Gründe
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines eine Eingliederungsvereinbarung (EGV) ersetzenden Eingliederungsverwaltungsaktes (EG-VA).
Der 1984 geborene Antragsteller bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II -) nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zuletzt aufgrund des Bescheides vom 10.01.2014 für die Zeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2014. Die Zusammenarbeit zwischen dem
Antragsteller und dem Antragsgegner gestaltet sich aufwendig. Zuletzt forderte der Antragsteller den Antragsgegner mehrfach
auf, jegliche Akte des "Forderns" zu unterlassen und ihn zukünftig von sämtlichen Forderungen frei zu stellen. Insbesondere
werde die Unterlassung von u.a. Angeboten einer EGV verlangt (Schreiben vom 08.11.2013, 12.11.2013 und 15.11.2013).
Am 10.01.2014 erließ der Antragsgegner einen EG-VA ohne Rechtsbehelfsbelehrung betreffend die Zeit vom 10.01.2014 bis 09.07.2014,
worin ihm der Antragsteller Unterstützungsleistungen des Antragsgegners zusagt, von ihm aber auch Mitwirkungshandlungen (u.a.
10 Bewerbungen im Turnus von 4 Wochen) fordert. Dagegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 31.01.2014 am 20.02.2014 Widerspruch
eingelegt. Der Widerspruch sei mangels Rechtsbehelfsbelehrung zulässig und "Meldeaufforderungen/Vermittlungsvorschläge/Eingliederungsvereinbarungen
und sich auf das "Fordern-Prinzip" des SGB II stützende Verwaltungsaktes sowie sämtliches Verwaltungshandeln im Rahmen einer Eingliederungsverwaltung der verfassungswidrigen
ARGE alias Job-Center A-Stadt wegen völliger Rechtswidrigkeit unzulässig". Über den Widerspruch ist nach Lage der Akten bislang
nicht entschieden.
Am 20.02.2014 hat der Antragsteller zudem beim Sozialgericht Nürnberg (SG) u.a. den einstweiligen Rechtsschutz dahingehend begehrt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den EG-VA anzuordnen
und sämtliche bereits erfolgte Maßnahmen aufzuheben. Es hätte ihm vorher Gelegenheit gegeben werden müssen, eine EGV zu unterschreiben. Dies sei nicht erfolgt.
Mit Beschluss vom 11.03.2014 hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 10.01.2014 und auf Aufhebung
sämtlicher bereits erfolgter Maßnahmen der Vollziehung abgewiesen. Die Interessenabwägung falle nicht zu Gunsten des Antragstellers
aus. Der Ersatz einer EGV durch einen EG-VA sei jedenfalls zulässig, wenn der Antragsteller nicht bereit sei, eine EGV mit vergleichbarem Inhalt zu unterschreiben. Der Antragsteller habe durch sein vorangegangenes Verhalten dokumentiert, dass
er sich grundsätzlich weigere, eine EGV abzuschließen. Weitere Anhaltspunkte für eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des EG-VA fehlten. Ein überwiegendes Interesse
des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei hingegen nicht festzustellen. Unzumutbare Belastungen seien
ihm nicht auferlegt worden und er könne gegen ggf. aufgrund des EG-VA festgestellte Sanktionen mit gesonderten Verfahren vorgehen.
Seine Existenz sei trotz des EG-VA gesichert. Für den Antrag auf Aufhebung bereits erfolgter Maßnahmen der Vollziehung fehle
es am Rechtsschutzbedürfnis und am Anordnungsgrund. Gegen solche Maßnahmen - soweit sie überhaupt auf dem EG-VA beruhten -
könne und müsse er jeweils gesondert vorgehen.
Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Er sei sehr wohl bereit, eine EGV zu unterschreiben, es sei ihm jedoch keine solche zugesandt worden. Die Vertragsfreiheit sei nicht beachtet worden. Zur Beendigung
seiner Hilfebedürftigkeit bedürfe er nicht der Unterstützung des Antragsgegners, dies könne er auch durch Eigeninitiative
erreichen. Die Anzahl der im EG-VA geforderten Bewerbungen (10 in jeweils 4 Wochen) habe nicht der Antragsgegner festzulegen.
Der Beschluss des SG sei unverschämt und beachte die Unschuldsvermutung nicht.
Der Antragsgegner hat mitgeteilt, wegen des nicht kooperativen Verhaltens des Antragstellers in der Vergangenheit und seines
Unterlassungsantrages hinsichtlich des Angebotes u.a. einer EGV sei der Erlass eines EG-VA gerechtfertigt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig (§§
172,
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und Aufhebung von Maßnahmen der Vollziehung abgelehnt.
Vorliegend wendet sich der Antragsteller gegen einen eine EGV ersetzenden Verwaltungsakt, sodass §
86b Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGG die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes darstellt, denn das Rechtsmittel (bzw. der
Rechtsbehelf) gegen einen Bescheid, mit dem über Leistungen zur Eingliederung in Arbeit bzw. Pflichten erwerbsfähiger Leistungsberechtigter
bei der Eingliederung in Arbeit entschieden wird, hat keine aufschiebende Wirkung (§
86a Abs
2 Nr
4 SGG i.V.m. § 39 Nr 1 5. Alternative SGB II).
Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung
haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§
86b Abs
1 Nr
2 SGG). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage ist nur möglich, wenn das besondere Interesse des Antragstellers an
der Anordnung der aufschiebenden Wirkung das vom Gesetz vorausgesetzte Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes
überwiegt, wobei bei der Prüfung der Interessen zuerst auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen ist.
Unter Berücksichtigung des § 39 Nr 1 SGB II ist von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Suspensiveffektes auszugehen, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung
zunächst angeordnet hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt
Belasteten feststellbar ist (vgl. Beschluss des Senates vom 18.11.2008 - L 11 B 948/08 AS ER). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl.
Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Aufl., §
86b Rdnr 12c). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtwidrig und ist der Betroffene dadurch in seinen subjektiven Rechten verletzt,
wird ausgesetzt, weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht
erkennbar ist. Ist die Klage (vorliegend Widerspruch) aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind
die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten
des Hauptsacheverfahrens und die Entscheidung des Gesetzgebers in § 39 Nr 1 SGB II mit berücksichtigt werden (vgl. zum Ganzen: Keller aaO Rdnr 12f; Beschluss des Senates aaO).
Die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens sind vorliegend als offen anzusehen. Insbesondere ist im Rahmen des Hauptsacheverfahrens
noch zu klären, ob i.S. der Rechtssprechung (BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R - veröffentlicht in [...]) eine konsensuale Lösung vor Erlass eines EG-VA auch dann zunächst gesucht werden muss, wenn
der Antragsteller unmittelbar vorher in 3 Schriftsätzen die Unterlassung der Unterbreitung von EGVen vom Antragsgegner fordert.
Das vorliegende Verhalten des Antragstellers bringt nach Auffassung des Senates eindeutig zum Ausdruck, dass er sich weigere,
eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Das erneute Angebot einer EGV stellt sich damit als reine Formalie dar, ohne dass eine konsensuale Lösung überhaupt in Betracht käme. Von einer offensichtlichen
Rechtswidrigkeit des EG-VA vom 10.01.2014 ist daher nicht auszugehen. Wenn der Antragsteller im Rahmen des Beschwerdeverfahrens
nunmehr ausführt, er sei bereit, eine EGV abzuschließen, so steht es ihm frei, beim Antragsgegner vorstellig zu werden und ggf. mit diesen über den Abschluss einer
EGV zu verhandeln. Dies ist jedoch nach Lage der Akten bisher nicht geschehen, sodass die Behauptung des Antragstellers, er sei
bereit, eine EGV zu unterschreiben, bislang nach Auffassung des Senates nicht als nachvollziehbar bzw als reine Schutzbehauptung anzusehen
ist. Der weitere Inhalt des EG-VA ist ebenfalls nicht als offensichtlich rechtswidrig anzusehen, wobei 10 Bewerbungen innerhalb
von 4 Wochen durchaus als zunächst zumutbar erscheinen und es im Gegensatz zur Auffassung des Antragstellers dem Antragsgegner
obliegt, die zumutbare Anzahl der Bewerbungen zu bestimmen. Anhaltspunkte dafür, dass die geforderte Anzahl der Bewerbungen
vorliegend unzumutbar sei, finden sich nicht. Ob bei Verstoß gegen die im EG-VA getroffenen Regelungen vom Antragsgegner Sanktionen
festgestellt werden können, ist im Rahmen von gesonderten Verfahren gegen diese einzelnen Sanktionen zu prüfen. Für eine offensichtliche
Rechtswidrigkeit des EG-VA fehlen jedoch vorliegend jegliche Anhaltspunkte.
Die im Hinblick auf die offenen Erfolgsaussichten vorzunehmende allgemeine Interessenabwägung lässt ein überwiegendes Interesse
des Antragstellers nicht erkennen. Zu berücksichtigen ist dabei die Entscheidung des Gesetzgebers in § 39 Nr 1 SGB II, dass ein Widerspruch bzw. eine Klage gegen den die EGV ersetzenden Verwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung hat. Unzumutbare Belastungen durch den EG-VA sind nicht erkennbar.
Zudem könnte der Antragsteller nur dann bei Verstößen sanktioniert werden, wenn ihm kein wichtiger Grund dafür zur Seite stünde.
In diesem Fall könnte er gegen die jeweilige Sanktion einstweiligen Rechtsschutz im Rahmen eines gesonderten Verfahrens in
Anspruch nehmen. Eine Beeinträchtigung der Existenzsicherung des Antragstellers ist durch die EG-VA selbst nicht erkennbar.
Der vom Antragsteller vorgebrachte Einwand, er könne sich allein durch Eigeninitiative in den Arbeitsmarkt integrieren, stellt
hier kein Argument dar, dass zu einer anderweitigen Interessenabwägung führt. Es ist nämlich unabhängig von den Eingliederungsbemühungen
durch den Antragsgegner Aufgabe des Antragstellers daneben auch Eigeninitiative zu ergreifen. Diese wird auch durch den Erlass
eines EG-VA nicht eingeschränkt.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).