Tatbestand
Die Kläger begehren eine Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen gemäß §
121a SGB V.
Die Kläger nehmen im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft als Frauenärzte an der vertragsärztlichen Versorgung in A-Stadt
teil. Ein früherer Antrag der Kläger wurde rechtskräftig abgelehnt (vgl. Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 22.05.2002
- S 6 KA 18/01, die Berufung gegen das Urteil wurde in dem Verfahren L 12 KA 96/02 zurückgenommen).
Mit Schreiben vom 14.10.2008 haben die Kläger abermals einen Antrag auf Genehmigung zur Durchführung künstlicher Befruchtungen
gemäß §
121a SGB V gestellt.
Der Beklagte hat diesen Antrag mit Bescheid vom 28.11.2008 abgelehnt. Es bestehe kein Anspruch auf eine Genehmigung gemäß
§
121a SGB V. Bei der notwendigen Auswahl zwischen mehreren geeigneten Ärzten oder Einrichtungen, die sich um die Genehmigung bewerben
würden, habe das Staatsministerium als zuständige Behörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt
der Bewerber nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welche Ärzte oder Einrichtungen den Erfordernissen einer bedarfsgerechten,
leistungsfähigen und wirtschaftlichen Durchführung dieser Maßnahmen am besten gerecht würden. In der Gesetzesbegründung werde
ausgeführt, dass das Erfordernis der Bedarfsgerechtigkeit einer Entwicklung vorbeugen solle, die durch immer mehr Leistungserbringer
zu einem Absenken der Indikationsschwelle für künstliche Befruchtungen führe. Hinzu komme, dass Zentren, die regelmäßig sehr
viele IVF-Zyklen durchführten, nach übereinstimmender Meinung der Fachwelt bessere Ergebnisse vorweisen könnten. Im Bayern
würden derzeit 17 IVF-Zentren bestehen, davon unter anderem drei in C-Stadt, zwei in D-Stadt und eins in E-Stadt. Nach dem
Bedarfskriterien der Grundsätze des Staatsministeriums für die Genehmigung nach §
121a SGB V zur Durchführung künstlicher Befruchtungen vom 29.03.2000 in der Fassung vom 01.04.2004 würden um die IVF-Zentren, die auf
Grund einer erteilten Genehmigung Leistungen der künstlichen Befruchtung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen
dürfen, Kreise mit einem Radius von jeweils 80 km gezogen (Radius ist zumutbare Anfahrtsstrecke). In diesen Planungsräumen
würden keine neuen Zentren mehr zugelassen, falls dort eine ausreichende Versorgung sichergestellt sei. Der Versorgungsgrad
werde anhand der in diesen Radien vorhandenen Zentren bezogen auf die Bevölkerungszahl der im 80-km-Kreis erfassten Landkreise
errechnet. Für die Ermittlung des Bedarfs werde eine allgemeine Verhältniszahl aus der Bevölkerungszahl und der Anzahl der
IVF-Zentren im gesamten Bundesgebiet zum Stichtag am 31.12.1998 sowie eine örtliche Verhältniszahl ermittelt. Am 31.12.1998
hätten bundesweit 91 IVF-Zentren bestanden, die eine Genehmigung nach §
121a SGB V vorweisen könnten. Bei einer Bevölkerungszahl von 82.037.000 (Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland) errechne sich
damit eine allgemeine Verhältniszahl von 901.505. Die örtliche Verhältniszahl werde berechnet aus der Bevölkerungszahl der
von der oben beschriebenen Kreisbildung erfassten Landkreise bezogen auf die Anzahl der im Zentrum des Kreises vorhandenen
IVF-Zentren, bereinigt um diejenigen Zentren, die auf Grund von Überschneidungen einem anderen Kreis zuzuordnen seien. Vom
Kreis erfasst würden alle Landkreise, die sich zu mehr als der Hälfte ihrer Fläche innerhalb des Kreises befinden würden.
Zu Gunsten der jeweiligen Zentren würden diese Landkreise dann mit ihrer gesamten Einwohnerzahl vollständig berücksichtigt.
Bei Überschneidungen einzelner Kreise werde davon ausgegangen, dass die Versicherten, die in diesen Überschneidungsgebieten
wohnen, jeweils zu dem ihnen nächstgelegenen Zentrum fahren. Das heiße, die Überschneidungsfläche werde geteilt und die Hälften
würden jeweils dem entsprechenden Zentrum zugerechnet. Sofern sich die Kreise auf Grund der Nähe der einzelnen Zentren fast
vollständig decken würden, werde von einem Kreis ausgegangen. Ein Gebiet gelte als überversorgt, wenn die örtliche Verhältniszahl
um 15 % kleiner sei als die allgemeine Verhältniszahl. Dabei könne auch eine Genehmigung für ein Zentrum erteilt werden, das
sich selbst zwar innerhalb eines überversorgten Gebiets befinde, auf Grund seiner Lage (am Rande dieses Gebietes) aber noch
große Bereiche eines unterversorgten Gebietes mitversorgen könne. Zur Ermittlung der örtlichen Verhältniszahl für den Standort
A-Stadt sei die Bevölkerung folgender kreisfreier Städte und Landkreise herangezogen worden und durch die Anzahl der drei
in C-Stadt bestehenden Zentren dividiert worden (es folgt eine Aufzählung einer Reihe kreisfreier Städte und Landkreise mit
einer Einwohnerzahl von 2.128.158, die durch 3 geteilt die Verhältniszahl in Höhe von 709.386 ergibt). Die ermittelte örtliche
Verhältniszahl vom 709.386 liege um mehr als 15 % unter der allgemeinen bundesweiten Verhältniszahl von 901.505. Damit gelte
A-Stadt nach wie vor als überversorgt. Durch die beantragte Einrichtung würden keine Bereiche eines noch unterversorgten Gebietes
mitversorgt. Da das Gebiet A-Stadt überversorgt sei, seien alle aus diesem Bereich kommenden Anträge derzeit abzulehnen. Ein
Ermessensspielraum nach §
121a Abs.
3 Satz 2
SGB V bestehe somit nicht. Da die Voraussetzungen nach §
121a Abs.
2 Ziffer 2
SGB V nicht vorliegen würden, sei der Antrag abzulehnen.
Hiergegen richtet sich die Klage der Kläger vom 02.01.2009 zum Sozialgericht München, die mit Schriftsatz vom 09.02.2009 näher
begründet wurde. Die Klage der Kläger wurde mit Urteil vom 12.04.2011 abgewiesen. Nach §
121a Abs.
3 Satz 1
SGB V bestehe auf die begehrte Genehmigung kein Anspruch. Vielmehr entscheide die zuständige Behörde über den Genehmigungsantrag
nach pflichtgemäßem Ermessen "unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen". Weiterhin müsse auch auf die Erfordernisse
"einer bedarfsgerechten, leistungsfähigen und wirtschaftlichen Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft"
Rücksicht genommen werden (§
121a Abs.
3 Satz 2
SGB V). Zudem bestimme §
121a Abs.
2 SGB V: "Die Genehmigung darf den in Abs. 1 Satz 1 genannten Ärzten oder Einrichtungen nur erteilt werden, wenn sie 1. über die
für die Durchführung der Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (§ 27a Abs. 1) notwendigen diagnostischen und therapeutischen
Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten Methoden arbeiten und 2. die Gewähr für eine bedarfsgerechte,
leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft (§ 27a Abs. 1) bieten."
Das Gesetz bestimme also zweimal, dass die Behörde den "Bedarf" zu prüfen und zu berücksichtigen habe. Dies habe der Beklagte
vorliegend getan. Entgegen der Auffassung der Kläger habe der Beklagte nicht willkürlich gehandelt, sondern nach Grundsätzen
(Richtlinien), die die Bedarfskriterien objektivieren und sich an einer Zielplanung orientieren, die die örtlichen Gegebenheiten
und regionale Bedarfsstrukturen einbeziehe. Die bezogen auf die Einwohnerzahlen (örtliche Verhältniszahlen) für den Standort
A-Stadt ermittelten Kapazitäten seien nachvollziehbar und würden einer rechtlichen Überprüfung Stand halten. Daraus ergebe
sich, dass in den 17 bayerischen IVF-Zentren, insbesondere in den drei Zentren im Bereich C-Stadt/ A-Stadt, noch Kapazitäten
frei seien. Damit stehe fest, dass kein weiterer Bedarf auf Genehmigungen für Maßnahmen nach §
121a SGB V bestehe.
Auch der gerügte Verstoß gegen Art.
12 GG liege nicht vor. Denn ein Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts sei gerechtfertigt, wenn er nur die Berufsausübung
(Art.
12 Abs.
1 Satz 2
GG) betreffe und verhältnismäßig sei. Dies sei hier der Fall. Insbesondere dürften die Kläger nach wie vor an der vertragsärztlichen
Versorgung als Frauenärzte uneingeschränkt teilnehmen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger zum Bayerischen Landessozialgericht vom 01.09.2011, die mit Schriftsatz vom
14.03.2012 näher begründet wurde.
Die Kläger würden zunächst einen Verstoß des Gerichts gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs rügen, da es nicht auf die
von den Klägern zitierte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art.
12 GG, insbesondere auf die Entscheidung in der Sache 1 BvR 88/00 = BVerfGE 82, 209, eingehe. Nach §
121a Abs.
2 Ziffer 2
SGB V dürfe eine Genehmigung für die Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nur Ärzten und Einrichtungen
erteilt werden, die "die Gewähr für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Durchführung" von solchen Maßnahmen
bieten. Der Gesetzeswortlaut hebe unmissverständlich auf die persönliche Qualifikation der Ärzte und Einrichtungen ab und
nicht auf verallgemeinernde Kriterien des Bedarfs wie Bevölkerungszahlen und irgendwelche "Richtlinien" zur Beurteilung der
Versorgung der Bevölkerung. Schon der Ansatz des Gerichts zur Auslegung des Begriffs "bedarfsgerecht" sei also unrichtig.
Ein "Bedarf" im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen meine nicht die Notwendigkeit einer bestimmten Einrichtung, sondern
das Ausrichten der ärztlichen Tätigkeit an den Bedürfnissen der Hilfesuchenden. Das Urteil äußere sich auch nicht dazu, was
die Kläger ebenfalls vorgetragen haben, dass kein anderes Bundesland ähnliche oder gleiche "Richtlinien" zur Ermittlung des
"Bedarfs" aufgestellt hätte. Weil das Gericht sich nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Auslegung
des entscheidungserheblichen Begriffes der Bedarfsgerechtigkeit befasse, komme es auch zu falschen Ergebnissen (Hinweis auf
BVerfG, 1 BvR 88/00 = BVerfGE 82, 209). Das Gericht habe sich der in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erfolgten Auslegung des Merkmals der Bedarfsgerechtigkeit
schlicht verweigert und genau die Auffassung vertreten, die das Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit Art.
12 Abs.
1 GG gehalten habe. Die Kläger würden trotz anderer Bewertung ihrer Auffassung durch das Gericht bei ihrer Meinung verbleiben,
dass die in den Grundsätzen des Staatsministeriums für die Genehmigung nach §
121a SGB V zur Durchführung künstlicher Befruchtungen vom 29.03.2000 in der Fassung vom 01.04.2004 aufgestellten "Bedarfskriterien"
willkürlich seien und außerdem dem Gesetz widersprechen würden. Ein Umkreis (das heiße zumutbare Anfahrtstrecke) von 80 km,
in dem keine neuen IVF-Zentren mehr zugelassen werden sollen, finde keine sachliche Grundlage irgendwo, ebenso wenig die Auswahl
der Bevölkerungszahlen. Dies gelte folgerichtig dann auch für "Überschneidungsflächen" und erst recht für die Feststellung
der "Überversorgung". Das seien alles Merkmale, die nach dem Gesetz überhaupt keine Rolle bei der Bewertung der "Bedarfsgerechtigkeit"
spielen dürften und sollten. Zur Begründung dieser Rechtsauffassung genüge der Hinweis auf das sog. "Apothekenurteil" des
Bundesverfassungsgerichts vom 11.06.1958 (BVerfGE 7, 377), in dem es objektive Beschränkungen der Zulassung von Apotheken für verfassungswidrig erklärt habe. Die Kläger würden nicht
verkennen, dass diese Entscheidung zur Berufswahl ergangen sei und diese im vorliegenden Fall an sich nicht betroffen sei.
Übertragbar darauf sei aber die Besorgnis des Eindringens sachfremder Motive in die Genehmigungspraxis und die Folge des Konkurrentenschutzes
für die Ärzte und Einrichtungen, die in dem betroffenen Gebiet bereits Genehmigungen erteilt bekommen hätten. Beides solle
nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgeschlossen sein. Und gerade dies sei im vorliegenden Fall bisher die
geübte Praxis. Das eigentliche Ziel der "Richtlinien" sei nicht den Bedarf zu regeln, sondern ihn zu beschränken. Zwar bestehe
nach §
121a Abs.
3 Satz 1
SGB V dem Wortlaut nach kein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zur Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft.
Die zuständige Behörde sei aber aus Art.
3 GG verpflichtet, die Kläger mit den Ärzten gleichzubehandeln, denen sie die Genehmigung nach §
121a SGB V bereits erteilt habe und sie ebenfalls zu erteilen. Zudem führe die Auslegung der Gesetzesbestimmung durch das Bundessozialgericht
zur Annahme eines Anspruchs der Kläger auf diese Genehmigung. Die Erteilung der Genehmigung hänge nach der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts allein davon ab, dass die Voraussetzungen des §
121a Abs.
1 i.V.m. Abs.
2 SGB V erfüllt seien. Es handle sich damit um eine "gebundene", nicht im behördlichen Ermessen stehende Entscheidung. Im Gesetz
würden sich keine Formulierungen finden, die auf die Einräumung eines Ermessens hinweisen würden. Nur im Rahmen einer Auswahl
zwischen mehreren Bewerbern habe die Behörde ein Ermessen (vgl. BSG, B 6 KA 60/03 R). Dies führe zu der Frage, ob in der Verweigerung der Genehmigung nach §
121a SGB V ein Verstoß gegen Art.
12 GG liege. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne die Berufsausübung, die hier unzweifelhaft vorliege, im
Wege der gesetzlichen Regelung beschränkt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen
(vgl. BVerfGE 7, 377) bzw. wenn die Beschränkung durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei (vgl. BVerfG 1 BvR 1972/00 und BVerfGE 103, 1, 10). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedürfe ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit nach Art.
12 Abs.
1 Satz 2
GG einer gesetzlichen Grundlage, die ihrerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen an grundrechtseinschränkende Gesetze
genügen müsse (BVerfGE 94, 372, 389 ff.; 111, 366, 373). Darüber hinaus seien Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit nur dann mit Art.
12 Abs.
1 GG vereinbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar treffen
(vgl. BVerfGE 7, 377, 405 ff.; 85, 248, 259), also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (BVerfG 1 BvR 233/10). Dies bedeute für den vorliegenden Fall zweierlei. Soweit sich das Urteil zur Begründung der Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit
auf die "Richtlinien" berufe, verstoße es gegen Art
12 Abs.
1 GG, weil Einschränkungen nur durch Gesetze zulässig seien. Das Urteil verstoße auch deshalb gegen Art.
12 Abs.
1 GG, weil es keine "vernünftigen Zwecke des Gemeinwohls" nenne, die die Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit rechtfertigen
würden. Ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sei, könne deshalb gar nicht beurteilt oder entschieden werden. Erst
müssten die Eingriffsziele bekannt sein, um dann die gesetzlich getroffenen Maßnahmen daran zu messen. In der Klagebegründung
hätten die Kläger dazu Ausführungen gemacht, dass vernünftige Gründe des Gemeinwohls im Gegenteil für ihre Auslegung der einschlägigen
gesetzlichen Bestimmungen sprechen würden, zumal die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes die Empfängnisunfähigkeit einer
Frau als Krankheit einstufe und Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft daher der Gesundheit dienen würden (Hinweis
auf BFHE 210, 356). Der Hinweis des Gerichts, die Kläger "dürften" nach wie vor an der vertragsärztlichen Versorgung als Frauenärzte uneingeschränkt
teilnehmen, könne nur als respektlos und herabwürdigend bezeichnet werden. Den Klägern werde die Erlaubnis zur Ausübung eines
Teils ihrer ärztlichen Tätigkeit verweigert, was kein "Pappenstiel" sei. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 104, 357) habe den Ausschluss der Apotheken von der Teilnahme an verkaufsoffenen Sonntagen gemäß § 14 Abs. 4 des Ladenschlussgesetzes mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art.
12 Abs.
1 GG für unvereinbar erklärt. Dem Apotheker könne nicht verwehrt werden, im Wettbewerb mit anderen seine Kundenorientierung und
Leistungsbereitschaft zu dokumentieren. Im vorliegenden Fall sei dies auf die Kompetenz der Kläger als Ärzte und Gynäkologen
zu übertragen, die ein Kinderwunsch- und Frauen-Hormon-Zentrum betreiben würden. Für sie sei eine Genehmigung nach §
121a SGB V die logische Folge ihres ärztlichen Könnens, das sie auf dem Markt gern auch in dieser Richtung zeigen würden. Das Gericht
habe schließlich wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte völlig außer Acht gelassen, obwohl diese im Gesundheitswesen und auch
im Verhältnis der Ärzte und medizinischen Einrichtungen unter- und zueinander eine immer größere Rolle spielen würden und
auch im Rahmen von Art.
12 Abs.
1 GG von Bedeutung seien. Dabei berühre der Umfang zulässiger ärztlicher Leistungen auch den Wettbewerb unter Ärzten. Dadurch,
dass sich die Genehmigungsbehörde weigere, wegen "Überversorgung" des betreffenden Gebietes zukünftigen Antragstellern eine
Genehmigung nach §
121a SGB V zu erteilen, greife sie in den Wettbewerb unter den Ärzten ein und begünstige Konkurrenten der Kläger. Alle Marktteilnehmer
müssen die gleiche Freiheit und die gleichen Chancen besitzen (Art.
3 GG).
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.04.2011 (S 39 KA 2/09) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern unter Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 28.11.2008 die
beantragte Genehmigung nach §
121a SGB V zur Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung von Schwangerschaften zu erteilen.
Der Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12.04.2011 zurückzuweisen.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 29.06.2012 darauf hingewiesen, dass die wegen fehlendem Bedarfs abgelehnte Genehmigung
nach §
121a SGB V bereits Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Sozialgericht Nürnberg gewesen sei. Dieses habe mit rechtskräftigem Urteil
vom 22.05.2002 die Entscheidung des Beklagten bestätigt. Die nochmalige Prüfung auf Grund der Antragstellung vom 14.10.2008
habe zu keinem anderen Ergebnis geführt. Der Bescheid des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 28.11.2008 sei
formell und materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage sei §
121a SGB V. Die nach §
121a Abs.
4 SGB V zuständige Stelle habe den Bescheid erlassen. Der Gesetzgeber habe die Durchführung von Maßnahmen zur Herbeiführung einer
Schwangerschaft zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung als besonders spezialisierte ambulant erbrachte Leistungen
unter den Vorbehalt einer gesonderten gesetzlichen Genehmigung nach §
121a SGB V gestellt. Unstreitig würden die Kläger in der Person und Praxis die in §
121a Abs.
2 Ziffer 1
SGB V geforderten Voraussetzungen, nicht aber die auf das Praxisumfeld abzielende Ziffer 2 der Vorschrift erfüllen. Es fehle an
einem zusätzlichen Versorgungsbedarf für die Versicherten in A-Stadt. Die Auslegung der Kläger, der Gesetzeswortlaut "bedarfsgerechte
Versorgung" hebe unmissverständlich auf die persönliche Qualifikation der Ärzte und Einrichtungen ab, treffe nicht zu. Dieser
Begriff sei nicht dahingehend auszulegen, dass ausschließlich auf eine persönliche Qualifikation der Kläger im Sinne einer
Ausrichtung der ärztlichen Tätigkeit an den Bedürfnissen der Hilfesuchenden abzustellen sei. Der Gesetzgeber fordere eine
- den Anforderungen an Ermächtigungen und Sonderbedarfszulassungen vergleichbare - Prüfung unter Bedarfsplanungsgesichtspunkten.
Es könne nicht das Ziel des Kriteriums sein, jedem Bewerber, der die Weiterbildung im Schwerpunkt Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
und die sonstigen sachlichen Zulassungsvoraussetzungen erworben habe, unabhängig von der bestehenden Versorgungslage in der
entsprechenden Region einen Rechtsanspruch auf Genehmigung nach §
121a SGB V einzuräumen. Dabei wäre grundsätzlich davon auszugehen, dass alle Gynäkologen nach Abschluss der Weiterbildung im Schwerpunkt
Reproduktionsmedizin gleichermaßen qualifiziert seien, die Behandlungen mit der erforderlichen Qualität zu erbringen. Eine
Zulassung aller entsprechend qualifizierten Leistungserbringer hätte einen Rückgang des Gesamtvolumens der Behandlungszyklen
pro Zentrum zur Folge, wobei ein statistischer Zusammenhang zwischen steigender Anzahl von Behandlungszyklen und der Erfolgsquote
erzielter Schwangerschaften bestehe. Der erforderliche Qualitätsstandard wäre gefährdet, wenn IVF-Zentren infolge zu geringer
Behandlungszyklen die Behandlungen nicht mehr in einem gewissen Mindestumfang ausüben könnten. Zudem würde die Gewährleistung
der allgemeinen Sicherstellungsziele der vertragsärztlichen Versorgung in Bayern konterkariert werden. Dies wäre erkennbar
systemwidrig und würde dem Willen des Bundesgesetzgebers widersprechen. Das Kriterium der Bedarfsgerechtigkeit nach §
121a Abs.
2 Nr.
2 SGB V diene ausweislich der Gesetzesbegründung dazu, einem Absenken der Indikationsschwelle durch immer mehr Leistungserbringer
vorzubeugen (BT-Drucksache 11/6760, S. 16). Neben dieser Begründung würden die Gesetzesmaterialien keinerlei Hinweise geben,
wie ein Bedarf zu prüfen sei. Aus dem Wortlaut der Gesetzesbegründung ergebe sich jedoch eindeutig, dass sich die Nachfragesteuerung
maßgeblich durch die Anzahl der Leistungserbringer vollziehe. Auch die bisherige Rechtsprechung zu §
121a SGB V stelle auf einem planerischen Bedarfsbegriff ab (Hinweis auf Urteile des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.03.2003, S 16 KA 4/02 und vom 18.03.2010 - S 16 KA 5/08; Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 12.03.2010 - L 5 KA 3725/09; Urteil des Sozialgerichts München vom 17.03.2009 - S 28 KA 894/07). Dass andere Bundesländer den Bedarf nicht durch eigene Regelungen bzw. in anderer Weise beurteilen würden, habe vielfältige
Gründe. Die zuständigen Stellen nach §
121a SGB V anderer Bundesländer würden neben den persönlichen und sachlichen Voraussetzungen ebenfalls einen planerischen Versorgungsbedarf
prüfen. Dabei werde in der Regel die Kassenärztliche Vereinigung um Beurteilung des Bedarfs gebeten. Die Landesärztekammer
Baden-Württemberg als dort zuständige Stelle nach §
121a SGB V nehme vorerst keine eigene Bedarfsprüfung vor. Vielmehr werde die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg zum Bedarf
befragt. Auch wenn die KVBW keinen Bedarf erkenne würden mangels nachprüfbarer Beurteilungskriterien in Baden-Württemberg
Neuanträge letztendlich genehmigt. Diese Situation habe dazu geführt, dass drei von vier der in den letzten zwei Jahren erfolgten
Neugenehmigungen nach §
121a SGB V anschließend von Konkurrenten angefochten worden seien. In Baden-Württemberg sei die Umsetzung von Kriterien für eine planerische
Bedarfsprüfung lediglich bis zum Abschluss der dort anhängigen Verfahren zurückgestellt worden. Die Landesärztekammer Westfalen-Lippe
als dort zuständige Stelle nach §
121a SGB V stelle hinsichtlich der Bedarfsgerechtigkeit ebenfalls auf eine Beurteilung der Situation in den vertragsärztlichen Planungsbereichen
durch die Kassenärztliche Vereinigung ab. (Vergleiche Ziffer IIB der Richtlinie zur Entscheidung über die Genehmigung von
Maßnahmen zur Durchführung künstlicher Befruchtungen durch Ärztinnen und Ärzte, Einrichtungen und Krankenhäuser gemäß §
121a SGB V RdÄrl. d. Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales). Ebenso habe die Ärztekammer Nordrhein im Einvernehmen mit der
Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein eine strukturorientierte Bedarfsprüfung und Planung für das Verfahren nach §
121a SGB V festgelegt. Die zur Krankenhausbehandlung zitierte Rechtsprechung sei für das Genehmigungsverfahren nach §
121a SGB V nicht einschlägig, da es keinen gesetzlichen Bedarfsplan für IVF-Einrichtungen gebe, sondern in den Grundsätzen lediglich
Kriterien für die gesetzlich geforderte bedarfsgerechte Zulassung im Sinne des §
121a Abs.
2 Nr.
2 SGB V festgelegt worden seien. Diese seien geboten, um der Genehmigungsbehörde eine fehlerfreie Ermessensentscheidung zu ermöglichen.
Auf Grund mehrerer Neuanträge in den Jahren 1998 bis 2000 sei eine unter Bedarfsgesichtspunkten nicht mehr vertretbare Konzentration
von IVF-Zentren in Bayern, insbesondere in attraktiven Ballungsräumen, immer mehr offenkundig geworden. Ein Bedarf für neue
IVF-Zentren habe weder in Bayern noch in anderen Bundesländern nach konkreten Kriterien geprüft werden können. Um willkürliche
Bedarfsentscheidungen zu vermeiden, habe das damals zuständige Bayerische Sozialministerium erstmals eine Bedarfsregelung
für den Flächenstaat Bayern angestrebt. Der Beklagte habe deshalb eine umfangreiche Anhörung (IVF-Zentren in Bayern, Bundesverband
reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands e. V., Kassenärztliche Vereinigung Bayern, Kassenärztliche Bundesvereinigung
- Dezernat Versorgungsqualität und Sicherstellung, Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer, Bundesgesundheitsministerium,
Deutsches IVF-Register, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung) durchgeführt und verschiedene Modelle geprüft. Dabei habe
sich gezeigt, dass eine Orientierung an der allgemeinen vertragsärztlichen Bedarfsplanung unter Berücksichtigung von Bevölkerungszahlen
in Versorgungsregionen bevorzugt werden sollte. Nach Auswertung der IVF-Zentren würden generell Kinderwunschpaare behandelt,
die sehr häufig Fahrtzeiten von bis zu einer Stunde benötigten. Deshalb würden 80-km-Regelkreise um die Zentren (zumutbare
Fahrtstrecke) als geeignete Planungsbereiche angesehen. Innerhalb der 80-km-Regelkreise werde auf die jeweiligen örtlichen
Einwohnerzahlen und Anzahl der Zentren abgestellt. Es gehe deshalb in erster Linie darum, eine Überversorgung von IVF-Zentren
in einzelnen Regionen zu verhindern, während andere Gebiete unterversorgt bleiben würden. Diesem gesetzlichen Erfordernis
würden die unter Einbeziehung aller Beteiligten entwickelten Bedarfskriterien bestmöglich Rechnung tragen. Seit Einführung
der Vorschrift des §
121a SGB V würden in Bayern alle das Genehmigungsverfahren betreffenden Fragen und Anträge in dem beim zuständigen Staatsministerium
eingerichteten Beratungsgremium "künstliche Befruchtung" erörtert. Diesem Gremium gehörten derzeit drei Sachverständige sowie
Vertreter der Bayerischen Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns an. Damit werde eine fachliche Beratung
der Genehmigungsbehörde in allen Fragen der Umsetzung des §
121a SGB V gewährleistet. Auf Empfehlung des Beratungsgremiums seien die gemeinsam entwickelten Bedarfskriterien am 29.03.2000 in die
Grundsätze des Staatsministeriums für die Genehmigung nach §
121a SGB V zur Durchführung künstlicher Befruchtungen aufgenommen worden. In den inzwischen 19 bayerischen IVF-Zentren, darunter den
drei Zentren im Bereich C-Stadt sowie dem Neuzentrum in F-Stadt seien noch IVF-Kapazitäten vorhanden. Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz
2004 sei der Leistungsumfang künstliche Befruchtungen durch §
27a Abs.
3 Satz 1
SGB V mit Wirkung zum 01.01.2004 eingeschränkt worden. Dies habe zu einer erheblichen Reduktion der bei der KVB abgerechneten Leistungen
der IVF-Zentren in Bayern geführt. Noch immer lägen die Behandlungszahlen der IVF-Zentren weit unter denen des Jahres 2003.
Damit seien aktuell keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass auf Grund der Bedarfskriterien ein möglicherweise noch zusätzlich
entstehender Bedarf - auch in der Region A-Stadt - nicht berücksichtigt werden könnte. Auch die Genehmigungsbehörden der Länder
nach §
121a SGB V hätten im Jahr 2005 die Auffassung vertreten, dass die zurückgegangenen Behandlungszahlen als Folge der reduzierten Leistungsansprüche
bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen seien. Die Länder seien berechtigt, die Einzelheiten zur Entscheidung über die
Genehmigung in Richtlinien zu regeln (Kassler Kommentar, Rdnr. 3 zu §
121a SGB V). Es handle sich um örtliche Zugangsbeschränkungen bei bestehender ausreichender Versorgung. Neue IVF-Zentren könnten je
nach zu versorgender Bevölkerungszahl an der einen oder anderen Stelle eine Genehmigung erhalten. Es finde ein Wettbewerb
statt. Den Reproduktionsmedizinern werde die Ausübung des Arztberufes nicht verwehrt. Auch Inseminationen nach hormoneller
Stimulation könnten ohne Bedarfsbeschränkungen durchgeführt werden. Lediglich in Bezug auf die Ortswahl eines Praxissitzes
eines Zentrums zur Durchführung von Maßnahmen der IVF und ICSI müssten gewisse Einschränkungen hingenommen werden. Die bisherige
Entwicklung der Versorgungssituation mit IVF-Zentren in Bayern zeige, dass gerade durch die Bedarfskriterien die Genehmigungspraxis
im Rahmen der öffentlichen Belange habe bestmöglich sichergestellt werden können. Das BSG (B 6 KA 60/03 R) habe zwar darauf hingewiesen, dass es sich bei der Genehmigung nach §
121a Abs.
1 i.V.m. Abs.
2 SGB V um eine gebundene Entscheidung handle. Es hat aber auch klargestellt, dass der Grundtatbestand zahlreiche sog. unbestimmte
Rechtsbegriffe wie zum Beispiel "erhöhtes Risiko", "notwendige diagnostische und therapeutische Möglichkeiten", "wissenschaftlich
anerkannte Methoden", "bedarfsgerecht" enthalte, die der Behörde möglicherweise Beurteilungsspielräume einräumen, so dass
insoweit nur eine eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit bestehe. Art.
12 Grundgesetz sei nicht verletzt. Die Durchführung von künstlichen Befruchtungen sei auch vor dem Hintergrund der Maßstäbe der vertragsärztlichen
Versorgung keine übliche Dienstleistung, so dass es gerechtfertigt sei, die Hürde für Berufsausübungsregelungen höher zu legen
als bei sonstigen medizinischen Leistungen. Deshalb sei es gerechtfertigt, subjektiv und objektiv zusätzliche Voraussetzungen
an den Genehmigungswilligen (Antragsteller) zu richten, wie es der Gesetzgeber in §
121a Abs.
2 SGB V getan habe. Basisstatus sei die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe.
Die Genehmigung nach §
121a SGB V erweitere nur das mögliche Behandlungsspektrum und stelle eine Abrechnungsvoraussetzung für zusätzliche Leistungen dar. Ein
höherer Grad an Eingriffsintensität in die Berufsfreiheit der Kläger sei im streitgegenständlichen Fall nicht gegeben, da
die wirtschaftlichen Folgen der nicht erteilten Genehmigung eine sinnvolle Ausübung des Berufs eines Gynäkologen nicht unmöglich
machen würden. Vorliegend könnten die Kläger weiterhin als Vertragsärzte gynäkologisch tätig sein und dürften sämtliche Maßnahmen
zur Herbeiführung einer Schwangerschaft als Privatleistungen erbringen. Zudem hätten alle Gynäkologen der Gemeinschaftspraxis
eine Genehmigung nach §
121a SGB V zur Durchführung intrazervikaler, intrauteriner oder intratubarer Insemination nach hormoneller Stimulation mit Gondatropinen
erhalten. Damit könnten nur Maßnahmen der IVF/ICSI im engeren Sinn nicht in der Praxis der Kläger zu Lasten der Krankenkassen
erbracht werden. Aus Art.
12 Abs.
1 GG lasse sich kein Recht auf Genehmigung bestimmter Behandlungsmethoden am Ort der bisherigen Berufsausübung ableiten. Das Bundesverwaltungsgericht
habe Normen dann einen Beurteilungsspielraum für die Verwaltung entnommen, wenn der zu treffenden Entscheidung in hohem Maße
wertende Elemente anhaften und das Gesetz für sie deshalb ein besonderes Verwaltungsorgan für zuständig erklärt habe, das
weisungsfrei mit besonderer fachlicher Legitimation und besonderen Verfahren entscheide (BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 8/06). Nach Auffassung des SG München folge daraus, dass die zuständige Genehmigungsbehörde nach §
121a SGB V einen Beurteilungsspielraum habe, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden könne. Die sowohl in §
121a SGB V als auch in den verbindlichen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe würden
durch die Grundsätze des Staatsministeriums konkretisiert. Zwar hätten die Grundsätze des Staatsministeriums im Gegensatz
zu den verbindlichen Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses keinen Rechtsnormcharakter, jedoch sei es dem Staatsministerium
als Genehmigungsbehörde nicht verwehrt, vielmehr sogar auferlegt, die unbestimmten Rechtsbegriffe im Sinne der Gleichbehandlung
aller Antragsteller zu konkretisieren (Urteil vom 17.03.2009 - S 28 KA 894/07).
Die Prozessbevollmächtigten der Kläger haben mit Schriftsatz vom 06.05.2013 ihre Begründung nochmals zusammenfassend dargestellt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.05.2013 wurde das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf beim Bundessozialgericht
(BSG) anhängige Revisionsverfahren angeordnet.
Kläger und Beklagter haben mit Schriftsätzen vom 16.05.2014 bzw. 14.03.2014 die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt.
Der Kläger hat auf die Anfrage des Senats vom 04.04.2014, ob die Berufung im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung
des BSG noch aufrecht erhalten wird, erklärt, die Berufung weiter aufrecht erhalten zu wollen.
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten, die Akten des Beigeladenen zu 1), die Akte des Sozialgerichts München S 39 KA 2/09, die Akte des Bayerischen Landessozialgerichts L 12 KA 48/14 (vormals: L 12 KA 69/11) sowie die erledigte Akte des Sozialgerichts Nürnberg S 6 KA 18/01 sowie die erledigte Akte des Bayerischen Landessozialgerichts L 12 KA 96/02 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend
Bezug genommen wird.
Die Berufung der Kläger ist zulässig, aber nicht begründet.
Zwischen den Beteiligten ist zunächst nicht streitig und steht zur Überzeugung des Senats anhand der im Zusammenhang mit dem
Antrag auf Genehmigung eingereichter Unterlagen fest, dass die Kläger über die für die Durchführung der Maßnahmen zur Herbeiführung
einer Schwangerschaft notwendigen diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten verfügen und nach wissenschaftlich anerkannten
Methoden arbeiten (vgl. § 121a).
Die Genehmigung gemäß §
121a SGB V ist ein Verwaltungsakt, dessen Erteilung nicht im Ermessen der Behörde liegt, sondern auf den ein Rechtsanspruch besteht.
Allerdings enthält die Regelung des §
121a SGB V in den Abs.
1,
2 und
3 eine Reihe unbestimmter Rechtsbegriffe ("erhöhtes Risiko", "notwendige diagnostische und therapeutische Möglichkeiten", "wissenschaftlich
anerkannte Methoden", "bedarfsgerecht", "leistungsfähig", "wirtschaftlich"). Bei unbestimmten Rechtsbegriffen stellt sich
jeweils die Frage, ob die unbestimmten Rechtsbegriffe in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar sind oder der Verwaltung ein
Beurteilungsspielraum mit nur eingeschränkter gerichtlicher Überprüfbarkeit zusteht. Das dem Antrag der Kläger entgegenstehende
Merkmal der Bedarfsgerechtigkeit schließt die Prüfung mit ein, ob andere Leistungserbringer schon in ausreichendem Maße die
in Frage stehenden Leistungen erbringen, und insoweit steht der Verwaltung entsprechend der Rechtsprechung zu Bedarfsprüfungen
bei Zweitpraxen, Sonderbedarfszulassungen und Ermächtigungen ein der gerichtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglicher
Beurteilungsspielraum zu (vgl. BSG, Urteil vom 05.06.2013, B 6 KA 28/12 R mit zahlreichen Hinweisen zur Rechtsprechung). Die Forderung einer Bedarfsgerechtigkeit im Sinne des Vorliegens einer quantitativen
oder qualitativen Versorgungslücke als Voraussetzung für eine Genehmigung gemäß §
121a Abs.
1 und
2 SGB V ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Reine Berufsausübungsbeschränkungen werden durch jede vernünftige Erwägung
des Gemeinwohls legitimiert (vgl. etwa BVerfGE 123, 186/238). Das Kriterium der Bedarfsgerechtigkeit soll einer Entwicklung
vorbeugen, die durch die Zunahme der Leistungserbringer zu einem Absenken der Indikationsschwelle führt (s. Begründung des
Gesetzentwurfes Bundestags-Drucksache 11, 6760, S. 16). Eine Zulassung aller bzw. zu vieler entsprechend qualifizierter Leistungserbringer
hätte einen Rückgang des Gesamtvolumens der Behandlungszyklen pro Zentrum zufolge, wobei ein statistischer Zusammenhang zwischen
steigender Anzahl von Behandlungszyklen und der Erfolgsquote erzielter Schwangerschaften besteht. Der erforderliche Qualitätsstandard
wäre gefährdet, wenn IVF-Zentren infolge zu geringer Behandlungszyklen die Behandlungen nicht mehr in einem gewissen Mindestumfang
ausüben könnten. Damit ist die Konzentration auf weniger Ärzte ein anzuerkennender Gemeinwohlgrund. Die Beschränkung der Berufsausübung
ist auch verhältnismäßig. Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass die Reproduktionsmedizin nicht zum Kernbereich des Fachgebietes
Frauenheilkunde und Geburtshilfe gehört, sondern als auf der Facharztweiterbildung aufbauende Spezialisierung des Gebiets
zum Schwerpunkt "gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin" gehört. Die Kläger werden mit dieser Beschränkung
ihrer Berufsausübung somit in keiner Weise vom Kerngebiet ihres Fachgebietes ausgeschlossen. Zudem wurde den Klägern mit Bescheid
vom 28.09.2010 die Genehmigung nach §
121a SGB V zur Durchführung intracervikaler, intrauteriner oder intratubarer Insemination nach hormoneller Stimulation mit Gonadotropinen
(Maßnahmen nach Nr. 10.2 der Richtlinien über künstliche Befruchtung) erteilt. Es ist schließlich auch nicht zu beanstanden,
dass der Beklagte hinsichtlich des in der die Berufsausübung der Kläger einschränkenden Vorschrift des §
121a Abs.
1 und
2 SGB V enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriff der Bedarfsgerechtigkeit gesetzesauslegende bzw. norminterpretierende Verwaltungsvorschriften
(Auslegungsrichtlinien) erlassen hat (Grundsätze für die Genehmigung nach §
121a SGB V zur Durchführung künstlicher Befruchtungen), die eine einheitliche Anwendung bei der Genehmigung zur Durchführung künstlicher
Befruchtungen gewährleisten sollen. Die Entscheidung des Beklagten, die Verwaltungsrichtlinien zur Interpretation des Begriffs
Bedarfsgerechtigkeit an der allgemeinen vertragsärztlichen Bedarfsplanung unter Berücksichtigung von Bevölkerungszahlen in
Versorgungsregionen zu orientieren, ist nicht zu beanstanden. Auch die konkrete Ausgestaltung dergestalt, 80 km Regelkreise
um die IVF-Zentren (zumutbare Fahrstrecke von bis zu einer Stunde) als geeignete Planungsbereiche anzusehen und innerhalb
der 80 km-Regelkreise auf die jeweiligen örtlichen Einwohnerzahlen und die Zahl der Zentren abzustellen, ist nicht zu beanstanden.
Denn diese Kriterien gewährleisten gerade im Hinblick auf die Gewährleistung der Bedarfsgerechtigkeit eine Überversorgung
von IVF-Zentren in einzelnen Regionen zu verhindern, während andere Gebiete unterversorgt bleiben. Die Grundsätze für die
Genehmigung nach §
121a SGB V vom 29.03.2000 gehen dabei auf eine Empfehlung des Beratungsgremiums "Künstliche Befruchtung", bestehend aus drei Sachverständigen
sowie Vertretern der Bayerischen Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, zurück, die seither regelmäßig
auch einen möglichen Anpassungsbedarf prüfen, der aber bislang nicht gesehen wurde.
In ihrem Bescheid ist der Beklagte unter Zugrundelegung einer allgemeinen bundesweiten Verhältniszahl von 901.505 (Bevölkerungszahl
von 82.037.000 in Deutschland bei 91 IVF-Zentren) und einer ermittelten örtlichen Verhältniszahl von 709.386 zutreffend davon
ausgegangen, dass die ermittelte örtliche Verhältniszahl um mehr als 15 %, nämlich mehr als 21 %, unter der allgemeinen bundesweiten
Verhältniszahl liegt und damit A-Stadt unverändert als überversorgt gilt. Die diesbezüglichen Verhältniszahlen haben sich
nicht zugunsten der Kläger verändert. Im Jahre 2012 lag die Bevölkerungszahl in Deutschland mit 81.890.000 Einwohnern niedriger
als Ende 1998, während die bundesweite Anzahl der IVF-Zentren gewachsen ist, in Bayern z.B. von 17 IVF-Zentren auf mittlerweile
19 IVF-Zentren. Die örtliche Verhältniszahl ist nach den aktuell vorliegenden Zahlen nahezu unverändert geblieben, nämlich
von 709386 Einwohnern (zum 31.03.2008) auf nunmehr 709903 Einwohner.
Die Kläger haben schließlich auch zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, dass sie andere oder bessere Leistungen erbringen würden,
als die drei etablierten IVF-Zentren in C-Stadt.
Nach alledem war die Berufung der Kläger zurückzuweisen.