Krankenversicherung
Eigenanteil zur Versorgung mit orthopädischen Schuhen
Leistungspflicht der GKV im Rahmen des Sachleistungsanspruchs
Doppelfunktion orthopädischer Schuhe
Wirtschaftlichkeitsgebot
Kein Anspruch auf Optimalversorgung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den vom Versicherten zu leistenden Eigenanteil zur Versorgung mit orthopädischen Schuhen.
Der am 00.00.1943 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Er lebt (nach eigenen Angaben) von einer
Rente in Höhe von rund EUR 1.500,00 monatlich Der Kläger leidet (neben Polyneuropathie, Diabetes) u.a. unter Fußdeformitäten
aufgrund von Überlastungsbrüchen.
Mit Bescheid vom 14.01.2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger aufgrund unstreitiger ärztlicher Verordnung orthopädische Straßenschuhe
als Hilfsmittel im Abrechnungswert von EUR 1.218,35; zugleich setzte sie die Zuzahlung auf EUR 10,00 und den Eigenanteil auf
EUR 76,00 fest.
Der Kläger widersprach (mit Schreiben vom 21.01.2015) der Festsetzung des Eigenanteils auf EUR 76,00. Dieser sei allenfalls
ab dem dritten Paar Schuhe gerechtfertigt, ein zweites Paar gehöre als Ersatz zur notwendigen Grundausstattung. Auch die Höhe
des Eigenanteils erschließe sich ihm nicht: Er habe noch nie Schuhe für EUR 76,00 gekauft. Bei "Deichmann" kosteten Schuhe
zwischen EUR 10,00 und EUR 40,00; für EUR 30,00 bekomme man dort Lederschuhe mit Einlagen. Gerne überlasse er der Beklagten
auch ungebrauchte oder neuwertige Schuhe zur Anrechnung auf seinen Gebrauchsvorteil. Schließlich bitte er um Mitteilung der
gesetzlichen Grundlagen für die Festsetzung.
Die Beklagte erläuterte die Festsetzung (mit Schreiben vom 21.01.2015, 03.02.2015 und 24.02.2015) und übersandte zugleich
ein Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Versorgung mit Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln
vom 18.12.2007 in der Fassung vom 20.12.2012, das als Eigenanteil für maßgefertigte orthopädische Straßenschuhe Erwachsener
EUR 76,00 empfiehlt.
Der Kläger hielt (mit Schreiben vom 28.01.2015, 06.02.2015, 17.02.2015 und 01.03.2015) an seinem Widerspruch fest: Das Rundschreiben
überzeuge ihn nicht, da es nur Empfehlungen enthalte und daher keine Grundlage für seinen vermeintlichen individuellen Gebrauchsvorteil
von Schuhen als Gebrauchsgegenstand liefere. Er zahle den Eigenanteil daher nur unter Vorbehalt, da er die Schuhe dringend
benötige. Angemessen seien aus seiner Sicht maximal EUR 40,00.
Die Beklagte wies den Widerspruch (mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2015) als unbegründet zurück. Es bestehe kein Anspruch
auf Herabsenkung des Eigenanteils auf EUR 40,00 oder die Anrechnung von ungebrauchten/neuwertigen Schuhen. Der Anspruch Versicherter
auf die Versorgung mit Hilfsmitteln nach §
33 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) beziehe sich nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich nicht auf Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, zu denen Schuhe
zu zählen seien. Die Leistungspflicht der Krankenkassen beschränke sich hier nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl.
Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 28.06.1976, Aktenzeichen: 3 RK 9/76) auf das eigentliche Hilfsmittel. Der Gebrauchsvorteil für den Alltagsgegenstand sei dem Versicherten hingegen in Rechnung
zu stellen. Zur Höhe der Beiträge hätten die Spitzenverbände der Krankenkassen Empfehlungen abgegeben, nach denen sich die
Beklagte gerichtet hätte.
Mit seiner hiergegen am 16.06.2015 vor dem Sozialgericht Dortmund (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Anliegen weiter verfolgt. Er begehre die Auszahlung der Differenz zwischen dem von der
Beklagten geforderten Eigenanteil in Höhe von EUR 76,00 und den von ihm für angemessen befundenen - sowie durch Prospektmaterial
nachgewiesenen - Eigenanteil von EUR 40,00. Das erste Paar orthopädischer Straßenschuhe sei zudem eigenanteilsfrei zur Verfügung
zu stellen, da wegen der unbrauchbar gewordenen bestehenden Schuhausstattung kein Gebrauchsvorteil mehr vorhanden sei. Im
Übrigen bitte er um die mit Beweisen begründete Berechnung durchschnittlicher Schuhpreise eines normalen Mitgliedes oder Rentners
einer GKV, die einen Preis von EUR 76,00 rechtfertige. Er habe bereits darauf hingewiesen, dass er die Verbindlichkeit des
von der Beklagten zitierten Rundschreibens nicht anerkennen könne, zumal sich nicht alle Krankenkassen angeschlossen hätten.
Die Eigenanteilsfestsetzung sei aus seiner Sicht willkürlich und hinsichtlich der Kalkulationsgrundlagen intransparent. Unverständlich
sei insbesondere, wieso der festgesetzte Betrag für orthopädische Straßenschuhe so viel höher liege als der bspw. für orthopädische
Hausschuhe (mit EUR 40,00), die er ebenfalls von der Beklagten erhalten habe und die sich im Material nicht wesentlich unterschieden.
Im Juli 2016 hat der Kläger bei der Beklagten ein weiteres (zweites) Paar Straßenschuhe beantragt. Die Beklagte hat dem Antrag
mit Bescheid vom 02.08.2016 stattgegeben (Abrechnungsbetrag: EUR 1.277,63) und (neben der unstreitigen Zuzahlung) wieder einen
Eigenanteil in Höhe von EUR 76,00 festgesetzt.
Der Kläger hat beantragt,
"den Bescheid vom 14.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
an ihn den für die erste Versorgung mit orthopädischen Straßenschuhen geleisteten Eigenanteil in Höhe von EUR 76,00 zu erstatten
und im Rahmen zukünftiger Versorgungen einen Eigenanteil in Höhe von nur je EUR 40,00 zu erheben."
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen. Ergänzend hat sie vorgetragen, die abweichende Festsetzung
des Eigenanteils rechtfertige sich aus Schuh- und Machart. Es liege auf der Hand, dass ein Hausschuh aufgrund seines ganz
überwiegenden Gebrauchs im Haus einer geringeren (Ab-)nutzung ausgesetzt sei.
Das SG hat am 10.05.2016 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Die Beklagte hat auf Nachfrage des SG zur Berechnungsgrundlage der festgesetzten Eigenbeträge ergänzend auf einen "Vermerk zur Eigenanteilsempfehlung aus Mai 2011"
Bezug genommen: Danach seien Produktkataloge und Preislisten Basis für die Ermittlung des Eigenanteils gewesen. Straßenschuhe
für Herren würden von Markenherstellern in einer Preisspanne von ca. EUR 40,00 bis über EUR 400,00 angeboten. Sogenannte "Bequem-"
oder "Gesundheitsschuhe", d.h. Schuhe, die noch am ehesten mit der Qualität und Passgenauigkeit von orthopädischen Maßschuhen
vergleichbar seien, seien unterhalb eines Preises von EUR 76,00 allenfalls als Sonderangebot erhältlich.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (die Beklagte mit Schriftsatz vom
07.11.2016; der Kläger mit Schreiben vom 21.11.2016) einverstanden erklärt.
Durch Urteil (ohne mündliche Verhandlung) vom 21.02.2017 hat das SG die Klage abgewiesen: Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Erstattung des von ihm im Rahmen der erstmaligen Versorgung
mit orthopädischen Schuhen geleisteten Eigenanteils noch einen Anspruch darauf, dass dieser im Rahmen künftiger Versorgungen
nur mit EUR 40,00 festgesetzt werde. Der Hilfsmittelversorgungsanspruch des Klägers nach §
33 SGB V erstrecke sich nicht auf den Nutzungszweck, der den orthopädischen Schuhen zugleich als Gebrauchsgegenstand des täglichen
Lebens zukomme, so dass auch eine Rückerstattung des Eigenanteils ausscheide. Auch die Höhe des Eigenanteils sei nicht zu
beanstanden. Zur Orientierung innerhalb des Rechtes der gesetzlichen Krankenversicherung diene § 10 Abs. 2 der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (Orthopädieverordnung (OrthV)) vom 04.10.1989 (Bundesgesetzblatt I, S. 1834) zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 13.12.2007 (BGBl. I, S. 2904): Danach betrage der Eigenanteil für einen Maßschuh EUR 38,00. Da Maßstraßenschuhe indes nur paarweise angefertigt würden,
ergebe sich hieraus eine Eigenbeteiligung von EUR 76,00. Dass diese aus dem Vergleich an qualitativ hochwertigen Schuhen folge
und nicht aus dem mit Schuhen aus dem Billig- und Massensegment, rechtfertige sich aufgrund der besonderen Qualität und Haltbarkeit,
denen eine Beteiligung in Höhe von lediglich EUR 40,00 nicht gerecht werde. Haus- und Straßenschuh seien ebenfalls unterschiedlicher
Beanspruchung ausgesetzt, so dass hierfür eine unterschiedliche Produktqualität erforderlich sei, die eine abweichende Kostenbeteiligung
rechtfertige.
Der Kläger hat gegen (das ihm am 03.03.2017 zugestellte) Urteil am 14.03.2017 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt
und vertieft er seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. "Zur Vereinfachung" des Berufungsverfahrens verzichte er auf die volle
Erstattung des gezahlten Eigenanteils für das erste Paar Straßenschuhe und beschränke sich insoweit auf die Differenz in Höhe
von EUR 36,00 zu dem aus seiner Sicht - unter Berücksichtigung von Daten des statistischen Bundesamtes - angemessenen Eigenanteil
in Höhe von EUR 40,00 für GKV-versicherte Rentner. Im Übrigen mache er die volle von ihm gezahlte Eigenleistung geltend. Aus
seiner Sicht sei die Berechnung des Eigenanteils nach wie vor nicht schlüssig offengelegt, so dass er sich in seinen Grundrechten
verletzt sehe. Der Vergleich mit qualitativ hochwertigen Schuhen trage nicht. Relevant seien die Vergleichsmerkmale einer
profilierten Kunststoffsohle und eines Obermaterials aus kräftigem Leder wie sie bei handelsüblichen Sicherheitsschuhen verwendet
würden, die in jedem großen Baumarkt zu Preisen zwischen EUR 20,00 für Sonderangebote und im Übrigen zwischen EUR 30,00 und
EUR 40,00 zu finden seien. Haus- und Straßenschuhe seien entgegen der Annahme des Gerichts in Qualität, Material und Beanspruchungsverhalten
gleich. Er sei gerne bereit, diese Gleichwertigkeit in der Verhandlung vorzuführen.
Der Kläger beantragt,
"das Urteil des SG Dortmund vom 21.02.2017 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 14.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 11.06.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn bei der Versorgung mit orthopädischen Straßenschuhen nicht
mit einem höheren Eigenanteil als EUR 40,00 zu belasten, oder, die Beklagte zu verurteilen, ihm anhand einer entsprechenden
Berechnung nachzuweisen, dass der Eigenanteil höher als EUR 40,00 ist."
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich durch das angegriffene Urteil in ihrer Rechtsauffassung bestätigt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.05.2017 haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass der Bescheid vom 02.08.2016
nicht Gegenstand des Verfahrens sein soll und bezüglich dieses nach wie vor nicht abgeschlossenen Vorverfahrens nach dem Ausgang
des hiesigen Rechtsstreits verfahren werden soll. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere trotz Nichterreichens der Berufungssumme von EUR 750,00 (vgl. §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft. Da der Kläger auch für unbestimmte künftige Anträge auf Versorgung mit orthopädischen Schuhen eine Beschränkung
des Eigenanteils begehrt, sind wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne von §
144 Abs.
1 S. 2
SGG betroffen (zur Hilfsmittelversorgung als wiederkehrende Leistung Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 14. Aufl. 2014, §
144 Rn. 23 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 14.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2015. Der Bescheid über das
(weitere) Paar Schuhe vom 02.08.2016 ist dagegen nicht über §
96 SGG Verfahrensgegenstand geworden, da er die streitigen Bescheide über das erste Paar Straßenschuhe nicht im Gesetzessinne ersetzt
oder abändert. Im Übrigen haben die Beteiligten den Streitgegenstand im Termin zur mündlichen Verhandlung übereinstimmend
dahingehend beschränkt, dass die Bewilligung des zweiten Paares orthopädischer Straßenschuhe rechtlich entsprechend dem Ausgang
des hiesigen Verfahrens behandelt werden soll.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 14.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2015 ist rechtmäßig
und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten nach §
54 Abs.
2 SGG. Er hat weder Anspruch auf die völlige Freistellung noch auf (teilweise) Rückerstattung des unter Vorbehalt gezahlten Eigenanteils,
noch auf die Feststellung, dass dieser Eigenanteil bei orthopädischen Straßenschuhen generell auf EUR 40,00 zu beschränken
ist.
Auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, die ausführlich und zutreffend sind, nimmt der Senat zur Vermeidung von
Wiederholungen nach eigener Prüfung umfassend Bezug (§
153 Abs.
2 SGG). Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren beinhaltet keine neuen sachlichen Gesichtspunkte und bietet deshalb keinen
Anlass zu einer anderen Beurteilung.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass er bei der Festsetzung der Eigenbeteiligung in Höhe von EUR 76,00 eine
Überschreitung des dem Gesetzgeber zuzubilligenden Gestaltungsspielraums bezüglich der Ausgestaltung der Eigenverantwortung
der Versicherten im Rahmen der Versorgung mit orthopädischen Schuhen nicht zu erkennen vermag.
Bereits nach dem Wortlaut des §
33 Abs.
1 S. 1
SGB V ist von dem Anspruch des Klägers auf die medizinisch unstreitig erforderliche Versorgung mit dem Hilfsmittel "orthopädische
Schuhe" (vgl. Produktgruppe 31 des Hilfsmittelverzeichnisses des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV))
der Wert ausgenommen, der sich auf einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens bezieht. Hintergrund hierfür ist, dass die
Leistungspflicht der GKV im Rahmen des Sachleistungsanspruchs auf den Ausgleich von natürlichen Funktionen eines nicht oder
nicht voll funktionsfähigen Körperteils beschränkt ist. Soweit ein orthopädischer Schuh jedoch auch als (nicht behinderungsspezifisch)
erforderliche Bekleidung dient, fungiert er nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zugleich als ein solcher Alltagsgegenstand
(zur sog. Doppelfunktion orthopädischer Schuhe grundlegend und ausdrücklich: BSG, Urteil vom 28.09.1976, 3 RK 9/76, [...], Rn. 18).
Auch die konkrete Festsetzung dieser im Rahmen der Bekleidung ersparten Aufwendungen mit EUR 76,00 begegnet (aktuell) keinen
Bedenken. Die Empfehlungen der Spitzenverbände folgen insoweit bzw. stimmen überein mit den auf entsprechenden statistischen
Erhebungen basierenden § 5 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 Nr. 1 der OrthV, die ausgehend von einem paarweisen Ausstattungsanspruch
den Eigenanteil pro Maßstraßenschuh (ab dem ersten bewilligten Paar der Grundausstattung) auf EUR 38,00 festlegen. Dass die
Verordnung als Rechtsgrundlage nicht ausdrücklich benannt wird, ändert nichts an ihrer Maßgeblichkeit auch für die Festsetzung
des Eigenanteils im Krankenversicherungsrecht. Ebenso wie das Kriegsopferversorgungsrecht ist auch das Recht der Krankenversicherung
vom Grundsatz der Eigenbeteiligung geprägt (s.a. SG Meiningen, Urteil vom 16.03.2005, S 4 KR 1087/02 unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) und zudem gemeinsamer Ausgangspunkt für den (Mindest)Leistungsrahmen im Hilfsmittelrecht
(vgl. BSG, Urteil vom 09.04.1997, 9 RV 15/95, [...]). Dies bedeutet, dass der Eigenbeteiligungsrahmen als Kehrseite des Leistungsrechts im Recht der allgemeinen Krankenversicherung
den entschädigungsrechtlichen Rahmen sogar überschreiten dürfte, so dass es bereits eine Begünstigung der Versicherten darstellt,
wenn die Verordnungswerte uneingeschränkt in Bezug genommen werden. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit
der OrthV. Nach § 24a Bundesversorgungsgesetz (BVG) ist die Bundesregierung ausdrücklich ermächtigt, unter anderem Art, Umfang und besondere Voraussetzungen der Versorgung
mit Hilfsmitteln [ ] durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates näher zu bestimmen.
Diese Delegation der Rechtssetzung ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Die gesetzliche Krankenkasse ist bereits nach
§
2 Abs.
1 S. 1 i.V.m. §
12 SGB V lediglich verpflichtet, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen zu erbringen, die das Maß des Notwendigen
nicht überschreiten und nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zuzurechnen sind. Dieses sog. Wirtschaftlichkeitsgebot
gilt uneingeschränkt für das gesamte Leistungs- und Leistungserbringerrecht (vgl. BSG, Urteil vom 25.11.2015, B 3 KR 16/15 R, [...]) und ist in seiner leistungsbeschränkenden Funktion nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht zu
beanstanden (vgl. etwa Beschluss vom 28.02.2008, 1 BvR 1778/05, [...] m.w.N.), da es mit Blick auf die begrenzte Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft die Stabilität der GKV sichert.
Die gesetzlichen Krankenkassen sind daher nicht von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung
und Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist (vgl. BVerfGE 115, 25, (45 f.), insbesondere besteht kein Anspruch auf Optimalversorgung (vgl. BSG, Urteil vom 25.02.2015, B 3 KR 13/13 R, [...]) und damit auch nicht auf individuelle Kostenoptimierung.
In Relation dazu, dass die Privatanschaffung orthopädischer Schuhe Kosten zwischen EUR 750,00 und EUR 1.400,00 aufwirft (Quelle:
www-orthopaedie-Magazin.de), erscheint die Eigenbeteiligung von EUR 76,00 für den überschießenden Alltagsgebrauchsvorteil
eines durchschnittlichen GKV-Versicherten unter Beachtung aktueller durchschnittlicher Marktpreise für Herrenschuhe auch nicht
unverhältnismäßig.
Der Kläger irrt schließlich, wenn er meint, die Beklagte bzw. der Gesetzgeber schulde ihm eine detaillierte Berechnung entsprechend
den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu den Regelsätzen des Sozialgesetzbuch Zweites Buch (vgl. Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09, [...]), denen auf Basis einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe durch die Regelsatzverordnung (mittlerweile Regelbedarfsermittlungsgesetz) genügt wurde. Für den Senat ist bereits nicht erkennbar, wie die hier streitige
Eigenbeteiligung bei der Hilfsmittelversorgung den verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums tangieren soll. Im Gegenteil: Das allgemeine Versorgungsniveau der GKV liegt erheblich über dem unmittelbaren
verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen soziokulturellen Existenzminimums (vgl. hierzu:
Scholz in: Becker/Kingreen, 5. Aufl. 2017, § 12 Rn. 2). Dies rechtfertigt es auch, die zumutbare Eigenbeteiligung des durchschnittlichen
GKV-Versicherten über diesen Maßstäben anzusetzen.
Soziale Härten können hierdurch nicht entstehen, da Berechtigte der Grundsicherung unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II bzw. des § 31 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) eine Erstattung der Eigenbeteiligung geltend machen können. Da der Kläger solche Leistungen unstreitig nicht bezieht bzw.
zu beziehen berechtigt ist, war eine Kostenübernahme insoweit jedoch nicht zu prüfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§
193,
183 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach Maßgabe des §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.