Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für den Zeitraum von August 2014 bis Juli 2016 einen Anspruch gegen den
Beklagten auf Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) hat.
Die 1989 geborene, erwerbsfähige Klägerin begann im August 2014 eine Berufsfachschulausbildung "Biologisch Technische Assistenz
(BTA) mit Schwerpunkt Biochemie" an der Gewerbeschule C. in H ... Zuvor hatte die Klägerin in L. M. studiert, war jedoch im
11. Fachsemester exmatrikuliert worden, nachdem sie eine Prüfung wiederholt nicht bestanden hatte.
Einen Antrag der Klägerin auf Berufsausbildungsbeihilfe nach dem
Dritten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) lehnte Bundesagentur für Arbeit mit Bescheid vom 8. August 2014 ab mit der Begründung, es handele sich um eine schulische
Ausbildung. Ihr Antrag auf Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) vom 14. August 2014 wurde abgelehnt (Bescheid der Hansestadt Lübeck vom 5.9.2014) mit der Begründung, sie habe ihre vorherige
Ausbildung, das Studium, erst im 11. Semester abgebrochen. Da kein unabweisbarer Grund für den Abbruch nachgewiesen sei, könne
die jetzt begonnene weitere Ausbildung nicht mehr gefördert werden.
Am 29. August 2014 beantragte die Klägerin beim Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 29. September 2014 ab. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin sei von Leistungen
ausgeschlossen, da sie in der Ausbildung sei und diese Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der Berufsausbildungsbeihilfe nach dem
SGB III dem Grunde nach förderungsfähig sei. Auszubildende hätten gem. § 7 Abs. 5 und 6 SGB II (in der bis 31.7.2016 geltenden Fassung vom 20.12.2011, im Folgenden: a.F.) über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Die Klägerin erhob am 21. Oktober 2014 Widerspruch und trug zur Begründung vor, sie erhalte weder Berufsausbildungsbeihilfe
noch BAföG, die entsprechenden Anträge seien beide abgelehnt worden. Sie sei daher hilfebedürftig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass
die Ausbildung zur Biologisch-Technischen Assistentin dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG sei. Damit sei die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 5 SGB II a.F. grundsätzlich ausgeschlossen. Die Voraussetzungen der Öffnungsklausel des § 7 Abs. 6 SGB II a.F. seien nicht erfüllt. Auch ein Anspruch auf Leistungen als Darlehen gem. § 27 Abs. 4 SGB II (in der bis 31.7.2016 geltenden Fassung vom 20.12.2011, im Folgenden: a.F.) bestehe nicht. Es liege im Falle der Klägerin
kein atypischer Sachverhalt vor, der einen besonderen Härtefall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(BVerwG) begründe. Die von der Klägerin am 21. August 2014 aufgenommene Zweitausbildung stehe weder vor dem Abschluss noch
stelle die Ausbildung objektiv belegbar die einzige Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt dar. Schließlich seien auch Leistungen
nach § 27 Abs. 3 SGB II a.F. ausgeschlossen, da die Klägerin weder Leistungen der Berufsausbildungsbeihilfe nach dem
SGB III noch Leistungen nach dem BAföG beziehe und diese Leistungen auch nicht aufgrund von Einkommen und Vermögen versagt worden seien.
Am 26. Januar 2015 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht erhoben. Sie hat vorgetragen, dass die Ausbildung zur Biologisch-Technischen
Assistentin nicht förderungsfähig sei und insoweit auf die Ablehnung ihres BAföG-Antrags durch Bescheid vom 5. September 2014 verwiesen. Auch Berufsausbildungsbeihilfe sei abgelehnt worden. Die Klägerin
hat ferner mitgeteilt, sie wohne mietfrei bei einem Bekannten. Ihr Vater bezahle ihre Krankenkassenbeiträge und Handyrechnungen.
Von ihren Eltern, Geschwistern sowie einer Bekannten erhalte sie zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts monatlich Geld als
Darlehen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Januar 2017 abgewiesen. Der Bescheid vom 29. September 2014 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Januar 2015 sei rechtmäßig. Die Klägerin sei gemäß § 7 Abs. 5 SGB II a.F. von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Danach hätten Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II a.F. hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die von der Klägerin absolvierte Berufsfachschulausbildung
sei dem Grunde nach förderungsfähig gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG, da es sich um eine Berufsfachschulklasse handele, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetze und
die in einem mindestens zweijährigen Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss vermittele. Die Förderung nach dem
BAföG sei der Klägerin nur deshalb versagt worden, weil es sich um eine Zweitausbildung handele und sie ihre vorherige Ausbildung
im elften Semester abgebrochen habe, ohne dass ein unabweisbarer Grund hierfür nachgewiesen worden sei. Für die Frage des
Ausschlusses von Leistungen nach dem SGB II komme es aber nicht darauf an, ob tatsächlich BAföG-Leistungen gewährt würden, entscheidend sei allein, ob die Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig sei, was hier der Fall
sei. Die in § 7 Abs. 6 SGB II a.F. geregelten Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Leistungsausschluss lägen ebenfalls nicht vor. Ein Anspruch auf Leistungen
nach § 27 Abs. 3 SGB II a.F. (Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft) bestehe nicht, da dieser nur solchen Auszubildenden zustehe, die tatsächlich
Leistungen der Berufsausbildungsbeihilfe oder nach dem BAföG beziehen, was bei der Klägerin gerade nicht der Fall sei. Schließlich sei auch kein besonderer Härtefall gegeben, der gem.
§ 27 Abs. 4 SGB II a.F. einen Anspruch auf darlehensweise Leistungen begründen könnte. Auch nach den zum 1. August 2016 in Kraft getretenen
Neufassungen der genannten Vorschriften bestehe kein Anspruch der Klägerin.
Die Klägerin hat am 23. Januar 2017 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Sozialgericht habe die Änderungen
der maßgeblichen Vorschriften durch das Neunte SGB II-Änderungsgesetz nicht ausreichend beachtet. Nach der Neufassung seien Auszubildende und Studenten mit wenigen Ausnahmen -
von denen die Klägerin nicht erfasst sei - nicht mehr von Leistungen ausgeschlossen. Außerdem habe sie auch aus Härtegründen
einen Leistungsanspruch. Mangels Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG könne sie ihren Lebensunterhalt nur durch Leistungen nach dem SGB II sichern. Ein Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II habe den Abbruch der Ausbildung zur Folge. Die Aufnahme einer Nebentätigkeit sei ohne Gefährdung des Abschlusses nicht möglich.
Die Klägerin hat ferner mitgeteilt, sie habe ihre Ausbildung im Juli 2016 abgeschlossen und sei seitdem erwerbstätig.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid vom 9. Januar 2017 sowie den Bescheid vom 29. September 2014 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr für den Zeitraum August 2014
bis Juli 2016 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.
Mit Beschluss vom 27. März 2017 hat der Senat die Berufung nach §
153 Abs.
5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) der Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des
Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten
verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Soweit die Klägerin ausführt, das Sozialgericht habe die Änderungen
des SGB II durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (Gesetz vom 26.7.2016,
BGBl. S. 1824) nicht hinreichend beachtet, kann sie damit schon deshalb nicht durchdringen, weil dieses Gesetz nach seinem Art. 4 Abs.
1 erst zum 1. August 2016 in Kraft getreten und damit für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ohne Bedeutung ist. Dennoch
hat das Sozialgericht sich durchaus mit der Neufassung beschäftigt und zutreffend dargelegt, dass die Klägerin auch nach den
geänderten Vorschriften von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen wäre. Auch der Vortrag der Klägerin, es sei ein Härtefall gegeben, vermag nicht zu überzeugen. Die von ihr
geschilderten Folgen des Leistungsausschlusses gehen über die damit typischerweise verbundenen Folgen nicht hinaus und begründen
daher gerade keine besondere Härte.