieser Möglichkeit in der Praxis der Beteiligten keine wesentliche Bedeutung zugekommen
ist. Ein entsprechendes Beispiel ist jedenfalls von den Beteiligten nicht konkret beschrieben worden (vgl. zur Frage der Delegationsbefugnis
BSG, Urteil v. 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R Rz. 17).
Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) war nicht durch ein typisches Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Mit diesem Aspekt hat
sich das Sozialgericht insbesondere in Anbetracht der klaren Rechtsprechung des BSG hierzu (Urteil vom 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, Rz 21) völlig unzureichend auseinandergesetzt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist maßgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr
des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Eine
solche Ungewissheit hat es hier jedoch nicht gegeben. Tatsächliche Mittel hat die Beigeladene zu 1) nicht in nennenswertem
Umfang eingesetzt. Insbesondere fehlt es hier an jeglicher Unternehmensstruktur, wie es Voraussetzung für die Annahme eines
selbständigen Einpersonenbetriebes (vgl. §
2 Satz 1 Nr. 2
SGB VI) wäre. Die Beigeladene zu 1) ist nicht als Unternehmen auf dem freien Markt aufgetreten und hat entsprechende Werbung betrieben;
vielmehr ist sie in ihrem Privat-Kfz auch ohne entsprechende Werbung auf dem Kfz zu den Patienten gefahren. Einen Internetauftritt
hatte sie als Unternehmen nicht. Eine steuerliche Auflistung über einen Einkauf von Hilfsmitteln, die sie nach ihren Angaben
auf eigene Rechnung bei den Patienten benötigte, oder Arbeitskleidung, die sie verwendete, oder eine Fahrtenbuchführung mit
einer Abrechnung von betrieblich veranlassten Tankbelegen, hat sie offensichtlich - wie bei einem Unternehmen üblich - nicht
vorgenommen. Genauso wenig ist ersichtlich, dass die Beigeladene zu 1) über geschäftliche Räume außerhalb ihres Privatbereiches
verfügte. An einer unternehmerischen Kalkulation, die Voraussetzung jeder unternehmerischer Tätigkeit ist, fehlt es hier völlig.
Insbesondere soweit die Beigeladene zu 1) ihren eigenen Pkw dazu benutzt hat, die jeweiligen Patientenwohnungen zu erreichen,
liegt hierin, kein wesentliches unternehmerisches Risiko. Denn zum einen muss auch der typische Arbeitnehmer dafür Sorge tragen,
seinen Arbeitsplatz zu erreichen. Soweit die Angestellten der Klägerin über ein Dienst-Kfz verfügten und die Beigeladene zu
1) nicht, stellt dies kein unternehmerisches Risiko dar, da die höhere Stundenvergütung der Beigeladenen zu 1) dies nach der
vertraglichen Gestaltung offensichtlich abdecken sollte.
Ein Verlustrisiko hinsichtlich des Einsatzes ihrer Arbeitskraft hat die Beigeladene zu 1) nicht getragen, da sie eben gerade
nicht nach Erfolg, sondern nur nach tatsächlichem Zeitaufwand entlohnt wurde. Eine über die vereinbarte Vergütung hinausgehende
Verdienstmöglichkeit (zB Erfolgsprämie vgl. etwa BSG Urteil vom 31.03.2015, B 12 KR 17/13 R Rz. 27) bestand nicht. Vielmehr fehlt es an einer nachvollziehbaren unternehmerischen Kalkulation bei den Beigeladenen zu
1), die auf der einen Seite mit einer Vergütung ihrer Arbeitskraft auskommen musste, andererseits es aber unterlassen hat,
dem Verdienst vor allem auch eine - für eine selbständige Tätigkeit entsprechend notwendige - hinreichende soziale Absicherung
gegenüberzustellen.
Das Fehlen von Regelungen zu Ansprüchen auf Urlaubsentgelt bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich
genommen nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos. Die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht
prägenden Risikoverteilung ist nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche
Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R). Hierfür ist im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich.
Im Ergebnis ergibt eine Würdigung der Gesamtumstände, dass die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin abhängig beschäftigt ist,
so dass die Berufung der Beklagten Erfolg hat. Anzumerken ist, dass zur Abführung der Sozialversicherungsbeiträge allein die
Klägerin verpflichtet ist; eine Belastung der Beigeladenen zu 1) hiermit - wie es mit Ziffer VII 2 des Kooperationsvertrages
beabsichtigt ist - wäre sittenwidrig.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG und der Erwägung, dass die Klägerin mit ihrem Begehren erfolglos blieb.
Der Streitwert wird gemäß § 197a i.V.m. § 52 Gerichtskostengesetz (GKG) angesichts fehlender Anhaltspunkte gemäß der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG vom 28.11.2011, B 12 R 17/09 R) mit 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.