Beschäftigungszuschuss; Änderung in den Verhältnissen; Ausschluss der Ermessensausübung; Bewilligung; Auszahlung; Insolvenzgeld;
Aufhebungsbescheid; Insolvenzverfahren; Änderung der Verhältnisse; Zahlungsunfähigkeit; Eintritt der Zahlungsunfähigkeit
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides. Die Klägerin führt den Rechtstreit
als Insolvenzverwalterin über das Vermögen des Initiativkreises Arbeitsbeschaffung und Bildung S e.V. in S. (nachfolgend als
Initiativkreis bezeichnet). Der Initiativkreis war Träger von geförderten Maßnahmen und anderer gemeinnütziger Projekte. Der
Initiativkreis schloss am 8. Mai 2008 einen Beschäftigungsvertrag mit dem vorher langzeitarbeitslosen Arbeitnehmer L ... M
... für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis zum 30. Juni 2009. Danach erfolgte die Beschäftigung im Rahmen des "Projektes Bürgerarbeit".
Der Arbeitnehmer hatte Anspruch auf eine monatliche Vergütung von brutto 675,00 EUR. Nach dem Vertrag war das Nettoentgelt
jeweils bis zum 30. des nachfolgenden Monats zur Zahlung anzuweisen. Am 19. Mai 2008 stellte der Initiativkreis bei der Arbeitsgemeinschaft
SGB II A -S. (nachfolgend als ARGE bezeichnet) einen Antrag auf einen Beschäftigungszuschuss nach § 16a Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Beschäftigung des langzeitarbeitslosen Arbeitnehmers L. M. Die ARGE nahm bis zum 31. Dezember 2010 als Vorgängerin
des Jobcenter S. die Verwaltungsaufgaben für die Träger der Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II mit örtlicher Zuständigkeit für das Gebiet des ehemaligen Landkreises A.-S. wahr. Mit Bescheid vom 20. Juni 2008 bewilligte
die ARGE dem Initiativkreis den beantragten Beschäftigungszuschuss in Höhe von 599,15 EUR monatlich für die Zeit vom 1. Juli
2008 bis zum 30. Juni 2009. Im Bescheid wird ausgeführt, der Zuschuss werde jeweils monatlich nachträglich überwiesen. Der
Bewilligungsbescheid war mit Nebenbestimmungen versehen. Unter anderem wurde unter Ziffer 2 ausgeführt: "Der Bewilligungsbescheid
wird mit der Maßgabe gewährt, dass er (= der Beschäftigungszuschuss) für die Zahlung des Arbeitsentgelts, der Sozialversicherungsbeiträge
oder der Erfüllung ähnlicher Arbeitgeberpflichten eingesetzt wird." Wegen weiterer Einzelheiten zum Inhalt des Antrags und
des Bescheides wird auf Blatt 1ff. und 21f. der Verwaltungsakte der ARGE betreffend dem Beschäftigungszuschuss für den Arbeitnehmer
L M Bezug genommen.
Der für Januar 2009 bewilligte Beschäftigungszuschuss für den Arbeitnehmer L. M. wurde durch die ARGE am 27. Januar 2009 durch
Überweisung an den Initiativkreis gezahlt. Mit Beschluss vom 28. Januar 2009 bestellte das Amtsgericht Magdeburg die Klägerin
zur vorläufigen Insolvenzverwalterin über das Vermögen des Initiativkreises und ordnete die vorläufige Vermögensverwaltung
an. Dem Initiativkreis wurden mit dem Beschluss sämtliche Verfügungen über seine Bankkonten untersagt. Laut einer Erklärung
des Geschäftsführers des Initiativkreises vom 28. Januar 2009 gegenüber der Tageszeitung SV. war die Zahlungsunfähigkeit des
Initiativkreise eingetreten, weil dieser sich mit der Übernahme eines Seniorenheims finanziell "übernommen" hatte. Er äußerte
weiter, dass die beim Initiativkreis in Beschäftigungsprojekten tätigen Arbeitnehmer von anderen Trägern übernommen würden.
Nach einem Vermerk in der für den Initiativkreis geführten Verwaltungsakte der ARGE fand am 12. Februar 2009 ein Treffen statt,
an dem die Klägerin in ihrer Funktion als vorläufige Insolvenzverwalterin sowie Vertreter der ARGE, des Landes Sachsen-Anhalts,
des Landkreises S. und eines anderen Maßnahmeträgers teilnahmen. Die Klägerin teilte mit, dass die für Januar 2009 zu überweisenden
Lohnzahlungen an geförderte Arbeitnehmer nicht zur Auszahlung gekommen seien und dass für diese Ausfälle und für die für Februar
2009 anstehenden Zahlungen Insolvenzgeld beantragt werde. Die anwesenden Beteiligten kamen überein, laufende geförderte Maßnahmen
bei einem Trägerwechsel zum 1. März 2009 fortzuführen und für Februar 2009 ausstehenden Zahlungen von Förderleistungen fristgerecht
zu tätigen. Die Klägerin sicherte zu, die den Teilnehmern insoweit zustehenden Entgelte auszuzahlen.
Mit einem an den Initiativkreis adressierten Bescheid vom 26. Februar 2009 hob die ARGE die Bewilligung des Beschäftigungszuschusses
für den Arbeitnehmer M. für Januar 2009 in Höhe von 599,15 EUR auf und führte zur Begründung aus: Herr M. habe im Januar 2009
kein Arbeitsentgelt erhalten, so dass eine Überzahlung des Beschäftigungszuschusses eingetreten sei. Die zu Unrecht gezahlten
Leistungen seien zu erstatten. Dieser Bescheid wurde mit 51 anderen Bescheiden in gleichgelagerten Fällen der Klägerin übersandt.
Mit Beschluss vom 27. Februar 2009 über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestellte das Amtsgericht Magdeburg die Klägerin
zur Insolvenzverwalterin über das Vermögen des Initiativkreises. Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers L. M. und des Initiativkreis
endete aufgrund einer von der Klägerin ausgesprochenen Kündigung mit dem 28. Februar 2009.
Mit Schreiben vom 23. März 2009 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 26. Februar 2009, bei ihr eingegangen am 26. Februar
2009, Widerspruch in ihrer Eigenschaft als Insolvenzverwalterin. Mit einem im Adressfeld an den Initiativkreis gerichteten
Abhilfebescheid vom 28. Mai 2009, der in der Anrede die Klägerin ansprach ("Sehr geehrte Frau S."), hob die ARGE den Bescheid
vom 26. Februar 2009 in vollem Umfang auf. Dabei verwies sie auf einen neuen, beigefügten Bescheid vom 28. Mai 2009. Mit dem
wiederum an den Initiativkreis adressierten Bescheid vom 28. Mai 2005 hob die ARGE die Bewilligung des Beschäftigungszuschusses
für den Arbeitnehmer L. M. "für die Zeiten ohne Lohnzahlung gemäß auf" und führte weiter aus: "Ab Januar wurde kein Arbeitsentgelt
mehr gezahlt. Der Beschäftigungszuschuss wurde bis 31.01.2009 gezahlt. Somit ist eine Überzahlung vom 01.01.2009 bis 31.01.2009
in Höhe von 599,15 Euro erfolgt. Die zu Unrecht gewährten Beträge sind zu erstatten." Als Rechtsgrundlagen wurden die §§ 48 und 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) genannt. Der Abhilfebescheid und auch der neue Bescheid vom 28. Mai 2009 wurden der Klägerin zusammen mit jeweils 34 Abhilfe-
und Neubescheiden in vergleichbaren Fällen betreffend andere Arbeitnehmer mit einem gesonderte an die Klägerin gerichteten
Begleitschreiben übersandt, in dem es heißt: "erhalten Sie beiliegend die Abhilfebescheide sowie die Bescheide vom 28.05.2009."
Gegen den Bescheid betreffend die Leistungen für den Arbeitnehmer L. M. vom 28. Mai 2009, ihr zugegangen am 4. Juni 2009,
erhob die Klägerin am 29. Juni 2009 Widerspruch. Die ARGE wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2010 zurück
und führte aus: § 47 SGB X komme zur Anwendung. Der Beschäftigungszuschuss sei mit der Maßgabe gewährt worden, dass er für die Zahlung des Arbeitsentgelts,
der Sozialversicherungsbeiträge oder der Erfüllung ähnlicher Arbeitgeberpflichten eingesetzt werden. Ab dem 1. März 2009 habe
aufgrund des Insolvenzverfahrens des Initiativkreises ein Trägerwechsel stattgefunden. Im Januar 2009 und Februar 2009 sei
an die beschäftigten Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt ausgezahlt worden. Für diese Monate sei Insolvenzgeld gezahlt worden.
Auf Vertrauen könne sich der Initiativkreis nicht berufen. Er habe es im Vorfeld der Insolvenz unterlassen, die Beklagte über
seine wirtschaftlichen Verhältnisse zu informieren. Für Januar 2009 habe der Initiativkreis die Förderung und zugleich Insolvenzgeld
bekommen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes könne von einem Widerruf für die Vergangenheit nicht abgesehen werden. Die
Rechtsgrundlage für die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen ergebe sich aus § 50 SGB X. Der Rückforderungsbetrag sei im laufenden Insolvenzverfahren als Forderung angemeldet worden. Die Klägerin hat am 24. Juni
2010 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) mit dem Begehren erhoben, den Bescheid der ARGE vom 28. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2010
aufzuheben und zudem die ARGE zu verurteilen, an sie den ursprünglich für Februar 2009 bewilligten Zuschuss in Höhe von 599,15
EUR auszuzahlen. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Die Vorgehensweise der ARGE verletze die vom Gesetzgeber mit dem Insolvenzgeld
verfolgte Intention. Das Insolvenzgeld solle dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit geben, Masse zu erhalten, die für die
zumindest vorübergehende Fortführung des Unternehmens genutzt werde. Es stelle also eine Art Massedarlehen dar. Das Insolvenzgeld
solle bei der Abrechnung der Maßnahme so behandelt werden, als ob tatsächlich Lohn gezahlt worden sei. Das Insolvenzgeld sei
als Arbeitsentgelt zu charakterisieren. Der gezahlte Zuschuss sei auch für Januar 2009 nicht zweckwidrig gezahlt worden, weil
die Arbeitnehmer ihr Arbeitsentgelt letztlich in der Form von Insolvenzgeld erhalten hätten. Es sei nicht entscheidend, ob
die Zahlungen durch den Arbeitgeber oder durch einen Dritten erfolgten. Die Teilnehmer an der Besprechung am 12. Februar 2009
hätten zugesichert, die Maßnahmen weiter zu fördern, damit sie nahtlos auf andere Träger übergehen könnten. Daran hätten sich
bis auf die ARGE alle anderen Teilnehmer gehalten; so dass ein treuwidriges Verhalten der ARGE vorliege. Der Beklagte hat
nach Hinweis der Vorsitzenden der beim SG zuständigen Kammer die Klägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigte zu der vorgenommenen Bewilligungsaufhebung nachträglich
formell mit einem Schreiben vom 11. Oktober 2012 angehört und ausgeführt: "Am 27.01.2009 wurde Ihnen der Beschäftigungszuschuss
für den Monat Januar gezahlt. Ab Januar wurde an den Arbeitnehmer kein Arbeitsentgelt mehr gezahlt. Die Entscheidung über
die Bewilligung des Beschäftigungszuschusses wird daher für die Zeiten ohne Lohnzahlung gem. § 48 - Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - (SGB X) i.v.m. §
330 Abs.
3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - (
SGB III) ab dem 01.01.2009 aufgehoben. Es ist somit eine Überzahlung vom 01.01.2009 bis 31.01.2009 in Höhe von 599,15 EUR erfolgt.
Die zu Unrecht gewährten Beträge sind gemäß § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch zu erstatten. Bevor ich abschließend eine Entscheidung
treffe, gebe ich ihnen Gelegenheit, sich zu den oben genannten Tatsachen zu äußern. Ihre Stellungnahme ist schriftlich abzugeben.
- Eine Verpflichtung besteht jedoch nicht." Auf dieses Anhörungsschreiben erfolgte keine gesonderte Äußerung. Das SG hat in der öffentlichen Sitzung vom 16. Oktober 2012 die Zeugin M ... S ... und den Zeugen F. H. gehört: Die Zeugin Schultz
hat ausgesagt, sie habe als Sachbearbeiterin für Insolvenzverwaltung bei der Klägerin an den Besprechungen betreffend den
Initiativkreis teilgenommen. Es sei ein Thema gewesen, "wie es mit dem Geld laufen solle". Die ARGE habe keine Doppelzahlungen
gewollt. Der Zeuge H ... hat ausgesagt, er sei bei der Hauptagentur der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt und auch Fachvorgesetzter
der Teams für die Abrechnung von Maßnahmen in den Geschäftsbereichen der Arbeitsgemeinschaften SGB II M ...-L., Sa und A -S. gewesen. Es sei damals besprochen worden, dass alle Beteiligten die Maßnahmen fortführen und die Kosten
für Februar tragen wollten. Im Nachgang habe es sich herausgestellt, dass dies so nicht gehe, weil die Mittel für Januar sachfremd
verwendet worden seien. Es habe die Absicht gegeben, Insolvenzgeld zu zahlen, damit die Maßnahmen weitergeführt werden konnten.
Wegen des genauen Inhalts der Zeugenaussagen wird auf die Sitzungsniederschrift in der Gerichtsakte Bezug genommen.
Das SG hat mit Urteil vom 16. Oktober 2012 den Bescheid der ARGE vom 28. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
1. Juni 2010 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Der Bescheid sei rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten.
Der Bescheid betreffe die Insolvenzmasse. Er hätte deshalb an die Klägerin als Insolvenzverwalterin gerichtet und auch dieser
gegenüber bekannt gegeben werden müssen. Der Bescheid sei aber an die Schuldnerin (= den Initiativkreis) gerichtet worden.
Der tatsächliche Zugang bei der Klägerin ersetzte nicht die Bekanntgabe. Es liege keine zur Wirksamkeit des Bescheides führende
Bekanntgabe im Sinne des § 39 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) vor. Der an den Initiativkreis adressierte Bescheid könnte auch nicht in einen an die Klägerin gerichteten Bescheid umgedeutet
werden. Der Bescheid sei deshalb aufzuheben.
Gegen das ihr am 9. November 2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 7. Dezember 2012 Berufung eingelegt.
Auf einen Antrag der Beklagten auf Urteilsergänzung nach §
140 Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) vom 20. November 2012 hat das SG mit einem Ergänzungsurteil vom 5. Dezember 2012 den Beklagten verurteilt, an die Klägerin (entsprechend des im vorangegangen
Urteil übergangenen Klageantrags) 599,15 EUR zu zahlen. In den Gründen hat das SG ausgeführt: Der Bewilligungsbescheid vom 20. Juni 2008 sei nicht wirksam gegenüber der Klägerin durch den Bescheid vom 28.
Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2010 aufgehoben worden, wie die Kammer mit Urteil vom 16. Oktober
2012 entschieden habe. Gegen dieses ihm am 8. Januar 2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 8. Februar 2013 Berufung
eingelegt.
Der Senat hat die beiden Verfahren mit Beschluss vom 8. April 2013 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Der Beklagte hat zur Begründung in den verbundenen Verfahren vorgetragen: Der strittige Ausgangsbescheid sei der Klägerin
wirksam bekannt gegeben worden. Er sei an diese versandt worden und ihr auch zugegangen. Die vorher fehlende Anhörung sei
mit Schreiben vom 11. Oktober 2012 wirksam nachgeholt worden. Die Klägerin sei damit über die aus Sicht der Beklagten wesentlichen
Tatsachen, nämlich die Nichtzahlung des Arbeitsentgelts an den Arbeitnehmer, in Kenntnis gesetzt worden und habe sich dazu
äußern können. Der Aufhebungsbescheid könne auch auf § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB IIII i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X gestützt werden. Die nachträglich eingetretene wesentliche Änderung liege vor, weil für Januar und Februar 2009 das Arbeitsentgelt
nicht an den Arbeitnehmer gezahlt und Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt worden seien. Der Initiativkreis könne sich
auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er die Nichtzahlung nicht mitgeteilt habe. Hinsichtlich der letzten Rate der
bewilligten Leistung für Februar 2009 habe ein Zurückbehaltungsrecht bestanden. Denn nach Ziffer 5 der Nebenbestimmungen zum
Bescheid vom 20. Juni 2008 setzte die Zahlung voraus, dass ein Nachweis des tatsächlich gezahlten monatlichen Arbeitsentgelts
vorgelegt werde.
Der Beklagte beantragt, die Urteile des Sozialgerichts Halle vom 16. Oktober 2012 und vom 5. Dezember 2012 aufzuheben und
die Klagen abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtakte und die beigezogene Verwaltungsakten des Beklagten bzw. der ARGE Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid der ARGE vom 28. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 1. Juni 2010 ist rechtmäßig.
Er ist auch gegenüber der Klägerin als Insolvenzverwalterin über das Vermögen des Initiativkreises wirksam geworden.
Nach § 39 Abs. 1 SGB X wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen ist, in dem Zeitpunkt wirksam,
in dem er ihm bekannt gegeben worden ist. Der Bescheid vom 28. Mai 2009 war für die Klägerin als Insolvenzverwalterin über
das Vermögen des Initiativkreises bestimmt. Zwar war im Adressfeld des Bescheides noch der Initiativkreis angegeben. Der Bescheid
wurde aber zusammen mit anderen gleichartigen Bescheiden mit einem Begleitschreiben an die Klägerin gesandt. Im Hinblick darauf,
dass sich die Klägerin gegenüber der ARGE als zunächst vorläufige Insolvenzverwalterin über das Vermögen des Initiativkreises
gemeldet und in dieser Eigenschaft an dem Gespräch mit der Klägerin am 12. Februar 2009 teilgenommen hatte, waren sich sowohl
die ARGE als auch die Klägerin bewusst, dass die Klägerin der richtige Ansprechpartner der ARGE für Regelungen bezüglich der
dem Initiativkreis bewilligten Förderungen und allgemein für die weitere Abwicklung der geförderten Maßnahmen war. Deshalb
konnte die Klägerin - was sie auch tat und Widerspruch erhob - bei verständiger Würdigung davon ausgehen, den Bescheid vom
28. Mai 2005 nicht nur als Empfangsboten, sondern als Adressatin zu erhalten. Folglich wurde der Bescheid ebenso wie der den
Bevollmächtigten der Klägerin zugestellte Widerspruchsbescheid auch mit Zugang gegenüber der Klägerin wirksam. Die Rechtsgrundlage
für den angefochtenen Bescheid ergibt sich § 48 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X in Verbindung mit §
330 Abs.
3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (
SGB III). Diese Vorschriften finden nach § 40 Abs. 1 SGB II auch für das Verfahren nach dem SGB II Anwendung.
Der Bescheid ist formell rechtmäßig ergangen. Die zunächst unterbliebene Anhörung ist wirksam nachgeholt worden. Die Anhörung
war nach § 24 SGB X erforderlich. Einer der Gründe nach § 24 Abs. 2 SGB X, von der Anhörung abzusehen, lag nicht vor. Sinn der Anhörung ist die Gewährung rechtlichen Gehörs und der Schutz der Betroffenen
vor einer Überraschungsentscheidung. Allgemein kommt der Anhörung auch die Funktion zu, der oder dem Betroffenen zu zeigen,
dass die handelnde Behörde seine Interessen zur Kenntnis nehmen und bei ihrer Entscheidung berücksichtigen will. Die Anhörung
muss deshalb die Gründe aufzeigen, die die Behörde aus ihrer Sicht für maßgeblich für die Entscheidung hält. Hier hatte die
ARGE im Ausgangsbescheid vom 28. Mai 2009 die Aufhebungsentscheidung auf § 48 SGB X i.V.m. §
330 Abs.
3 SGB III gestützt. Im Widerspruchsverfahren war zwar kurz § 47 SGB X genannt worden, als wesentlicher Grund für die Aufhebungsentscheidung wurde aber nach wie vor die Nichtzahlung des Entgelts
an den Arbeitnehmer genannt. Es kann hier dahinstehen, ob der Mangel der unterbliebenen Anhörung deshalb bereits dadurch geheilt
worden war, dass die Klägerin ausreichend Möglichkeit hatte, sich im Widerspruchsverfahren zu den aus Sicht der Behörde maßgeblichen
Gesichtspunkten zu äußern. Jedenfalls liegt eine ausreichende Nachholung der Anhörung mit dem Schreiben des Beklagten vom
11. Oktober 2012 und der darin eingeräumten Möglichkeit zu Stellungnahme vor. Für die Nachholung der Anhörung nach Abschluss
des Widerspruchsverfahrens ist ein "eigenständiges, mehr oder minder förmliches Verwaltungsverfahren" erforderlich (Bundessozialgericht
(BSG), Urteil vom 9. Nov. 2010, B 4 AS 37/09 R). Eine solche Anhörung hat der ARGE mit dem Schreiben vom 11. Oktober 2012 durchgeführt bzw. eingeleitet.
Durch den Eintritt der zur Insolvenz führenden Zahlungsunfähigkeit des Initiativkreises im Januar 2009 und die darauf beruhende
Nichtzahlung des dem Arbeitnehmer L. M. aus dem Beschäftigungsverhältnis mit dem Initiativkreis für Januar 2009 zustehenden
Entgelts war eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten. Denn Voraussetzung für die Bewilligung des Beschäftigungszuschusses mit Bescheid vom 20. Juni 2008 war erkennbar,
dass der Initiativkreis in der Lage war, die geförderte Beschäftigung durchzuführen und das mit dem Arbeitnehmer vereinbarte
Arbeitsentgelt zu zahlen. Diese Voraussetzung war aufgrund der im Januar 2009 eingetretenen Zahlungsunfähigkeit entfallen.
Die Änderung ist wesentlich, weil die Bewilligung eines Beschäftigungszuschusses gegenüber einem zahlungsunfähigem und unmittelbar
vor der Insolvenz stehenden bzw. sich bereits im durch die Stellung des Insolvenzantrags eingeleiteten Insolvenzverfahrens
befindlichen Träger ausscheidet. Eine wesentliche Änderung ist nicht im Hinblick daraus zu verneinen, dass im Hinblick auf
die Nichtzahlung des vereinbarten Entgelts für Januar und auch Februar 2009 die Zahlung von Insolvenzgeld beantragt wurde.
Aus dem Inhalt des Bewilligungsbescheides sowie den Nebenbestimmungen ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass Voraussetzung
für die Zahlung des Beschäftigungsschusses die Erfüllung der Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis durch den Träger selbst,
also den Initiativkreis, war. Sinn des Insolvenzgelds ist es, die betroffenen Arbeitnehmer für einen befristeten Zeitraum
von bis zu drei Monaten vor dem Risiko des Entgeltausfalls infolge der Insolvenz des Arbeitgebers zu schützen. Die Zahlung
des Insolvenzgelds setzt somit gerade voraus, dass der Arbeitgeber nicht nur zahlungsunwillig, sondern objektiv zahlungsunfähig
ist. Insofern kann die Zahlung des Insolvenzgelds nicht einer Erfüllung der Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis durch
den Arbeitgeber gleichgestellt werden. Es würde dem erkennbaren Sinn und Zweck des Beschäftigungszuschusses widersprechen,
wenn dieser an den zahlungsunfähigen Arbeitgeber weiterzuzahlen wäre, obwohl dieser selbst zu einer ordnungsgemäßen Durchführung
des Beschäftigungsverhältnisses selbst nicht mehr in der Lage ist. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bewilligungsbescheides
mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse lagen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X vor. Die Änderung der Verhältnisse war spätestens im Januar 2009 noch vor der Überweisung des für diesen Monat durch die
ARGE bewilligten Beschäftigungszuschusses eingetreten. Im Hinblick darauf, dass der Beschluss über die Bestellung der Klägerin
zu vorläufigen Insolvenzverwalterin durch das Amtsgericht Magdeburg bereits am 28. Januar 2009 erging, ist ohne weitere Ermittlungen
davon auszugehen, dass dem Geschäftsführer des Initiativkreises bereits vor der Überweisung des Zuschusses für Januar 2009
am 27. Januar 2009 bewusst sein musste, dass der Initiativkreis überschuldet war und er die Verpflichtungen aus den geförderten
Beschäftigungsverhältnissen für Januar 2009 nicht mehr würde erfüllen können. Hiervon hätte der Initiativkreis der ARGE aufgrund
der allgemeinen Verpflichtung als Leistungsempfänger nach §
60 Abs.
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (
SGB I) und der sich aus dem Förderbescheid ergebenden Verpflichtungen somit schon vor der Zahlung des Zuschusses für Januar 2009
Mitteilung machen müssen. Darauf, ob dann die Zahlung tatsächlich unterblieben wäre, kommt es nicht an. Es reicht, dass die
ARGE durch eine solche Mitteilung in die Lage versetzt worden wäre, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Zahlung des
Zuschusses noch vorlagen.
Somit lagen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung bereits rückwirkend ab Januar 2009 (vor Zahlung des Zuschusses für
diesen Monat) vor. Ermessen hatte die ARGE nach §
330 Abs.
3 SGB III in einem solchen Fall nicht auszuüben. Sie durfte somit nicht von einer Aufhebung der Leistungsbewilligung absehen, etwa
um damit bessere Voraussetzungen für einen reibungslosen Übergang der geförderten Beschäftigungen auf einen anderen Träger
zu schaffen. Eine rechtsverbindliche Zusicherung in diesem Sinne lag auch nicht vor. Die Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB X wird im konkreten Fall auch nicht durch § 47 Abs. 2 SGB X als einer spezielleren Vorschrift verdrängt. Denn maßgeblich für die Aufhebung der Zuschussbewilligung ist nicht, dass der
gezahlte Zuschuss in der Vergangenheit zweckentfremdet verwendet wurde und dies auch weiter zu erwarten war, sonders dass
schon vor der Zuschusszahlung für Januar 2009 eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse eingetreten war, aufgrund derer
eine Zahlung nicht hätten erfolgen dürfen. Die Rückforderung bzw. die Pflicht zur Erstattung des für Januar 2009 gezahlten
Zuschusses in voller Höhe ergibt sich als Folge der rechtmäßigen Bewilligungsaufhebung aus § 50 Abs. 1 SGB X. Für den Monat Februar 2009 bestand aufgrund der rechtmäßigen Aufhebung der Bewilligung mit Wirkung ab Januar 2009 kein Anspruch
mehr auf eine Auszahlung.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Die Zulassung der Revision scheide aus, weil keine gesetzlichen Gründe dafür gemäß §
160 Abs.
2 SGG vor. Es handelt sich um Einzelfallentscheidung, die keine grundsätzlichen Fragen aufwirft.