Erhebung einer Aufwandspauschale für die Überprüfung der Abrechnung einer Krankenhausrechnung durch den MDK ohne Änderung
des Gesamtabrechnungsbetrags
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Aufwandspauschale nach §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V.
Die klagende GmbH ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses, in dem im Mai 2007 die bei der beklagten Ersatzkasse versicherte
B. stationär behandelt wurde. Eine von der Beklagten veranlasste Prüfung der Krankenhausabrechnung durch
den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ergab, dass - wie nicht streitig ist - das Krankenhaus die bei der
Versicherten bestehende Hauptdiagnose in der Abrechnung nicht richtig kodiert hatte. Die anschließend vorgenommene Korrektur
führte indessen - von der Beklagten akzeptiert - zu keiner Änderung des Rechnungsgesamtbetrags. Dem Verlangen der Klägerin
nach Zahlung der Aufwandspauschale nach §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V in Höhe von 100 Euro trat die Beklagte allerdings entgegen, weil die MDK-Prüfung nur durch die fehlerhafte Abrechnung der
Klägerin veranlasst worden sei.
Das SG hat die Beklagte zur Zahlung von 100 Euro nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom 24.9.2008). Deren - zugelassene - Berufung
ist beim LSG ohne Erfolg geblieben: Nach dem eindeutigen Wortlaut des §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V sei alleinige Voraussetzung des Anspruchs auf die Aufwandspauschale, dass die vom MDK durchgeführte Prüfung "nicht zu einer
Minderung des Abrechnungsbetrags" führe. Daher bestehe der Anspruch auch dann, wenn die Abrechnung zwar fehlerhaft gewesen
sei, die Korrektur des Fehlers aber keine Minderung des Gesamtabrechnungsbetrags bewirke. Dem Anspruch stünden auch der Einwand
unzulässiger Rechtsausübung und das Verbot widersprüchlichen Verhaltens nicht entgegen (Urteil vom 6.8.2009).
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung von §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V sowie von §
242 BGB iVm §
69 Satz 3
SGB V aF. Der Zahlungsanspruch der Klägerin scheitere schon daran, dass dem MDK kein allgemeiner Prüfauftrag erteilt, sondern nur
die Prüfung der Richtigkeit der Hauptdiagnose übertragen worden sei. Da nach ständiger Rechtsprechung des BSG Krankenhausabrechnungen
zur Ermöglichung von Rechnungsprüfungen den Anforderungen der §§
301 ff
SGB V entsprechen müssten, könne zudem eine vom Krankenhaus unter Verstoß dagegen verursachte MDK-Prüfung nicht zu einer Aufwandspauschale
führen. Die Gesetzesbegründung zu §
275 Abs
1c SGB V gebe für eine gleichwohl bestehende Zahlungspflicht ebenso wenig her wie die Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit
(BMG). Jedenfalls stelle die Geltendmachung des Anspruchs eine unzulässige Rechtsausübung und ein venire contra factum proprium
dar; die Klägerin habe sie (die Beklagte) bei der Abrechnungsprüfung in die Irre geleitet, sodass die Klägerin aus ihrem eigenen
Fehlverhalten nun keine Vorteile ziehen dürfe. Das LSG-Urteil stehe auch nicht in Einklang mit dem Urteil des BSG vom 8.9.2009
- B 1 KR 11/09 R (zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 109 Nr 19 vorgesehen), wonach das Verhältnis zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen
(KKn) durch gegenseitige Rücksichtnahmepflichten geprägt sei.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 6. August 2009 und des Sozialgerichts Koblenz vom 24. September 2008
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das LSG-Urteil für zutreffend. Das Gesetz differenziere nicht danach, mit welchem Prüfauftrag der MDK eingeschaltet
worden und wer dafür ursächlich gewesen sei. Der Gesetzgeber habe den Komplex unbürokratisch und ohne Widerspruch zu §
301 SGB V geregelt. Eine dem BSG-Urteil vom 8.9.2009 (aaO) vergleichbare Konstellation liege nicht vor.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Die angefochtenen Urteile sind aufzuheben und die Klage ist abzuweisen.
Die Vorinstanzen haben die Beklagte zu Unrecht zur Entrichtung von 100 Euro verurteilt. Die Voraussetzungen für die Zahlung
der Aufwandspauschale nach §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V (mit Wirkung vom 1.4.2007 eingefügt durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG - vom 26.3.2007, BGBl I 378) sind nicht erfüllt.
1. Nach §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V sind die KKn in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder
nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen,
Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme
des MDK einzuholen. In Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach §
39 SGB V ordnet Abs
1c Satz 1 der Regelung an, dass eine Prüfung nach Abs 1 Nr 1 zeitnah durchzuführen ist. Dieses wird in Abs 1c Satz 2 dahin präzisiert,
dass eine Prüfung spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der KK einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus
anzuzeigen ist. § 275 Abs 1c Satz 3 bestimmt sodann: "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt,
hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zu entrichten."
Die letztgenannte Regelung stützt den Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte nicht. Der Anspruch scheitert zwar nicht schon
an den Grundvoraussetzungen des §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V (dazu 2.), dh am Nichtvorliegen einer mit Hilfe des MDK durchgeführten Prüfung iS von §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V und am Fehlen eines dem Krankenhaus verursachten zusätzlichen Aufwandes. Das Rechtsschutzbegehren der Klägerin hat aber keinen
Erfolg, weil die beklagte KK durch eine fehlerhafte Abrechnung des Krankenhauses veranlasst wurde, das Prüfverfahren nach
§
275 SGB V einzuleiten; in derartigen Fällen löst allein die Wahrnehmung der den KKn obliegenden in Ausfluss des Wirtschaftlichkeitsgebots
normierten Prüfpflicht keine Aufwandspauschale nach §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V aus, selbst wenn sich der Gesamtabrechnungsbetrag für die Krankenhausbehandlung anschließend nicht vermindert (dazu 3.).
2. Die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs der klagenden Krankenhausträgerin auf die Aufwandspauschale nach §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V sind erfüllt. Dazu gehört zum einen, dass überhaupt eine Prüfung iS von §
275 Abs
1 Nr
1 iVm Abs
1c Satz 1
SGB V mit dem Ziel einer Verminderung des Rechnungsbetrages für die Krankenhausbehandlung (§
39 SGB V) eingeleitet und durchgeführt wurde (dazu a), und zum anderen, dass dem Krankenhaus durch die erneute Befassung mit dem Behandlungs-
und Abrechnungsfall ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstand (dazu b). Beides ist hier zu bejahen.
a) Die Durchführung einer die Aufwandspauschale nach §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V auslösenden Prüfung ist nicht schon bei jeglicher Rückfrage der KK beim Krankenhaus im Zusammenhang mit dessen Abrechnung
anzunehmen. Vielmehr muss es sich um eine Prüfung aus einem der in §
275 Abs
1 Nr
1 iVm Abs
1c Satz 1
SGB V genannten Anlässe und darf sich damit nicht um eine Stichprobenprüfung nach § 17c Abs 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) handeln. Auch muss die KK den MDK gezielt beauftragt haben, eine gutachtliche Stellungnahme abzugeben, mit dem Ziel, in
Verfolgung des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Verminderung der Vergütung zu gelangen, dh eine Verminderung des (möglicherweise)
vom Krankenhaus zu hoch angesetzten Abrechnungsbetrages zu erreichen. Das durch §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V ("... Erbringung von Leistungen, insbesondere ... Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung ...") allgemein eröffnete
Prüfspektrum geht insoweit über den reinen Abrechnungsverkehr hinaus. Zielsetzung eines (möglicherweise) die Aufwandspauschale
auslösenden Prüfauftrags an den MDK muss aber in jedem Fall die Abklärung sein, ob aus dessen fachkundiger Sicht Gründe vorliegen
- etwa im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung -, die die Höhe des Abrechnungsbetrages rechtfertigen.
Demgegenüber würde es für das Entstehen der Aufwandspauschale nicht ausreichen, wenn es darum geht, im Nachhinein eine vermutete
Unterversorgung von Versicherten im Krankenhaus aufzudecken oder die Notwendigkeit ergänzender diagnostischer oder therapeutischer
Maßnahmen im Anschluss an die Krankenhausbehandlung eines Versicherten abzuklären.
Wie der Gesetzeswortlaut des §
275 Abs
1 Nr
1 letzter Fall
SGB V zeigt ("bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung"), können innerhalb des von §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V erfassten Bezugsrahmens auch jenseits einer rein medizinischen Beurteilung im engeren Sinne liegende sonstige "Auffälligkeiten"
für das Entstehen des Anspruchs auf die Aufwandspauschale ausreichen. Das ist anzunehmen, wenn jedenfalls zu erwarten ist,
dass sich die Zweifel der KK an einer "ordnungsgemäßen Abrechnung" mittels des medizinisch-ärztlichen Sachverstandes des MDK
und/oder seiner besonderen Kontroll- und Eingriffsbefugnisse (vgl §
276 Abs
4 SGB V) klären lassen.
Die vorstehend beschriebenen Voraussetzungen sind hier erfüllt: Bei der beklagten KK waren mit Rücksicht auf eine vom Krankenhaus
vorgenommene auffällige Kodierung des Behandlungsfalls der Versicherten berechtigte Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Krankenhausabrechnung
aufgekommen. Dass die Beklagte - wie sie im Revisionsverfahren vorträgt - dem MDK keinen "allgemeinen Prüfauftrag" erteilt,
sondern den Auftrag auf die Prüfung der Richtigkeit der Hauptdiagnose beschränkt hatte, ist insoweit ohne Bedeutung. Ausreichend
ist, dass die Beklagte mit ihrem Antrag jedenfalls primär das Ziel verfolgte, eine ordnungsgemäße, möglicherweise zu vermindernde
Abrechnung herbeizuführen. Dieses Ziel war gegenüber dem Krankenhaus nur unter Einschaltung des MDK zuverlässig erreichbar.
Das Ziel der Beklagten war auf der Grundlage der für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (vgl §
163 SGG) auch nicht etwa auf ein außerhalb des Bereichs der Rechnungsminderung liegendes Ziel gerichtet.
b) Die gesetzliche Ausgestaltung der Zahlungspflicht der KKn nach §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V als "Aufwandspauschale", dh als pauschaler Ausgleich eines Aufwandes des Krankenhauses für dessen Überprüfungsaktivitäten
im Organisationsinnenbereich, erfordert des Weiteren, dass dem Krankenhaus auf den Prüfantrag hin überhaupt ein tatsächlicher
Aufwand entstand. Ein aufwandsunabhängiger "Strafcharakter" oder "Sanktionscharakter" kommt dem Anspruch bzw der Zahlungspflicht
dagegen nicht zu (anders bzw ungenau: Juskowiak/Rowohlt, ErsK 2008, 350, 351; Schliephorst, KH 2007, 572, 573; vgl auch Sieper, GesR 2007, 446, 448 f).
Ein solcher Aufwand lag hier auf Seiten der Klägerin vor. Der MDK führte tatsächlich eine Prüfung durch, welche beim Krankenhaus
einen Verwaltungsaufwand durch die erneute Befassung mit dem Behandlungs- und Abrechnungsfall verursachte. Der dem Krankenhaus
der Klägerin entstandene Aufwand ging über das ohnehin nach §
39 Abs
1 Satz 2
SGB V für den Anspruch auf Vergütung einer Krankenhausbehandlung grundsätzlich Gebotene (Aufnahme bzw Weiterbehandlung "nach Prüfung
durch das Krankenhaus erforderlich ...") sowie über die Erfüllung der üblichen Mitteilungs- und Abrechnungsobliegenheiten
hinaus. Es verhielt sich nicht etwa so, dass der MDK die KK bereits nach Kenntnisnahme des Prüfauftrages darauf hingewiesen
hätte, dass eigentlich gar kein Prüfanlass bestand und die KK daraufhin von der Weiterverfolgung ihres Prüfauftrages absah.
Bei derartigen Sachverhaltsgestaltungen müsste der Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale scheitern, weil dem Krankenhaus
dann auch kein (pauschal) ausgleichsfähiger Zusatzaufwand entstanden wäre.
3. Entgegen der Ansicht des LSG besteht ein Anspruch der klagenden Krankenhausträgerin gegen die beklagte KK auf die Aufwandspauschale
nach §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V im vorliegenden Fall gleichwohl nicht. Der Anspruch scheidet aus, weil die Beklagte jedenfalls durch eine nachweislich fehlerhafte
Abrechnung des Krankenhauses veranlasst wurde, das Prüfverfahren nach §
275 SGB V unter Beteiligung des MDK einzuleiten. In derartigen Fällen löst §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V mit Blick auf die zentrale Bedeutung des Wirtschaftlichkeitsgebots und die den KKn zur Wahrung dieses Gebotes gesetzlich
übertragenen Aufgaben keine Aufwandspauschale aus, selbst wenn sich der Gesamtabrechnungsbetrag für die Krankenhausbehandlung
anschließend im Ergebnis nicht verringert (ebenso wohl: Juskowiak/Rowohlt, ErsK 2008, 350, 351, 352; aA Sieper, GesR 2007,
446, 449; Kruse in Kruse/Hänlein, LPK-
SGB V, 3. Aufl 2009, §
275 RdNr 14 [abstellend auf eine "Pauschale je Fall ohne Einschränkung", andererseits die "Korrektheit der Abrechnung" als maßgebliches
Kriterium hervorhebend]). Eine isoliert aus dem Wortlaut abgeleitete Auslegung, dass schon die "nicht zu einer Minderung des
Abrechnungsbetrags" führende MDK-Prüfung einzige Voraussetzung für den Anspruch des Krankenhauses nach §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V ist, griffe dagegen zu kurz. Das folgt aus Sinn und Zweck der Regelung und ihrem funktionalen Zusammenspiel mit der Prüfpflicht
nach §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V vor dem Hintergrund des gesamten Regelungszusammenhangs (dazu a) und wird letztlich auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt
(dazu b).
a) Das Vorgehen der KKn nach §
275 SGB V hat seinen Ursprung darin, dass es zu den elementaren Aufgaben einer KK gehört, auf die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots
(§
2 Abs
1 Satz 1, §
4 Abs
3, §
12 SGB V) Acht zu nehmen, welches uneingeschränkt auch im Bereich des Leistungserbringungsrechts gilt (§
70 Abs
1 SGB V; vgl auch BSG Urteil vom 22.6.2010 - B 1 KR 29/09 R). Der Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung, die Pflicht der KK zu ihrer Bewilligung sowie die Pflicht des
Krankenhausträgers zu ihrer Bewirkung hängen von der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots ab. Das Wirtschaftlichkeitsgebot
verknüpft die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung, ihre Vergütung und die Kontrolle des Vorliegens ihrer Voraussetzungen
durch KKn und MDK untrennbar miteinander. Dieser enge Zusammenhang stellt keine auf die Krankenhausversorgung beschränkte
Besonderheit dar, vielmehr findet sich Ähnliches auch zB bei den Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen nach §§
106,
106a SGB V im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung (zur Verklammerung vertragsärztlicher Wirtschaftlichkeitsprüfungen mit den Leistungsansprüchen
der Versicherten vgl zB BSG [6. Senat] SozR 4-2500 §
106 Nr
21 RdNr
16 ff; BSG MedR 2010, 276). Auch §
275 Abs
1 SGB V basiert in diesem Sinne auf der gesetzlichen Pflicht einerseits der KKn, nur solche Leistungen zu bewilligen, und andererseits
der Krankenhäuser, nur solche Leistungen zu bewirken, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind und das Maß des
Notwendigen nicht überschreiten. Ein Anspruch auf Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung nach
§
39 SGB V setzt deshalb ua voraus, dass die Behandlung notwendig bzw erforderlich war (vgl dazu und zu den sich daraus ergebenden Anforderungen
näher nur: BSG - Großer Senat - BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 §
39 Nr
10, RdNr
15 ff, 27 ff). §
275 Abs
1 SGB V verpflichtet die KKn, eben diese Voraussetzungen zu überprüfen und hierzu ggf den MDK einzuschalten. Allein die Erfüllung
dieser gesetzlichen Prüfpflicht mit Hilfe der dazu bereichsspezifisch vorgesehenen Verfahren und Prüfsysteme (vgl auch die
nach § 17c Abs 2 KHG vorgesehene Stichprobenprüfung) kann aber nicht einseitige Zahlungsansprüche eines Krankenhauses zu Lasten
einer KK auslösen, seien sie auch in das Gewand einer Aufwandspauschale gekleidet. Die für Prüfverfahren entstehenden Kosten
sind vielmehr grundsätzlich Teil der Kosten der Leistungserbringung selbst, dh schon in die Vergütung für die erbrachten Leistungen
mit "eingepreist" und können daher nur ausnahmsweise - unter eng umrissenen Voraussetzungen - den KKn zusätzlich und allein
auferlegt werden. Wird durch das Gesetz von vornherein ohnehin nur einem Teil (hier: der KK) die Pflicht zum pauschalen Ausgleich
des Aufwandes des anderen Teils (hier: des Krankenhauses) auferlegt, dem anderen Teil (dem Krankenhaus) dagegen nicht auch
die Pflicht zum Ausgleich des Aufwandes des anderen Teils (hier: der KK für das Aufgreifen und die Vorprüfung von unklaren
Krankenhausabrechnungen), bedarf §
275 Abs
1c SGB V schon zur Wahrung der Gleichgewichtigkeit der wechselseitigen Interessen von KKn und Krankenhäusern einer einschränkenden
Auslegung. Eine davon abweichende Sichtweise liefe vor dem Hintergrund des Wirtschaftlichkeitsgebots auf eine sachlich nicht
gerechtfertigte Belastung und Ungleichbehandlung der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sie finanziell tragenden
Beitragszahler hinaus und ist selbst unter dem insoweit angeführten Aspekt hinzunehmender Detailungerechtigkeiten im Einzelfall
(vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Entwurf des GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 171 zu Nr 185 [§ 275] zu Buchst a am Ende) - die nur zu Lasten nur der einen Seite gingen - nicht gewollt.
Die gänzliche Ausklammerung des Gesichtspunkts, dass ein Leistungserbringer wie das Krankenhaus selbst Gründe für die berechtigte
Einleitung eines Prüfverfahrens gesetzt hat, widerspräche zudem in besonderem Maße den seit jeher bestehenden bereichsspezifischen
Besonderheiten in den Leistungsbeziehungen zwischen KK und Krankenhaus, welche durch eine ständige professionelle Zusammenarbeit
innerhalb eines dauerhaften Vertragsrahmens geprägt sind. So haben der 1. und 3. Senat des BSG wiederholt ausgesprochen, dass
die Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und KKn in partnerschaftlicher Weise zu gegenseitiger Rücksichtnahme nach
dem Grundsatz von Treu und Glauben verpflichten und dass diese Sonderrechtsbeziehung auch wechselseitig bestehende Ansprüche
begrenzen kann (vgl BSG [1. Senat] SozR 4-2500 § 109 Nr 19 RdNr 16; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 12/08 R - RdNr 10, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; kritisch Korthus, KH 2010, 49 f). Vor diesem Hintergrund kann ein Krankenhaus an der nachträglichen Erhöhung einer zunächst fehlerhaft zu niedrig erstellten
Abrechnung gegenüber der KK gehindert sein (BSG, 1. und 3. Senat, ebenda), ebenso wie umgekehrt Ansprüche einer KK gegen ein
Krankenhaus aus Anlass der Rückzahlung zu viel gezahlter Vergütung betragsmäßig begrenzt sein können (BSG Urteil vom 8.9.2009
- B 1 KR 8/09 R - RdNr 24 [Verzugszinsen], zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 69 Nr 7 vorgesehen).
Mit diesem, das Rechtsverhältnis zwischen KKn und Krankenhäusern prägenden Prinzip wäre es unvereinbar, dass Krankenhäuser
den KKn gegenüber ohne eigenes finanzielles Risiko unter Verstoß gegen ihre gesetzlichen Übermittlungspflichten aus §
301 SGB V fehlerhaft abrechnen könnten, während die zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit verpflichteten KKn selbst bei nachgewiesener
Fehlerhaftigkeit der Abrechnung eines Leistungserbringers der Gefahr ausgesetzt wären, gleichwohl die Aufwandspauschale zahlen
zu müssen. Es wäre gerade das Gegenteil des beschriebenen rücksichtsvollen Verhaltens, würde es das Gesetz ermöglichen, die
Aufwandspauschale selbst dann zu beanspruchen, wenn eigenes Fehlverhalten des Krankenhauses - hier der Verstoß gegen die Pflicht
zur korrekten Abrechnung - zu einer überflüssigen, nutzlosen Prüfung geführt hat oder wenn sich sogar der Abrechnungsbetrag
im Nachhinein noch zu Lasten der KK erhöht (vgl zum "Verursacherprinzip" in einem ähnlichen Zusammenhang BSG Urteil vom 17.12.2009
- B 3 KR 12/08 R - aaO, RdNr
16). §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V zielt vielmehr nur auf die Einschränkung von Prüfungen ab, die KKn ohne berechtigten Anlass, ggf gar durch "missbräuchliche"
Prüfungsbegehren eingeleitet haben, nicht aber auf Verfahren, zu denen es nur durch ein Fehlverhalten des Krankenhauses gekommen
ist.
b) Die Gesetzesmaterialien bestätigen bei verständiger Würdigung das vorstehend gewonnene Auslegungsergebnis.
Anlass zur Schaffung des §
275 Abs
1c Satz 3
SGB V bot ausweislich der Gesetzesbegründung der Umstand, dass einzelne KKn die Prüfungsmöglichkeit nach §
275 Abs
1 Nr
1 SGB V "in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise" zur Einzelfallsteuerung genutzt hatten; bei einzelnen
KKn hatten sich Prüfquoten bis zu 45 % aller Krankenhausfälle ergeben. Dies führe - so die Gesetzesbegründung - insbesondere
bei nicht zeitnahen Prüfungen zu "unnötiger Bürokratie", nämlich zu einer teilweise erheblichen Belastung der Abläufe in den
Krankenhäusern mit zusätzlichem personellen und finanziellen Aufwand sowie zu in der Regel hohen und nicht gerechtfertigten
Außenständen und Liquiditätsproblemen mit Unsicherheiten bei Erlösausgleichen und Jahresabschlüssen. Um vor diesem Hintergrund
"einer ungezielten und übermäßigen Einleitung von Begutachtungen entgegenzuwirken", wurde eine Aufwandspauschale von 100 Euro
(ab 25.3.2009 durch das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz vom 17.3.2009, BGBl I 534, erhöht auf 300 Euro) eingeführt. Mit
dieser Pauschale sollten unter dem Blickwinkel eines angestrebten Bürokratieabbaus Anreize gesetzt werden, Einzelfallprüfungen
"zukünftig zielorientierter und zügiger" einzusetzen (so zum Ganzen: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum
Entwurf des GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 171 zu Nummer 185 [§ 275] zu Buchst a). Dem wird die unter a) dargestellte Auslegung gerecht.
Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich dagegen nicht herleiten, dass eine KK die Aufwandspauschale auch "unabhängig davon"
entrichten muss, ob sie selbst oder das Krankenhaus die wesentlichen Gründe für die Einschaltung des MDK gesetzt hatte. In
den Materialen werden vielmehr auf der Grundlage der in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen erkennbar nur die typischen
unbefriedigend verlaufenen ("Bürokratie verursachenden") Verfahren angesprochen und zum Regelungsgegenstand
gemacht, in denen es aus der Initiative der KKn heraus zu einer übermäßig starken, "streufeuerartigen", stark zeitversetzten
und/oder verzögernden Inanspruchnahme der Prüfmöglichkeit gekommen war. Ein solches Vorgehen einer KK konnte etwa durch das
Bestreben motiviert gewesen sein, eigene Liquiditätsgewinne durch eine hinausgezögerte Rechnungsbegleichung zu erzielen (vgl
aber zum Ausschluss von Einwendungen einer KK nach Treu und Glauben in solchen Fällen zB schon: BSGE 89, 104, 110 = SozR 3-2500 § 112 Nr 2 - "Berliner Fälle"; BSG SozR 4-2500 § 112 Nr 6 RdNr 13 ff; BSGE 102, 182 = SozR 4-2500 § 109 Nr 15, RdNr 42). Während der Gesetzgeber bei missbräuchlichem Vorgehen von KKn bzw
bei nahezu routinemäßig erfolgender Prüfungseinleitung im Grenzbereich hin zum Rechtsmissbrauch
die Zahlung einer Aufwandspauschale als gerechtfertigt angesehen hat, kann dies schon im Ansatz nicht gleichermaßen
für die Sachverhaltskonstellationen der hier vorliegenden Art angenommen werden.
Hinzu kommt, dass in den Gesetzesmaterialien Umstände, die für die Pflicht einer KK zur Zahlung der Aufwandspauschale irrelevant
sein sollen, durchaus angesprochen werden, allerdings nur unter dem Blickwinkel, "die Verpflichtung zur Zahlung einer Aufwandspauschale
durch die Krankenkasse ... (entstehe) grundsätzlich unabhängig davon, ob eine Rechnung bereits beglichen ist oder nicht".
Eine vergleichbare Wendung enthält die Gesetzesbegründung in Bezug auf die vorliegend streitige Frage nicht.
Die Gesetzesbegründung (aaO) gibt für die Ansicht des LSG auch unter einem weiteren Gesichtspunkt nichts her. Darin ist zwar
davon die Rede, dass mit der Pauschale "eine vereinfachte, aber unbürokratische Regelung verfolgt" werde, die "deshalb keine
Detailgerechtigkeit in jedem Einzelfall gewährleisten" könne, zumal "aufgrund von Umfang und Komplexität der Kodierregeln
Fehlabrechnungen mit zu hohen oder zu niedrigen Rechnungsbeträgen grundsätzlich nicht auszuschließen" seien. Diese Ausführungen
stehen der aufgezeigten zutreffenden Auslegung des §
275 Abs
1c SGB V jedoch nicht entgegen. Denn die Begründung bringt insoweit nur zum Ausdruck, dass keine Streitigkeiten gewollt sind, in denen
die Beteiligten - bürokratieverursachend - nun mittelbare Auseinandersetzungen über die Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit
einer Kodierung des Krankenhauses führen, indem möglicherweise Rechtsschutz zu der Frage in Anspruch genommen wird, ob das
Krankenhaus nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles von der KK die ihm entstandenen Kosten in Form der Aufwandspauschale
des §
275c Abs
1c Satz 3
SGB V beanspruchen kann. Um eine solche Auseinandersetzung geht es jedoch vorliegend nicht, weil positiv feststeht, dass die Klägerin
tatsächlich eine von ihr zu verantwortende Falschkodierung vorgenommen hatte. Hätte der Gesetzgeber auch in derartigen Fällen
eine umfassende Zahlungspflicht der KKn und einen Ausschluss von Einwendungen gegen die Erhebung der Aufwandspauschale anordnen
wollen, hätte es auf der Hand gelegen, sich an bereits existierenden Regelungsmodellen zu orientieren und die Aufwandspauschale
ähnlich den für das sozialgerichtliche Verfahren geltenden Kostenregelungen als erfolgs- und verursacherunabhängige Pauschgebühr
(vgl §
184 SGG) auszugestalten. Davon hat der Gesetzgeber jedoch keinen Gebrauch gemacht, unbeschadet des Problems, dass die Pauschgebühr
hier - anders als im sozialgerichtlichen Verfahren - dem Beteiligten zuflösse, der für den Fehler selbst verantwortlich ist,
und nicht einem unbeteiligten streitentscheidenden Dritten (oder etwa dem prüfenden MDK).
c) Der von der Klägerin in diesem Zusammenhang ergänzend angeführten Auffassung des BMG, die es in einer Stellungnahme vom 12.12.2007 geäußert hat, kommt keine rechtserhebliche Bedeutung zu.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
154 Abs
2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf §
197a Abs
1 Satz 1
SGG iVm § 52 Abs 3 GKG.