Anrechnung von Einmalzahlungen bei der Beitragsbemessung in der GKV
Substantiierung einer Grundsatzrüge
Verfassungsrechtliche Bedenken
Aufzeigen einer Verfassungswidrigkeit
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist.
2. Zur Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung stützt,
genügt die Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht.
3. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG, aber auch des
BSG, im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll.
Gründe:
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob Einmalzahlungen,
die der Kläger aus zwei Direktversicherungen erhielt, in vollem Umfang bei der Beitragsbemessung in der gesetzlichen Kranken-
und sozialen Pflegeversicherung zu berücksichtigen sind.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 5.6.2014 ist in entsprechender
Anwendung von §
169 S 2 und 3
SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 S 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Die Behauptung, das Berufungsurteil sei inhaltlich unrichtig, kann demgegenüber nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl
BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Der Kläger beruft sich in der Beschwerdebegründung vom 23.9.2014 ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen
Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden
Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit)
und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem
Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Eine Rechtsfrage ist auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn das BSG bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden haben, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen
ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage
geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17 sowie SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6). Zur Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung
stützt, genügt die Behauptung der Verfassungswidrigkeit nicht. Vielmehr muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur
und Rechtsprechung, insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG, im Einzelnen aufgezeigt werden, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; vgl auch BSG Beschluss vom 2.6.2009 - B 12 KR 65/08 B). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger formuliert auf Seite 1 der Beschwerdebegründung, zu klären sei die Frage, "ob das aus einer Direktversicherung
gezahlte Geld der Beitragspflicht der Krankenkassen unterliegt oder ob hier nicht ein Verstoß gegen Artikel
3 und Artikel
14 GG vorliegt."
Nach §
229 SGB V seien nur Kapitalzahlungen, die an die Stelle von Renten/Versorgungsbezügen träten, nicht aber Auszahlungen von Kapitalversicherungen
- auch nicht von betrieblichen Direktversicherungen - beitragspflichtig. Vorliegend sei ein Verstoß gegen Art
3 Abs
1 GG darin zu sehen, dass Personen, die neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung Leistungen einer Direktversicherung
bezögen, einer höheren Beitragslast unterworfen würden, als wenn sie daneben Leistungen aus einer privaten Kapitalversicherung
erhielten. Die Grenzen zulässiger Typisierung (Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 - SozR 4-2500 § 229 Nr 11) seien dann überschritten, wenn - wie im vorliegenden Fall - Versicherungsbeiträge von Anfang an
vom Arbeitnehmer gezahlt würden und der Arbeitgeber lediglich als Versicherungsnehmer in formaler Hinsicht aufgeführt werde
und ansonsten keinerlei Berührungspunkte bestünden. Die beitrags- und steuerrechtliche Praxis habe oft zur Folge, dass Rentner
einen höheren Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlten, als dies im aktiven Arbeitsleben der Fall gewesen sei,
worin eine Diskriminierung gegenüber aktiven Arbeitnehmern liege. Zudem liege in der Kürzung der Kapitalsumme einer Lebensversicherung
durch höhere Beiträge zur Krankenversicherung eine Eigentumsverletzung iS von Art
14 GG.
Es kann unerörtert bleiben, ob der Kläger damit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer revisiblen
Norm aufgeworfen und den vom Revisionsgericht erwarteten klärenden Schritt ausreichend konkret dargelegt hat. Jedenfalls hat
er - die Qualität als Rechtsfrage unterstellt - die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dieser Frage nicht dargelegt.
Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit hätte der Kläger zumindest die von der Rechtsprechung des BSG in Reaktion auf den genannten Beschluss des BVerfG entwickelten Grundsätze für die Berechnung des als Versorgungsbezug iS
von §
226 Abs
1 S 1 Nr
3 SGB V, §
229 Abs
1 S 1 Nr
5 SGB V beitragspflichtigen Teils der Gesamtablaufleistung einer Direktversicherung sowie die Grenzen der damit vorgenommenen Modifikation
der bisherigen ständigen Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Versorgungsbezügen insbesondere aus sog Direktversicherungen
bei der Beitragsbemessung darstellen (BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr 12, insbesondere RdNr 41) und aufzeigen müssen, dass sich die formulierte Frage nicht bereits auf
deren Grundlage beantworten lässt. Da der Kläger nicht ansatzweise auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG eingeht und auch nicht aufzeigt, inwieweit diese - vermeintlich - nicht mit dem genannten Beschluss des BVerfG vereinbar
sein könnte, genügt die Beschwerdebegründung nicht den aus §
160a Abs
2 S 3
SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage. Auf die Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage
geht der Kläger überhaupt nicht ein, was bereits für sich genommen zur Unzulässigkeit der Grundsatzrüge führt. Im Kern seines
Vorbringens rügt der Kläger die - vermeintliche - Unrichtigkeit der Rechtsanwendung durch das LSG in seinem konkreten Einzelfall.
Hierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde - auch bei vermeintlicher Verfassungswidrigkeit der Beitragserhebung -
nicht gestützt werden.
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.