Anspruch auf Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren; Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussichten
Gründe:
I. Streitig ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beim Sozialgericht Augsburg anhängige Klageverfahren, in dem
der Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben begehrt.
Der Bf. hat sich am 16. Februar 2006 während der Arbeit als CNC-Fräser, angestellt bei einer Zeitarbeitsfirma, eine Mittelhandfraktur
der rechten Hand zugezogen. Die Probezeit wurde ihm zum 3. März 2006 gekündigt. Arbeitsunfähigkeit bestand bis 25. November
2006. Vom 14. Mai bis 18. September 2007 war der Bf. wieder als CNC-Fräser beschäftigt. Da er aufgrund der Folgen des Unfalls
seine Tätigkeit als CNC-Fräser nicht mehr ausüben könne, stellte er bei der Agentur für Arbeit A-Stadt am 14. Juni 2007 einen
Antrag auf Umschulung. Nach Einholung einer medizinischen Stellungnahme bat diese die Beklagte und Beschwerdegegnerin (im
Folgenden: Bg.) mit Schreiben vom 5. Dezember 2007 um Entscheidung über die Zuständigkeit. Mit Bescheid vom 27. Dezember 2007
lehnte die Bg. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §
35 des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB VII) in Verbindung mit §
33 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (
SGB IX) ab, da seit dem 26. November 2006 durchgehend Arbeitsfähigkeit in der vor dem Unfall ausgeübten Tätigkeit als CNC-Fräser
bestanden habe. Den Widerspruch wies die Bg. mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2008 zurück. Die im Rahmen einer arbeitsmedizinischen
Begutachtung durch das Berufsförderungswerk M. unter Berücksichtigung einer ERGOS-Leistungsbeurteilung demonstrierten Leistungen
entsprächen in vollem Umfang dem Tätigkeitsbild eines CNC-Fräsers. Es sei dem Bf. weiterhin möglich, die bisherige Tätigkeit
als CNC-Fräser auszuüben.
Ab 3. März 2008 erhielt der Bf. von der Arbeitsverwaltung im Rahmen einer Umschulung zum Elektroniker Übergangsgeld.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg hat der Bf. beantragt festzustellen, dass er in Folge des Arbeitsunfalls
vom 14. Februar 2006 nicht in der Lage ist, weiterhin seine Tätigkeit als CNC-Fräser auszuüben, und die Bg. zu verurteilen,
ihm vom 20. November 2007 an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu bewilligen. Ferner hat er die Gewährung von Prozesskostenhilfe
beantragt.
Auf den Hinweis des Gerichts, dass nach erfolgter Umschulung zum Elektroniker durch die Agentur für Arbeit das Rechtsschutzbedürfnis
offen sei, hat der Bf. die Ansicht vertreten, durch diese Umschulung werde das Rechtsschutzbedürfnis der Klage nicht tangiert.
Das im Rahmen der Maßnahme der Agentur für Arbeit geleistete Übergangsgeld sei weitaus geringer als die bei der Bg. beantragten
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Ferner sei der Feststellungsantrag offen.
Die Bg. hat ausgeführt, dass auch ergänzende Leistungen gemäß §§
44 ff
SGB IX nicht möglich seien. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid sei der Grundanspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
abgelehnt worden.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung mit Beschluss vom 29. Juli 2009 abgelehnt.
Der Klage fehle eine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da gegen die Bg. kein weitergehender Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe
am Arbeitsleben bestehe. Erstangegangener Rehabilitationsträger sei die Bundesagentur für Arbeit, bei der der Antrag bereits
am 14. Juni 2007 eingegangen sei. Ferner ergebe sich aus den vorliegenden Gutachten, dass der Bf. noch mittelschwere Tätigkeiten
verrichten könne. Ihm sei deshalb die Tätigkeit als CNC-Fräser noch zumutbar.
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Beschwerde hat der Bf. auf seine bisherigen Äußerungen verwiesen. Auf eine gesonderte
Begründung der Beschwerde hat er ausdrücklich verzichtet.
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Nach §
73 a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in Verbindung mit den §§
114 f
Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe. Voraussetzungen sind dabei neben einem Antrag,
der Glaubhaftmachung der Bedürftigkeit und dem Ausschluss der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung eine hinreichende Aussicht
auf Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung, §
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG, §
114 Abs.
1 Satz 1
ZPO. Ist, wie im sozialgerichtlichen Verfahren, eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird der Partei
auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt
erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, §
121 Abs.
2 ZPO.
Das Sozialgericht lehnte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab, da keine hinreichende Erfolgsaussicht für die Klage gegeben
sei. Zur Beurteilung der Erfolgsaussicht darf und muss sich das Gericht mit einer vorläufigen Prüfung der Erfolgsaussicht
begnügen. Der Erfolg braucht zwar nicht gewiss zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für sich haben. Ist der geltend gemachte Anspruch noch ungewiss und bedarf er einer weiteren Sachverhaltsaufklärung, ist dies
ausreichend, um eine gewisse Erfolgsaussicht wahrscheinlich erscheinen zu lassen.
Dies ist vorliegend zum einen zu bejahen, soweit es um die Frage der medizinischen Voraussetzungen einer Leistung zur Teilhabe
am Arbeitsleben aufgrund des Arbeitsunfalls vom 16. Februar 2006 geht. Zwar stellen sowohl das arbeitsmedizinische Gutachten
vom 10. April 2008 als auch das Gutachten der Agentur für Arbeit vom 20. November 2007 fest, dass der Bf. mittelschwere Tätigkeiten
verrichten kann. Prüfungsbedürftig ist allerdings die Frage, ob damit die Tätigkeit als CNC-Fräser generell noch möglich ist
und ob aufgrund der Unfallfolgen der Bf. noch den speziellen Anforderungen dieser konkreten Tätigkeit gerecht wird. Zutreffend
verwies das Sozialgericht in diesem Zusammenhang auf das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit,
das Leistungseinschränkungen attestierte. Im Übrigen gelangte die Arbeitsverwaltung zu dem Ergebnis, dass eine Umschulung
zum Elektroniker angezeigt ist.
Zum anderen weist der Rechtsstreit weitere Fragen auf, die klärungsbedürftig sind und aufgrund ihrer Komplexität auch eine
rechtliche Vertretung des Bf. rechtfertigen. Zu nennen sind insbesondere verfahrens- und materiellrechtliche Fragen der Leistung
durch den erstangegangenen Träger, ferner Fragen, ob trotz des streitgegenständlichen Ablehnungsbescheides durch die Bg. ergänzende
Leistungen nach §§
44 ff
SGB IX in Betracht kommen.
Auch die weiteren Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, insbesondere die Bedürftigkeit des Bf., der
als Einkünfte lediglich Übergangsgeld nach § 160 S. 3 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch in Höhe des Arbeitslosengeldes erhält,
sind erfüllt. Prozesskostenhilfe ist deshalb zu bewilligen, unter Berücksichtigung der angegebenen persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse unter Anordnung von Ratenzahlung.
Der Bf. hat Einkünfte in Höhe von 861,00 EUR. Unter Abzug der geltend gemachten Ausgaben und der Freibeträge verbleibt ein
anrechenbares Einkommen in Höhe von 220,08 EUR. Nach der Tabelle des §
115 Abs.
2 ZPO ergibt sich eine monatliche Rate von 75,00 EUR. Rechtsanwalt D. ist beizuordnen.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, §
73 a Abs.
1 S. 1
SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, §
177 SGG.