Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. April 2010 aufgehoben.
Der Klägerin wird mit Wirkung vom 14. Mai 2009 für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung
ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten ab Eingang der Vertretungsanzeige gewährt. Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen
sind nicht zu leisten.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin ist statthaft (§
172 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist begründet, denn das Sozialgericht hat zu Unrecht die hinreichende Erfolgsaussicht
des Prozesskostenhilfegesuchs der Klägerin nach §§ 73a
SGG, 114
ZPO verneint; die wirtschaftlichen Voraussetzungen der §§
114 ff
ZPO liegen vor.
1. Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) verfassungskonform auszulegen. Art.
3 Abs.
1 GG gebietet i. V. m. dem u. a. in Art.
20 Abs.
3 GG zum Ausdruck gebrachten Rechtsstaatsprinzip und dem aus Art.
19 Abs.
4 Satz 1
GG folgenden Gebot effektiven Rechtsschutzes eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei
der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Hierbei braucht der Unbemittelte allerdings nur einem solchen Bemittelten gleichgestellt
zu werden, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Dementsprechend darf
die Prüfung der Erfolgsaussichten jedenfalls nicht dazu führen, über die Vorverlagerung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung
in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe eben dieses Nebenverfahren an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen
(vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28.11.2007, 1 BvR 68/07). Deshalb dürfen insbesondere schwierige, bislang nicht geklärte Rechts- und Tatfragen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht
entschieden werden, sondern müssen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung
im Hauptsacheverfahren zugeführt werden können (BVerfG, aaO., und Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 04.07.1993,
1 BvR 1523/92). Demnach ist ausgehend von dem für das Hauptsacheverfahren zugrunde zu legenden Sachantrag eine hinreichende Erfolgsaussicht
bereits dann gegeben, wenn zum rechtlich maßgeblichen Zeitpunkt entweder noch Beweis zu erheben ist oder wenn das Gericht
den klägerischen Rechtsstandpunkt aufgrund eines geklärten Sachverhalts für zutreffend oder für zumindest vertretbar und klärungsbedürftig
hält.
2. Nach diesen Maßstäben war zum hier maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der erstmaligen Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags
am 14. Mai 2009 (vollständige Einreichung der nachgeforderten Unterlagen zu der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse) die hinreichende Erfolgsaussicht nicht zu verneinen.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht angenommen, Entscheidungsreife im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin
sei mangels Vorlage (und richterlicher Anforderung) des Kontoauszuges über das Girokonto nicht gegeben. Die Klägerin hat sich
bereits im Dezember 2007 dahingehend erklärt, sie verfüge nur über ein Girokonto bei der Sparkasse. Für jenes Konto hat sie
mehrfach Kontoauszüge vorgelegt, zuletzt am 14. Mai 2009. Es reicht aus, wenn die Partei sich über vorhandene Konten erklärt
und insoweit einen Nachweis zum Kontostand vorlegt. Nicht erforderlich ist hingegen die Angabe ehemals innegehaltener, im
Zeitpunkt des Antrags aber aufgelöster Kontoverbindungen. Meint das Gericht, Anhaltspunkte für die Existenz weiterer Konten
zu haben, so ist es zwar zur weiteren Aufklärung verpflichtet. Stellt sich dabei jedoch heraus, dass die ursprünglichen Angaben
vollständig und zutreffend waren, so ist die um Prozesskostenhilfe nachsuchende Partei so zu behandeln, als wäre ihr Antrag
bereits zuvor entscheidungsreif gewesen. So liegt es hier, denn die Klägerin hat mit ihrer Beschwerde nachgewiesen, dass sie
die Löschung jenes Kontos bereits im Januar 2007 in Auftrag gegeben hatte.
Ist demnach für die Beurteilung der Erfolgsaussichten auf den 14. Mai 2009 abzustellen, so kann nicht für deren Verneinung
auf das Ergebnis der erst im Jahr 2010 bei Gericht eingegangenen Sachverständigengutachten abgestellt werden. Vielmehr ist
von der offenbar durch das Sozialgericht angenommenen weiteren Aufklärungsbedürftigkeit auszugehen und damit eine hinreichende
Erfolgsaussicht im eingangs geschilderten Sinne gegeben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§
177 SGG).