Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Versagungsbescheid.
Der Kläger war als Energieberater (BAFA) und Effizienzhaus-Experte (dena) selbständig tätig. Für die Bewilligungszeiträume
vom 01.09.2011 bis 29.02.2012 und vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 wurden ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II vorläufig bewilligt. Die Leistungsbewilligung erfolgte vorläufig, weil der Kläger Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit
erzielte, deren Höhe bei Antragstellung noch nicht feststand.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 17.07.2012 auf den Ablauf des Bewilligungszeitraums am 31.08.2012 hin. Er habe
vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes einen Weiterbewilligungsantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach
dem SGB II zu stellen. Von dem Kläger seien dabei u.a. die Anlage EKS für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum 28.02.2013 sowie auch
die abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für den Zeitraum 01.09.2011 bis zum 29.02.2012 beizubringen.
Die Angaben und Belege für den Zeitraum 01.09.2011 bis 29.02.2012 würden zur Feststellung und Beurteilung des laufenden Leistungsanspruchs
benötigt.
Am 20.08.2012 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen. Er fügte u.a. Angaben zum voraussichtlichen Einkommen
aus selbständiger Tätigkeit für die Zeit von September 2012 bis Februar 2013 bei. Daraus ergaben sich Betriebseinnahmen in
Höhe von 1.600,00 EUR sowie Betriebsausgaben in Höhe von 990,00 EUR. Angaben zu dem Zeitraum 01.09.2011 bis 29.02.2012 machte
der Kläger nicht.
Mit Schreiben vom 27.08.2012 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Versagung der Leistungen ab dem 01.09.2012
an. Für den Zeitraum 01.09.2011 bis 29.02.2012 seien die von ihm "gemachten Angaben" zu seinen Einnahmen und Ausgaben im Rahmen
der selbständigen Tätigkeit "nicht in geeigneter Weise" belegt worden. Das öffentliche Interesse, feststellen zu können, in
welcher Höhe die vorläufig gewährten Leistungen endgültig festzusetzen seien und ob ihm auch laufend Leistungen zustünden,
sei höher zu bewerten als das Interesse des Klägers daran, die gemachten Angaben nicht in geeigneter Weise zu belegen. Die
Beklagte räumte dem Kläger zur Einreichung der Unterlagen eine Frist bis zum 10.09.2012 ein. Ferner wies sie den Kläger darauf
hin, dass sie für den Fall, dass der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkomme, berechtigt sei, ohne weitere Ermittlungen
die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise zu versagen oder zu entziehen, soweit die Voraussetzungen
des Leistungsanspruchs nicht nachgewiesen seien.
Der Kläger teilte mit Schreiben vom 30.08.2012 mit, eine Ablehnung oder Versagung von Leistungen aufgrund fehlender Angaben
zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für den Zeitraum 01.09.2011 bis 29.02.2012 sei aus seiner Sicht nicht zulässig.
Es seien keine Umstände ersichtlich, die ein Absehen von einer vorläufigen Leistungsgewährung rechtfertigen würden. Der Einkommenssteuerbescheid
2011 liege vor. Aus diesem ergebe sich, dass er im Jahr 2011 keinerlei Einkommen erzielt habe. Auch die Auszüge des Privat-
und Geschäftskontos von Januar 2012 und Februar 2012 hätten vorgelegen.
Mit Bescheid vom 12.09.2012 versagte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab
dem 01.09.2012. Der Kläger sei aufgefordert worden, eine abschließende Erklärung zu seinem Einkommen aus der selbständigen
Tätigkeit für die Zeit vom 01.09.2011 bis 29.02.2012 einzureichen. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen. Zu der beabsichtigten
Versagung sei er mit Schreiben vom 27.08.2012 angehört worden. Die geforderten Angaben würden zur abschließenden Berechnung
der vorangegangenen Zeiträume benötigt. Anhand der geforderten abschließenden Angaben sei zu prüfen, ob der Kläger mit den
Einkünften aus seiner Tätigkeit seinen Lebensunterhalt zukünftig ohne Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bestreiten
könne. Nur so könne die Plausibilität der vom Kläger gemachten Prognose überprüft werden. Die Vorlage des Einkommenssteuerbescheides
2011 sei nicht ausreichend. Die Regelungen des Steuerrechts stimmten nicht in allen Bereichen mit denen des SGB II überein. Die Auszüge für das Geschäftskonto lägen nur für die Zeit vom 30.12.2011 bis zum 13.01.2012 und vom 30.04.2012 bis
zum 19.07.2012 vor. Ein vollständiger Nachweis der Einnahmen sei daher nicht vorhanden. Die Aufklärung des Sachverhaltes werde
durch die Weigerung des Klägers erschwert. Nur anhand der geforderten Unterlagen könne das Einkommen aus der selbständigen
Tätigkeit berechnet bzw. abgeschätzt werden, so dass die Angaben für die Leistungsgewährung ab dem 01.09.2012 erheblich seien.
Zwar sei nach § 3 Alg II-V der vorherige Bewilligungszeitraum für die Berechnung des Einkommens im darauf folgenden Bewilligungszeitraum grundsätzlich
ohne Belang. Allerdings werde eine Berechnungsgrundlage zur Abschätzung des zukünftigen Einkommens aus selbständiger Tätigkeit
benötigt. Daher sei die Angabe von endgültigen Abrechnungen zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit unerlässlich. Das Gesetz
räume in §
66 Abs.
1 SGB I Ermessen ein. Da der Kläger durch die fehlende Mitwirkung die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert habe, könne
nicht festgestellt werden, ob ihm Leistungen auch für die Zukunft zustünden. Hierdurch sei eine sparsame und zweckentsprechende
Bewirtschaftung der öffentlichen Mittel nicht gesichert. Eine weitere behördliche Ermittlung würde keinen ausreichenden Erfolg
versprechen.
Den hiergegen am 20.09.2012 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2013 als unbegründet
zurück.
Mit seiner am 29.01.2013 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Die vom Beklagten geforderten Nachweise
seien für die vorläufige Bewilligung ab dem 01.09.2012 nicht erforderlich. Seine Hilfebedürftigkeit habe sich aus den vorliegenden
Kontoauszügen ergeben. Er erziele lediglich Einnahmen, die unbar gezahlt würden. Lediglich seine Ausgaben könnten nicht ermittelt
werden. Eine vollständige Versagung ohne Ausübung eines dahingehenden Ermessens sei ermessensfehlerhaft. Auch sei das Gebot
der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet worden. Unabhängig davon lägen die Voraussetzungen für eine Versagung der Leistungen
nicht vor. Die Ermittlungen der Beklagten würden nicht erheblich erschwert. Die Leistungen hätten auch nur allenfalls hinsichtlich
des Teils der Leistungen versagt werden dürfen, der durch die fehlende Mitwirkung nicht nachgewiesen werden könne. Dieser
Teil betreffe nur die Ausgaben und nicht die Einnahmen. Zudem könne das Einkommen auch geschätzt werden.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 12.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2013 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 07.01.2014 hat das Sozialgericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt,
die hiergegen erhobene Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 19.02.2015 zurückgewiesen (L 7 AS 234/14 B).
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 11.11.2015 abgewiesen. Die Beklagte habe Leistungen zu Recht versagt, der Kläger
sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Seine Verpflichtung beziehe sich auch auf Auskünfte über den Zeitraum
von September 2011 bis Februar 2012, den bei Antragstellung letzten zeitlich abgeschlossenen Bewilligungszeitraum. Der Einkommenssteuerbescheid
für das Jahr 2011 erlaube keine sachgerechte Prognose für den Bewilligungszeitraum ab September 2012. Auch die Vorlage von
Kontoauszügen sei nicht ausreichend, sondern Angaben über konkrete Einnahmen und Ausgaben, die zum Nachweis ihrer Betriebsbezogenheit
erforderlich seien.
Gegen das am 09.12.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.12.2015 Berufung eingelegt. Das Vorgehen der Beklagten widerspreche
§ 3 Alg II-V. Eine Jahresbetrachtung seines Einkommens sehe diese Vorschrift nicht vor. Insbesondere macht der Kläger geltend, § 3 Abs. 6 Alg II-V aF sei nicht berücksichtigt worden. Hier werde die Möglichkeit eingeräumt und geregelt, keine Angaben zu machen. Allein die
Schätzung sei ein gesetzmäßiges Vorgehen. Zudem habe die Beklagte mit Auswertung des Einkommenssteuerbescheides 2011 eine
anderweitige Möglichkeit, den Sachverhalt aufzuklären. Die Beklagte gehe selbst davon aus, dass seine selbständige Tätigkeit
nicht tragfähig sei, da sie ihm einen Existenzgründungszuschuss verweigert habe. Das Vorgehen der Beklagten sei mit den Grundrechten
nicht vereinbar. Er erhalte seit September 2012 keine Leistungen. Seine Eltern, mit denen er in einer Haushaltsgemeinschaft
lebt, würden genötigt, ihn zu unterstützen, obwohl sie nicht unterhaltsverpflichtet seien.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
"das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 11.11.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 12.09.2012
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2013 neu zu bescheiden."
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Der Senat hat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Beschluss nach §
153 Abs.
4 SGG angehört.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrigen Gerichtsakten
sowie die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte die Berufung gemäß §
153 Abs.
4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich
hält. Soweit der Kläger vorträgt, die Sachverhalte seien nicht ermittelt und er sehe sich als "nicht gehört" (Schriftsatz
vom 08.09.2016), begründet dies die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung nicht. Maßgeblich sind Rechtsfragen, die anhand
des Akteninhalts beantwortet werden können. Der Kläger hatte die Gelegenheit sich zur Sache zu äußern, diese Gelegenheit hat
er ausführlich genutzt. Deshalb ist eine mündliche Verhandlung weder zur Aufklärung des Sachverhalts noch zur Wahrung des
rechtlichen Gehörs des Klägers geboten.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die zutreffend als Anfechtungsklage gegen den Versagensbescheid
auszulegende Klage zu Recht abgewiesen.
Zur Begründung nimmt der Senat vollumfänglich Bezug auf seine Ausführungen im Beschluss vom 19.02.2015. Hierin hat der Senat
ausgeführt:
"Die Rechtsverfolgung bietet nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der Beklagte ist entgegen der Ansicht des Klägers berechtigt gewesen, aufgrund der Nichtvorlage der geforderten Unterlagen
die Leistungen nach §
66 Abs.
1 SGB I vollständig zu versagen.
Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht
nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen
die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der
Leistung nicht nachgewiesen sind, §
66 Abs.
1 SGB I. Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf
diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen
Frist nachgekommen ist, §
66 Abs.
3 SGB I.
Der Beklagte war berechtigt, die Aufstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben für die Zeit vom 01.09.2011 bis zum
29.02.2012 zu verlangen. Gem. §
60 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 und
3 SGB I hat derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind,
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen. Diese Regelung hat
vor allem die Funktion, den Leistungsträger überhaupt in die Lage zu versetzen, seiner Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts
von Amts wegen nachkommen zu können. Nur der Kläger kennt die näheren Umstände, die ihn zur Antragstellung veranlasst haben.
Gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
328 Abs.
1 Satz 1 Nr.
3, Satz 3
SGB III hat der Beklagte eine vorläufige Entscheidung über einen Leistungsantrag zu treffen, wenn zur Feststellung des Anspruchs
voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen
und der Kläger die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Hinsichtlich
der Ermittlung der Höhe der Leistungen besteht ein (im Hinblick auf den existenzsichernden Charakter von SGB II-Leistungen enger) Ermessensspielraum im Sinne eines Auswahlermessens. Das Auswahlermessen ist dabei zweckentsprechend auf
die Frage begrenzt, welche voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Prognoseentscheidung zugrunde zu legen sind, weil
vorläufige Leistungen in derjenigen Höhe gewährt werden sollen, die bei Bestätigung der wahrscheinlich vorliegenden Voraussetzungen
auch endgültig zu leisten sein werden (vgl. auch BSG Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R). Um zum einen zu prüfen, ob ein Leistungsanspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegeben ist und um zum anderen
eine ausreichende Grundlage für die Ermittlung der prognostischen Höhe etwaiger Leistungen zu schaffen, ist der Beklagte nicht
nur ermächtigt, sondern auch verpflichtet, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände zu ermitteln, d.h. die maßgebenden
Tatsachen festzustellen.
Fordert das Jobcenter den Antragsteller auf, eine Aufstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben für einen bestimmten
Zeitraum sowie diesbezüglich Nachweise vorzulegen, so ist diese Aufforderung, die den Vorgaben des § 3 Alg II-V zur Berechnung der Leistungen Selbständiger entspricht, vom Amtsermittlungsgrundsatz gedeckt (vgl. auch § 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X) und der Leistungsempfänger aufgrund seiner Mitwirkungsobliegenheit nach §
60 Abs.
1 S. 1
SGB I dazu verpflichtet, dieser Aufforderung nachzukommen. Diese Obliegenheit erstreckt sich - jedenfalls im vorliegenden Fall
- auch auf in der Vergangenheit liegende Verhältnisse. Der Beklagte stellt nachvollziehbar darauf ab, dass eine Beurteilung
der Plausibilität der Angaben des Klägers hinsichtlich seines nach Antragstellung zu erwartenden Einkommens erfordert, die
Einkommensverhältnisse in einem vor Antragstellung abgeschlossenen Zeitraum zu kennen. Dies gilt umso mehr, weil vorliegend
in jeder Hinsicht unklar ist, wovon der Kläger seit September 2012 seinen Lebensunterhalt bestreitet. Gründe dafür, dass dem
Kläger die verlangte Mitwirkungshandlung nicht zumutbar sein könnte, sind nicht erkennbar. Insbesondere ist ein Verstoß gegen
§
65 SGB I nicht ersichtlich. Die begehrte Mitwirkungshandlung steht in einem i.S.v. §
65 Abs.
1 Nr.
1 SGB I angemessenen Verhältnis zur beantragten Leistung, da der Zweck der Mitwirkungsaufforderung (d.h. die Ermittlung des prognostischen
Einkommens für den folgenden Leistungszeitraum zur Bestimmung des Umfangs der an den Antragsteller zu zahlenden Alg II-Leistungen)
in ausgewogenem Verhältnis zum Mittel (d.h. der Angabe der im Kenntnisbereich des Antragstellers liegenden finanziellen Vorgänge
bezüglich seiner selbständigen Tätigkeit) steht und damit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dies gilt umso
mehr, als der Beklagte dem Kläger zur Erleichterung seiner Mitwirkung das hierzu entwickelte Formular übersandt hat (vgl.
§
17 Abs.
1 Nr.
3 SGB I und §
60 Abs.
2 SGB I) und der geringe Aufwand der Ausfüllung von Formularen kaum jemals als unangemessen angesehen werden kann. Eine Unzumutbarkeit
aus wichtigem Grund iSv §
65 Abs.
1 Nr.
2 SGB I ist in keiner Weise ersichtlich und vom Kläger im Übrigen auch nicht angegeben worden. Es war dem Beklagten nicht möglich,
sich die erforderlichen Kenntnisse i.S.v. §
65 Abs.
1 Nr.
3 SGB I durch einen geringeren Aufwand zu beschaffen, als ihn der Kläger zu betreiben hätte (vgl. zu dem vorstehenden ausführlich
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.02.2013 - L 2 AS 2430/12 B ER, L 2 AS 2431/12 m.w.N.).
Die Rechtsfolge einer fehlenden Mitwirkung steht gemäß §
66 Abs.
1 Satz 1
SGB I im Ermessen der Behörde. Der Beklagte kann die beantragte Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise
versagen oder entziehen. Das Gericht darf gemäß §
54 Abs.
2 Satz 2
SGG Ermessensentscheidungen nur auf Ermessensfehler hin überprüfen.
Die vollständige Versagung der Leistungen nach §
66 Abs.
1 SGB I ist nicht ermessenfehlerhaft. Weder hinsichtlich der Frage des "ob", also der Entscheidung über eine Versagung an sich, noch
hinsichtlich der Frage des "wie", nämlich in Bezug auf eine völlige oder nur teilweise Versagung, lagen Gründe vor, die in
der Abwägungsentscheidung anders gewichtet werden müssten. Zwar hat der Kläger in der Klageschrift angegeben, dass sich sämtliche
Einnahmen aus den Kontoauszügen ergeben würden. Aus dem Einkommenssteuerbescheid ergebe sich, dass er im Jahr 2011 keinerlei
Einkommen erzielt habe. Dem steht aber die vom Kläger in seinem Antrag auf Leistungen vom 20.08.2012 für die Zeit ab September
2012 bis Februar 2013 abgegebene Prognose gegenüber, dass er einen Gewinn in Höhe von insgesamt 610,00 EUR erwarte. Dieses
Auseinanderfallen von behauptetem tatsächlichen Einkommen in der Vergangenheit und zu erwartendem zukünftigen Einkommen führt
dazu, dass es dem Beklagten aufgrund der Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht möglich ist, die tatsächlichen Einkommensverhältnisse
des Klägers und damit seine - zukünftige - Hilfebedürftigkeit realistisch zu beurteilen. Der nicht unerhebliche Eingriff durch
die Versagung in ein subjektiv-öffentliches Recht wird zudem durch den Umstand relativiert, dass nach Nachholung der Mitwirkungshandlung
gemäß §
67 SGB I nachträglich die - tatsächlich zustehenden - Leistungen erbracht werden können.
Schließlich wurde der Kläger auf die Möglichkeit der Versagung der Leistungen für den Fall, dass er Mitwirkungspflicht nicht
nachkommen, von dem Beklagten schriftlich hingewiesen. Der Umstand, dass in dem Anhörungsschreiben vom 27.08.2012 ausgeführt
wird, der Kläger habe "gemachte Angaben" "nicht in geeigneter Weise belegt", führt nicht zu einer Unwirksamkeit der Anhörung.
Der Kläger konnte trotz dieser ungenauen Formulierung mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass der Beklagte eine Erklärung
zu seinem Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit für die Zeit vom 01.09.2011 bis zum 29.02.2012 verlangt (Schreiben vom
17.07.2012)."
Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren fest.
Die Argumentation des Klägers, die Versagung sei rechtswidrig, weil die Einnahmen in den vorangegangenen Zeiten nach § 3 Abs. 6 Alg II-V in der bis zum 31.07.2016 geltenden Fassung auch geschätzt werden könnten, verfängt nicht. Nach § 3 Abs. 6 Alg II-V aF kann, soweit über die Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II vorläufig entschieden wurde, das Einkommen im Bewilligungszeitraum für die abschließende Entscheidung geschätzt werden, wenn
das tatsächliche Einkommen nicht innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten nach Ende des Bewilligungszeitraums nachgewiesen
wird. Eine von § 3 Abs. 6 Alg II-V aF erfasste Fallkonstellation liegt hier nicht vor. Denn die Beklagte hat über die Leistungen ab September 2012 nicht vorläufig
entschieden, sondern Leistungen wegen fehlender Mitwirkung nach §
66 SGB I ganz versagt. Die Anforderung der Aufstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben sowie der diesbezüglichen Nachweise
sollte dazu dienen, der Beklagten eine ausreichende Grundlage für die Ermittlung der zu erwartenden Einkünfte zu geben, nicht
dazu, über vorläufig bewilligte Leistungen abschließend zu entscheiden. Ein Grundrechtsverstoß scheidet aus, weil, wie in
dem zitierten Beschluss bereits ausgeführt wurde, die Erfüllung der geforderten Mitwirkungshandlung dem Kläger ohne Weiteres
zumutbar ist. Eine Jahresbetrachtung des Einkommens wird nicht vorgenommen, da es um die Prognose zukünftiger Einnahmen geht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.