SGB-XII-Leistungen
Verfahrensrüge
Verstoß gegen die prozessuale Fürsorgepflicht
Fehlende Entscheidungsbefugnis außerhalb des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens
Gründe:
I
Im Streit sind Ansprüche des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der prozessunfähige Kläger bezieht laufend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel
des SGB XII (Grundsicherungsleistungen). Er begehrt von dem Beklagten ua höhere Leistungen nach Absetzung eines Beitrags für die Mitgliedschaft
und eine Rechtsschutzversicherung in einem Automobilclub von seinem Einkommen. Seine Anträge und die Klagen wegen der Zeiten
vom 22.8.2008 bis 2.7.2009, vom 1.11.2008 bis 31.10.2009 und vom 1.11.2009 bis 31.10.2010, die das Sozialgericht (SG) Gießen verbunden hat, sind ohne Erfolg geblieben (Urteil des SG vom 25.6.2012). Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, weil der Kläger
partiell prozessunfähig sei (Beschluss vom 25.2.2013). Diese Entscheidung (verbunden mit weiteren 13 Verfahren) hat der Senat
aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen, weil das LSG verfahrensfehlerhaft
von der Bestellung eines besonderen Vertreters nach §
72 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) abgesehen hatte (Beschluss vom 8.4.2014 - B 8 SO 47/13 B). Im Berufungsverfahren hat das LSG die Verfahren wieder getrennt,
Justizinspektor S zum besonderen Vertreter bestellt und die Berufung als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes
750 Euro nicht übersteige (Beschluss vom 29.4.2016).
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Beschluss und macht geltend,
das LSG habe gegen seine Hinweispflicht (§
106 SGG) verstoßen. Das SG habe die Berufung als statthaftes Rechtsmittel bezeichnet. Zwar habe er den Streitgegenstand vor dem SG auf die bezeichneten Monate beschränkt, sodass die Berufung einer ausdrücklichen Zulassung bedurft hätte. Das LSG habe es
aber versäumt, ihn auf die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde hinzuweisen. Er hätte sodann sein Begehren klarstellen
können. Da er in der ersten Instanz nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sei, wäre die Zulassung der Berufung wegen dieses
Verfahrensfehlers unumgänglich gewesen. Es sei nicht auszuschließen, dass sich nach umfassender Prüfung im Berufungsverfahren
ein Anspruch auf höhere Leistungen ergebe.
II
Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus §
160a Abs
2 Satz 3
SGG abzuleitenden Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensfehlers.
Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von §
109 SGG und §
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet
werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht.
Den Verfahrensfehler, das LSG hätte darauf hinwirken müssen, dass der Kläger eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der
Berufung einlegt (§
106 Abs
1 SGG; vgl dazu Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 585 ff), hat der Kläger nicht ausreichend bezeichnet.
Er räumt selbst ein, die vorliegende Berufung, über die das LSG allein zu entscheiden hatte, sei unzulässig gewesen, weil
der Wert der Beschwerdegegenstands 750 Euro nicht erreiche. Damit kann selbst nach seinem eigenen Vortrag ein Hinweis des
LSG auf die Möglichkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde der stattdessen eingelegten Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Der
Kläger hätte es bei einem entsprechenden Hinweis zwar in der Hand gehabt, den Antrag entsprechend "umzustellen", also die
Berufung zurückzunehmen und eine Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen. Dies hätte allerdings nicht zur Folge gehabt, dass
eine andere Entscheidung über die Berufung möglich gewesen wäre. Das Berufungsgericht ist außerhalb des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens
nicht befugt, über die Zulassung der Berufung zu entscheiden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 158 Nr 1 S 5), wovon auch der Kläger ausgeht. Ein etwaiger Verstoß gegen die prozessuale Fürsorgepflicht hätte damit (nur) zur
Folge, dass bei Fristversäumnis bezogen auf das richtige Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde ggf Wiedereinsetzung in
den vorigen Stand zu gewähren ist. Dies ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.