Rente wegen Erwerbsminderung
Substantiierung einer Grundsatzrüge
Erforderlicher Mindestinhalt einer Beschwerdebegründung
Breitenwirkung der angestrebten Entscheidung
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache i.S. des §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung
des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
2. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche
Klärung erwarten lässt.
3. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von
ihm angestrebten Entscheidung (sog. Breitenwirkung) darlegen.
Gründe:
Mit Urteil vom 12.11.2014 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung, auch
bei Berufsunfähigkeit, verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und einen Verfahrensmangel.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung vom 23.3.2015 genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil
die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung
des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren
Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese
noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts
erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht
zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit
(Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog
Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam (S 2 der Beschwerdebegründung):
"Ist ein Facharbeiter mit regulärer 3 - 3 ½ jähriger Ausbildung verweisbar auf eine Anlerntätigkeit, die nicht mehr als 3
Monate Zeit in Anspruch nimmt, hilfsweise hier in concreto auf die Stelle eines Registrators verweisbar?"
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger damit eine Rechtsfrage iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG formuliert hat. Denn es fehlen bereits hinreichende Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit. Der Kläger versäumt es, sich mit
dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema zur Prüfung der Berufsunfähigkeit und hier insbesondere mit der zumutbaren Verweisbarkeit von
Facharbeitern auseinanderzusetzen, und prüft - anders als erforderlich - demzufolge auch nicht, ob sich die gestellte Frage
nicht bereits mit der hierzu ergangenen einschlägigen Rechtsprechung des BSG beantworten lässt. Soweit der Kläger meint, das LSG hätte ihn ("in concreto") nicht auf die Tätigkeit eines Registrators
verweisen dürfen, wendet er sich hingegen gegen eine - vermeintlich - fehlerhafte Subsumtion des LSG im Rahmen der Anwendung
des Mehrstufenschemas. Insoweit geht sein Vortrag nicht über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Subsumtionsrüge
hinaus. Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf
dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Mit seinem Vorbringen hat der Kläger den geltend gemachten Verfahrensmangel einer Verletzung seines rechtlichen Gehörs (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) nicht hinreichend bezeichnet.
Der Kläger rügt, das LSG habe den (in der Beschwerdebegründung auf S 5 f wörtlich wiedergegebenen) Vortrag seines vorherigen
Bevollmächtigten zur Unzumutbarkeit der Verweisung auf die Tätigkeit eines Registrators nicht berücksichtigt, und zwar insbesondere
soweit er angemahnt habe, ob es eine zumutbar erreichbare freie Registratorenstelle überhaupt gebe. Bereits aus dem in der
Beschwerdebegründung auf S 6 wiedergegebenen Auszug aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt sich aber,
dass sich das LSG mit dem diesbezüglichen (seiner Ansicht nach allerdings zu "pauschalen") Vortrag des Klägers auseinandergesetzt
hat. Dass das LSG der Rechtsansicht des Klägers, dass er nicht zumutbar auf die Tätigkeit eines Registrators verweisbar sei,
nicht gefolgt ist, begründet keinen Gehörsverstoß. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet nur, dass der Kläger
"gehört", nicht jedoch "erhört" wird (Senatsbeschluss vom 9.5.2011 - B 13 R 112/11 B - BeckRS 2011, 73125 RdNr 9; s auch BVerfG [Kammer] NZS 2010, 497 RdNr 17; stRspr). Wenn der Kläger weiter meint, die vom LSG benannte Verweisungstätigkeit eines Registrators gäbe es auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt gar nicht, wendet er sich wiederum gegen die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit der
angefochtene Entscheidung. Hierauf kann aber - wie oben bereits erwähnt - eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden.
Auch soweit der Kläger geltend macht, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sei "dadurch indiziert", dass das angefochtene
Urteil "über die Verwendung von Textbausteinen" mit dem (ebenfalls mit einer Nichtzulassungsbeschwerde angegriffenen) Urteil
im Verfahren L 5 R 2514/14 "so gut wie wortlautidentisch" und dass dadurch vom Berufungsgericht seine "Individualität" übersehen worden sei, hat er
einen Gehörsverstoß nicht schlüssig bezeichnet. Er zeigt schon nicht auf, durch welche Textbausteine das LSG seine "Individualität"
übersehen haben solle. Soweit er in diesem Zusammenhang rügen will, das Berufungsgericht hätte ihn mit den im Urteil dargelegten
Gründen weder gesundheitlich noch sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Registrators verweisen dürfen, geht sein Vorbringen
abermals über eine im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unbeachtliche Subsumtionsrüge nicht hinaus. Wenn er darüber hinaus
meinen sollte, das LSG hätte sich bei seiner Entscheidungsfindung nicht auf das Gutachten des Dr. G. stützen dürfen, gibt
er bereits die vom Berufungsgericht (allein) aufgrund dieses Gutachtens in der angefochtenen Entscheidung getroffenen Feststellungen
nicht wieder. Dass der Kläger offenbar auch mit der Würdigung seines in der Beschwerdebegründung auf S 9 bis 11 zitierten
Vortrags zum Gutachten des Dr. G. durch das Berufungsgericht nicht einverstanden ist, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
unerheblich. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf eine Verletzung des §
128 Abs
1 S 1
SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) gestützt werden.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
4. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.