Dauerverwaltungsaktseigenschaft einer Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG; Geltung der Widerspruchsfrist von einem Monat seit Bekanntgabe
Gründe
I.
Der Kläger (Beschwerdeführer) begehrt gemäß seinem Klageantrag vom 16.05.2013 in der Hauptsache (Verfahren S 18 AY 11/13 vor
dem Sozialgericht Würzburg - SG -) höhere Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz (
AsylbLG) für den Zeitraum April 2011 bis Juli 2012. Vorliegend geht es um die Beschwerde des Klägers gegen die Ablehnung der Bewilligung
von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Hauptsacheverfahren durch das SG.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten (Beschwerdegegnerin) am 21.03.2011 Leistungen nach dem
AsylbLG. Mit Bescheid vom 22.03.2011 bewilligte die Beklagte ihm mit Wirkung vom 12.04.2011 eine monatliche Geldleistung in Höhe
von 40,90 EUR. Ab dem 01.08.2012 erhielt der Kläger höhere Leistungen nach dem
AsylbLG.
Mit formularmäßigem Schreiben vom 17.12.2012 legte der Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
vom 18.07.2012, 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 Widerspruch gegen die Leistungsgewährung für alle Zeiträume ab 01.11.2011 ein. Er beantragte die Nachzahlung der Differenzbeträge
zwischen den verfassungswidrigen Leistungen nach §
1a bzw. §
3 AsylbLG und den Regelbedarfen nach dem SGB II (Zweites Buch Sozialgesetzbuch)/XII (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch) für die Vergangenheit und die Gewährung verfassungskonformer
Leistungen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts für die Zukunft.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2013 wies die Regierung von Unterfranken den Widerspruch betreffend den Zeitraum 12.04.2011
bis 31.07.2012 als nicht statthaft bzw. nicht zulässig zurück, da er nicht innerhalb der Widerspruchsfrist von einem Monat
seit Bekanntgabe des Bescheides vom 22.03.2011 erhoben worden sei. Der Bescheid sei bestandskräftig, eine rückwirkend höhere
Leistungsgewährung komme daher nicht in Betracht.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die zum SG erhobene Klage. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe mit dem angefochtenen Bescheid vom 22.03.2011 lediglich
über die Bewilligung von Leistungen für den während seiner Erteilung laufenden Monat entschieden. Ein Dauerverwaltungsakt
liege nicht vor. Für die nachfolgenden Monate bis Juli 2012 sei eine Bewilligungsentscheidung jeweils als konkludenter Verwaltungsakt
durch die Auszahlung von Leistungen erfolgt. Da diese Verwaltungsakte ohne Rechtsbehelfsbelehrung erfolgt seien, hätten die
Verwaltungsakte, die binnen eines Jahres vor Erhebung des Widerspruches vom 17.12.2011 ergangen seien, noch zulässigerweise
mit Widerspruch angefochten werden können.
Mit Beschluss vom 21.03.2014 hat das SG den Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt.
Dagegen hat der Kläger am 02.04.2014 Beschwerde beim SG eingelegt, die am 10.04.2014 beim Bayerischen Landessozialgericht eingegangen ist.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte der Beklagten, sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter
Instanz Bezug genommen
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht innerhalb eines Monats ab Zustellung des angegriffenen Beschlusses
erhoben worden (§
173 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -). Ein Ausschlussgrund gem. §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG liegt nicht vor.
Die Beschwerde ist aber unbegründet. Zu Recht hat das SG die Bewilligung von PKH abgelehnt.
Nach §
73 a Abs.
1 SGG i.V.m. §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht
auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der PKH erfolgt
nur eine summarische Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art.
3 Abs.
1, 20 Abs.
3, 19 Abs.
4 Grundgesetz) zu beachten. Deshalb dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss
vom 07.04.2000, 1 BvR 81/00, NJW 2000, 1936). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung
und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit
der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 10. Aufl. 2012, Rn. 7, 7a zu § 73a) bzw. wenn die Erfolgsaussicht nicht nur eine entfernte ist (vgl. z.B. BVerfG
vom 13.07.2005, 1 BvR 175/05; BVerfGE 81, 347 ff.; st.Rspr.). Denn der Zweck der PKH, dem Unbemittelten weitgehend gleichen Zugang zu Gericht wie dem Bemittelten zu gewähren,
gebietet, ihn einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das
Kostenrisiko mitberücksichtigt (BVerfGE 81, 347, 356 ff. = NJW 1991, 413 f.; BVerfG, FamRZ 1993, 664 f.).
Auch unter Zugrundelegung dieser weiten Auslegung des §
114 ZPO ist eine hinreichende Aussicht auf Erfolg zu verneinen. Zur Begründung verweist der Senat gemäß §
142 Abs.
2 S. 3
SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss.
Ergänzend führt der Senat Folgendes aus: Dem Verfügungssatz des Bescheids vom 22.03.2011 ist bei verständiger Würdigung unter
Zugrundelegung eines objektiven Empfängerhorizonts unzweifelhaft zu entnehmen, dass dem Kläger mit Wirkung vom 12.04.2011
eine monatliche Geldleistung in Höhe von 40,90 EUR und damit ab April 2011 eine laufende Geldleistung gewährt wurde. Soweit
die Beklagte zur Begründung der Höhe der gewährten monatlichen Leistung auf das dem Bescheid beigefügte Berechnungsblatt Bezug
genommen hat, ergibt sich aus diesem ebenfalls unzweideutig, dass "ab 12.04.2011 monatliche Hilfe" gewährt wurde. Dass die
Beklagte im Bescheid nach dem Unterpunkt "2. Auszahlungsweise" unter "3. Vorbehalte und Hinweise" noch Ausführungen - möglicherweise
in Form einer Nebenbestimmung (vgl. § 32 SGB X (Zehntes Buch Sozialgesetzbuch)) - zum möglichen Wegfall des Leistungsanspruchs beim Entfallen der Leistungsvoraussetzungen
gemacht hat, ändert am Inhalt der im Tenor getroffenen, nicht weiter auslegungsbedürftigen Regelung nichts. Überdies lag den
von der Beklagten gemachten "Vorbehalten und Hinweisen" gerade zugrunde, dass der erlassene Verwaltungsakt die rechtliche
Grundlage für die zukünftigen monatlichen Zahlungen bilden soll. Der vorliegende Sachverhalt ist somit nicht mit dem vergleichbar,
der der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 17.06.2008, B 8/9b AY 1/07 R) zu Grunde lag.
Dort hatte die Behörde die Leistungsbewilligung konkret auf Juli 2003 beschränkt und mit dem Zusatz "Werden aufgrund gleich
gebliebener Verhältnisse Leistungen für künftige Zeiträume durch Überweisung bewilligt, entsprechen die Berechnung und Festsetzung
der Einzelansprüche denen des vorliegenden Bescheides" versehen. Im verfahrensgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom
22.03.2011 wurde dagegen kein bestimmter oder zumindest bestimmbarer Zeitpunkt für das Ende der Leistungsbewilligung genannt,
insbesondere die Leistungsbewilligung nicht auf einen konkreten Kalendermonat beschränkt. Zudem ist im Bescheid auch an keiner
Stelle von einer Leistungsbewilligung für künftige Zeiträume durch Überweisung die Rede. Dies hätte auch im Widerspruch zu
der getroffenen Regelung (siehe dazu oben) gestanden. Der Bescheid vom 22.03.2011, mit dem laufende Leistungen in Höhe von
monatlich 40,90 EUR bewilligt wurden, stellt somit einen so genannten Dauerverwaltungsakt dar. Dieser bildete die rechtliche
Grundlage für die ab April 2011 erfolgten monatlichen Auszahlungen an den Kläger.
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die Klage auch dann keine Aussicht auf Erfolg hätte, wenn man die rechtliche Auffassung
des Klägers, dass die ab Mai 2011 erfolgten Auszahlungen als konkludente Verwaltungsakte zu sehen sind, als zutreffend unterstellen
würde. Denn mit dem Widerspruchsbescheid vom 08.05.2013 hat die Regierung von Unterfranken lediglich über den Widerspruch
gegen den Verwaltungsakt vom 22.03.2011 entschieden. Insofern würde es der Klage, soweit sie sich gegen andere (mutmaßliche)
Verwaltungsakte im Zeitraum bis 31.07.2012 richtet, an einer notwendigen Prozessvoraussetzung fehlen (vgl. §
78 SGG). Sie wäre damit - zumindest derzeit - unzulässig.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 21.03.2014 war daher zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei, §
183 SGG. Er ist unanfechtbar, §
177 SGG.