Aufhebung einer Prozesskostenhilfebewilligung
Kostenrechtliche Wirkungen einer Aufhebung
Anspruchsübergang auf Staatskasse
Anspruch des Rechtsanwalts gegen den ersatzpflichtigen Gegner
1. Die Aufhebung einer PKH-Bewilligung nach §
124 ZPO hat zur Folge, dass die Wirkungen des §
122 ZPO entfallen; hierzu zählt gem. §
122 Abs.
1 Nr.
3 ZPO, dass der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht mehr geltend machen kann.
2. Stattdessen erhält der Rechtsanwalt die Vergütung aus der Landeskasse und ist er grundsätzlich berechtigt, seine Gebühren
und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen Namen beizutreiben.
3. Dieser Anspruch geht gem. § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG mit der Befriedigung durch die Staatskasse auf diese über.
4. Nach Aufhebung der Prozesskostenhilfe kann die Staatskasse ohne die Beschränkungen des §
122 Abs.
1 ZPO die auf sie übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Anwalts gegen die Partei geltend machen.
Gründe
I.
Die Kläger wenden sich gegen die Aufhebung einer Prozesskostenhilfebewilligung.
Das Sozialgericht bewilligte den Klägern mit Beschluss vom 09.03.2015 Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, das die Nichtbescheidung
eines Antrags der Kläger zum Gegenstand hatte. Mit Schreiben vom 10.04.2015 erkannte der Beklagte den mit der Klage verfolgten
Anspruch an und verpflichtete sich dem Grunde nach zur Übernahme der Kosten. Die Kläger erklärten daraufhin das Verfahren
für erledigt. Auf den Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts auf Festsetzung der Vergütung setzte das Sozialgericht die aus
der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslaugen antragsgemäß auf 380,80 EUR fest.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 11.05.2017 (zugestellt am 22.05.2017) die Prozesskostenhilfebewilligung gem. §
124 Abs.
1 Nr.
2 ZPO aufgehoben, weil die Kläger auf eine Aufforderung des Gerichts, sich zu einer Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse zu erklären, nicht reagiert hätten. Hiergegen richtet sich die am 22.06.2017 erhobene Beschwerde der Kläger.
Auf Aufforderung durch den Senat hat das Sozialgericht den auf die Staatskasse übergegangenen Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts
gem. § 59 RVG gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Der Beklagte hat hierauf einen Betrag iHv 380,80 EUR gezahlt.
II.
Die fristgemäß eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 11.05.2017 ist zulässig und begründet.
Nach §§ 73a Abs. 1 Satz 1
SGG, 124 Abs. 1 Nr. 2
ZPO soll das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit
unrichtige Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach §
120a Abs.
1 Satz 3
ZPO nicht oder ungenügend abgegeben hat. Die Aufhebung der Bewilligung nach §
124 ZPO hat zur Folge, dass die Wirkungen des §
122 ZPO entfallen. Hierzu zählt gem. §
122 Abs.
1 Nr.
3 ZPO, dass der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht mehr geltend machen kann. Stattdessen
erhält der Rechtsanwalt die Vergütung aus der Landeskasse (§ 45 Abs. 1 RVG) und ist er grundsätzlich berechtigt, seine Gebühren und Auslagen von dem in die Prozesskosten verurteilten Gegner im eigenen
Namen beizutreiben (§
126 Abs.
1 ZPO). Dieser Anspruch geht gem. § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG mit der Befriedigung durch die Staatskasse auf diese über. Gleiches gilt für den Anspruch des Rechtsanwalts gegen den ersatzpflichtigen
Gegner. Nach Aufhebung der Prozesskostenhilfe kann die Staatskasse ohne die Beschränkungen des §
122 Abs.
1 ZPO die auf sie übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Anwalts gegen die Partei geltend machen (OLG Karlsruhe FamRZ 1990,
1120; Schmidt in Meyer-Ladewig,
SGG, 12. Aufl., §
73a Rn 13i; Groß in: Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 14. Aufl. 2018, § 124 Aufhebung der Bewilligung
mwN). Ziel der Aufhebung der Prozesskostenhilfe ist damit, der Staatskasse den Rückgriff gegen den Berechtigten auf Erstattung
der geleisteten Prozesskostenhilfe zu eröffnen. Der Anspruchsübergang gegen den ersatzpflichtigen Gegner bleibt hingegen unberührt.
Hat die Staatskasse gem. § 59 Abs. 1 RVG den Anspruch des Rechtsanwalts gegen den ersatzpflichtigen Gegner geltend gemacht und hat dieser gezahlt, ist die Anwendung
von §
124 Abs.
1 ZPO daher ausgeschlossen. Die Staatskasse ist dann wegen ihrer durch die Bewilligung der Prozesskostenhilfe entstandenen Aufwendungen
bereits befriedigt. Die Erstattung der Aufwendungen der Staatskasse nach § 59 Abs. 1, 2 RVG ist gegenüber einer Aufhebung nach §
124 Abs.
1 ZPO vorrangig.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§§ 73a Abs. 1 Satz 1
SGG, 127 Abs. 4
ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).