Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Kostenerstattung von weiteren Kosten einer Haushaltshilfe
in Höhe von 430,- EUR.
Die Beschwerdeführerin ist bei der Beschwerdegegnerin gegen Krankheit versichert. Am 11.01.2017 unterzog sie sich einer Operation
am rechten Arm, nach der sie eine Haushaltshilfe benötigte. Die Beschwerdegegnerin teilte der Beschwerdeführerin zuletzt mit
Bescheid vom 09.02.2017 mit, dass vom 30.01.2017 bis zum 10.02.2017 die Kosten einer Haushaltshilfe täglich für maximal 4
Stunden bis zu einem Stundensatz von 9,25 EUR übernommen würden.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid mit einem auf den "02.02.2017" datierten Schreiben Widerspruch, weil ein
Stundensatz von 9,25 EUR unrealistisch sei, und legte eine Empfangsbestätigung der von ihr in Anspruch genommenen Haushaltshilfe
über Kosten in Höhe von 800,- EUR vor. Dem vorgenannten Betrag lagen 40 geleistete Stunden Haushaltshilfe zu einem Stundensatz
von 20,- EUR zugrunde. Mit diversen weiteren Schreiben und E-Mails beanstandete sie das Vorgehen der Beschwerdegegnerin, wobei
sie in der E-Mail vom 12.03.2017 an eine Mitarbeiterin der Beschwerdegegnerin Folgendes vortrug: "du glaubst du bist eine
nazi kann ich als Judin nicht gegen dich machen ,wie dein e Vorfarenh haben juden geschlachtet und gegessen ,schauer mal dein
e Nazi methode ob bringt für dich eine Gutes Ergebnis Nazi waren und sind supper Dumm un d weil du bist Nazi du bist Dumm
wie alle die mit dir arbeitet die mit mir Stress machen"
Ohne den Erlass eines Widerspruchsbescheids abzuwarten, erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 07.03.2017 Klage zum
Sozialgericht (SG) Nürnberg. Mit Schreiben vom 06.04.2017 hat sie um "schnellstmögliche Behandlung" gebeten und auf gerichtliche Nachfrage
mit Schreiben vom 21.04.2017 klargestellt, dass ihr Schreiben vom 06.04.2017 als Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu
sehen sei.
Diesen Antrag hat das SG mit Beschluss vom 16.05.2017 abgelehnt. Im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung hat das SG darauf hingewiesen, dass der Beschluss unanfechtbar sei.
Mit Schreiben vom 21.05.2017 hat die Beschwerdeführerin, die eine Benachteiligung unterstellt, weil sie Jüdin sei, Beschwerde
zum Bayer Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie hat die Mitarbeiter der Beschwerdegegnerin als "ganz deutliche Nazis" bezeichnet.
Die ablehnende Entscheidung des SG sei "superrassistisch" und durch einen "deutlichen Judenhass" geprägt. "Diese kriminelle Entscheidung" sei für sie kaum erträglich.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG Nürnberg vom 16.05.2017 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes
zu verpflichten, ihr weitere Kosten für eine Haushaltshilfe in Höhe von 430,- EUR zu erstatten.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Beigezogen worden sind die Akten des SG sowie der Beschwerdegegnerin.
II.
Die Beschwerde gemäß §§
172 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist nicht zulässig. Sie ist gemäß §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG unstatthaft, weil in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte.
Ausgehend vom Begehren der Beschwerdeführerin im Widerspruchs- und Klageverfahren beträgt der Streitwert 430,- EUR. Zwischen
den Beteiligten unstreitig ist der zeitliche Umfang der in Anspruch genommenen Haushaltshilfe von insgesamt 40 Stunden. Die
Beschwerdeführerin begehrt aber eine Kostenerstattung nach einem Stundensatz von 20,- EUR anstelle von 9,25 EUR, wie ihn die
Beschwerdegegnerin bereits durchgeführt hat. Daraus errechnet sich eine offene Forderung der Beschwerdeführerin von 430,-
EUR und damit ein Streitwert in dieser Höhe.
Eine Berufung gegen eine (noch ergehende) Entscheidung im Klageverfahren bedürfte, da die Klage eine Geldleistung und keine
wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, gemäß §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1, Satz 2
SGG der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht mehr als 750,- EUR beträgt. In derartigen Fällen ist eine Beschwerde
im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG von Gesetzes wegen nicht vorgesehen. Auf diesen Umstand hat auch das SG zutreffend in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss hingewiesen.
Gemäß §
124 Abs.
3 SGG bedurfte es keiner mündlichen Verhandlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von §
197 a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
154 Abs.
2 Verwaltungsgerichtsordnung. Für einen - wie hier - unstatthaften Rechtsbehelf kommt die Kostenprivilegierung des §
183 SGG nicht zur Anwendung.
Eine Regelung, die eine Gebührenfreiheit konstituiert (z.B. §
183 Satz 1
SGG, § 4 Abs. 8 Satz 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz [JVEG], § 56 Abs. 2 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz oder § 66 Abs. 8 Satz 1 Gerichtskostengesetz [GKG]), kommt weder direkt noch analog zur Anwendung, da eine gesetzlich bestimmte Gebührenfreiheit nur für statthafte Verfahren
gilt (ständige Rechtsprechung des 15. Senats des Bayer. LSG, vgl. z.B. Beschlüsse vom 07.08.2014, L 15 SF 146/14 E, vom 22.09.2014, L 15 SF 157/14 E, vom 13.07.2015, L 15 SF 347/13 E, vom 23.10.2015, L 15 SB 176/15 B PKH, und vom 25.08.2016, L 15 SF 225/16 E, wobei die gegen die Entscheidung vom 25.08.2016 erhobene Beschwerde zum Bundessozialgericht [BSG] mit Beschluss des BSG vom 14.11.2016, B 10 SF 14/16 S, als unzulässig verworfen worden ist). Dies entspricht auch der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung von Bundesgerichtshof
(BGH) (vgl. Beschlüsse vom 17.10.2002, IX ZB 303/02, und vom 03.03.2014, IV ZB 4/14), Bundesfinanzhof (BFH) (vgl. Beschlüsse vom 12.09.2005, VII E 5/05, vom 15.02.2008, II B 84/07, und vom 30.11.2005, VIII B 181/05) und Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) (vgl. Beschluss vom 15.03.2016, 1 KSt 2/16, 1 KSt 2/16 (1 B 18/16)).
Der aufgezeigten Rechtsprechung schließt sich der Senat an.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass sozialgerichtliche Verfahren im Regelfall gemäß §
183 Satz 1
SGG kostenfrei sind und die Regelung des §
197a SGG mit der darin konstituierten Kostenpflichtigkeit eine Ausnahme von diesem Grundsatz darstellt. Gleichwohl steht dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis
einer Kostenpflichtigkeit unstatthafter Verfahren nicht entgegen. Das Bayer. LSG hat dazu im Beschluss vom 28.09.2015, L 15
RF 36/15 B, Folgendes ausgeführt: "Dem" - gemeint: Der Kostenpflichtigkeit - "steht auch nicht entgegen, dass die ganz überwiegende
Zahl der sozialgerichtlichen Verfahren und auch das Berufungsverfahren des Antragstellers in der Hauptsache vom Grundsatz
der Kostenfreiheit gemäß §
183 Satz 1
SGG geprägt sind. Diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung
des
Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) (vgl. Bundestags-Drucksache 14/5943, S. 20) bestätigt und dies wie folgt begründet: "Insbesondere Versicherte,
Rentner, Kriegsopfer, Schwerbehinderte, Hinterbliebene, Kinder- und Erziehungsgeldberechtigte sowie Pflegebedürftige und Pflegepersonen
sollen auch künftig nicht mit Gerichtskosten belastet werden. Diese Regelung eröffnet den Versicherten den Rechtsschutz durch
die Sozialgerichte ohne finanzielle Nachteile; sie können ihre Ansprüche unabhängig von einem individuellen Kostenrisiko klären."
Gleichzeitig hat er mit der durch §
197 a SGG erfolgten Einführung einer streitwertbezogenen Gebührenpflicht nach dem GKG für Streitigkeiten, an denen Versicherte und Leistungsempfänger nicht beteiligt sind, diejenigen Verfahren von der Gebührenprivilegierung
ausgenommen, die von ihrem Schutzzweck her nicht auf die Durchsetzung von Ansprüchen auf Sozialleistungen ausgerichtet sind
und bei denen daher eine Kostenprivilegierung nicht sachgerecht wäre (vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf eines 6. SGGÄndG,
a.a.O., S. 20, 28 f.). Daraus den Rückschluss zu ziehen, dass der privilegierte Personenkreis bei allen seinen Handlungen
vor einem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit unter dem Schutz der Kostenprivilegierung stünde, wäre jedoch verfehlt. Denn die
Kostenprivilegierung stellt eine besondere Ausprägung des sozialen Schutzes in Form eines kostenfreien Rechtsschutzes dar.
Diese Schutzbedürftigkeit endet aber dann, wenn der Rechtsschutzsuchende die vom Gesetzgeber vorgesehenen Wege des Rechtsschutzes
verlässt. Denn von einer sozialen Schutzwürdigkeit kann keine Rede mehr sein, wenn sich der Gesetzgeber dazu entschlossen
hat, für ein bestimmtes Begehren keinen Rechtsschutz mehr zu eröffnen. Insofern ist auch unter Zugrundelegung der gesetzgeberischen
Erwägungen zur Gerichtskostenfreiheit im sozialgerichtlichen Verfahren kein Anlass gegeben, in die Kostenprivilegierung auch
unstatthafte Verfahren einzubeziehen. In seiner Einschätzung, dass der Gesetzgeber auch für den grundsätzlich gerichtskostenprivilegierten
Personenkreis keine allumfassende Kostenprivilegierung eröffnen wollte, wird der Senat auch durch die Regelung des §
197 a SGG bestätigt. Daraus wird ersichtlich, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, bei der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung
auch einem grundsätzlich kostenprivilegierten Kläger Kosten des sozialgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen. Diesem Rechtsgedanken
wird die Auslegung des Senats gerecht, wenn er für unstatthafte Verfahren, gerade aus dem Bereich des Kostenrechts, keine
Kostenprivilegierung zulässt."
Der aufgezeigten Argumentation des Bayer. LSG schließt sich der Senat vollumfänglich an. Sie steht in Übereinstimmung mit
der höchstrichterlichen Rechtsprechung von BGH, BFH und BVerwG. So hat beispielsweise das BVerwG im Beschluss vom 15.03.2016,
1 KSt 2/16, 1 KSt 2/16 (1 B 18/16), Folgendes ausgeführt:
"Denn für ein nicht statthaftes Rechtsmittel wird grundsätzlich keine sachliche Gebührenfreiheit gewährt, selbst dann nicht,
wenn das Verfahren im Übrigen seiner Art nach gerichtsgebührenfrei ist (vgl. BGH, Beschluss vom 3. März 2014 - IV ZB 4/14 - NJW 2014, 1597; BFH, Beschluss vom 30. November 2005 - VIII B 181/05 - NJW 2006, 861)."
Sofern gegenüber der aufgezeigten Auffassung des Bayer. LSG und damit auch von BGH, BFH und BVerwG Bedenken geäußert werden
(vgl. Loytved, jurisPR-SozR 17/2016 Anm. 3; dem sich anschließend, aber ohne weitergehende Begründung: BSG, Beschluss vom 14.11.2016, B 10 SF 14/16 S), kann der Senat dem aus folgenden Gründen nicht folgen:
1. Wenn Loytved als Argument für eine Kostenfreiheit auch unstatthafter Rechtsbehelfe anführt, dass in dem von ihm zum Anlass
seiner Kritik genommenen Fall des Bayer. LSG, dem eine weitere Anhörungsrüge nach dem JVEG zugrunde lag, spezielle kostenrechtliche Regelungen (§§ 4, 4a JVEG) nicht eingreifen würden, daher die allgemeinen Regelungen der §§
183,
197a SGG heranzuziehen seien und nach diesen Regelungen grundsätzlich von einer Kostenfreiheit auszugehen sei, hat er schon im konkreten
Fall übersehen, dass Verfahren nach dem JVEG in sehr vielen Fällen nicht kostenprivilegierte Beteiligte des sozialgerichtlichen Verfahrens betreffen, sondern beispielsweise
die Vergütung von Sachverständigen oder die Entschädigung von Zeugen Gegenstand der Entscheidung ist. Warum in derartigen
Fällen von einer Kostenprivilegierung nach §
183 SGG auszugehen sein sollte, nur weil der Sachverständige bzw. Zeuge in einem sozialgerichtlichen Verfahren gehört worden ist,
lässt sich nicht begründen. Vielmehr besteht in derartigen Fällen kein Unterschied zu - kostenpflichtigen - Verfahren zivilgerichtlicher,
verwaltungsgerichtlicher oder finanzgerichtlicher Art. Dass ein im Zusammenhang mit der Geltendmachung einer Entschädigung
nach dem JVEG eingelegter unstatthafter Rechtsbehelf eines Zeugen beispielsweise in einem zivilgerichtlichen Verfahren kostenpflichtig
ist, nicht aber in einem sozialgerichtlichen Verfahren, ist auch mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.
3 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) nicht begründbar.
2. Sofern Loytved die Ansicht äußert, nach dem Sinn und Zweck des §
183 SGG sollte "auch die Klärung der Grenzen des Rechtsschutzes gerichtskostenfrei möglich sein", findet dieser Gedanke besonderer
sozialer Prägung keine Stütze im Gesetzeswortlaut oder den Gesetzesmaterialien. Die Kostenprivilegierung des §
183 SGG ist zwar unbestreitbar durch die gesetzgeberische Intention geprägt, bei typischerweise sozial Schutzbedürftigen im sozialgerichtlichen
Verfahren die gerichtliche Klärung nicht an Kostengesichtspunkten scheitern zu lassen. Dieser Schutzzweck erschöpft sich aber
in der Ausschöpfung der vom Gesetzgeber eröffneten Möglichkeiten des Rechtsschutzes, was auch aus der Gesetzesbegründung abzuleiten
ist. So hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des
Sozialgerichtsgesetzes (6. SGGÄndG) (vgl. Bundestags-Drucksache 14/5943, S. 20) den Grundsatz der Kostenfreiheit gemäß §
183 Satz 1
SGG wie folgt begründet: "Diese Regelung eröffnet den Versicherten den Rechtsschutz durch die Sozialgerichte ohne finanzielle
Nachteile; sie können ihre Ansprüche unabhängig von einem individuellen Kostenrisiko klären." Dass auch über die vom Gesetzgeber
vorgesehenen Rechtsschutzmöglichkeiten zur Geltendmachung des sozialrechtlichen Anspruchs hinaus die "Klärung der Grenzen
des Rechtsschutzes" von der sozialen Schutzbedürftigkeit begünstigt und damit die Kostenfreiheit eröffnet sein sollte, kann
der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden, überreizt den Gedanken der sozialen Schutzbedürftigkeit und ist zudem von einem
Misstrauen gegenüber der Richtigkeit sozialgerichtlicher Rechtsmittelbelehrungen geprägt, für das kein Anlass besteht.
3. Die Argumentation von Loytved ist in sich nicht widerspruchsfrei. Einerseits gesteht er zu, dass eine Gebührenfreiheit
nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur für statthafte Rechtsbehelfe gilt. Andererseits schränkt er diesen Grundsatz für
Verfahren vor den Sozialgerichten wieder ein und begründet dies damit, dass im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz
der Kostenprivilegierung des §
183 SGG gelte. Warum diese Einschränkung im sozialgerichtlichen Verfahren gelten sollte, wohingegen auch für zivilgerichtliche, finanzgerichtliche
und verwaltungsgerichtliche Verfahren in ständiger Rechtsprechung feststeht, dass für einen nicht statthaften Rechtsbehelf
keine sachliche Gebührenfreiheit zu gewähren ist - und zwar selbst dann nicht, wenn das Verfahren im Übrigen seiner Art nach
gerichtsgebührenfrei ist (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 15.03.2016, 1 KSt 2/16, 1 KSt 2/16 (1 B 18/16) - m.w.N. auf die Rechtsprechung von BGH und BFH), begründet Loytved nicht. Im Sinne der Einheit der Rechtsordnung und des
Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art.
3 Abs.
1 GG sieht der Senat keinen Anlass dafür, unstatthafte Rechtsbehelfe in grundsätzlich gerichtskostenfreien Verfahren vor den Verwaltungsgerichten,
Zivilgerichten und Finanzgerichten anders zu behandeln als unstatthafte Rechtsbehelfe in grundsätzlich gerichtskostenfreien
Verfahren vor den Sozialgerichten. Insbesondere sieht der Senat in der im sozialgerichtlichen Verfahren gegebenen sozialen
Schutzwürdigkeit und Bedürftigkeit keinen Grund für eine Ungleichbehandlung ansonsten weitgehend gleich gelagerter Sachverhalte,
zumal eine Gerichtskostenpflicht in einem unstatthaften Verfahren nicht in Konflikt mit der sozialen Schutzwürdigkeit steht,
weil sich diese nicht auf unstatthafte Verfahren erstrecken kann.
4. Keine ausreichende Begründung einer Kostenfreiheit unstatthafter Rechtsbehelfe kann der Senat in dem Argument von Loytved
erkennen, dass die vom Gesetzgeber vorgesehenen Wege des Rechtsschutzes "insbesondere für juristische Laien nicht immer klar
erkennbar" seien und es daher naheliege, ein soziales Schutzbedürfnis auch für einen unstatthaften Rechtsbehelf anzunehmen.
Selbst nach der Argumentation von Loytved kann bei einem anwaltlich vertretenen Kläger von einem sozialen Schutzbedürfnis
schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil sich der Beteiligte angesichts seiner anwaltlichen Beratung nicht darauf stützen
kann, dass für ihn nicht erkennbar sei, ob noch ein Rechtsbehelf eröffnet sei oder nicht. Aber auch bei einem unvertretenen
und juristisch nicht vorgebildeten Kläger kann dessen soziale Schutzbedürftigkeit eine Kostenfreiheit unstatthafter Rechtsbehelfe
nicht begründen. Dies ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten: Zum einen lassen sich aus einer Unkenntnis gesetzlicher Vorschriften
grundsätzlich keine positiven Folgen für den Kenntnislosen ableiten. Genauso wie eine Rechtsunkenntnis einem Verschulden nicht
entgegen steht (ständige Rechtsprechung, vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 22.01.1999, 2 BvR 729/96; BVerwG, Beschlüsse vom 01.11.2001, 4 BN 53/01, und vom 07.10.2009, 9 B 83/09; BFH, Beschluss vom 10.04.2006, VII S 9/06; BSG, Beschluss vom 10.02.1993, 1 BK 37/92, Urteile vom 15.08.2000, B 9 VG 1/99 R, vom 28.04.2005, B 9a/9 VG 3/04 R, und vom 06.05.2010, B 13 R 44/09 R), lässt sich mit einer Rechtsunkenntnis keine in einer Kostenfreiheit zum Ausdruck kommende positive Rechtsfolge begründen.
Zum anderen würde eine Differenzierung danach, ob der den unstatthaften Rechtsbehelf einlegende Beteiligte anwaltlich vertreten
ist oder selbst als juristischer Laie auftritt, zu einer Ungleichbehandlung zu Lasten eines anwaltlich vertretenen oder rechtskundigen
Beteiligten führen. Eine derartige Vorgehensweise stünde in eklatantem Widerspruch zum Gleichbehandlungsgrundsatz des Art.
3 Abs. 1
SGG. Schließlich könnte eine Kostenpflichtigkeit damit umgangen werden, dass der Beteiligte noch unvertreten einen unstatthaften
Rechtsbehelf einlegt und erst danach anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt. Denn die Frage der Kostenpflichtigkeit ist bereits
mit Eingang des Rechtsbehelfs zu beantworten. Der Hinweis von Loytved darauf, dass die vorgesehenen Wege des Rechtsschutzes
für einen juristischen Laien nicht immer klar erkennbar seien, kann daher nicht als Grund für eine Kostenfreiheit des unstatthaften
Rechtsbehelfs angeführt werden.
5. Sofern Loytved aus der Möglichkeit, in einem gerichtskostenfreien Verfahren einem grundsätzlich kostenprivilegierten Kläger
Kosten gemäß §
192 SGG aufzuerlegen, den Rückschluss zieht, "dass der Gesetzgeber dem im Grunde nachvollziehbaren Anliegen des Landessozialgerichts
durch eine besondere Kostenregelung Rechnung getragen hat" und daher für eine "Einschränkung der Anwendung des §
183 SGG" keine Veranlassung gesehen habe, kann der Senat dem nicht folgen. Eine Verlagerung der Problematik einer Kostenauferlegung
im sozialgerichtlichen Verfahren auf den Beteiligten in den Anwendungsbereich des §
192 SGG verkennt, dass vor der Prüfung einer Anwendung des §
192 SGG zu klären ist, ob es sich überhaupt um ein gerichtskostenfreies Verfahren handelt - nur bei einem solchen ist die Anwendung
des §
192 SGG möglich. Wenn schon, wie nicht nur das Bayer. LSG, sondern diverse andere Gerichte auch in zahlreichen Entscheidungen (vgl.
oben) aufgezeigt haben, gar nicht von einer Gerichtskostenfreiheit des unstatthaften Rechtsbehelfs ausgegangen werden kann,
kann nicht mit einer unter Hinweis auf §
192 SGG erfolgten Argumentation eine - nicht vorliegende - Gerichtskostenfreiheit begründet werden.
6. Der Hinweis von Loytved, "das BSG [habe] - soweit ersichtlich - in ständiger Rechtsprechung unstatthafte Rechtsbehelfe kostenprivilegierter Beteiligter auch
nach Einführung des §
197a SGG als gerichtskostenfrei behandelt (vgl. z.B. BSG, Beschl. v. 12.03.2002 - B 11 AL 5/02 S; BSG, Beschl. v. 04.02.2003 - B 11 AL 5/03 R; BSG, Beschl. v. 10.05.2011 - B 2 U 3/11 BH)", kann nicht überzeugen. In allen genannten Entscheidungen hat sich das BSG mit der Frage der Kostenfreiheit nicht näher auseinandergesetzt und die Kostenentscheidung ohne irgendeine Begründung auf
§
183 SGG gestützt. Zudem gibt es durchaus auch Entscheidungen des BSG, in dem dieses nicht von einer Erstreckung der Kostenfreiheit des Grundverfahrens auf ein nachfolgendes unstatthaftes Annexverfahren
ausgegangen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 12.01.2015, B 10 ÜG 9/14 C - siehe auch unten Ziff. 7.).
7. Den Ausführungen von Loytved liegt dessen Annahme zu Grunde, dass sämtliche Annexverfahren zu einem im Sinne von §
183 SGG kostenprivilegierten Verfahren automatisch ebenfalls dem Kostenprivileg des §183
SGG unterliegen. Eine derartiger Automatismus ist aber weder begründbar noch findet er eine Stütze in der Rechtsprechung des
BSG. Beispielhaft verweist der Senat auf den Beschluss des BSG vom 12.01.2015, B 10 ÜG 9/14 C. Dort wurde die Nichterhebung von Gerichtskosten bei einer unstatthaften Beschwerde und einer
unstatthaften weiteren Anhörungsrüge im Rahmen eines gemäß § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG kostenfreien Verfahrens nach dem GKG damit begründet hat, dass § 3 Abs. 2 GKG für Eingaben nach § 69a GKG keinen Gebührentatbestand vorsehe. Dies belegt, dass das BSG trotz der gemäß § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG vorgegebenen Gerichtskostenfreiheit von einer Gerichtskostenpflichtigkeit der eingelegten unstatthaften Rechtsbehelfe ausgegangen
ist, da anderenfalls § 3 Abs. 2 GKG überhaupt nicht zur Anwendung kommen würde. Hätte das BSG angenommen, dass auch die eingelegten unstatthaften Rechtsbehelfe von der Kostenprivilegierung des § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG umfasst wären, wovon nach der Argumentation von Loytved ausgegangen werden müsste, hätte sich das BSG bei der Kostenentscheidung im Beschluss vom 12.01.2015 auf § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG und nicht auf § 3 Abs. 2 GKG stützen müssen und nicht auf den Umstand Bezug nehmen dürfen, dass im Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG für derartige Eingaben ein Gebührentatbestand nicht vorgesehen sei. Die vom BSG gegebene Begründung zur Kostenentscheidung zeigt also eindeutig, dass das BSG von der Gerichtskostenpflichtigkeit eines unstatthaften Rechtsbehelfs trotz grundsätzlicher Gerichtskostenfreiheit des zugrunde
liegenden Verfahrens ausgegangen ist. Von einer - wie Loytved meint - "ständigen Rechtsprechung" des BSG, wonach unstatthafte Rechtsbehelfe im Rahmen grundsätzlich gerichtskostenfreier Verfahren "als gerichtskostenfrei behandelt"
werden müssten, kann daher nicht die Rede sein.
Einer Anhörung der Beschwerdeführerin in Form der Gewährung rechtlichen Gehörs zu den kostenrechtlichen Gesichtspunkten bedurfte
es vor Erlass der Entscheidung nicht. Die Kostenpflicht ist bereits mit Einlegung des unstatthaften Rechtsmittels eingetreten,
wie sich aus der Fälligkeitsregelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG ergibt, und somit nicht im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs einer Erörterung mit den Beteiligten zugänglich zu machen.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §§ 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Der Streitwert ergibt sich aus der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Forderung auf Erstattung weiterer Kosten
einer Haushaltshilfe in Höhe von 430,- EUR (vgl. oben).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).