Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Angemessenheit der Leistungen für Unterkunft und Heizung; Anwendung der Wohngeldtabelle
bei fehlenden Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der von der Beklagten im Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 den Klägern bewilligten
Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Die Kläger sind verheiratet und leben zusammen als Bedarfsgemeinschaft; die beiden 1977 und 1979 geborenen Kinder leben nicht
bei den Klägern. Die Klägerin zu 2 bezieht seit 1. Juni 2008 eine Altersrente. Die Kläger leben seit 24 Jahren in G ... Die
Gemeinde G. (ca. 11.000 Einwohner) gehört zum Landkreis Breisgau.-Hochschwarzwald., grenzt aber - auch hinsichtlich der Bebauuung
- direkt an das Stadtgebiet der Stadt Freiburg. im Breisgau. (ca. 220.000 Einwohner), die den Stadtkreis Freiburg. bildet
(§ 131 Abs. 1 Gemeindeordnung Baden-Württemberg). Die Kläger bewohnen in G. seit August 2004 eine 79,83 m² große Drei-Zimmer-Wohnung, für die eine monatliche
Kaltmiete von 572,00 EUR (zuzüglich 128,00 Euro Nebenkosten (Heizung und Warmwasser)) zu entrichten ist. Die Wohnung gehört
dem Sohn der Kläger.
Die Kläger beziehen seit 1. Januar 2005 durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 19 ff SGB II (Leistungen).
Bereits mit Bescheid vom 27. November 2004, mit dem Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Mai 2005 bewilligt
wurden, wies die Beklagte die Kläger darauf hin, dass deren Wohnung aus leistungsrechtlicher Sicht für ihre Haushaltsgröße
unangemessen teuer sei. Die tatsächlich entstehenden Unterkunftskosten könnten daher nur solange anerkannt werden, wie es
den Klägern nicht möglich oder nicht zumutbar sei, die Kosten auf ein angemessenes Maß zu senken (§ 22 Abs. 1 SGB II). Das
Gesetz sehe hierfür in der Regel eine Übergangszeit von längstens sechs Monaten vor. Ab 1. Juli 2005 könne deshalb nur noch
ein Betrag in Höhe von 306,60 Euro als Kaltmiete anerkannt werden. Dies entspreche einem Mietpreis von 5,11 Euro/m2 für eine
60 m2 große Wohnung bei einem Zweipersonenhaushalt. Ein erneuter Hinweis auf die von der Beklagten für angemessen erachtete
Miete von 306,60 Euro sowie zur Senkung der Unterkunftskosten enthielt der Bescheid der Beklagten vom 29. April 2005, mit
dem den Klägern Leistungen für die Zeit vom 1. Juni 2005 bis 30. November 2005 bewilligt wurden. Beiden Bewilligungsbescheiden
hatte die Beklagte den gesamten Betrag der Kaltmiete in Höhe von 572,00 Euro zuzüglich Nebenkosten zugrunde gelegt.
Mit Bescheid vom 11. November 2005 hat die Beklagte den Klägern unter Zugrundelegung einer Kaltmiete von 306,60 Euro (zuzüglich
Nebenkosten) und unter Berücksichtigung eines Einkommens von monatlich 329,14 Euro Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember
2005 bis zum 31. Mai 2006 in Höhe von monatlich 727,73 Euro bewilligt. Am 10. Januar 2006 teilte der Kläger zu 1 der Beklagten
mit, er habe die Kostensenkungsaufforderung im Bescheid vom 29. April 2005 damals nicht gelesen. Er habe keinen Grund gehabt,
sich um eine günstigere Wohnung zu kümmern. Er bat darum, die "Angelegenheit also wieder auf den Stand vom 29.4.2005 zu setzen"
und ihm rückwirkend und für die nächsten sechs Monate seine tatsächlichen Mietkosten zu bezahlen. Dieser Widerspruch wurde
von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2006 als unzulässig verworfen.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2006 hob die Beklagte die Bewilligung der Leistungen aus den Bescheiden vom 29. April 2005 und 11.
November 2005 wegen der Erzielung von Einkommen u.a. für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 31. Januar 2006 in Höhe von
monatlich 8,61 Euro sowie für den Zeitraum vom 1. Februar 2006 bis zum 31. Mai 2006 in Höhe von monatlich 221,97 Euro auf.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde am 4. Juli 2006 zurückgenommen.
Mit Bescheid vom 24. Mai 2006 bewilligte die Beklagte den Klägern - erneut unter Zugrundelegung einer Kaltmiete in Höhe von
306,60 Euro (zuzüglich Nebenkosten) und eines monatlichen Einkommens von 551,11 Euro - Leistungen für die Zeit vom 1. Juni
2006 bis 30. November 2006 in Höhe von monatlich 505,76 Euro. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 8. Juni 2006, mit dem
die Kläger geltend machten, die Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, wies
die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2006 zurück. Als angemessener Quadratmeterpreis könne im Bereich des Landkreises
B.-H. von einer angemessenen Kaltmiete in Höhe von 5,11 Euro/m2 ausgegangen werden. Es sei auch weder ersichtlich, noch plausibel
gemacht, dass es den Klägern nicht möglich oder zumutbar gewesen sei, eine angemessene neue Wohnung zu finden. Hiergegen erhoben
die Kläger am 12. Juli 2006 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG; S 12 AS 3407/06).
Eine von den Klägern am 29. Juni 2006 beantragte Überprüfung des Bescheids vom 11. November 2005 beschied die Beklagte am
3. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2006; die Überprüfung habe ergeben, dass der Bescheid nicht
zu beanstanden sei. Die Kläger erhoben am 11. August 2006 beim SG Klage (S 12 AS 4021/06), das das Verfahren zum Klageverfahren S 12 AS 3407/06 verbunden hat (Beschluss vom 4. Dezember 2006).
Mit Urteil vom 18. Juli 2008 hat das SG die Beklagte unter Änderung des Bescheids vom 24. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2006 und
des Bescheides vom 11. November 2005 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 27. Juli 2006 verurteilt, den Klägern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II für den Zeitraum
vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 unter Berücksichtigung einer Kaltmiete von monatlich 572,00 EUR zu gewähren.
Der Anspruch ergebe sich aus § 22 Abs. 1 Satz 2 bzw. ab 1. August 2006 aus Satz 3 SGB II. Die Wohnung der Kläger sei unangemessen
teuer, auch wenn der von der Beklagten für angemessen angesehene Wert von monatlich 306,60 Euro zu niedrig sei. Nach der Rechtsprechung
des BSG (Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R) sei konkret und individuell auf den Wohnort der Kläger bezogen zu prüfen, ob dort im streitbefangenen Zeitraum auf dem
Wohnungsmarkt tatsächlich Wohnungen von einer Größe zwischen 45 m2 und ca. 60 m2 und einem gleichzeitigen Kaltmietpreis von
bis zu 306,60 Euro vorhanden seien. Dabei sei der örtliche Bezugsrahmen mit dem BSG (Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R) nicht auf den Wohnort als politische Gemeinde zu beschränken. Insbesondere im ländlichen Raum könne es geboten sein, größere
Einheiten zu bilden. Vorliegend sei der Bezugsrahmen aus dem Wohnort der Kläger (G.) sowie den Gemeinden G., H., M. und U.
zu bilden. In diesem Bezugsrahmen habe es im Zeitraum von September 2005 und September 2006 keine hinreichende Zahl von Wohnungen
gegeben, die den Angemessenheitskriterien der Beklagten entsprochen hätte. Daher könne nicht mit hinreichender Sicherheit
festgestellt werden, dass Wohnungen zu diesen Bedingungen tatsächlich regelmäßig und in ausreichender Zeit angeboten wurden
und Beziehern von Alg II auch tatsächlich zugänglich gewesen seien. Auch eine Befragung von Gemeindeverwaltungen und Baugenossenschaften
habe ergeben, dass selbst der untere Rand der von den Genossenschaften angegebenen Mietpreise über dem von der Beklagten angenommenen
angemessenen Mietniveau (ab 5,19 Euro aufwärts) lägen. Wenn also bereits die günstigen der zahlreichen Genossenschaftswohnungen
am Wohnort der Kläger und der näheren Umgebung teuerer seien als das von der Beklagten angenommene Mietniveau, sei kaum anzunehmen,
das der private Wohnungsmarkt für Wohnungen einfachen und bescheidenen Standards ein niedrigeres Niveau aufweise als das der
Genossenschaftswohnungen. Allerdings sei die Wohnung der Kläger sowohl unangemessen groß als auch unangemessen teuer, denn
der Kaltmietpreis pro Quadratmeter liege über dem, was selbst für die Großstadt Freiburg für angemessen erachtet werde (bis
Mai 2006: 5,62 Euro/m2; ab Juni 2006: 5,87 Euro/m2). Dennoch könnten die Kläger die Übernahme der vollen Kosten der Unterkunft
verlangen, denn es sei ihnen nicht möglich gewesen, ihre Wohnkosten auf das tatsächlich angemessene Maß zu senken, weil sie
von der Beklagten nicht zutreffend über das angemessene Maß belehrt worden seien. Daher sei anzunehmen, dass es den Klägern
aufgrund der fehlerhaften Belehrung nicht möglich gewesen sei, eine angemessene Wohnung anzumieten. Denn zu den Minimalanforderungen
einer Kostensenkungsaufforderung gehöre die - hier unzutreffende - Angabe des angemessenen Mietpreises.
Gegen das ihr am 8. August 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2. September 2008 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung
eingelegt. Da für den Landkreis Breisgau.-Hochschwarzwald keine Mietspiegel existierten, habe sie bei der Ermittlung der abstrakt
angemessenen Unterkunftskosten zunächst auf die Erfahrungswerte des bisherigen Sozialhilfeträgers zurückgegriffen, die vor
Einführung des SGB II durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit regelmäßig bestätigt worden seien. Diese Werte seien durch fortlaufende
Beobachtung der Wohnungsangebote sowie nach dessen Veröffentlichung anhand des Freiburger Mietspiegels nachgeprüft worden.
Grundsätzlich sei es Aufgabe eines jeden regional zuständigen Sozialleistungsträgers, den Bedarf seiner Hilfebedürftigen im
eigenen Zuständigkeitsbereich zu decken. Hilfebedürftige würden daher auch nur auf Wohnraum innerhalb des Landkreises Breisgau.-Hochschwarzwald
verwiesen. Angebote außerhalb des Landkreises seien daher nicht ausgewertet worden. Soweit das SG zu der Auffassung gelange, für G. seien die anhand des Mietspiegels der Stadt Freiburg für das Stadtgebiet ermittelten Werte
zugrunde zu legen, könne dem nicht gefolgt werden. Die Beklagte habe ihre Angemessenheitskriterien auch auf Grundlage des
neuen Freiburger Mietspiegels überprüft und bestätigt gefunden. Dabei seien die für das ganze Stadtgebiet Freiburg anhand
des Mietspiegels festgesetzten und angemessenen Quadratmeterpreise zwar für Wohnungen einfacher Ausstattung, jedoch unabhängig
von der Lage innerhalb Freiburgs, ermittelt worden. Der Freiburger Mietspiegel sehe aber gerade für Vororte erhebliche Abschläge
von der Basismiete vor. Die Wohnlage in Umlandgemeinden, die sich im Wechsel mit Freiburger Vororten um das Stadtgebiet Freiburgs
gruppierten, unterschieden sich in Lage und infrastruktireller Anbindung in nichts von den Vororten der Stadt Freiburg. Hinsichtlich
des Mietniveaus könnten diese nicht höher bewertet werden als die Vororte von Freiburg. Von der ermittelten Basismiete seien
daher je nach Baualter, Ausstattung, Wohnlage und Besonderheiten der Wohnlage für jede Wohnung Zu- bzw. Abschläge vorzunehmen.
Hinsichtlich des Baualters und der Wohnungsart könne von Wohnungen in größeren Mehrfamilienhäusern der Baujahre 1961 bis 1977
ausgegangen werden, sodass bei diesen Merkmalen weder Zu- noch Abschläge vorzunehmen seien. Bezüglich der Ausstattung könne
bei Wohnungen im unteren Preissegment von einer überwiegend einfachen Bodenausstattung ausgegangen und ein Balkon für entbehrlich
erachtet werden, woraus sich ein Abschlag von 8 % von der Basismiete ergebe. Bei der Wohnlagenzone könne für Landkreisgemeinden
jedenfalls keine bessere Wohnlagenzone als für Freiburgs Randgebiete (B., H., L., M., M., O., R., T., W. oder W.) angenommen
werden, weshalb sich insoweit ein Abschlag von 13 % von der Basismiete ergebe. Als Wohnlagenbesonderheiten seien im unteren
Preissegment die Ausrichtung der Wohnung zu einer Durchgangsstraße sowie fußläufige Entfernungen zur nächsten Bushaltestelle
bzw. Einkaufsmöglichkeit von über 500 bzw. 600 Metern hinnehmbar, wofür ein weiterer Abschlag von 6 % vorzunehmen sei. Insoweit
habe die Beklagte einen Abschlag von insgesamt 27 % in ihre Berechnung einbezogen. Demnach würde sich, ausgehend von dem im
Freiburger Mietspiegel für Wohnungen mit 60 m2 ermittelten Wert von 6,83 Euro für die Landkreisgemeinden im Umland von Freiburg
ein angemessener Quadratmeterpreis von 4,99 Euro errechnen. Der von der Beklagten im Landkreis B.-H. als Rechengröße verwendete
Wert von 5,11 Euro sei demnach nicht zu gering bemessen. Dessen ungeachtet hätte die Beklagte auch unter Zugrundelegung der
Freiburger Angemessenheitskriterien, also ohne Vorortabschlag von 13 %, nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten des Klägers
zu übernehmen. Auch habe die Beklagte im Zeitraum von September 2005 bis Juli 2008 durch Wohnungsmarktbeobachtung mittels
Auswertung der örtlichen Anzeigenblätter über 5.000 Wohnungen gefunden, die nach der Produkttheorie angemessenen Wohnraum
darstellten. Die Ermittlung der abstrakten Angemessenheit der Wohnung erfolge so, dass um den Wohnort der Hilfebedürftigen
ein Umkreis von 15 bis 20 Kilometer gezogen werde und die Zahl der dort angebotenen Wohnungen ermittelt würde. Diese Methode
sei geeignet zu belegen, dass auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt im festgelegten Suchgebiet tatsächlich Wohnungen von bis zu
306,60 Euro angeboten würden. Im Zeitraum von September 2005 bis Mitte August 2008 seien in G. und weiteren Gemeinden des
Suchgebietes (Umreis von 20 km um G.) insgesamt 97, im Zeitraum bis November 2006 insgesamt 45 Zwei-Zimmer-Wohnungen mit einer
Wohnfläche ab 45 m2 angeboten worden. Dabei sei zu beachten, dass der Ort G. im Norden direkt an den Landkreis Emmendingen
und im Westen direkt an das Stadtgebiet Freiburg grenze. Orte, die nicht zum Landkreis Freiburg gehörten, könnten daher nicht
in die Betrachtung einfließen. Die Zahl der Orte im Umkreis von G. sei entsprechend gering (B. K., B., E., G., G., H., M.,
Sch., U., W.). Auch habe das SG in anderen anhängigen Klageverfahren Auskünfte örtlicher Gemeindeverwaltungen eingeholt, aus deren Antworten sich ergebe,
dass es trotz häufig langer Wartezeiten oder sonstiger Vergabeeinschränkungen Wohnungen zu dem von der Beklagten für angemessen
erachteten Preis gebe. Zumutbar sei auch trotz der Rechtsprechung des BSG (B 7b AS 10/06 R) ein Umzug in eine Gemeinde, die sich im Umkreis von 12 bis 15 Kilometer um den Wohnort der Kläger befinde. In Betracht
zu ziehen seien daher die Orte H., G., G., M., M. und U ... Hier habe es ausreichend anmietbaren Wohnraum gegeben. Im Zeitraum
vom September 2005 bis zum November 2006 habe die Beklagte für diesen Bereich 26 Wohnungen ermitteln können, die den Angemessenheitskriterien
entsprochen hätten. Insoweit liege eine hinreichende Zahl verfügbarer Wohnungen vor. Im Zeitraum nach November 2006 bis Mitte
August 2008 seien weitere 19 konkret angemessene Wohnungen mit einer Größe von mindestens 45 m2 auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt
angeboten worden. Einige dieser Wohnungen seien nicht nur einmalig, sondern über einen längeren Zeitraum mehrfach angeboten
worden. Dokumetiere ein Hilfeempfänger kontinuierlich und nachvollziehbar, dass er sich ausreichend um angemessenen Wohnraum
bemüht habe und belege er so, dass es ihm trotz dieser Bemühungen im konkreten Einzelfall in einem bestimmten Zeitraum nicht
möglich gewesen sei, einen solchen Wohnraum anzumieten, gewähre die Beklagte eine längere Schutzfrist und übernehme die tatsächlichen
Unterkunftskosten. Dies sei jedoch allein eine Frage der Verfügbarkeit von Wohnraum im Rahmen der Angemessenheitsprüfung und
berühre die Frage der abstrakten Angemessenheitsprüfung nicht. Bemühe sich ein Hilfeempfänger erst gar nicht ausreichend in
zumutbarer Weise um angemessenen Wohnraum, könne eine solche Prüfung gar nicht vorgenommen werden. Dies sei zu berücksichtigen,
denn die Kläger hätten sich nach eigenen Angaben erst seit November 2005 und danach auch fast ausschließlich um sowohl hinsichtlich
der Wohnfläche als auch des Preises unangemessenen Wohnraum bemüht. Die Wohnung der Kläger befinde sich in der von der Beklagten
mit Wirkung zum 1. Mai 2009 festgelegten Raumschaft "Umland Freiburg" (G., G., H., M., M., U.). Auf Grundlage dieses, von
der Beklagten erarbeiteten Konzeptes ergebe sich ab 1. Mai 2009 für einen Zweipersonenhaushalt eine Mietobergrenze von 352,80
Euro.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Juli 2008 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen, sowie hilfsweise dem Beweisantrag im Schriftsatz vom 21. Juni 2010 nachzukommen.
Die Kläger tragen vor, die Beklagte habe schon die abstrakte Angemessenheitsgrenze, die vorliegend mit der konkreten Angemessenheitsgrenze
zusammenfalle, nicht zutreffend ermittelt. Schon die Annahme eines einheitlichen Quadratmetermietpreises für unterschiedlich
große Wohnungen sei fehlerhaft, dann mit zunehmender Wohnungsgröße sinke der Quadratmetermietpreis. Auch halte der Mietspiegel
der Stadt Freiburg keine Daten bereit, die geeignet seien, die abstrakte Angemessenheitsgrenze für die Umlandgemeinden zu
bestimmen. Aktuelle Daten zum Verhältnis der Mieten in der Stadt Freiburg und dem näheren Umland lägen nicht vor. Die Mietpreise
im Umland seien - bei anderen Wohnungen als Einzelzimmern und Einzimmerwohnungen - zwischen 1,30 Euro und 1,70 Euro pro Quadratmeter
günstiger als in der Stadt Freiburg. Dabei beantworte der Mietspiegel die Frage nicht, welche Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt
tatsächlich zur Verfügung stünden. Auch sei die Frage nicht geklärt, wie hoch die Differenz zwischen den Mietpreisen des vermieteten
Bestands und den auf dem Markt tatsächlich angebotenen Mietpreisen sei. Das Gutachten zum Freiburger Mietspiegel 2007 weise
jedoch aus, dass Quadratmetermieten von auf dem Markt angebotenen Wohnungen um durchschnittlich 17,02 % höher gelegen hätten
als die Mietpreise des vermieteten Bestands. Auch hänge die Höhe der abstrakten Angemessenheitsgrenze entscheidend davon ab,
wie viele Wohnungen innerhalb eines bestimmten Preissegmentes überhaupt benötigt würden. Dazu sei es erforderlich, die Zahl
derjenigen, deren Unterkunftskosten von der Beklagten nicht als angemessen anerkannt würde, zu bestimmen. Des Weiteren seien
die von der Beklagten benannten Vergleichsgebiete so groß, dass sie den Vorgaben des BSG nicht entsprächen. Es könne den Klägern
nicht zugemutet werden, zum Zwecke der Senkung der Unterkunftskosten die Gemeinde G. zu verlassen. Die von der Beklagten vorgelegte
Auswertung von Wohnungen umfasse eine große Zahl von Wohnungen, die ihrer Größe nach für einen Zweipersonenhaushalt nicht
angemessen seien. Lediglich 276 der von der Beklagten benannten 518 Wohnungsinserate seien mit Quadratmeterzahl und Nettokaltmiete
bezeichnet, sodass die Bestimmung der Quadratmetermiete netto kalt möglich sei. Insoweit betrage die durchschnittliche Quadratmetermiete
netto kalt 6,52 Euro. Lediglich 36 der 276 Wohnungen wiesen eine Quadratmetermiete netto kalt von 5,11 Euro oder weniger aus.
Nur vier dieser Wohnungen lägen im Vergleichsgebiet. Dabei habe eine der Wohnungen eine Wohnfläche von 25 m2. Im Ergebnis
läge der Quadratmetermietpreis in der Stadt Freiburg für Zweipersonenhaushalte bei ca. 7,50 Euro. Wegen eines Abschlags für
die Gemeinde G. dürfte dort der Quadratmeterpreis zwischen 6,00 und 6,75 Euro liegen. Im Schriftsatz vom 21. Juni 2010 haben
die Kläger beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, das die folgenden Fragen beantworten soll, Beweis
zu erheben (§
160 Abs.
2 Nr.
3 SGG):
1. Wie hoch ist die durchschnittliche Quadratmetermiete netto kalt in der Gemeinde G. von Wohnungen mit einer Wohnungsgröße
von 45 m2 - 60 m2?
2. Wie hoch ist der unter 1. genannte Wert, wenn nur Wohnungen zugrunde gelegt werden, deren Mietverträge in den letzten vier
Jahren neu abgeschlossen wurden?
3. Wie hoch ist der Wert gemäß der Frage unter 1. von Wohnungen, für die in den letzten vier Jahren ein Mietvertrag nicht
neu abgeschlossen wurde?
4. Wie hoch ist die Standardabweichung des unter 1. erfragten Wertes?
5. Wie hoch muss die Nettokaltmiete einer Wohnung mindestens sein, damit sichergestellt wird, dass alle Empfänger von Leistungen
nach dem SGB II, dem SGB XII und dem
AsylbLG, die in Zweipersonenhaushalten leben, tatsächlich die Möglichkeit haben, eine Wohnung zu diesem oder einem geringerem Preis
auf dem Markt anzumieten (unter Berücksichtigung dessen, dass diese Gruppe von Nachfragern auf dem Wohnungsmarkt mit anderen
Gruppen von Beziehern geringer Einkünfte konkurrieren)?
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Akte des LSG sowie die beigezogenen
Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat zum Teil Erfolg.
Die gem. §§
143,
144 Abs.
1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht (§
151 Abs.
1 SGG) eingelegt. Die Berufung der Beklagten ist jedoch nur zum Teil begründet; das SG hat mit seinem Urteil vom 18. Juli 2008 den Klagen nur zum Teil zu Recht statt gegeben.
Streitig sind im vorliegenden Fall alleine Leistungen für Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II. Die Kläger haben ihre Klagebegehren
von vornherein zulässigerweise auf diese Leistungen beschränkt (vgl. zur Zulässigkeit einer Beschränkung des Streitgegenstandes
BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 = juris Rdnr. 19, 21; BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 55/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 9). Streitig sind zudem nur Leistungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November
2006. Die Kläger haben mit der ersten ihrer Klagen vor dem SG den Bescheid vom 24. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2006 angefochten (Zeitraum 1. Juni 2006
bis 30. November 2006), mit dem die Beklagte die Übernahme höherer Unterkunftskosten abgelehnt hatte. Darüber hinaus haben
die Kläger mit ihrer zweiten Klage den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
27. Juli 2006 angefochten (Zeitraum 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006), mit dem die Beklagte im Rahmen einer Überprüfung nach
§ 44 SGB X festgestellt hatte, dass der Bescheid vom 11. November 2005 - richtigerweise: in der Fassung des Bescheids vom 10. Mai 2006,
der den Bescheid vom 11. November 2005 inhaltlich änderte - zutreffend sei. Folgebescheide für Bewilligungszeiträume nach
dem 30. November 2006 sind nicht Gegenstand des Verfahrens. §
96 SGG findet in diesem Fall nach der ständigen Rechtsprechung des BSG keine Anwendung (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b
AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1; BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 4/06 R - juris; BSG, Urteil vom 25. Juni 2008 - B 11b AS 45/06 R - juris).
Die Kläger haben für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 einen Anspruch gegen die Beklagte auf die
Erstattung ihrer Aufwendungen für die Unterkunft inklusive kalter Nebenkosten im Umfang von monatlich 446,25 Euro; hierauf
sind die bereits gezahlten Beträge in Höhe von monatlich 306,60 Euro anzurechnen. Grundlage dieses Anspruchs ist § 22 Abs.
1 Satz 1 SGB II. Für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 war daher auch der eine Korrektur der früheren Bewilligungen
ablehnende Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2006 aufzuheben (§
44 SGB X) und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. November 2005 in der Fassung des Bescheids vom 10. Mai 2006 zur Zahlung
höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu verurteilen. Ebenso war die Beklagte für die Zeit vom 1. Juni 2006
bis 30. November 2006 unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli
2007 zur Zahlung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19 ff SGB II zu verurteilen. Das insoweit entgegenstehende Urteil des SG daher abzuändern, im Übrigen die Klage ab- und die Berufung zurückzuweisen.
Im Rahmen der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gem. §§ 19 ff SGB
II sind als grundsicherungsrechtlicher Bedarf für Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich die tatsächlichen
Aufwendungen des Hilfebedürftigen vom Grundsicherungsträger zu übernehmen. Die Vorschrift begrenzt die Übernahme der tatsächlichen
Aufwendungen jedoch zugleich auf die nach dem SGB II angemessenen Kosten. Die Prüfung der Angemessenheit der tatsächlichen
Aufwendungen für eine Wohnung erfolgt nach der Rechtsprechung des BSG in mehreren Schritten (BSG, Urteil vom 7. November 2006
- B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2; BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3): Im ersten Schritt ist die Größe der Wohnung des oder der Hilfebedürftigen festzustellen und zu
überprüfen, ob diese angemessen ist. Dabei ergibt sich für Baden-Württemberg für eine aus zwei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft
eine angemessene Größe von 60 m2. Angemessen ist eine Wohnung darüber hinaus nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz
einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (zweiter Schritt). Nach der
Rechtsprechung des BSG genügt es jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete
niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2), also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die
angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet.
Auf Grundlage der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße für einen Zweipersonenhaushalt von 60 m2 und des örtlichen Vergleichsmaßstabes
ist festzustellen, wie hoch die angemessene Miete für Wohnungen einfachen Standards - die Referenzmiete - in diesem Raum ist.
Nur auf dieser Grundlage kann beurteilt werden, ob die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger diese Angemessenheitsobergrenze
überschreiten. Dabei ist die Mietobergrenze bzw. die Referenzmiete im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze nach der Rechtsprechung
des BSG auf Grundlage eines dieses beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R - juris Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris). Der Grundsicherungsträger muss mithin nicht nur ein Konzept haben, nach dem er die Referenzmiete bestimmt, sondern
dieses Konzept muss zudem einer gerichtlichen Überprüfung Stand halten, also schlüssig sein (BSG, Urteil vom 22. September
2009 - B 4 AS 18/09 R - juris).
Dieses schlüssige Konzept muss der Grundsicherungsträger auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet der Grundsicherungsträger
ohne ein schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach §
103 Satz 1 2. Halbsatz
SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung und
-aufbereitung nachzuholen. Der für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständige kommunale Träger muss die bei ihm vorhandenen
Daten sowie die personellen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur
Verfügung stellen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R - juris Rdnr. 22; BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - juris).
Ein Konzept liegt nach der Rechtsprechung des BSG dann vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen
Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für
sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - juris). Zusammengefasst ergeben sich folgende Voraussetzungen an die Schlüssigkeitsanforderungen des Konzepts (BSG aaO.
juris Rdnr. 19): - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum
erfolgen (keine Ghettobildung), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche
Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung
nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen,
z.B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter
mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder
Kappungsgrenze).
Ein solches schlüssiges Konzept hatte die Beklagte in den vorliegend streitigen Zeiträumen - auch nach eigenem Bekunden -
nicht. Der damals angenommene angemessene Quadratmetermietpreis von 5,11 Euro beruhte auf Erfahrungen und der Bestätigung
durch die sozialhilferechtliche Rechtsprechung zum BSHG. Die Beklagte gibt an, durch Beobachtung des Wohnungsmarktes und der Berücksichtigung des Freiburger Mietspiegels diesen
Quadratmetermietpreis bestätigt gefunden zu haben. Ein Mietspiegel für den Vergleichsraum besteht nicht. Dies ist kein schlüssiges
Konzept im Sinne der genannten Rechtsprechung. Eine Entscheidung über das ab dem 1. Mai 2009 geltende Konzept der Beklagten
ist im vorliegenden Rechtsstreit, der auf Zeiträume im Jahr 2005 und 2006 begrenzt ist, nicht zu treffen. Dieses Konzept kann
auch nicht rückwirkend auf die hier streitigen Zeiträume erstreckt werden. Für die hier streitigen Zeiträume kann die Beklagte
- auch unter Mithilfe des Gerichts - ein schlüssiges Konzept nicht mehr erarbeiten oder durch ein bisheriges Konzept durch
eine Verfeinerung bzw. Ergänzung der Datenerhebung verändern. Auch das Gericht kann unter Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden
Erkenntnisquellen und Erkenntnismittel im Rahmen der Amtsermittlung, insbesondere auch unter Einholung eines Sachverständigengutachtens,
für die inzwischen vier bzw. fünf Jahre zurückliegenden Zeiträume weder ein schlüssiges Konzept noch eine entsprechende Datengrundlage
ermitteln.
Fehlt ein schlüssiges Konzept der Beklagten und lässt es sich - wie hier - auch nicht mehr nachholen, sind grundsätzlich die
tatsächlichen Aufwendungen des Klägers zu übernehmen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 50/09 R - juris Rdnr. 26). Die Übernahme der tatsächlichen Kosten kann jedoch nicht unbegrenzt erfolgen (BSG aaO. Rdnr. 27). Auch
insoweit besteht eine "Angemessenheitsgrenze" nach "oben". Durch sie soll verhindert werden, dass extrem hohe und damit nicht
nur nach Auffassung des Grundsicherungsträgers, sondern per se unangemessene Mieten durch den Steuerzahler zu finanzieren
sind (BSG aaO.). Die Grenze findet sich insoweit in den Tabellenwerten zu § 8 WoGG (der seit 1. Januar 2009 geltende § 12 WoGG ist für die streitgegenständlichen Zeiträume nicht maßgeblich). Da mit der Heranziehung der Wohngeldtabelle eine abstrakte,
vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum unabhängige Begrenzung vorgenommen wird, ist der jeweilige Höchstbetrag
der Tabelle (rechte Spalte) anzusetzen. Eine Differenzierung nach Wohnaltersklassen ist dabei nicht vorzunehmen. Das BSG (aaO.)
erhöht im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Hilfebedürftigen auf Sicherung des Wohnraumes diesen sich
aus § 8 WoGG ergebenden Betrag ferner um einen "Sicherheitszuschlag".
Aus dem hier anzuwendenden § 8 WoGG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Wohngeldgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I 2005, Seite 2029) ergibt sich für die Kläger (zwei Personen) unter Zugrundelegung des Wohnortes G., der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes
zur Neuregelung des Wohngeldrechts und zur Änderung des Sozialgesetzbuches vom 24. September 2008 (BGBl. I 2008 Seite 1856) und der damit verbundenen Neubemessung der Mietstufen in Mietstufe 5 (seit 1. Januar 2009: Mietstufe 6) eingruppiert war,
ein Betrag von 425,00 Euro. Dieser Betrag ist um einen vom BSG als "Sicherheitszuschlag" bezeichneten Betrag zu erhöhen. Der
Senat ist dabei der Überzeugung, dass vorliegend ein fünfprozentiger Zuschlag angemessen ist. Damit beträgt die so ermittelte
Referenzmiete monatlich insgesamt 446,25 Euro, was bei einer 60 m2 großen Wohnung einem Quadratmetermietpreis von 7,44 Euro
entspricht. Für die Höhe des Zuschlages ist dabei maßgeblich, dass der Ort G. einerseits zu einem eher ländlich geprägten
Vergleichsraum im Zuständigkeitsbereich der Beklagten gehört und andererseits die bestehende räumliche und infrastrukturelle
Verbindung zur Großstadt Freiburg aufweist. Mit dem Ansatz der Mietstufe 5 steht G. der Großstadt Freiburg gleich, das ebenfalls
zur Mietstufe 5 gehörte; über den nur geringen Sicherheitszuschlag wird aber auch das ländliche Umfeld von G. im Vergleichsraum
berücksichtigt, das in Mietstufe 3 eingestuft ist. Ebenso ergibt ein Vergleich mit dem damaligen Mietspiegel der Stadt Freiburg,
der für das Stadtgebiet einen Wert von (bis Mai 2006) 5,62 Euro/m2 bzw. (ab Juni 2006) 5,87 Euro/m2 für Wohnungen mit 60 m2
(entspricht 337,20 Euro bzw. 352,2 Euro) - abzüglich eines Betrags von 13 % für die Randgebiete (Vororte) der Stadt Freiburg
- festgestellt hat, dass der Zuschlag von fünf Prozent angemessen ist.
Zu diesem Mietpreis sind - so im Ergebnis auch der Vortrag der Kläger, die in G. einen Quadratmetermietpreis von 6,00 bis
6,75 Euro für angemessen halten - hinreichend mietbare Wohnungen verfügbar. Dabei stützt sich die Überzeugung des Senats nicht
nur auf den eigenen Vortrag der Kläger sondern auch auf die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen ihrer Wohnungsmarktbeobachtung.
Ein weitergehender Anspruch der Kläger auf Erstattung ihrer vollen Mietkosten in Höhe von 572,00 Euro ergibt sich - entgegen
dem SG - auch nicht aus § 23 Abs. 1 Satz 2 bzw. ab 1. August 2006 aus Satz 3 SGB II.
Da die Aufwendungen der Kläger den angemessenen Mietpreis von 446,25 Euro für zwei Personen überschreiten, handelt es sich
mithin um unangemessene Kosten, die von dem Grundsicherungsträger nach Ablauf von sechs Monaten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2,
ab 1. August 2006 nach Satz 3 SGB II, grundsätzlich nicht mehr übernommen werden müssen. Voraussetzung für eine auf das gefundene
Niveau der Vergleichsmiete abgesenkte Leistungsgewährung ist eine Kostensenkungsaufforderung durch den Leistungsträger und
die Zumutbarkeit bzw. die Möglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 bzw. ab 1. August 2006 Satz
3 SGB II, ggf. auch eines Umzugs (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R - juris Rdnr. 30).
Objektiv ist den Klägern eine Kostensenkung, einschließlich eines Umzugs, zumutbar. Denn die objektive Unmöglichkeit einer
Unterkunftsalternative ist nur in seltenen Ausnahmefällen zu begründen, zumal es in Deutschland derzeit keine allgemeine Wohnungsnot
gibt und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum herrscht (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B
4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = juris Rdnr. 36). Dies gilt umso mehr, als der Senat sich davon überzeugen konnte, dass in ausreichendem Maß verfügbarer
Wohnraum zu dem oben genannten Betrag vorhanden ist. Auch sonstige Gründe, die objektiv einer Kostensenkung entgegenstehen
(vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = juris Rdnr. 33 ff), liegen nach der Überzeugung des Senats hier nicht vor.
Andererseits sind einem Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen subjektiv nur dann zumutbar und möglich, wenn er Kenntnis
davon hat, dass ihn die Obliegenheit trifft, Kostensenkungsmaßnahmen zu ergreifen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 19/09 R - juris; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263). Insoweit kann die Unmöglichkeit einer Kostensenkung vorliegen, wenn der Grundsicherungsträger dem Hilfeempfänger zur Angemessenheit
der Unterkunftskosten über die als angemessen angesehene Referenzmiete hinaus unrichtige Richtgrößen (Parameter) mitteilt
und der Hilfeempfänger gerade deshalb keine angemessene Wohnung findet (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = juris Rdnr. 38). Führen die unzutreffenden Angaben des Grundsicherungsträgers dazu, dass der Hilfeempfänger mit den
"falschen" Parametern oder auf dem "falschen" Wohnungsmarkt sucht und er auf Grund dessen keine Wohnung zur angegebenen Referenzmiete
finden kann, bleibt der Grundsicherungsträger auf Grund des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zur Übernahme auch zu hoher Unterkunftskosten
verpflichtet, bis der Irrtum des Hilfeempfängers oder die Unmöglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen auf sonstige Weise beseitigt
ist (BSG aaO.) Zwar hat die Beklagte vorliegend und unter Zugrundelegung des oben genannten Mietpreises einen unzutreffenden
Hinweis zu den angemessenen Kosten der Kaltmiete erteilt, doch war dieser fehlerhafte Hinweis nicht ursächlich dafür, dass
die Kläger keine angemessene Wohnung gefunden haben. Denn der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Kläger im vorliegend
streitigen Zeitraum gar nicht versucht hatten, eine andere Wohnung zu finden oder die Kosten zu senken. Zwar hatten die Kläger
eine Aufstellung vorgelegt, anhand derer sich die von ihnen angeblich dokumentierte Wohnungssuche nachweisen lasse. Diese
Aufstellung (vgl. Bl. 29, 30, 43, 44 SG-Akte) lässt aber keinerlei Rückschlüsse darauf zu, ob die Wohnungen tatsächlich angeboten wurden, von wem sie angeboten wurden,
wann eine Kontaktaufnahme mit dem Anbieter erfolgte und wann bzw. warum eine Absage erteilt wurde. Lässt sich aus den Unterlagen
weder schließen, dass die Wohnungen tatsächlich angeboten wurden, noch dass die Kläger sich zeitnah um die Wohnungen bemüht
haben, kann sich der Senat nicht von der Wohnungssuche der Kläger überzeugen. Dies gilt umso mehr, als die vorgelegten handschriftlichen
Unterlagen als an einem Stück geschrieben erscheinen. Absetzungen, Änderungen der Handschrift, wie sie bei sich über längere
Zeiträume erstreckenden Eintragungen üblich sind, zeigen sich gerade nicht. Auch deutet die datumsmäßig willkürliche Zusammenstellung
der Angaben (vgl. Bl. 29 der SG-Akte, dort zweite Spalte) eher auf eine nachträgliche Zusammenstellung hin. Der Senat sieht sich in seiner Überzeugung auch
durch den Umstand bestärkt, dass die von den Klägern erst seit August 2004 bewohnte Wohnung einem ihrer Söhne gehört, der
die Mietzahlungen seiner Eltern fest in seine Finanzierung eingerechnet hat. Insoweit sprechen die tatsächlichen Umstände
gegen eine Wohnungssuche der Kläger. Haben diese keinen Versuch der Kostensenkung unternommen, so ist der fehlerhafte Hinwies
der Beklagten in den Bescheiden vom 27. November 2004 und 29. April 2005 nicht ursächlich dafür, dass die Kläger Kostensenkungsmaßnahmen
nicht durchführen konnten.
Den von den Klägern im Schriftsatz vom 21. Juni 2010 sowie in der mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2010 gestellten Beweisanträgen
musste der Senat nicht nachgehen, denn diese sind unzulässig. Sie benennen noch behaupten sie keinerlei Tatsachen, die durch
die Beweiserhebung ermittelt werden sollen. Im Übrigen wären die Beweisanträge auch unbegründet, denn angesichts der mangels
eines schlüssigen Konzepts der Beklagten vorliegend zugrunde gelegten Rechtsprechung des BSG mit der Folge einer Anwendung
des § 8 WoGG kommt es auf die von den Klägern gestellten Beweisfragen nicht an. Denn die zu erhebenden Daten wären aktuelle Werte, die
für den vorliegend zu beurteilenden streitigen Zeitraum keine Aussagen erlauben.
Die Kläger haben somit lediglich einen Anspruch auf die Gewährung von Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 446,25 Euro.
Darin sind alle kalten Nebenkosten (vgl. § 5 Abs. 1 WoGG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Wohngeldgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I 2005, Seite 2029) enthalten. Die Beklagte hat an den kalten Nebenkosten Müllgebühren in Höhe von 9,17 Euro übernommen. Weitere "kalte Nebenkosten"
sind von den Klägern nicht gelten gemacht worden.
Damit war das Urteil des SG abzuändern und die Klage sowie die Berufung, soweit sie über den dargestellten Anspruch der Kläger hinaus gehen, ab- bzw.
zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Dabei berücksichtigt der Senat im Rahmen seines hier auszuübenden Ermessens das teilweise Obsiegen der Beklagten einerseits
und die teilweise Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Nr. 1 und 2
SGG).